Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 13.09.2021:
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6. Wiener Landtag (1)

Der 6. Wiener Landtag auf Verlangen der Grünen zum Thema „Beste Schulen für alle Wiener SchülerInnen: Wien muss endlich langfristige Maßnahmen zur Verbesserung im Pflichtschulbereich für alle SchülerInnen setzen, statt mit verkorksten Pinken Schnellschüssen viele VerliererInnen zu verursachen“ begann um 9 Uhr mit einer Gedenkminute für den Landtagsabgeordneten Heinz Vettermann, den ehemaligen Bundesminister Rudolf Edlinger sowie den Landtagsabgeordneten a.D. Richard Stockinger, die kürzlich verstorben sind. Fragestunde und Aktuelle Stunde entfielen.

Gemeinderätin MMag.a Julia Malle (Grüne) begründete die Einberufung des Landtages wie folgt: Die von den Wiener NEOS in Angriff genommene Bildungsreform sei in Wahrheit „eine reine Verwaltungsreform“, die weder nach der sozialen Komponente der Schulen frage, noch ein echtes Bildungsversprechen beinhalte. Die Reform sei ohne Einbindung der Betroffenen passiert und sage nun größeren Klassen mehr finanzielle Mittel zu, Klassen mit weniger SchülerInnen würden dagegen „finanziell bestraft“. Damit zwinge man Schulen, „Schulklassen anzufüllen“, so Malle. An Schulen, die „dringend mehr Stunden nötig hätten“, würden diese gekürzt, LehrerInnen würden zudem an andere Standorte versetzt. Vizebürgermeister und Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr, MA (NEOS) habe gesagt, „bei mutigen Reformen, tut es immer kurzfristig weh“, erinnerte Malle. Sie aber sehe das ganz anders: „Eine gute Reform tut niemals weh“, war sich Malle sicher. Eine gut aufgesetzte Reform brauche außerdem „keine Notmaßnahmen für Härtefälle“. Malle nahm auch die Wiener SPÖ in die Pflicht, die als Koalitionspartner „diesen Bildungsabbau in Kauf nimmt“. Die Grünen seien laut Malle nicht die einzigen, für die diese Reform nicht gutheißen. Eltern hatten schon vor dem Sommer dagegen protestiert und täten es auch heute wieder. Auch DirektorInnen würden das Vorhaben mehr als kritisch sehen, sich aber aufgrund politischen Drucks nicht trauen, das offen auszusprechen. Während die NEOS mit ihrem „Minichancenindex bestenfalls die Chancen der Reichen“ erhöhen würden, würden sich die Grünen „für gute Bildung für alle“ einsetzen sowie für Inklusion, Integration und kleinere Klassen kämpfen, schloss Malle.

StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) kritisierte die Grünen für die Themenwahl des Landtages: Immerhin waren die Grünen mehr als zehn Jahre Teil der Wiener Stadtregierung und hätten die nun vorherrschenden Zustände im Bildungsbereich zumindest mit zu verantworten. Zudem würden die Grünen in der Bundesregierung wichtige Projekte wie Deutschlernklassen sowie Maßnahmen zur Integration „torpedieren“. Viele der Probleme, die jetzt angesprochen werden, seien laut Nepp „nicht neu“: Zu große Klassen, Zusammenlegungen, „Kulturkampf an Brennpunktschulen“, Lehrkräftemangel, schlechte Bezahlung etc. seien keine neuen Erscheinungen. Dazu kämen aber durch die Corona-Pandemie und den mit ihr einhergehenden „überzogenen Maßnahmen“ zu neuen Herausforderungen. Als Beispiele nannte Nepp die Testpflicht an Schulen und den „immer größer werdenden Impfdruck“. Eltern, die aufgrund dieser Gegebenheiten ihre Kinder von den Schulen abmelden und Zuhause unterrichten, würden schnell als „Covidioten, Impfverweigerer und Asoziale“ abgestempelt. Völlig außer Acht gelassen würden Eltern, die die Corona-Pandemie durch aus ernst nehmen und ihre Kinder deshalb aus der Schulen nehmen, weil diese zu Risikogruppen gehören würden. Der Mangel an Lehrkräften würde sich zudem erhöhen, „wenn es nun für Neueinsteiger eine Impfpflicht gibt“ – das komme einem Berufsverbot gleich, so Nepp. Die Psyche der Kinder leide massiv unter den Einschränkungen, ihnen seien die Freiräume genommen worden und sie seien zu „Todesengel für Oma und Opa degradiert“ worden. Sowohl die Bundes- als auch die Wiener Landesregierung habe die Kinder „vollkommen im Stich gelassen“. Er forderte ein Stopp der „Angstmache, dem Impfdruck und der damit verbundenen der Spaltung der Gesellschaft“.

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) verteidigte die Bildungsreform, die bewirke, dass nun alle Kinder gleiche Bildungsvoraussetzungen haben – „egal, ob sie in Favoriten, in der Donaustadt oder in Döbling in die Schule gehen“. Auch der finanzielle „Background“ der Eltern werde keine Rolle mehr spielen. Den Grünen warf Emmerling vor, „diesen Weg der Bildungsgerechtigkeit verlassen“ zu haben. Die Kritik, auf welche die Grünen ihre Argumente stützen, beziehe sich auf Einzelfälle, auf Schulen, die bisher mit Ressourcen „überproportional gut bestückt waren“. Nun gehe es darum, Schritt für Schritt „ein solides Fundament für ein gerechtes Bildungssystem zu bauen“. Mit dem neuen System gebe es in Wien nun erstmals eine Mittelzuteilung, die nach dem Prinzip eines Chancenindex passiere und auf Schulen mit großen Herausforderungen Rücksicht nehme. Es gehe darum, „jede Schule zur besten zu machen und jedem Kind die gleichen Chancen zu geben“, erklärte Emmerling. Es stimmt nicht, dass Stunden gekürzt und Lehrplanstellen gestrichen werden – „das ist und bleibt eine Lüge“, so Emmerling. Im Gegenteil: Es gebe diesen Herbst „an Wiens Schulen so viele Lehrkräfte wie noch nie“, außerdem seien zusätzlich 200 FreizeitpädagogInnen beschäftigt worden. Auch Mehrstufenklassen gebe es mehr als vorher. Von den Grünen forderte Emmerling, sich auf Bundesebene für einen echten Chancenindex stark zu machen, denn von diesem würde Wien „überproportional profitieren“.

(Forts.) sep

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