Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 16.12.2020:
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3. Wiener Gemeinderat (8)

Unterstützung für Sofortmaßnahmen in Flüchtlingslagern auf der griechischen Insel Lesbos und in Moria

GRin Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne) begrüßte die Unterstützung für die Menschen in Moria, „wenngleich das ein Tropfen auf dem heißen Stein ist“. Aus ihrer eigenen Lebenserfahrung kenne sie das Schicksal von Flüchtenden – „schon meinen Eltern war es wichtig, diese Menschen nicht abzuweisen“. Die Situation in Moria sei ein „Armutszeugnis für Europa“, auf Bundesebene würde die ÖVP die Grünen aber „blockieren“ – dann „leben wir die Solidarität eben auf Landesebene, hier in Wien“, so Aslan. Die FPÖ handle „unverschämt“, die Freiheitlichen „spielen Gruppen gegeneinander aus“ und „rühren keinen Finger, wenn es um Menschenrechte“ gehe. Es seien somit die Freiheitlichen, welche die Demokratie „gefährden“. Die Grünen stünden für „ein würdiges Leben für alle; für Solidarität und gegen eine rechte Politik der Menschenfeindlichkeit.“

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) entgegnete: „Die Grünen wollen sowieso alle Menschen aufnehmen; egal, ob es das Asylrecht hergibt oder nicht.“ Auch die anderen Parteien agierten laut Nepp „widersprüchlich“: Einerseits heiße es, „das System in Griechenland funktioniert nicht“, andererseits „schicken wir mehr als 300.000 Euro dorthin“. Wenn es schon Bundeskompetenz sei, so Nepp, dann müssten sich die Grünen als Bundes-Koalitionspartner „für Posten und Macht oder für eine politische Haltung zu entscheiden“. Die Grünen hätten laut Nepp „ein schlechtes Gewissen“ und betrieben hier „modernen Ablasshandel“: Weil sie sich im Bund nicht durchsetzen könnten, würden jetzt Wiener Steuergeld nach Griechenland geschickt. Jetzt Kinder und Familien aufzunehmen „sei das nächste falsche Signal“, es würde die nächste „Migrationswelle aus Afrika, aus Syrien und Afghanistan“ auslösen, sagte Nepp. Das bedeute auch mehr Kriminalität und Gewalttaten durch Missbrauch des Asylrechts, „unbegleitete Minderjährige“ seien längst volljährig „und enthaupten Lehrer in Paris“, so Nepp. Er sah die Verantwortung bei der „scheinheiligen“ ÖVP, welche die Zuwanderung seit der Fluchtbewegung 2015 ermöglicht habe. Bis heute gebe auf Bundesebene „kein Verbotsgesetz für den politischen Islam, keine Präventivhaft – wo bleibt da die ÖVP?“, fragte Nepp.

GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) meinte: „Ich gebe der FPÖ nicht oft recht“ - aber es sei bedauerlich, dass die ÖVP die Bilder aus Moria nicht anders kommentiere. „Als christlich-soziale Partei in der Zeit der Herbergssuche wünsche ich Ihnen trotzdem gute Weihnachten“, sagte Konrad. Wien wolle „sehr wohl ein sicherer Hafen“ für Menschen aus Moria sein; die Grünen seien hier aber auf Bundesebene in „Geiselhaft“ genommen. Wien handle deshalb, weil sich auf Bundesebene „nichts bewegt“. 

Förderungen im Integrations- und Diversitätsbereich

GR Stefan Berger (FPÖ) verwies auf die geplante Subvention von 335.00 Euro für die MA 35, die Einwanderungsbehörde der Stadt Wien, für „Security-Dienstleistungen“. Das sei mit „unter anderem Wutausbrüchen und Drohungen gegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter“ der Kundinnen und Kunden zu erklären: „Das zerreißt das Bild von den armen Menschen, das Sie hier zeichnen wollen“, sagte Berger, „hier kommen nicht nur Menschen frohen Mutes“. Berger bezog sich weiter auf geplante 700.000 Euro für „Sprachgutscheine“, die „Einwanderern aus Drittstaaten“ zugutekommen sollten, um auf das erforderliche Deutsch-Sprachniveau für die Einwanderung zu kommen. Berger sah eine Diskrepanz: Wer aus „Afghanistan, oder suchen Sie sich das aus“ komme, erhalte 300 Euro Gutschrift; aus „EWR-Ländern“ wie Skandinavien seien es nur 150 Euro. „Das ist Diskriminierung“, sagte Berger und brachte einen entsprechenden Antrag ein. Berger wiederholte die rhetorische Frage seiner Fraktion: Bei „Rekord-Arbeitslosigkeit in Wien“, brauche es dann noch Zuwanderung? „Es sind nicht die Atomphysiker, die da kommen“, sagte Berger, und wollte mittels Antrag die Anwesenheit und den Abschluss der Sprachkurse überprüft wissen. Wer seinen „Sprachgutschein“, welcher dem „Wiener Bildungspass“ beiliege, nicht einlöse, solle den Wert zurückzahlen, so Berger.

