Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.05.2021:
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10. Wiener Gemeinderat (6)

Förderungen an Vereine im Integrations- und Diversitätsbereich

GR Hannes Taborsky (ÖVP) nannte Integration wichtig, „denn Wien muss sicher werden“, und das müsse „täglich neu erarbeitet werden“. Bedrohungen wie „Terrorismus, Parallelgesellschaften und Sozialbetrug“ seien durch „falsche Migrationspolitik“ hervorgerufen worden. Während der Bund unter ÖVP-Ministern diverse Sicherheitspakete schnüre, passierten auf Wiener Landesebene zu wenig. Der „Integrationsrat“ – sei nichts mehr als eine „Plauderstunde“, und greife bei antisemitischen Tendenzen in „Jugendbanden“ zu kurz: „Was passiert bei diesem Sesselkreis? Bekommt der Gewinner die Staatsbürgerschaft geschenkt?“, fragte Taborsky rhetorisch. Statt der „Staatsbürgerschaft light“ müsse das Prinzip „Fördern und Fordern“ gelten – mittels Antrag forderte Taborsky das dementsprechende Neuaufstellen der Wiener Integrations-Subventionen.

GRin Safak Akcay (SPÖ) widersprach der ÖVP scharf: Deren Anträge verkannten die Realität, darin würden engagierte Bürger und Publizisten und Vereine kritisiert, die viel für die Wiener Integrationsbemühungen geleistet habe. Was die ÖVP auf Landesebene bemängle – nämlich wenig Transparenz bei den subventionierten Vereinen – passiere auf Bundesebene genauso: Der – von der ÖVP-Regierung subventionierte – „Integrationsfonds“ sei ebensowenig „transparent. Wie viele Niederlassungen gibt es, was steht auf deren Homepage? Eben!“, meinte Akcay. Sie wechselte das Thema zum „Jugendcollege“, das von der Stadt Wien unterstützt werde. Hier werde Lehrlingen und SchülerInnen geholfen; besonders jenen mit Fluchterfahrung. Mehrere hundert Kursplätze stünden für junge Menschen bereit, die aus EU- und Drittstaaten kommen und ihre Lehre bzw. Ausbildung abschließen, um den ersten Schritt ins Berufsleben zu setzen. Das Projekt werde unter anderem auch über den EU-Sozialtopf gefördert, erinnerte Akcay: „Das Projekt gibt jungen Menschen echte Perspektiven und mit Bildung den Schlüssel zum sozialen Aufstieg.“

GR Ömer Öztas (Grüne) erinnerte an die mehr als 11.000 arbeitslosen Jugendlichen in Wien – „es sind die ersten, die um ihren Job fürchten müssen, und die letzten, die neu angestellt werden“. Wien sei das einzige Bundesland mit mehr Lehrstellen-Suchenden als offenen Lehrplätzen. Die Stadt habe reagiert und Lehrstellen gesichert bzw. neu geschaffen. „Aber, eine Frage stelle ich mir“, sagte Öztas, „wo bleibt die echte Lehrlingsförderung?“ Was passiere, um Lehrberufe attraktiver zu gestalten? Welche Mittel kämen tatsächlich im Geldbörsel der Lehrlinge an? In einem Antrag forderte Öztas einen 3.000-Euro-Bonus für Lehrlinge nach deren erfolgreicher Abschlussprüfung.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) konterte ihrer SPÖ-Vorrednerin Akcay: Diese, Akcay, habe schon im zuständigen Ausschuss entsprechende Fragen der ÖVP „nicht beantwortet“, deswegen sei der heutige VP-Antrag notwendig. Es sei ihre Pflicht, diesen Fragen nachzugehen. Da gehe es u.a. um die Meldeadresse des geförderten Vereins, „da wird ein privatwirtschaftliches Unternehmen, eine GmbH, indirekt gefördert“, kritisierte Hungerländer, das habe mit „kaufmännischer Sorgfalt“ bei der Förderzahlung nichts zu tun, und sei nicht „annähernd transparent: Da sitzt der Chef einer GmbH und fördert sein eigenes Unternehmen, in einer Verflechtung mit dem hauseigenen Verein“, so Hungerländer. Was den Integrationsrat („W.I.R“) betreffe, könne man nicht von „überparteilicher oder ausgewogener Besetzung“ sprechen, so Hungerländer: So gebe es keine Expertise zum politischen Islam, keine Expertise zur Auswirkung von Migration auf die Aufnahmegesellschaft. „Sie haben hier einen Zirkel geschaffen, der jene Themen bestätigt, die Sie spielen wollen“, attackierte Hungerländer, „zum Beispiel den liberalen Zugang zur Staatsbürgerschaft“. Die Chance auf einen „wirklich objektiven“ Expertenrat hätten die NEOS vertan.

