Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.06.2021:
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12. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2020 (8)

Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft

GR Stefan Berger (FPÖ) stieg mit einer laut dem FPÖ-Mandatar „für die SPÖ unangenehmen Sache“ ein: Wien befinde sich im „Global Liveability Ranking“ der lebenswertesten Städte weltweit „im freien Fall“. Habe sich Wien in der Vergangenheit mit diesem Ranking gerühmt, sei Wien mittlerweile auf den 12. Platz abgestürzt. „Was das mit Kultur zu tun hat?“, frage Berger. Für diese Schlechterstellung seien unter anderem auch die Schließungen von Kultur-Einrichtungen während der Lockdowns ursächlich. In diesem Zusammenhang sei Wien im Vergleich zu anderen Städten wohl „nicht so gut durch die Krise gekommen“, meinte Berger. Im vergangenen Jahr habe der Gemeinderat, mitgetragen von der FPÖ, die Vergabe von Arbeitsstipendien für Kunstschaffende beschlossen. Ebenfalls mit Stimmen der FPÖ sei der Kultursommer ins Leben gerufen worden. Zwar seien diese Maßnahmen gut, Berger vermisste im Kulturbereich aber jedwede Form der Transparenz. Bei den Arbeitsstipendien wisse er nicht, „wer wie viel Geld wofür erhalten hat“. Obwohl mittlerweile bereits mehr als 2.300 KünstlerInnen begünstigt worden seien, warte die FPÖ nach wie „auf Zahlen“. Die FPÖ wolle jedenfalls „dran bleiben und die Finger in die Wunden legen“. Berger befürchtete auch, dass der Kulturbereich mit finanzieller Ressourcenknappheit konfrontiert sein wird. Für zukünftige Förderungen werde es daher wichtig sein, „die Tatsachen auf den Tisch zu legen“ und diese nachvollziehbar zu machen. Kultur sei in Wien ein „sehr wichtiges Zugpferd“, deshalb brauche es den „laufenden Betrieb“. Es gelte, Wien wieder zur „weltweiten Kulturmetropole zu machen“, schloss Berger.

GR DI Dr. Stefan Gara (NEOS) fand, dass auch während der Corona-Pandemie viel im Kulturbereich weitergegangen sei. Das sehe man an z.B. am Umbau des Wien Museums. „Nicht zu übersehen“ sei auch die „eindrucksvolle“ Sanierung des Volkstheaters, aber auch die Umgestaltung des Otto-Wagner-Areals, die Renovierung des Gartenbau-Kinos sowie die neuen Standorte für „das Brut“ und das Zoom-Kindermuseum. Am 3. Juli starte außerdem der „Kultursommer“, der nach den Pandemiemonaten wieder für „Lebensfreude mit 1.000 Acts an 40 Tagen“ sorgen werde. Alle Veranstaltung passierten jedoch unter Sicherheitsvorkehrungen, die Pandemie sei nämlich „noch nicht vorbei“, mahnte Gara. Wien sei in der Pandemiebekämpfung „Vorreiter“ und achte „sehr genau darauf, was möglicherweise noch kommen wird“. Als positiven Aspekt der Pandemie sah Gara, dass die Wissenschaft viel stärker in den Mittelpunkt der öffentlichen Aufmerksamkeit gerückt sei. So habe die Covid-Schutzimpfung etwa gezeigt, „was die Wissenschaft kann“. „Man stelle sich vor, es gebe noch keine Impfung, und die Delta-Variante steht vor der Tür“, sagte Gara. Die Impfung sei der einzige Weg, die Pandemie wirklich zu beenden. Ohne Wissenschaft gebe es diese Eindämmung des Virus nicht. Corona habe auch die vielen kreativen Potentiale in Wien vor den Vorhang gebracht. Unter dem Titel „Wien erforscht Corona“ habe es einen „Covid-19 Rapid Response Call“ gegeben mit dem Ziel WissenschafterInnen schnell zu vernetzen, um an den wesentlichen Fragen der Pandemie zu forschen. Die Ergebnisse hätten die große Bedeutung von Gesundheitsdaten für die Steuerung dieser Krise gezeigt. Gara wünschte sich, einen stärkeren Fokus darauf: Es brauche eine unabhängige nationale Medizindatenstelle, um Gesundheitsdaten zum Wohle der Bevölkerung nutzbar zu machen. Der Datenschutz müsse hier natürlich auch gewahrt werden, so Gara.

