Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 31.08.2020:
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47. Wiener Landtag (1)

Fragestunde

Der 47. Wiener Landtag hat heute, Montag, um 9 Uhr mit der Fragestunde begonnen. Die erste Anfrage stellte Labg. Ernst Holzmann (SPÖ) an Stadtrat KR Peter Hanke (SPÖ), verantwortlich für Finanzen, Wirtschaft, Digitalisierung und Internationales. Holzmann verlangte Auskunft darüber, welche Maßnahmen die Stadt setze, um die Situation der Lehrlinge und von jungen Wienerinnen und Wienern am Arbeitsmarkt in Zeiten der Corona-Krise zu verbessern. Hanke erklärte, dass Wien vor dem Corona-bedingten Lock-Down im März auf ein Rekord-Jahr 2019 zurückblicke und auch die ersten beiden Monate des Jahres für Wirtschaft und Arbeitsmarkt eigentlich vielversprechend ausgesehen hatten. Der Rechnungsabschluss 2019 hatte das erste Nulldefizit und Rücklagen über 750 Millionen Euro gebracht; der Arbeitsmarkt sei bis März um 38.000 neue Jobs in Wien gewachsen. Die Corona-Krise hätte die „größte Rezession seit dem Zweiten Weltkrieg“ ausgelöst, vom Schrumpfen der Wirtschaft seien neben einer großen Anzahl an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über 50 Jahren vor allem junge Wienerinnen und Wiener betroffen. Aktuell seien 15.099 in der Altersgruppe von 15 bis 24 Jahre ohne Job oder Ausbildungsplatz. Um eine „Generation Corona“ mit schrumpfenden Chancen durch schlechte Ausbildung zu verhindern, nehme die Stadt Wien 17 Millionen Euro in die Hand, erklärte Hanke. 10 Millionen Euro würden für die überbetriebliche Lehrausbildung bereitgestellt, um die fehlenden Lehrstellen bei Betrieben auszugleichen. Weitere 7 Millionen Euro würden in die Qualifizierung junger, arbeitsloser Wienerinnen und Wiener investiert. In diesem Zusammenhang erwähnte Hanke eigens geschaffene Arbeitsstiftungen für junge Menschen und das Programm „JobPLUS Ausbildung“ in Zusammenarbeit mit dem waff, AMS und privaten Unternehmen. Dabei würden Wienerinnen und Wiener in zukunftssichere Branchen mit hoher Nachfrage - etwa Pflege, Gesundheitsberufe über IT bis hin zu Handel - vermittelt. Außerdem verdopple die Stadt Wien die Anzahl der Lehrplätze im Magistrat und den städtischen Unternehmungen von 150 auf mehr als 300. „Wir kämpfen um jeden Arbeitsplatz“, sagte Hanke. Allerdings erinnerte der Wiener Wirtschaftsstadtrat daran, dass Arbeitsmarktpolitik Bundessache sei. Wien setze viele Maßnahmen, damit die Wirtschaft angekurbelt werde und Arbeitsplätze gesichert oder geschaffen würden, aber: „Es braucht ein starkes Arbeitsmarkt-Paket der Bundesregierung, das diesen Namen auch verdient.“

Die zweite Anfrage ging an Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ). LAbg. Dietrich Kops (HC) wollte von Hacker wissen, ob Wien im Zuge der Änderung des Wiener Mindestsicherungsgesetzes eine Anpassung der - laut Kops im Bundesländer-Vergleich verhältnismäßig hohen - Mindestsicherung für Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte an das oberösterreichische Modell anstrebe. Hacker antwortete, dass Kops offenbar einem Missverständnis aufsitze. „Flüchtlinge sind in der Grundversorgung und können gar keine Mindestsicherung beziehen.“ Erst bei der Anerkennung als Asylberechtigter sei ein Bezug der Mindestsicherung möglich, da sie dann österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt seien – dieser Grundsatz gelte übrigens auch für Oberösterreich. In Zeiten steigender Arbeitslosenzahlen halte Hacker nichts davon, darüber zu diskutieren „wie Menschen auch noch aus dem untersten sozialen Netz rausgeschmissen werden können“. Stattdessen erinnerte Hacker an die Forderung der Stadt an den Bund, das Arbeitslosengeld auf 70 Prozent des letzten Gehalts zu heben. Im vergangenen Jahr sei die Zahl der Mindestsicherungs-Bezieherinnen und -Bezieher in Wien zurückgegangen – allerdings würden die Zahlen voraussichtlich analog zu den steigenden Arbeitslosenzahlen wachsen. Eine höhere Arbeitslosigkeit sei die Konsequenz, wenn es nicht gelinge, die Wirtschaft nach dem Stillstand durch den Corona-Lockdown wieder anzukurbeln. Abschließend verwehrte sich Hacker gegen den „Rhabarber“, dass hohe Sozialleistungen in Wien dazu führten, dass Bezieherinnen und Bezieher deshalb aus anderen Bundesländern zuziehen würden. Wien liege bei der Höhe der Sozialleistungen auf Platz vier im Bundesländer-Vergleich – außerdem würde die Aussage, hohe Sozialleistungen würden Menschen anziehen, belegen, „dass Sie keine Ahnung vom Leben von Menschen haben, die darauf angewiesen sind, nur Sozialleistungen zu bekommen“. Die Mindestsicherung diene dazu, Menschen die Basis für ein selbständiges Leben zu schaffen.