GR Harald Zierfuß (ÖVP) erinnerte an einen „Zoom-Call mit mehr als 80 Direktorinnen und Direktoren“; seine Erkenntnis: Der Lehrermangel in Wien werde immer stärker, immer mehr Lehrkräfte wanderten in die Bundesländer ab, Klassen – von der Volksschule aufwärts – würden „vollgestopft“, mit vier Kindern mehr pro Klasse als im Bundesschnitt. Wenn schon 20 Prozent der Wiener PflichtschullehrerInnen im Wiener Umland hauptgemeldet sein, brauche es nicht zu wundern, dass diese ihre Jobs ebendort suchen. „Wir haben mehr als 1.000 Sondervertrags-Lehrer“, sagte Zierfuß, wobei deren Ausbildungsgrad gar nicht erhoben werde: „Beenden Sie diesen Blindflug“, appellierte Zierfuß Richtung Stadtregierung. Mittels zweier Anträge forderte er die „Attraktivierung des Pflichtschullehrerberufs“ und eine Analyse der Personalabwanderung.

GR Benjamin Schulz (SPÖ) thematisierte die Jugendarbeitslosigkeit, die sich in bestimmten Branchen fast verdoppelt habe; gleichzeitig habe die Stadt Wien die Zeichen früh erkannt und gegengesteuert: Etwa mit mehr als 16 Millionen Euro für den Ausbau der Lehrlings-Ausbildungsstätten bei den Wiener Linien, mit der Jugendstiftung des waff, oder mit dem Corona-Ausbildungsverbund. „Wir werten die Lehre auf und schaffen neue Ausbildungsplätze“, sagte Schulz, wobei die Stadt auch Ausbildungsbetriebe entsprechend finanziell unterstütze – „besonders in den Branchen Gastronomie, Hotellerie und Freizeit“. Mit gezielten Förderungen und Boni würden Corona-betroffene Betriebe finanziell unterstützt, wenn sie Lehrstellen schaffen und junge Menschen ausbilden – sie seien „die Fachkräfte von morgen“. Kein Bundesland habe so viele Maßnahmen umgesetzt wie Wien, „da kann sich der Bund noch einiges abschneiden“, erwartete sich Schulz mehr Initiativen ebendieser Ebene.

GRin Dolores Bakos, BA (NEOS) sprach zum zweiten Mal zur laufenden Debatte, die verschiedene Vereinsförderungen betreffe, und ging auf das Projekt „Österreichischer Integrationsgipfel“ ein. Erstmals 2019 abgehalten, seien schon damals mehr als 800 Vertreterinnen und Vertreter diverser Integrationseinrichtungen zusammengekommen, sagte Bakos: „Hier geht es um das Stärken des Miteinanders; um Vielfalt, Mehrsprachigkeit, Teilhabe – allesamt Dinge, die Wien ausmachen, unabhängig von Geburtsort und Herkunft.“ Im Rahmen dieses Gipfels solle auch eine „Islamkonferenz“ stattfinden. Dort kämen aber nicht nur interreligiöse Vertreter zu Wort – sondern auch Wirtschaft, Politik, um „objektiv zu sprechen – das ist doch großartig“. Den Integrationsrat („W.I.R“) verteidigte sie als „parteiunabhängiges Gremium“, das sich durch seine „große Bandbreite und Vielfalt“ in seiner wissenschaftlichen Besetzung auszeichne.

GR Nikolaus Kunrath (Grüne) ergriff ebenso zum zweiten Mal das Wort, und erwiderte seiner ÖVP-Vorrednerin Hungerländer: „Der Islam ist seit 1916 anerkannte Religionsgemeinschaft in Österreich. Was ist an der Förderung einer Islamkonferenz fragwürdig?“, so Kunrath, der an christliche Konferenzen erinnerte, die ebenso von der Stadt gefördert worden seien. Die ÖVP stelle den Integrations-Projektleiter Dino Schosche „als den Bösen“ hin, das könne so nicht stehengelassen werden; ebensowenig die Kritik am neugeschaffenen Integrationsrat: „Sind Experten nur jene nach Ihrer Definition?“, fragte er rhetorisch Richtung ÖVP-Hungerländer. (Forts.) esl

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