Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.05.2021:
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10. Wiener Gemeinderat (3)

Hauptdebatte: Förderungen an das WUK - Verein zur Schaffung offener Kultur- und Werkstättenhäuser sowie an die Kunst im öffentlichen Raum GmbH

GR Stefan Berger (FPÖ), meinte, der Bereich Kunst und Kultur sei neben der Gastronomie jene Sparte, die mit Sicherheit am massivsten von den Einschränkungen durch die Pandemie betroffen war. Er appellierte an Bürgermeister Ludwig, bei Gesprächen zu weiteren Öffnungsschritten nicht auf die Kultur zu vergessen. Er kritisierte die Erhöhung der Basisförderung für das WUK und die Vergabe einer Konzeptförderung um 200.000 Euro pro Jahr. Das WUK hatte Ursprünge in einer Hausbesetzung und sei über Jahrzehnte ein „rechtsfreier Raum“ gewesen; erst im vergangenen Jahr sei ein Mietvertrag für das Gebäude zwischen Stadt und Verein über 30 Jahre abgeschlossen worden. Der Verein erhalte bereits einen Mietkostenzuschuss, jetzt werde das Gebäude auch noch auf Kosten der Stadt saniert, weil der Verein um eine Förderung dafür angesucht hätte, kritisierte Berger. Beim WUK fehle ein Finanzplan, auch würden Unterlagen nicht an den Gemeinderat weitergeleitet, so Berger. Er kritisierte außerdem die Konzeptförderung für die Theatersparte des WUK – zwar hätte eine Jury über die Förderwürdigkeit entschieden, allerdings sei nicht nachvollziehbar, wie die Empfehlung zustande gekommen sei, da die Jury-Unterlagen nicht öffentlich seien, bemängelte Berger. „Wir wollen Informationen zu Förderungen und faktenbasiert entscheiden, so lange das nicht der Fall ist, werden wir nicht zustimmen“, sagte Berger. Außerdem kritisierte Berger die Vier-Jahres-Förderungen für das WUK: Einerseits sei nicht absehbar, wie sich das Kulturbudget angesichts eines steigenden Budgetdefizits entwickle, andererseits kämen andere Vereine überhaupt nicht in den Genuss von Mehrjahresförderungen und müssten von Jahr zu Jahr um ihr Budget bangen, so Berger.

GR Thomas Weber (NEOS) sagte, Kunst und Kultur hätten die Aufgabe „Herz und Seele der Menschen zu beflügeln“. Hier spiele die Kunst im öffentlichen Raum eine wichtige Rolle, weil sie für alle zugänglich ist. „KÖR – Kunst im öffentlichen Raum“ sei 2004 gegründet worden, um Kulturelle Projekte im öffentlichen Raum, Kunst und Kultur in die Grätzeln zu bringen. Die „Fortschrittskoalition“ von SPÖ und NEOS hätte es sich auch weiterhin unter dem Schlagwort „Kulturelle Stadtentwicklung“ vorgenommen, Kunst und Kultur aus dem Zentrum der Stadt hinaus in die Peripherie zu bringen, erinnerte Weber: „Kunst und Kultur schaffen politische Öffentlichkeit, Diskurs und Auseinandersetzung mit Andersdenkenden. Durch Austausch entsteht Verständnis für einander und damit auch Gemeinschaft.“ Mit der Förderung für KÖR unterstützte die Stadt diesen Diskurs und Austausch „und das ist gut so“, schloss Weber.

GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) lobte ebenso die Arbeit des KÖR: „Corona hat allen gezeigt, wie schnell gewohnter Alltag sich verändert – plötzlich ist alles zu, Kultur gibt es nur im Fernsehen oder Online – und dann gibt es die Kultur im öffentlichen Raum“, sagte Berner. Sie erinnerte an „Installationen, die uns inspirieren, Skulpturen, die uns begeistern“ die im öffentlichen Raum allen zugänglich seien, unabhängig davon, ob Museen geschlossen sind oder nicht. Kunst schaffe „Diskursräume, Räume zum Ausprobieren und Nachdenken über verschiedene Themen. Künstlerinnen und Künstler laden uns ein, die Stadt mit neuen Augen zu sehen, den Alltag zu verlassen und Neues zu entdecken“, schwärmte Berner. Es sei für eine Stadt wie Wien wichtig, niederschwelligen Zugang zu Kunst und Kultur für alle zu ermöglichen. Berner regte an, sich mit der Zukunft der Kultur in der Stadt auseinanderzusetzen: „Wird es weiter die Klassik sein und die Proponenten des 19. Jahrhunderts? Oder brauchen wir etwas Neues, das wir gemeinsam mit den Kulturschaffenden, Musikerinnen und Musikern und Event-Leuten schaffen?“ Kultur sei ein wichtiger Identitätsfaktor, damit Wien Kulturhauptstadt bleibe, brauche es nachhaltige Konzepte, forderte Berner: „Wir brauchen langfristige Stipendien statt Projektfinanzierungen und faire Bezahlung für Kunstschaffende“. Sie brachte einen Antrag zur Erarbeitung eines Kulturentwicklungsplans für Wien ein.

