Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 13.09.2021:
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6. Wiener Landtag (2)

Sitzung auf Verlangen der Grünen

LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) begrüßte die Diskussion zu den Herausforderungen der Wiener Schulen: Die Klassen seien zu groß, die Sprachkenntnisse der Schülerinnen und Schüler würden immer schlechter. Nur mehr jede fünfte Schülerin bzw. jeder fünfte Schüler würden die Lese-Standards erreichen, sagte Zierfuß: „Dafür können wir der SPÖ Wien herzlich gratulieren“. So „weiter zu wurschtenln“ sei in der Bildungspolitik in der Stadt nicht mehr möglich, kritisierte Zierfuß. Auch von den NEOS zeigte sich der ÖVP-Mandatar enttäuscht: „Was verändert sich mit den NEOS im Bildungsressort? Nix!“ Die Bildungspolitik der NEOS sei „Copy and Paste der roten Vorgängerinnen und Vorgänger.“ Eltern würde die Ganztagschule aufgezwungen werden, die Stadt würde die selben Vereine finanzieren. Zierfuß kritisierte den neuen Lehrerverteilungsschlüssel, dieser brächte „Verschlechterung und Kürzungen in den Wiener Schulen“. Trotz gleicher Ressourcen wie andere Bundesländer seien im Schnitt sieben Kinder mehr in einer Wiener Volksschul-Klasse als im Rest Österreichs. Er ortete einen eklatanten Lehrermangel an den Wiener Pflichtschulen. Viele Lehrerinnen und Lehrer, die in Wien unterrichteten, würden in Niederösterreich wohnen und fänden in den Schulen am Land bessere Bedingungen. Es verwundere ihn deshalb nicht, dass viele „bei der ersten Gelegenheit Schule wechseln“, sagte Zierfuß. Er brachte zwei Anträge ein: Den ersten gegen den Lehrermangel in Wien und einen weiteren zu kleinere Klassen in Wien wie in den anderen Bundesländern.

LAbg. Mag. Nicole Berger-Krotsch (SPÖ) erinnerte an das Ziel der Wiener Bildungspolitik: „Wir wollen die beste Bildung für alle Kinder in Wien.“ Ihren Vorrednerinnen und Vorrednern konterte Sie: „Wir sind felsenfest überzeugt, dass unser Bildungssystem mehr kann als die ÖVP erlaubt." So hätte Wien auch in diesem Jahr in neue Schulbauten in das gerade gestartete Schuljahr investiert – wie unter anderem in den neuen Aron-Menczer-Campus in Landstraße. Auch betreibe die Stadt den Ausbau der beitragsfreien Ganztagsschule, die Wiener Eltern 40 Millionen Euro pro Jahr einsparen würde. Zur Reform der Lehrenden-Planstellen in Wien betonte Berger-Krotsch, dass vor allem Schulen mit großen Klassen und großen Herausforderungen vom neuen Verteilungsschlüssel profitieren würden; bei der Zuteilung von Stunden würde jetzt auf den konkreten Standort eingegangen. Anders als von Kritikern behauptet, würden keine Klassen geschlossen oder zusammengelegt werden, auch die Integrationsklassen würden weitergeführt werden. Die FPÖ kritisierte Berger-Krotsch scharf dafür, Kinder und die Schule dafür zu "missbrauchen, um ihre populistische Corona-Politik" zu befeuern: „Ihre Politik, die Tests ablehnt und sogar die Existenz von Corona in Zweifel zieht, bringt die Gesellschaft in eine Sackgasse“, warnte Berger-Krotsch. Sie hob das Testangebot von „Alles gurgelt!“ für Schulen hervor, ebenso das Angebot für Impfungen für Schülerinnen und Schüler mit mobilen Impf-Teams an mehr als 50 Wiener Schulen und Bildungseinrichtungen. Wien habe sich gemeinsam mit dem Bund darauf geeinigt, neben dem regelmäßigen Lüften auch rund 300 Luftfilter in den Klassen zu installieren; zum Einsatz kommen sollen die Geräte dort, wo nicht gelüftet werden könne. Die für das vergangene Jahr zugesagten Corona-Förderstunden müssten ausgeweitet werden, forderte Berger-Krotsch; ebenso müsste die Regelung für die Eltern-Sonderbetreuungszeiten ausgedehnt werden. Bei beiden Themen sah sie den Bund in der Pflicht. Für die Chancengleichheit für alle Kinder in der Großstadt brauche es mehr Ressourcen, sagte Berger-Krotsch – der Bund müsse die besonderen Herausforderungen Wiens berücksichtigen – Stichwort „Chancenindex“. Von der Türkis-Grünen Bundesregierung forderte Berger-Krotsch: „Es muss mehr Geld für die Wiener Kinder herüberwachsen!“

LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) ortete „Arbeitsverweigerung“ im Bildungsbereich – schon in der Vergangenheit bei der SPÖ und Grünen in Wien und aktuell bei den Grünen im Bund. Allerdings würden auch die NEOS, die seit der letzten Wahl den zuständigen Stadtrat stellten, bei der Bildungspolitik enttäuschen: Er vermisste Gesetzesentwürfe und Input in den Ausschüssen. „Eine Fraktion die so viel angekündigt hat und so wenig liefert, sollte vor der eigenen Haustüre kehren“, sagte Krauss. Auch bei Corona hätten die NEOS offene Schulen versprochen, tatsächlich seien Bildungseinrichtungen monatelang geschlossen gewesen. Ebenso hätten die NEOS die Maskenpflicht an Schulen abgelehnt und auch dieses Versprechen nicht gehalten, sagte Krauss. Im Bund werde bei den Schulen „Planungssicherheit“ von den NEOS verlangt, in Wien „wo sie liefern können“, würde diese Planungssicherheit nicht eingelöst. Die Bildungspolitik in Wien hätte den Sommer „verschlafen“, um Luftfilter anzuschaffen und den Schulbetrieb zu sichern. Auch bei der Ausstattung wie Laptops mangele es an den Wiener Schulen. Er kündigte Anträge seiner Fraktion zur Integrations-Förderung an Wiener Bildungseinrichtungen an. Jeder dritte Jugendliche in Wien sei nicht Österreichischer Staatsbürger, jeder zweite würde Deutsch nicht als Umgangssprache nutzen – dies seien laut Krauss Voraussetzungen für das Entstehen von Parallelgesellschaften und einer steigenden Zahl an Arbeitslosen. Im Verlauf der Sitzung würden die Regierungsparteien einen Antrag zur Aufnahme von Minderjährigen aus Afghanistan einbringen; diesen Antrag lehnte Krauss ab: „Sie wollen angebliche Kinder aus Afghanistan nach Österreich holen, wir wollen keinen einzigen Afghanen mehr nach Wien holen“, sagte Krauss – "die Mörder von Leonie" seien 2015 auch "als angebliche Minderjährige nach Wien gekommen", so der FPÖ-Mandatar.

LAbg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) erinnerte daran, dass die NEOS schon im Juli 2020 ein Präventionskonzept vom Bund verlangt hätten, mit PCR-Tests an Schulen – mit dem Ziel, Schulschließungen zu verhindern. Es werde mit der ansteckenderen Delta-Variante und den steigenden Fällen an Schulen auch Schulsperren geben, prognostizierte Gara, die NEOS setzten sich aber für eine kürzere Quarantäne ein. „Impfen ist die einzige Chance, das Corona-Virus in Schach zu halten“, sagte Gara. Bei den Imfpungen sei Wien vorbildlich – die FPÖ hingegen sei „Teil des Problems“ und würden die Pandemie mit Falschaussagen zur Wirksamkeit der Impfung unnötig verlängern. „Was sie hier tun ist Fetzendeppert – sie spalten, sie verunsichern“, sagte Gara. Von der Delta-Variante seinen auch Kinder betroffen, in den USA seien „Intensivstationen voll mit Kindern die Corona haben“ – in einer Situation wie jetzt sei es wichtig zusammenzuhalten und auch die Lehrerinnen und Lehrer zu überzeugen, sich impfen zu lassen, appellierte Gara an alle Landtags-Fraktionen. Die Impfung müsse freiwillig sein, die Freiheit des Einzelnen könne aber nicht über der Freiheit aller stehen. Bei Veranstaltungen in Wien werde es Sicherheitskonzepte für Geimpfte, Genesene und PCR-Getestete geben, kündigte Gara an. Testen sei für Kinder und Jugendliche kein Problem, sie seien verantwortungsbewusst – anders als die FPÖ, sagte Gara. Die Pandemie hätte psychische Belastungen für Kinder gebracht, der Bund könne niederschwellige Angebote schaffen, aber: „Warum tun Sie es denn nicht?“, fragte er Richtung Bund und den Grünen Gesundheitsminister. „Sie können das sofort umsetzen und finanzieren. Beschweren Sie sich nicht darüber, was nicht geht, setzen Sie es um!“

