Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.05.2021:
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10. Wiener Gemeinderat (7)

Förderung an den Verein COURAGE

GRin Viktoria Spielmann, BA (Grüne) bemerkte, dass die betroffene Beratungsstelle COURAGE „einen wichtigen Beitrag zur Antidiskriminierung von Personen, egal welcher sexueller Orientierung diese sind, leistet“. Ein Schwerpunkt sei die Beratung gegen Gewalt und sexuelle Übergriffe. „Vor allem brutale Männergewalt hat Österreich in den letzten Monaten erschüttert“, sagte Spielmann. Bekannt sei zum Beispiel der Fall der 35-jährigen Nadine aus Wien, „die von ihrem Ex-Partner niedergeschlagen, mit Benzin übergossen, angezündet und in ihrer Trafik eingeschlossen wurde und nach einem Monat im Spital leider verstorben ist“. Femizide hätten 2021 Nadine und 13 weitere Frauen in Österreich das Leben gekostet. „Femizide sind die brutalste Form der Männergewalt, weil Frauen von den Männern als deren Besitz betrachtet werden.“ Es gehe um die Unterstützung von Courage, „es geht um Zivilcourage, das Einschreiten in der Familie, in der Nachbarschaft oder in der Öffentlichkeit, bevor eine Frau in Flammen steht“. Spielmann brachte den Antrag ein, die Nachbarschaftsinitiative „StoP – Stadtteile ohne Partnergewalt“, die in Margareten bereits erfolgreich umgesetzt worden sei, wienweit umzusetzen. „Ich bitte Sie, jetzt für ein Ende der Männergewalt zu stimmen.“

Förderung an SISTERS – Verein für queer feministische Kunst und Kultur

GR Stefan Berger (FPÖ) wollte seinen Kritikern den Wind aus den Segeln nehmen: „Leute, die etwa zur Regenbogenparade gehen, sind bei weitem nicht so tolerant wie ich.“ Berger, der in der „Community“ oft mehr „Geschäftemacherei“ als Idealismus ortete, fand viele Passagen in der Förderung, die ihn „stutzig machen“. So ginge es im Förderantrag unter anderem um die „Fensterl-Parade“, die im Vorjahr noch ohne Förderung ausgekommen sei, diesmal aber mit 27.000 Euro gefördert werden solle. „Die tatsächliche Kostenkalkulation legt offen, dass der Antragsteller hier anscheinend Geld verdienen will, wenn man sich die einzelnen Punkte wie Homepage-Betreuung oder Konzepterstellung ansieht“, vermutete Berger. Zur Tatsache, dass 15.000 Regenbogenfahnen für 4.800 Euro gedruckt werden sollen und ein Webshop um über 7.000 Euro betrieben werden soll, sagte Berger: „Wir müssen das Geld nicht mit Gewalt aus dem Fenster werfen – und das im wahrsten Sinn des Wortes.“

GR Thomas Weber (NEOS) zeigte sich stolz, „dass das Thema sexuelle Vielfalt in Wien eine große Tradition hat und dass wir das auch im Regierungsprogramm der Fortschrittskoalition stark verankert haben“. Die Regenbogenparade und die Fensterl-Parade seien ein „deutliches Zeichen“ des Respekts und der Weltoffenheit in Wien, denn Diskriminierung gegenüber LGBTIQ-Personen werde in vielen Ländern wie Polen oder Ungarn „systematisch betrieben“. In Polen sei ein „Drittel der Staatsfläche bereits zur Zone frei von Menschlichkeit erklärt worden“, sagte Weber. Doch auch in Wien werde die Stimmung rauer und die Anfeindungen gegenüber LGBTIQ-Personen würden zunehmen. Um Sichtbarkeit zu zeigen, brauche es Aktionen wie die Regenbogenparade und die Fensterl-Parade. Weber forderte alle Zuseherinnen und Zuseher auf, am 5. Juni an der Parade teilzunehmen und „Regenbogen zu zeigen“. Leider gebe es aber immer noch eine Diskriminierung beim Blutspenden von schwulen Männern. „Noch viel schlimmer sind aber die Konversionstherapien, denn die hinterlassen schwer traumatisierte Minderjährige“, so Weber. In Deutschland wären solche „dubiosen Therapien“ und auch die Werbung dafür verboten, „denn die Geisteshaltung dahinter ist für mich unaussprechlich. Homosexualität ist keine Krankheit, die therapiert werden muss.“ Weber appellierte vor allem an die ÖVP in Bund und Stadt: „Beenden Sie diese Diskriminierung!“