GRin Dolores Bakos, BA (NEOS) erwiderte: „Bei der FPÖ sind es immer die Ausländer, Ausländer, Ausländer. Die Ausländer sind wahrscheinlich schuld am Aussterben der Dinosaurier.“ Bakos verteidigte die Subvention an die Einwanderungsbehörde MA 35 für Sicherheitszwecke: „Wenn Sie in eine Bank gehen, steht da auch Security. Und ja, ich hatte tatsächlich Klienten-Kontakt mit Raketenwissenschaftlern“, sagte Bakos Richtung FPÖ. Explizit herausgreifen bei der aktuellen Subventions-Gruppe wollte Bakos jene Vereine, die Menschen am Arbeitsmarkt unterstützen. „Was ist die Alternative? Die Menschen sind arbeitslos und brauchen teure Unterstützung“, argumentierte Bakos. Vereine wie „Interface“ unterstützten junge Menschen bei der Integration am Arbeitsmarkt, und würden wesentlich beitragen im Kampf gegen Arbeitslosigkeit und unsicheren Beschäftigungsverhältnissen. Anzusetzen bei der „Hilfe zur Selbsthilfe“, gegen Diskriminierung und Rassismus, sei der Schlüssel zur gelungenen Integration. „Besonders hervorheben“ wollte Bakos an dieser Stelle den Verein „Zara“, der sich wie viele für eine „gemeinsame, vorurteilsfreie Gesellschaft“ einsetze.

GRin Mag. Aygül Berivan Aslan (Grüne) ergänzte: „Es war leider klar, dass die Subvention an die MA 35 von rechten Kreisen missbraucht wird.“ Aber: Die Grünen gingen bei der Subvention nicht mit, weil „wir nicht die gesamte Kundschaft kriminalisieren wollen“. Sinnvoller laut Aslan sei es, das Geld in Workshops zur De-Eskalation zu investieren. Soziale und politische Teilhabe müsste höchstes Ziel der Wiener Integrationspolitik sein, so Aslan, „und da braucht es ausreichendes Budget – für mehr Bildung, mehr Teilhabe am gesellschaftlichen Leben“. Menschen mit Migrationsbiografie seien einem höheren Covid-Infektionsrisiko ausgesetzt, zitierte Aslan die WHO, weil sie im urbanen Raum in engeren Wohnverhältnissen lebten und oft im systemkritischen Bereich arbeiteten. „Dafür hätte es auch in Wien ein ausreichendes Budget gebraucht“, kritisierte Aslan, „um sie nicht an den Rand der Gesellschaft zu drängen“. Zudem sah Aslan eine „Zunahme an rassistischen Angriffen“, befeuert durch „die Hetze der FPÖ“. Die Freiheitlichen stellten „Menschen mit Fluchterfahrung als Bedrohung dar“, und diese „Bedrohung gefährden unser Zusammenleben“. Umso mehr begrüßte Aslan Einrichtungen wie den Verein Zara, der von der Stadt unterstützt wird.

GRin Safak Akcay (SPÖ) warf der FPÖ vor, sich bei den Sprachgutscheinen „nicht um den Inhalt“ zu kümmern. Vielmehr genieße die FPÖ es, die „populistische Rolle“ zu spielen und einen „Keil“ zwischen EU- und Drittstaats-Angehörigen zu treiben. „Picken Sie nicht eine Religion, ein religiöses Symbol“ heraus, mahnte Akcay: Der Staat habe alle Religionsgemeinschaften gleichermaßen zu behandeln. „Wien lebt ein Integrationskonzept“, sagte Akcay. Sämtliche Projekte – von Sprachvermittlung über Dialog und Zusammenleben – würden beitragen, gemeinsame Rahmenbedingungen und Chancen zu schaffen. „Wir wollen keine Menschen zweiter Klasse“, sagte Akcay, „wir schaffen Möglichkeiten zur Entfaltung und zum Platz finden in dieser Stadt“. Die Stadt Wien habe „über Jahrzehnte“ Erfahrungen gesammelt, mit Maßnahmen, Initiativen und in Zusammenarbeit mit Vereinen, um zu helfen: „am Arbeitsmarkt, bei der Qualifizierung, bei der Hilfe für Jugendliche und Frauen, und vor allem beim Spracherwerb.“ Erst, wer Fuß fasse, könne sein „volles Potenzial entwickeln“, führte Akcay aus, denn „Probleme löst man nicht durch budgetäre Kürzungen oder Strafen“. Deswegen brauche es ein „Miteinander, statt dem Ihr-und-Wir“, sagte Akcay. Die Prinzipien Wiens als „Stadt der Menschenrechte“, mit „Recht auf Bildung, Inklusion, Partizipation“ seien starkes Signal „gegen Rassismus, Ausgrenzung, Frauenfeindlichkeit und Diskriminierung“. (Forts.) esl

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