Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 24.03.2021:
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6. Wiener Gemeinderat (4)

Hauptdebatte: Wirtschaftsmaßnahmen im Zusammenhang mit Covid-19

Um 12 Uhr Mittag hielt der Wiener Gemeinderat eine Schweigeminute für die Opfer der Corona-Pandemie ab. Die Sitzung wurde dafür kurz unterbrochen.

Der erste Vorsitzende des Wiener Gemeinderats, Mag. Thomas Reindl (SPÖ), leitete die Schweigeminute ein: Weltweit hätten sich im vergangenen Jahr knapp 125 Millionen Menschen mit dem Coronavirus infiziert, 2,8 Millionen Menschen seien an Covid-19 gestorben. Viele, die die Erkrankung überlebt haben, litten unter schweren gesundheitlichen Langzeitfolgen. Für viele Menschen bedeute die Pandemie „Schmerz, Leid, Hilflosigkeit sowie den Verlust von geliebten Menschen“. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie seien massiv, so Reindl. In Österreich hätten sich zum jetzigen Zeitpunkt mehr als eine halbe Million Menschen mit dem Virus infiziert, 9.200 Personen seien verstorben. Trotz all dem Leid habe die Pandemie aber auch gezeigt, wie viel „positive Energie in unserer Gesellschaft steckt“, wie sehr sich die Mitmenschen umeinander kümmerten. Reindl dankte auch den Bediensteten der Stadt Wien, die trotz schwieriger Arbeitsbedingungen „Tag für Tag hervorragende Leistungen erbringen, um die Stadt am Laufen zu halten“. Aber auch der Stadtregierung gelte Dank für die zahlreichen gesetzten Maßnahmen im Kampf gegen die Auswirkungen der Pandemie. Reindl betonte, dass wir uns „mitten in der Pandemie“ befinden, von einem „Licht am Ende des Tunnels“ könne keine Rede sein. In Österreich seien derzeit 50.000 Menschen erkrankt. Dies führe zu erneuten „dramatischen Auslastungen“ in den Krankenhäusern, insbesondere auf den Intensivstationen. Eine „dramatische“ Situation verlange auch „dramatische Maßnahmen“, so Reindl. Deshalb begrüßte er ausdrücklich die Maßnahmen, die Bundesregierung, Stadtregierung und Landesregierungen gemeinsam gesetzt haben. Diese seien notwendig, um den PatientInnen in den Spitälern eine „ordentliche Betreuung“ zu garantieren. Es sei nun angebracht, mit „leeren Versprechungen“ aufzuhören, so Reindl. Man werde in den nächsten Jahren mit dieser Krankheit leben müssen, diese Wahrheit sei der Bevölkerung zumutbar, schloss Reindl.

Nach der Schweigeminute war GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) am Wort. Er konzentrierte sich auf Fördermaßnahmen der Stadt Wien für den Arbeitsmarkt. Obwohl eigentlich der Bund hauptverantwortlich dafür sei, „die Wirtschaft zu retten“, gehe die Stadt Wien „mutig voran“. Es gebe Beschäftigungssegmente, in denen es eine steigende Nachfrage an Arbeitskräften gebe. Das seien insbesondere die Bereiche Soziales, Gesundheit und Elementarpädagogik. In den nächsten Jahren steige der Bedarf an Arbeitskräften im Pflegebereich um zusätzliche 9.000 MitarbeiterInnen, so Konrad. Um diesen Bedarf decken zu können, brauche es hinreichende Ausbildungskapazitäten. Die Stadt Wien starte deshalb eine Ausbildungsoffensive mit dem Ziel, vor allem arbeitslose Menschen für eine neue Karriere in den sogenannten Zukunftsberufen zu begeistern. Das Wiener Ausbildungsgeld unterstütze alle, die sich für eine solche Ausbildung entscheiden, mit bis zu 400 Euro monatlich. In Summe plane die Stadt Wien mit ca. 4.000 Neueintritten in den genannten Zukunftsberufen. Dafür nehme man 31 Millionen Euro in die Hand, so Konrad.

