Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.01.2021:
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4. Wiener Gemeinderat (12)

Förderungen an Vereine im Frauenbereich

GRin Sabine Schwarz (ÖVP) hob die Arbeit des Vereins „Orient Express“ hervor, der bei Gewalt, Missbrauch, Zwangsheirat und Genitalverstümmelung berät. Zwangsheirat betreffe in Wien jährlich 200 Mädchen in bestimmten Communities; die meisten davon 12-jährige Mädchen und junge Frauen aus der zweiten oder dritten Generation mit österreichischen Staatsbürgerschaft. „Es ist unsere Pflicht aufzuklären und schützen“, sagte Schwarz. Sie brachte dazu einen entsprechenden Antrag ein. In einem zweiten Antrag forderte Schwarz präventive Arbeit zum Thema Zwangsheirat an Wiener Schulen, die mindestens einmal im Jahr stattfinden müsse. 95 Prozent der somalischen Frauen, die nach Österreich kommen, seien von Genitalverstümmelung (Female Genital Mutilation - FGM) betroffen, sagte Schwarz. Diese Frauen "erlauben die schreckliche Tradition auch bei ihren Töchtern". FGM beträfe rund 8.000 Mädchen in Österreich, rund 2.000 davon in Wien. Schwarz erinnerte daran, dass am 6. Februar der „Tag gegen Genitalverstümmelung bei Mädchen“ stattfindet. Sie brachte einen Antrag ein, in welchem sie die Stadt aufforderte, ein Maßnahmenpaket unter Einbindung der Communities von betroffenen und bedrohten Frauen zu erarbeiten. Es brauche "endlich ein Integrationskonzept für Frauen" - besonders für die zweite Generation, sagte Schwarz: „Wir müssen klar ansprechen, was geht und was nicht geht in unserer Stadt. In Wien ist Zwangsehe oder FGM keine Tradition, sondern eindeutig Menschenrechtsverletzungen.“

GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) ortete ein „Scheuklappen-Dasein“ bei den Grünen; in einer Demokratie müssten andere Meinungen ertragen werden, sagte er in Richtung der Grünen-Gemeinderätin Spielmann. Diese hätte in ihrer Rede die Aussagen von FPÖ-Rednerin Matiasek scharf kritisiert. „Wir werden auch weiterhin das sagen, wofür wir für unsere Wähler gewählt wurden“, stellte Kowarik klar. Außerdem wolle die FPÖ „in der gegenwärtigen Krise genau hinschauen, wo wir Geld verteilen, das wir eigentlich nicht haben“. Die Stadt müsse Schulden aufnehmen, „um das zu finanzieren, was Sie hier vergeben. Wir halten es in der Krise für sinnvoll, andere Schwerpunkte zu wählen“, so Kowarik.

Übertragung von Grundstücken und Grundstücksteilflächen an den Wohnfonds Wien, Fonds für Wohnbau und Stadterneuerung

GR Georg Prack, BA (Grüne) sagte, die Stadt müsse sorgsam mit Grund und Boden in Wien umgehen. Als Vorbild könne die Kirche genommen werden: „Sie verkauft ihren Grund nicht, sondern vergibt Baurecht. Bei Grund und Boden müssen wir nicht in Legislaturperioden sondern in Jahrhunderten denken“, forderte Prack. Kommunen ohne Grundstücke würden zu "Spielbällen von Immo-Spekulanten". Der "Wohnfonds Wien" leiste einen wichtigen Beitrag dazu, städtischen Boden für leistbares Wohnen zu mobilisieren. Die Übertragung von Grundstücken auf den Wohnfonds sei deshalb sinnvoll. Er strich die Kritik des Rechnungshofs an der Wohnbauoffensive hervor. Nach Ablauf der Bindung der Mieten würden die Wohnungen teurer neu vermietet werden; die Wohnbauoffensive sei deshalb nicht nachhaltig. Wien gehe seit der letzten Legislaturperiode einen neuen Weg mit der neuen Widmungskategorie für geförderten Wohnbau. Aufgrund der Corona-Krise hätten viele Mieterinnen und Mieter Schwierigkeiten ihren Zins zu zahlen. Delogierungen müssten verhindert werden, sie seien nicht nur "katastrophal" für Betroffene sondern auch teuer für die öffentliche Hand, warnte Prack. Er brachte einen Antrag ein, in der er forderte, dass die Stadt Wien Unterstützungs-Instrumentarien für die Wohnungssicherung ausarbeiten solle. „Wir müssen vorbereitet sein, wenn die Stundungen der Mieten auslaufen“, warnte Prack.

GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ) konterte seinem Vorredner. Wien gehe mit Flächen sorgsam um, die Kommune würde Grund und Boden vornehmlich im Baurecht vergeben. Die Kritik an der Wohnbauoffensive wies er zurück. Sie sei nach der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise gestartet worden, als wenig Geld vorhanden war und so viel Wohnraum geschaffen werden konnte. Die Wohnbauoffensive sei eine einmalige Aktion, die nicht prolongiert werde. Wien sei auch bei der Wohnraumsicherung gut aufgestellt, und werde ihren Beitrag dazu leisten, Mieterinnen und Mieter zu unterstützen. Er sah auch den Bund in der Pflicht, der Geld zur Verfügung stellen müsse, um Menschen dabei zu helfen, Wohnungen halten – „das können nicht nur die Gemeinden und Städte allein leisten“.

Abstimmungen

Der Förderungsvertrag zwischen dem Wiener Gesundheitsverbund (WIGEV) und der FH Campus Wien im Zuge der Ausbildungsstrategie für den Gesundheitsstandort Wien wurde einstimmig beschlossen. Ebenso beschlossen wurden die Subventionen und Förderungen an Vereine in den Bereichen Integration, Frauen und Kultur und Geschichte; Schaffung von temporärem Schulraum in Wien 21 und Neubau einer allgemein bildenden Pflichtschule in Wien 22 sowie Flächenwidmungen und Dotierungen für Projekte im Straßenbau.

Folgende Anträge wurden im Zuge der Debatten eingebracht und vom Gemeinderat angenommen und den zuständigen Ausschüssen zugewiesen: Kultursensible Pflege; Aufstockung von mehrsprachigem Pflegepersonal; Periodenarmut bekämpfen; Valorisierung Pflegeergänzungsleitung, eingebracht von den Grünen; Alternative Trainingsmöglichkeiten für Bahnradfahrer, eingebracht von der FPÖ; EU-Impfzertifikat, eingebracht von der ÖVP; Bekenntnis des Gemeinderates zum Tierschutz Volksbegehren, eingebracht von den Grünen; Pfand auf Kunststoff und Getränkedosen, eingebracht von SPÖ und NEOS; Arbeitsstipendien für Kulturschaffende und Wissenschaftler, eingebracht von den Grünen; Nationale Strategie gegen Antisemitismus, eingebracht von, SPÖ, ÖVP, Grüne, NEOS und FPÖ; Bekenntnis zu Humanitäres Bleiberecht, eingebracht von SPÖ und NEOS.

Die weiteren Anträge der Opposition fanden keine Mehrheit. Der 4. Wiener Gemeinderat endete um 20.47 Uhr.

In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter http://www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) ato/esl/sep/nic/wei

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