Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 24.09.2020:
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74. Wiener Gemeinderat (4)

Hauptdebatte: Sonderdotationen für die Joboffensive 50plus sowie für die Sicherung von Lehrausbildungs-Plätzen angesichts von Corona

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (Grüne) beschrieb die Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie und deren Folgen als „weltweites trial and error“. Niemand könne einschätzen, wie sich die Situation weiter entwickle, die Herausforderung sei demnach: „Wie hilft man am besten?“ Es werde, so Margulies, „kein sehr schnelles Zurück“ zum früheren wirtschaftlichen Status geben. Die Frage sei, wie man damit als Gemeinschaft umgehe. Für Margulies sei klar, dass es notwendig sein werde, Arbeit umzuverteilen, „das geht nur mit Arbeitszeitverkürzung“. Diesen Weg müsse man gehen, um „Massenarbeitslosigkeit zu verhindern“. Er verlangte eine bessere Abstimmung zwischen den Förder-Maßnahmen des Bundes und den Initiativen der Länder, es brauche eine „klare Kompetenzverteilung in der Subventionierung“ statt „Wettbewerb, wer beste Förderung  macht“. Der Forderung einer Sonntagsöffnung erteilte Margulies zu diesem Zeitpunkt eine Absage, bei ausbleibenden TouristInnen würde sich eine solche nicht rechnen. Ebenfalls kritisch sah er die Forderung, die Stadt solle auf Geld verzichten, indem sie Gebühren nicht einhebe. Wien könne Einkommensausfälle kaum durch neue Steuern kompensieren. „Jede neue Abgabe müsste vom Bund genehmigt werden“, erklärte Margulies. In der Pandemie sei es wichtig, „verwundbare Personen“ zu schützen, es sei nicht Aufgabe der Regierung, alle gleichberechtigt zu behandeln, man müsse „auf die Schwächsten in der Bevölkerung Rücksicht nehmen“. Margulies freute sich, dass „gesundheitspolitisch mittlerweile an einem Strang gezogen wird“, das gleiche wünscht er sich für die Wirtschaft.

GRin Angela Schütz(FPÖ) sagte, die aktuelle Wirtschaftskrise sei eine „massive Herausforderung“ für Unternehmen und Arbeitnehmer, zu der auch die Regierungen in Bund und Stadt „einen Großteil beigetragen haben“. Besonders betroffen seien laut Schütz ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, für viele „reicht das Einkommen nicht“. Es dürfe nicht sein, dass „Arbeitslose zu Almosenempfängern degradiert werden“, kritisierte Schütz. Kein gutes Wort fand sie für die Einmalzahlung von 450 Euro an Arbeitslose: 50 Prozent der Betroffenen habe diese nicht erhalten, für Schütz „indiskutabel“. Auch die Einmalzahlung von 360 Euro an Familien sei eine „Verhöhnung“. In diesem Zusammenhang kritisierte Schütz auch die Arbeit der MA40. Sie habe viele Zuschriften erhalten, die belegten, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort häufig „zynisch und unsensibel“ handeln würden. Schütz verlangte „unbürokratische Hilfe“, die Sonderdotation des waff sei ein „kleiner Puzzlestein“, es brauche aber Maßnahmen, die nicht nur kurzfristig, sondern nachhaltig wirksam sind. Besonders betroffen seien die Branchen Gastronomie, Freizeitwirtschaft oder Hotellerie, viele Betriebe würden überlegen, ihr Geschäft abzusiedeln. Die Stadt sei gefordert dem entgegenzuwirken. Schütz verlangte Hilfeleistungen an eine Arbeitsplatz- und Standortsicherung zu koppeln. Neben den älteren Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern seien auch viele junge Menschen, die in der aktuellen Situation keine Lehrstellen finden würden, von den Folgen der Pandemie betroffen. Die Stadt sowie ausgelagerte Unternehmungen und von der Stadt subventionierte Vereine sollten für diese zusätzliche Lehrstellen schaffen, forderte Schütz. In einem Antrag verlangte sie eine Bonuszahlung für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt, die während der Corona-Krise die Stadt am Laufen gehalten haben.

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) erklärte die Hintergründe der Sonderdotation, die zur Debatte stand. Es gehe darum, zwei Gruppen zu helfen, die „besondere Unterstützung verdienen“: ältere Arbeitslose und Lehrlinge. Daher werde man mit der Dotation die Joboffensive 50plus aufstocken und bis ins Jahr 2021 verlängern und in einem Pilotprojekt Lehrplätze in einem Ausbildungsverbund sicherstellen. Jugendliche würden hier überbetrieblich ausgebildet, die Lehrlingseinkommen würden den Betrieben ersetzt, erläuterte Stürzenbecher. Nach den ersten beiden Hilfspaketen, stünden nun für das dritte Corona-Paket 50 Millionen Euro zur Verfügung, die Stadt Wien „schöpft ihre Möglichkeiten aus“ um in der aktuellen Krise zu helfen. Die Kritik seines Vorredners Jurazcka (ÖVP) an der Wirtschaftsleistung Wiens konterte Stürzenbecher: Das Bruttoregionalprodukt in Wien betrage rund 100 Milliarden Euro, jenes in Österreich 400 Milliarden. Wien würde also mit 21 Prozent der Bevölkerung ein Viertel der Wirtschaftsleistung des Landes erbringen. Auch die Kritik am Gastro-Gutschein ließ Stürzenbecher nicht unkommentiert: man nähere sich einer Quote von zwei Drittel eingelöster Gutscheine, die Aktion sei „ganz außerordentlich erfolgreich“. Wien werde in dieser „fundamentalen Krise“ bestmöglich für die Bevölkerung eintreten und das „Maximum“ für die Menschen retten, eine „Titanenaufgabe“, schloss Stürzenbecher.

GR Leo Kohlbauer (FPÖ) fand es „bemerkenswert“, dass sich - bei allen Wirtschaftshilfen während der Corona-Pandemie – die Gebühren für eine Berufsgruppe verdoppelt hätten, nämlich für die Flohmarktstandler am Naschmarkt. Durch die Umstellung von einer monatlichen auf eine wöchentliche Buchung entstünden für die Betreiberinnen und Betreiber monatlich Mehrkosten von bis zu 100 Euro, kritisierte Kohlbauer. In einem Antrag forderte er die Wiedereinführung der monatsweisen Buchung.

(Forts.) gaa

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