GRin Dr. Jennifer Kickert (Grüne) erklärte, die Fensterl-Parade, welche den Pride-Monat Juni eröffne, zeige, was möglich sei, „wenn Bottom-up-Initiativen mit einem kleinen, aber feinen Programm“ gefördert würden. Sichtbarkeit und Zusammenhalt, aber auch der Widerstand, seien in der LGBTIQ-Community „wichtig“, erklärte Kickert, die sich die Zustimmung aller Parteien zum Antrag, dass Wien zum Freiheitsraum erklärt werde, wünschte. „Das ist zwar nur symbolisch, aber diese Symbolik macht einen wichtigen Unterschied: Sie zeigt, dass es für Gewalttäter kein Recht gibt, Lesben, Schwule und Transgender-Personen zum Freiwild zu erklären und zu bespucken, jagen, schlagen und töten“, sagte Kickert. Dafür seien die Regenbogenparade, die Fensterl-Parade und der Pride-Monat „wichtig“. Kickert schloss: „Bleiben wir sichtbar, aber achten wir alle gemeinsam auf unsere Sicherheit.“

GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) sagte, die vergangenen Monate hätten wegen der Pandemie „alle belastet“, natürlich auch Personen aus der LGBTIQ-Community. „Hier sollten keine Unterschiede gemacht werden.“ Die Vielfalt und „Buntheit“ im öffentlichen Raum sollten weiter gewährleistet werden, so wie es Wien bereits in den vergangenen Jahren und Monaten mache. Denn mit der Regenbogenparade und der Fensterl-Parade werde „Flagge für die LGBTIQ-Community“ gezeigt. „Ich lade alle ein, bei diesen Aktionen mitzumachen und den Pride-Monat gemeinsam zu feiern“, forderte Berger-Krotsch auf. Als "Regenbogenhauptstadt" hätte Wien eine besondere Verantwortung gegenüber der Community, denn es könne auch „ganz, ganz anders sein“, spielte Berger-Krotsch etwa auf diskriminierende Maßnahmen in Polen an. „Ausgrenzungen“ aufgrund der sexuellen Orientierung sollten in der gesamten Europäischen Union der Vergangenheit angehören. Berger-Krotsch brachte einen Drei-Parteien-Antrag von SPÖ, NEOS und Grüne ein, Wien symbolisch zum "Freiheitsraum" zu erklären und gleichzeitig die Bundesregierung aufzufordern, die Antidiskriminierung von LGBTIQ-Personen zu fördern und entsprechend der EU-weiten LGBTIQ-Strategie einen österreichischen Aktionsplan für die Gleichstellung von LGBTIQ-Personen zu entwickeln.

GR Mag. Patrick Gasselich (ÖVP) erklärte, dass die Förderung für den Verein SISTERS keine Unterstützung seiner Fraktion bekommen werde. Formalistisch gehe es bei dem Drei-Parteien-Antrag „Freiheitsraum Wien“ um Menschenrechte, was seine Partei „immer“ unterstütze, doch diese Problematik werde auch auf Bundesebene „bereits angegangen“. Deshalb müsse die Bundesregierung vom Gemeinderat „zu nichts aufgefordert werden“.

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) kritisierte die Grünen, dass diese mit ihrer Unterstützung für den Antrag „Freiheitsraum Wien“ auf Bundesebene „anders“ agieren würden als in Wien, das Beispiel „Blutspenden von Homosexuellen“ anführend. „Solche Anträge sind reine Symbolpolitik“, warf Guggenbichler den Grünen vor. „Wieso muss die Fahne der Regenbogenparade das Wappen der Stadt Wien tragen, warum muss das öffentlich finanziert werden?“, fragte Guggenbichler, der ankündigte, die Fahne dem Gemeinderat Omar Al-Rawi (SPÖ) zu überreichen, „damit er diese bei den islamischen Vereinen verteilt“.  (Forts.) nic

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