Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 22.09.2021:
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13. Wiener Gemeinderat (8)

Dringlicher Antrag der ÖVP

Die Tagesordnung wurde um 16 Uhr für den dringlichen Antrag der ÖVP betreffend „humanitäre Hilfe für Afghaninnen und Afghanen vor Ort“ unterbrochen.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) eröffnete die Debatte und wies auf die Missstände in Afghanistan hin. Wien habe für Entwicklungszusammenarbeit jährlich 400.000 Euro zur Verfügung. Das sei im Vergleich zu den anderen Bundesländern in Österreich wenig. Weiters habe Wien in Syrien und Moria humanitäre Hilfe geleistet. Die Stadt solle das Budget der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) aufstocken und den Fokus bei den Projekten für das Jahr 2022 auf Afghanistan richten. Außerdem forderte Hungerländer die Stadt Wien auf, in Afghanistan humanitäre Hilfe in Form von Sachleistungen durchzuführen. „Bevor weitere Migration von Menschen aus Afghanistan nach Wien forciert“ werde, müsse klar gemacht werden, was das die Steuerzahler*innen kosten würde. Es gebe keine Transparenz. Man wisse immer noch nicht, wieviel die Flüchtlingskrise von 2015 gekostet habe. Das Bildungssystem sei mit den Migrantinnen und Migranten überfordert, zugezogene Afghan*innen oft unterdurchschnittlich gebildet und Afghanen würden in den hiesigen Kriminalitätsstatistiken auffallen sowie das System der Demokratie ablehnen. Dazu käme noch die Überforderung der zuständigen MA 35. Man könne vor Ort helfen, für die Aufnahme von Afghaninnen und Afghanen sei Wien nicht bereit.

GR Hannes Taborsky (ÖVP) meinte es sei „grob fahrlässig, neue Flüchtlinge aufnehmen“ zu wollen. Man sei 2015 kurz vor dem Zusammenbruch der europäischen Flüchtlingspolitik gestanden. Mehr als die Hälfte der afghanischen Bevölkerung sei auf humanitäre Hilfe angewiesen. Nach Abzug der amerikanischen Truppen habe sich gezeigt, „dass sich die afghanische Gesellschaft und ihre Werte nicht verändert“ hätten. Es gebe ganz andere flüchtlingspolitische Probleme in Europa. Afrikanische Flüchtlinge würden nach Europa wollen, es stelle sich die Frage, warum sich Wien überhaupt mit der Aufnahme von Flüchtlingen befasse. In der MA 35 herrsche „Chaos“, Wien käme mit der Aufnahme nicht mehr mit. Außerdem stelle die Migration auch eine Sicherheitsfrage für die Wiener Bevölkerung dar. Die ÖVP sei für Hilfe vor Ort. Die österreichische Bundesregierung setze diesbezüglich die richtigen Maßnahmen. Das Ziel sei zu verhindern, „dass sich Menschen überhaupt auf den Weg hierher machen.“ So habe die Bundesregierung bereits 20 Millionen Euro für die Hilfe vor Ort bereitgestellt. Die Lippenbekenntnisse der Wiener SPÖ würden niemanden helfen. Wien habe bereits die zweitgrößte afghanische Community europaweit und die viertgrößte weltweit. Damit sei man „Hilfsweltmeister“. In vielen Bildungseinrichtungen der Stadt würde bereits jetzt schon nicht mehr Deutsch gesprochen werden. Die Kriminalitätsrate von Afghanen sei dreimal so hoch wie die von österreichischen Staatsbürgern, und doppelt so hoch wie die von anderen Staatsangehörigen. Man dürfe nicht die Menschen in Österreich und Wien vergessen.

Der nicht amtsführende Stadtrat Dominik Nepp, MA (FPÖ) sprach von einer „Scheinheiligkeit“ der ÖVP, da diese auch in der Flüchtlingskrise 2015 eine Rolle gespielt habe. Auf europäischer Ebene habe sich die ÖVP gerade erst für die Aufnahme von afghanischen Flüchtlingen in Europa und damit auch in Österreich ausgesprochen. Die einzige Partei, die beim Thema Zuwanderung eine klare und konsequente Linie fahren, sei die FPÖ.  Auf Bundesebene habe der amtierende Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) im Jahr 2020, als ein Lockdown herrschte, 15.000 Asylanträge genehmigt. Die Fehlleistungen in der Integrationspolitik der letzten Jahre fielen auch in die Verantwortung der ÖVP. Nepp kündigte an, dem Antrag der ÖVP nicht zuzustimmen. Geld für Hilfe vor Ort in Afghanistan sollte besser in Wien für die hier lebenden Menschen verwendet werden.

GR Thomas Weber (NEOS) nannte die humanitäre Hilfe, die die ÖVP fordert, „eine Peinlichkeit“. In der in Afghanistan vorherrschenden Situation unter dem Terrorregime der Taliban sei es nicht möglich, vor Ort „tatsächlich“ zu helfen. Es ginge um Menschen, die ein freies und selbstbestimmtes Leben suchten. Es sei „beschämend, was aus der Werten der ehemaligen christlich-sozialen Partei ÖVP geworden“ sei.

GRin Mag.a Aygül Berivan Aslan (Grüne) wies auf die derzeit herrschende Krise im Irak hin. Es gäbe zeitgleich mehrere große Krisen. Die afghanische Bevölkerung sei im Stich gelassen worden. Der Krieg in Afghanistan habe vor 40 Jahren begonnen. Immer wieder mussten Menschen aus Afghanistan fliehen. Das Schicksal von Frauen und Mädchen sei in Afghanistan besonders schlimm. In den letzten 20 Jahren gab es einen leichten Aufschwung für die Situation der Frauen in Afghanistan. Diese Errungenschaften würden von den Taliban nun Stück für Stück wieder abgebaut. Hilfe vor Ort sei „wichtig und richtig“. Das sei aber kein Ersatz dafür, schutz- und hilfesuchende Menschen nicht bei uns aufzunehmen. Die Vor-Ort-Hilfe der ÖVP sei nicht einmal „ein Tropfen auf den heißen Stein“. Österreich liege im Bereich Entwicklungshilfe seit Jahren unter dem OECD-Durchschnitt. Das Argument, Österreich habe bereits sehr viel Hilfe geleistet, würde nicht greifen. Frauen und Mädchen in Afghanistan zu schützen sei ebenso wichtig, wie deren Unterstützung in Wien. Es brauche diesbezüglich mehr Angebote für Frauen in unserer Stadt. Damit könnten sich die Frauen besser integrieren. Alsan brachte abschließend einen Antrag für mobile sozialpädagogische Betreuung für geflüchtete Frauen ein. Weitere Anträge betrafen das Thema „sicherer Hafen“ und „Evaluierung von Leerständen in Wien“. Wien solle weiterhin Menschenrechtstadt bleiben. (Forts.) wei

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