GRin Mag. Ursula Berner, MA (Grüne) fand es positiv, dass die Stadt Wien die Kulturförderungen trotz Schließungen aufrecht gehalten habe. Es sei nämlich ganz wichtig, „Menschen in der Not nicht allein zu lassen“. Die Stadt Wien habe mit mittlerweile ca. 2.300 vergebenen Covid-Stipendien eine „großartige Art“ geschaffen, nachhaltige Kulturförderung zu betreiben, fand Berner. Die Stipendien hätten aber auch Schwierigkeiten in der Kulturförderung aufgezeigt. Institutionalisierte KünstlerInnen seien in der Lage ihre Existenz zu erhalten, die „prekär arbeiteten freien KünstlerInnen“ und die kleinen Vereine aber nicht. Ihnen sei mitunter das gesamte Einkommen weggefallen, weshalb für sie die Stipendien besonders wichtig gewesen seien. Berner forderte deshalb ihren Ausbau. Sie wünschte sich außerdem eine „Kulturstrategie der Zukunft“, die unter anderem festlege, wie Wien weiter eine Kulturhauptstadt in Europa bleiben könne. Zu diesem Thema brachte Berner einen Antrag ein. Einen weiteren Antrag brachte sie zum Thema „Fair Pay“, also gerechte Bezahlung, ein. Gerade im freien Betrieb gebe es hier „noch einiges zu tun“, so Berner. Dazu gehöre auch das Thema Gender-Gerechtigkeit. Sie forderte ein „Gendermonitoring“ im Kultur- und Wissenschaftsbereich, um Geschlechtergerechtigkeit in der Förderlandschaft zu erreichen. Im dritten Antrag ging es um das Schaffen neuer Orte der Kreativität.

GR Peter L. Eppinger (ÖVP) fand im Zusammenhang mit dem Umgang der Stadt Wien mit Kulturfördergeldern einen Vergleich zu sogenannten „Hidden Tracks“, also versteckenden Liedern auf Tonträgern, passend. Wie bei einem „Hidden Track“ müsse man auch bei der Stadt Wien „warten, bis man was hört“. Es sei nicht immer gleich ersichtlich, „was wer bekommt“. Wer sich aber „Transparenz auf die Rathausfahne“ schreibe, dürfe sich keine „Hidden Tracks leisten“, meinte Eppinger. Die Corona-Krise habe dem Kulturbetrieb den Bühnenboden unter den Füßen weggerissen. Die Härtefall-Fonds des Bundes aber auch die Arbeitsstipendien der Stadt Wien haben als flankierende Maßnahmen den Kulturbetrieben über diese Zeit geholfen. Es wäre „ein leichtes gewesen“, die Stipendien zu prolongieren, die Stadtregierung sei dazu aber nicht bereit gewesen, kritisierte Eppinger. Kunst sei „systemrelevant“ und müsse deshalb auch jenen Menschen offenstehen, die vor finanziellen Problemen stehen. Der Kultursommer sei zwar „eine schöne Sache“, es brauche aber Ideen darüber hinaus, um die Wienerinnen und Wiener in die Kultureinrichtungen zu bringen. Mittels Antrags forderte Eppinger die Nutzung leerstehender Geschäftsflächen für Kunst- und Kulturschaffende. Außerdem wünschte sich die ÖVP mittels Antrags kostenfreie Werbeflächen für Wiener Kunstschaffende sowie eine Einbindung der ÖVP in die Erarbeitung der Wiener Kulturstrategie.

GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) sagte, die Corona-Krise habe gezeigt, dass Kunst und Kultur ein „Haupt-Thema“ in Wien sei. Den heimischen Künstlerinnen und Künstlerinnen sei die entsprechende Wertschätzung entgegengebracht worden, Wien habe sich für sie sogar „viel erfolgreicher“ als der Bund eingesetzt. „Der Ort kulturellen Handelns sei auch ein Arbeitsplatz“. Die Stadt Wien habe daher nicht nur auf die Künstlerinnen und Künstler geschaut, sondern sich auch um alle anderen, die in den Kultureinrichtungen arbeiteten, z.B. im Bereich der Ton- oder Bühnentechnik, gekümmert. Dass der Kultur in Wien ein hoher Wert beigemessen werde, lasse sich anhand der Zahlen im Rechnungsabschluss erkennen: Dieser zeige im Vergleich zum Jahr 2019 eine Steigerung im Kulturbudget von 12,25 Prozent. Außerdem habe der Bereich 2020 sogar um vier Prozent mehr Budget bekommen, als im Budget 2020 ursprünglich vorgesehen gewesen sei. Die Magistratsabteilung 7 habe von insgesamt 265 Mio. Euro Budget 91,18 Prozent in Kulturförderungen gesteckt und nur 7,11 Prozent für Personalausgaben aufgewendet. Als Erfolge bezeichnete Schmid die Fortsetzung des Ausbaus des Wien Museums, die vielfältigen Tätigkeiten der Wien Bibliothek im Rathaus, das Wien Geschichte Wiki des Wiener Stadt- und Landesarchivs und den Kultursommer. (Forts.) sep

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