LAbg. Felix Stadler, BSc (Grüne) sagte: „Stadtrat Wiederkehr hat eine gute Idee genommen und eine katastrophale Reform daraus gemacht“. Obwohl es mehr Mittel für Lehrerinnen und Lehrer als je zuvor für Wien gegeben hätte, seien an knapp der Hälfte der Volksschulen Stunden und Lehrenden-Posten gekürzt worden. An manchen Schulen hätten die Kürzungen bis zu vier Lehrerinnen oder Lehrer weniger bedeutet, sagte Stadler: „Das erste große Bildungsprojekt der Bildungspartei NEOS hat schlechtere Chancen für Kinder gebracht und Eltern auf die Straße gebracht“, fasste er zusammen. Stadler konterte seiner Vorrednerin Emmerling, die von Einzelfällen gesprochen hätte – rund 55 Prozent der Schulen in Wien müssten durch den neuen Verteilungsschlüssel mit weniger Lehr-Personal auskommen. Während 70 Prozent der Privatschulen mehr Stunden bekommen hätten, hätten trotz Zusagen ein Drittel der Schulen mit großen Herausforderungen weniger Lehrerinnen und Lehrer bekommen. Er brachte einen Antrag zur Wiedereinführung der Schulautonomie ein. Schulen müssten ein Stunden-Kontingent für Kunst- oder Integrationsprojekte bekommen, forderte Stadler. Der Bildungsstadtrat hätte nach den Protesten 2.200 Zusatz-Stunden für benachteiligte Schulen angekündigt, diese Extra-Stunden seien aber nur für dieses Jahr fix. Er forderte in einem weiteren Antrag eine längerfristige Lösung für die Zuteilung dieser Zusatz-Stunden. Diese müssten auch transparenter vergeben werden, forderte Stadler.

LAbg. Julia Klika, BEd (ÖVP) sagte, das Thema liege ihr als Lehrerin an einer Wiener Mittelschule besonders am Herzen. Die Politik von Wiederkehr sorge für Unmut und Chaos an einigen Bildungseinrichtungen. Kurz vor dem letzten Schulschluss seinen Schulen von einer neuen Lehrerzuteilung „überrollt“ worden. Lehrerinnen und Lehrer hätten den Sommer über um ihre Stellen an ihren angestammten Schulen bangen müssen; Eltern seien ebenfalls enttäuscht gewesen, sagte Klika. „Lehrerin zu sein ist nicht nur ein Beruf, sondern eine Berufung. Wir sind Bezugspersonen, Freizeitgestalter, Streitschlichter und Medienprofis“, deshalb brauche es für die engagierten Lehrerinnen und Lehrer ein Anreizsystem, so Klika: „Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wir in Wien ein Lehrermangel haben.“ Inzwischen müssten schon Studierende ohne Abschluss einspringen um offene Stellen zu besetzen, außerdem seien die Lehrer durch die Corona-Situation zusätzlich gefordert. Bei der Digitalisierung hätten sich viele Lehrerinnen und Lehrer schwergetan; auch die Testungen seien ein großer Aufwand und würden auf Kosten des Unterrichts passieren. Statt Lehrerinnen und Lehrer dafür zu danken, was sie leisten, werde ihnen das Schulleben noch schwerer gemacht, kritisierte Klika – zum Beispiel durch eine nicht nachvollziehbare und schlecht durchdachte Reform, die Förderangebote gefährden würden und die Klassengrößen weiter steigen lassen würde. Lehrer müssten sorgenfrei unterrichten können, forderte Klika, Lehrerinnen und Lehrer müssten mehr Anerkennung erfahren, „es ist an der Zeit, dass wir ihnen etwas zurückgeben.“ (Forts.) ato

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