GR DI Martin Margulies (Grüne) mahnte vor überschnellen Öffnungsschritten und davor, der Bevölkerung ein falsches Bild der Pandemie zu präsentieren. Maßnahmen wie das Öffnen der Skipisten im Winter wirkten wie ein Eingeständnis der Bundesregierung, dass die Pandemie „eigentlich vorbei ist“. In dieselbe Kerbe Ankündigungen der Stadtregierung schlagen, wonach die Schanigärten demnächst geöffnet werden. Man könne in „Zeiten der Nichtnormalität nicht so tun als wäre alles normal“, so Margulies. Das führe nur dazu, dass die Bevölkerung den Ernst der Lage nicht mehr erkenne. Zwar seien die Intensivstationen noch nicht zur Gänze ausgelastet, das exponentielle Wachstum der Infektionszahlen zeige aber einen „massiven Anstieg“, wenn nicht sofort gehandelt werde. Angesichts der Lage kritisierte Margulies die Abgeordneten des FPÖ-Rathausklubs, die sich ohne Maske durch den Festsaal bewegten und fragte: „Geniert ihr euch nicht?“. Margulies befürwortete die Maßnahmen der Stadtregierung, mehr Personal in den Gesundheits-, Pflege- und Bildungsbereich zu holen, hob aber in diesem Zusammenhang auch den wachsenden Finanzierungsbedarf durch die öffentliche Hand hervor.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) sprach in ihrer Rede über die Ansiedelung von internationalen Organisationen in Österreich und speziell in Wien. Man müsse Bedingungen schaffen, damit Wien ein beliebter Sitz für internationale Organisationen bleibt. Wien stehe in Konkurrenz mit anderen Großstädten, müsse daher seine Attraktivität erhöhen. Wien solle künftig als „Hub“ für Sicherheit und Nachhaltigkeit mit Fokus auf Energie und 'Climate Diplomacy' gelten, so Hungerländer. Ein kürzlich vom Nationalrat verabschiedetes Gesetz helfe dabei, Hürden abzubauen, und NGOs die Ansiedelung in Österreich zu erleichtern. Der Wert dieser Organisationen lasse sich am jährlichen Bruttowertschöpfungseffekt ablesen. 2017 habe dieser 1,3 Milliarden Euro für ganz Österreich betragen, allein 865 Millionen Euro seien auf Wien gefallen. Mittels Antrags forderte Hungerländer die Stadt Wien auf, „proaktiv und vorausschauend“ Schritte zu setzen, Wien als Amtssitzstadt zu stärken.

GRin Yvonne Rychly (SPÖ) betonte noch einmal, wie wichtig es sei, der steigenden Nachfrage nach Arbeitskräften in „Zukunftsberufen“ nachzukommen. Sie verwies auf Maßnahmen der Stadt Wien, die z.B. mit dem Wiener Ausbildungsgeld arbeitslose Personen für eine neue Karriere in einem Sozial-, Gesundheits-, oder Bildungsberuf gewinnen wolle. Die Ausbildungskosten würden vom Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds (waff), dem AMS und beteiligten Unternehmen getragen, so Rychly. Sie hob außerdem Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen des waff hervor, die sich speziell an Ein-Personen-Unternehmen richteten. Von diesem Angebot würden in etwa 1.000 Personen Gebrauch machen. Rychly erinnerte daran, dass außerdem die Errichtung eines Fachkräftezentrums im waff geplant sei.

GRin Mag. Barbara Huemer (Grüne) sagte, die Grünen würden der Förderung an den waff „natürlich“ zustimmen. Sie selbst hätten schon „seit langer Zeit“ auf einen steigenden Fachkräftebedarf im Gesundheits- und Sozialbereich hingewiesen. Der Mangel sei „stärker als je zuvor“, die Pandemie zeige das „praktisch jeden Tag“. So würden in Krankenhäusern etwa neue Intensivstationen gebaut, während die notwendigen Fachkräfte fehlten. Der Fachkräftemangel sei laut Huemer „mittlerweile dramatisch“. Angesichts dessen begrüßten die Grünen das Ausbildungsgeld für arbeitslose Menschen, allerdings reiche diese Maßnahme noch nicht aus, meinte Huemer. Es sei wichtig, auch für die Dauer der Ausbildung eine Existenzsicherung zu garantieren und die Arbeitsbedingungen in den genannten Berufsfeldern zu verbessern, forderte sie.

GR Ömer Öztas (Grüne) sprach über Diskriminierung von Menschen mit Down-Syndrom am Arbeitsmarkt. Oft bekämen sie für ihre Arbeit nur ein minimales Entgelt, verfügten über keine Sozialversicherung oder Pensionsvorsorge. Nach wie vor würden diese Menschen gesellschaftlich ausgegrenzt und angefeindet. Sie zeigten sich selten in der Öffentlichkeit aus Angst, angestarrt zu werden. Öztas forderte, die Teilhabe von Menschen mit Down Syndrom am öffentlichen Leben zu fördern und brachte dazu einen Antrag ein, der u.a. Informationskampagnen der Stadt Wien zu diesem Thema, eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung sowie ein neues Entlohnungsmodell beinhalte. (Forts.) sep

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