LAbg. Christoph Wiederkehr MA (NEOS) stellte die dritte Anfrage. Er wollte von Bürgermeister und Landeshauptmann Dr. Michael Ludwig (SPÖ) wissen, ob dieser persönlich einen gesetzlichen Handlungsbedarf hinsichtlich der Höhe der Wahlkampfkostenobergrenze sehe. Ludwig verwies auf die bestehenden gesetzlichen Regelungen zu Wahlkampf-Ausgaben der Parteien auf Bundesebene und Wiener Landesebene. Die Obergrenze von maximal 6 Millionen Euro für Wahlkampf-Ausgaben pro Partei sei im Paragraph 7, Absatz 1 des Wiener Parteienförderungsgesetzes festgeschrieben. In einer analogen Regelung seien auf Bundesebene die Wahlkampfkosten für Parteien mit 7 Millionen Euro gedeckelt. Während auf Bundesebene mit den 7 Millionen Euro an Budget eine Wahl bestritten würde, fänden in Wien gleichzeitig Wahlen auf Landes- Gemeinde- und Bezirksebene statt. Wiener Parteien würden also im Oktober für den Einzug in den Landtag, den Gemeinderat und in die Parlamente von 23 Bezirken konkurrieren. Bürgermeister Ludwig sprach sich für ein „Fairness-Abkommen“ für den kommenden Wahlkampf aus. „Ich bin für einen fairen Wettbewerb der Ideen. Ich appelliere an die Wahlkampfleiter, sich zusammenzusetzen und gemeinsam die Rahmenbedingungen für einen fairen Wahlkampf auszuarbeiten.“ Jedenfalls hätten „persönliche Untergriffe, rassistische, verhetzende oder diskriminierende Aussagen weder im politischen Alltag noch im Wahlkampf etwas verloren“, betonte Ludwig.

Die vierte Anfrage richtete LAbg Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) an Stadtrat KR Peter Hanke (SPÖ). Juraczka wollte wissen, ob Hanke „im Sinne der Entlastung der Wiener Betriebe“ die Dienstgeberabgabe, vulgo „U-Bahn-Steuer“, abschaffen wolle. Hanke antwortete mit einem „klaren Nein“, das greife als Antwort aber zu kurz. Wiens Lebensqualität hänge auch zu großem Teil am dichten, vielbeachteten Öffi-Netz. Für dessen Ausbau brauche es Investitionen in Milliarden-Höhe. Die Stadt Wien habe in den vergangenen Jahren mehr als 9 Milliarden Euro in den U-Bahn-Ausbau investiert – und damit mehr als 220.000 Arbeitsplätze geschaffen und gesichert. Das sei „starkes Zeichen für den Wirtschaftsstandort Wien“ – die angesprochene Abgabe werde zudem zweckgebunden verwendet und sei „jahrzehntelang nicht mehr angepasst worden“, sagte Hanke. Die Opposition fordere durchgehend Entlastung für die Wirtschaft in allen Bereichen, ohne zu sagen, wo fehlende Einnahmen stattdessen herkommen sollten. Die Wiener Wirtschaftspolitik ziele auf „punktgenaue“ Hilfe ab. „Wir brauchen nicht für alle das gleiche, sondern für jede Branche spezielle Hilfe“, sagte Hanke. Wien biete, gemeinsam von Arbeiter- bis Wirtschaftskammer, einen hervorragenden Mix an Angeboten für jede Klientel.

Die fünfte Anfrage stellte LAbg. Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) an Stadträtin Ulli Sima, zuständig für das Ressort Umwelt und Wiener Stadtwerke. Emmerling wollte wissen, für welche Stadtentwicklungsgebiete derzeit UVP-Anträge (UVP steht für Umweltverträglichkeitsprüfung, Anm.) anhängig seien. Sima antwortete: Derzeit seien zwei UVP-Verfahren anhängig, für Projekte jeweils am „Hausfeld“ in der Donaustadt bei Aspern. Sima betonte, dass es sich dabei nicht um „politische Entscheidungen, sondern um Behörden-Verfahren“ handle. Diesbezüglich nahm Sima den Bund in die Pflicht: Der Gesetzgeber müsse endlich klare Rahmen schaffen, welche mit den EU-Richtlinien d’accord gingen. Derzeit würden sich die verschiedenen Instanzen in Österreich mit ihren Urteilen gegenseitig widersprechen; das mache es den Wiener Behörden schwer, rechtskonforme Verfahren durchzuführen. „Wir brauchen da eine eindeutige Richtschnur vom Bund“, sagte Sima. (Forts.) ato/esl

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