StRin Mag. Bernadette Arnoldner (ÖVP) kritisierte, dass im Kulturbudget „viel Geld für einige wenige“ ausgegeben werde, „das dann bei anderen fehlt“. So solle das WUK 1,8 Millionen Euro bekommen, obwohl schon 22,4 Mio. Euro für Sanierung aufgebracht werden, so Arnoldner. „Ist das noch vertretbar und angemessen so viel Geld für einen Verein auszugeben?“ Auch beim KÖR solle „das Körberlgeld“ aufgestockt werden, so Arnoldner – „ich erkenne nicht wirklich den großen Einsatz für Kunst und Kultur, sondern Kooperationen mit Wiener Wohnen und den Wiener Linien – ich sehe eher ein großes PR-Budget für die Projekte der Stadtregierung, als Geld für Kunstprojekte“, so Arnoldner. Bei den öffentlichen Musikschulen hingegen fehle es an Geld und Plätzen - die städtischen Musikschulen seien „chronisch unterfinanziert“, in einzelnen Bezirken gebe es keine Musikschule mehr, in den verbliebenen Schulen dafür immer weniger Plätze für Kinder und Jugendliche, die ein Instrument erlernen wollen. Wien als Weltstadt der Musik mit großer Vergangenheit vernachlässige den Nachwuchs an Musiktalenten, kritisierte Arnoldner. „Wir müssen unsere jungen Talente fördern. Es kann nicht sein, dass nur Besserverdiener eine Musikausbildung bekommen können. Jeder muss die Chance haben, ein Instrument erlernen zu können.“

GRin Patricia Anderle (SPÖ) erinnerte daran, dass Musizieren in der Volksschule mit dem Unterricht verschränkt werde; an den Wiener Campus-Schulen gebe es Musikräume und das Angebot von Musik-Unterricht. Sie blickte in ihrer Rede auf die lange Geschichte des WUK als selbstverwaltetes Kulturzentrum zurück. Das WUK leistete seit den 1980er Jahren einen wichtigen Beitrag zur Gesellschaft in der Stadt, so Anderle. Es böte auf 12.000 Quadratmetern Bühne, Konzertsaal, Werkstätten, Bildung, Beratung, Probekeller und sei ein interkulturelles Zentrum. Pro Jahr besuchten und Nutzten 200.000 Menschen das WUK, mit dem Mietvertrag wurde auch die Basis für den Fortbestand und Sanierung gelegt, meinte Anderle. Durch die Sanierung werde das Gebäude erhalten und besser nutzbar. Das WUK sei wie Wien ein Ort der Toleranz, des Antirassismus und Antifaschismus, sagte Anderle. Sie freute sich auf die Zukunft des WUK, auf viele Auftritte und Veranstaltungen im Kulturzentrum an der Währinger Straße: Kulturschaffende bräuchten Normalität nach der Pandemie und Planbarkeit, die Stadt Wien spare deshalb bewusst nicht bei der Kultur, sondern erhöhe Budgets für Institutionen, Kunst-Stipendien und Förderungen für Projekte und „Ankerzentren“ für Kultur in den Bezirken, so Anderle.

GRin Veronika Matiasek (FPÖ) sagte, Kunstschaffende seien durch die Schließungen während der Corona-Pandemie zur Untätigkeit verdammt und freuten sich – genauso wie ihr Publikum – wieder auf die ersten Auftritte und Veranstaltungen. Kunst- und Kulturschaffende wollen nicht nur auf Förderungen angewiesen sein, sondern von ihrer Kunst für die Menschen Geld verdienen können, sagte Matiasek. Menschen würden gerne Geld für Musik oder Theater ausgeben, die Einnahmen für die Künstlerinnen und Künstler bedeuteten auch auch eine Entlastung für die Öffentliche Hand. Damit könne auch wieder mehr in Zukunftsprojekte wie neue Museen, Theater oder Spielstätten investiert werden und nicht in das notwendige Auffangen von Künstlerinnen und Künstler, so Matiasek. Die Ablehnung von Förderungen durch die FPÖ liege nicht an der Sache selbst, erklärte Matiasek, sondern an zu wenig Informationen oder an zu hohen Ausgaben für Verwaltung und zu wenig Aufwendungen für die Kultur selbst. Sie forderte, dass kleine Kulturinitiativen auf Bezirksebene Raum für ihre kulturellen Darbietungen haben müssten: „Es fehlt an leistbaren Räumlichkeiten, die dezentral gelegen sind. In vielen Bezirken sind solche Räume nicht mehr vorhanden, vor allem für kleinere kulturelle Veranstaltungen.“ Auch Matiasek kritisierte fehlende Ausbildungs-Möglichkeiten für junge Musikerinnen und Musiker, Talente müssten schon in der Schule gefördert werden. Wo städtische Musikschulen fehlen, brauche es Kooperationen mit privaten Musikschulen, forderte Matiasek. Abschließend forderte sie erneut eine Verkehrsfläche in Erinnerung an die jüngst verstorbene Opernsängerin Christa Ludwig – „im Idealfall ein Platz rund um das Konzerthaus oder den Eislaufplatz“ so Matiasek. (Forts.) ato

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