Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.10.2021:
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14. Wiener Gemeinderat (5)

Förderangebot an den Verein Kriegsopfer- und Behindertenverband für Wien, Niederösterreich und Burgenland

GR Nikolaus Kunrath (GRÜNE) wies darauf hin, dass die Förderung von 79.950 Euro sehr wichtig sei, da der Verein notwendige Arbeit und Leistung mache. Die in Wien lebenden Opfer von Gräuel und Grauen sowie ihre Angehörigen würden heute noch Fürsorge bedürfen. Es seien heute nicht mehr nur Opfer des Zweiten Weltkrieges unter den Bezugsberechtigen, auch Menschen mit Behinderungen würden oft in einer diskriminierenden Welt leben. Er erinnerte an die „provokante, diskriminierende Werbekampagne des Konzerns REWE“, die vor einigen Wochen in Wien affichiert worden war, auf Flächen der Gewista, die oft bei den Wiener Linien-Stationen seien. Die Plakate seien zwar früher abgelöst worden, aber der „Schaden ist angerichtet“ wie eine Wiener Autorin geschrieben habe. Der Werberat habe den Konzern verurteilt, da u. a. „bewusste Retraumatisierung der Betroffenen“ ausgelöst worden sei. Es sei besonders bedauerlich und geschmacklos, dass die Gewista nicht selbst eingeschritten sei. Im einem Antrag ersuchte er Stadtrat Hanke, mit der Wirtschaftskammer Wien in Kontakt zu treten, um künftige solche Kampagnen nicht mehr zu ermöglichen, es dürfe kein Geld mehr dafür geben. 

GR Prof. Rudolf Kaske (SPÖ) stimmte seinem Vorredner zu, dass „grundsätzlich in unserer Stadt kein Platz sein darf für diskriminierende Werbung“. Er wies darauf hin, dass die Gewista einem französischen Konzern gehöre und die Werbeflächen weder direkt der Stadt gehören noch sie Einfluss darauf habe. Er gehe aber davon aus, dass derartige Werbung ausgeschlossen werde und hoffe, dass die Firma das veranlassen werde. Zum Verhandlungsgegenstand sagte Kaske: Der Verein wurde 1945 gegründet und versuche seither Menschen mit Behinderungen ein selbstbestimmtes, sozial integriertes Leben zu ermöglichen. Soziale Fairness des Vereins decke sich mit der in der Bundeshauptstadt gelebten Auffassung und entlaste die Stadtverwaltung. Kaske zählte einige Errungenschaften und Leistungen des Vereins auf, wie Mitwirkung an der Gesetzgebung, Vertretung in öffentlichen Gremien und Ausschüssen, Zusammenarbeit mit politischen Verantwortlichen und mehr würden das Gemeinwohl insbesondere der Kriegsopfer und Menschen mit Behinderungen steigern. Auch gebe es Orts- und Bezirksgruppen, die aus seiner Sicht mehr als unterstützungswürdig seien.

GR Ing. Erol Holawatsch, MSc (ÖVP) bat sich vorzustellen, man komme abends nach der Arbeit nach Hause mit einem guten Gefühl, etwas erreicht zu haben und am nächsten Tag komme man zur U-Bahn und lese am Plakat: „Du wirst nicht gebraucht“. Dieses Gefühl dabei, möchte man niemandem zumuten. REWE habe geschafft, dass sich die Schwächsten der Gesellschaft nicht wertgeschätzt fühlten. Dieses Negativbeispiel zeige, dass in der Gesellschaft zu wenig Fingerspitzengefühl und Sensibilität bei den Themen Barrierefreiheit und Behinderungen vorhanden sei. Auch der hohe Konkurrenzdruck der Werbebranche sei "kein Freibrief" für eine solche Kampagne. Es habe ihn allerdings genauso erschüttert, wie lange es gebraucht habe, dass die Kampagne verschwunden war. Die Stadt Wien müsse Verträge haben, damit rascher reagiert werden könne. Auch wenn die Stadt nicht für die Plakatflächen verantwortlich sei, sei sie es für Eigenflächen und stadtnahe Betriebe. Er frage, ob man bei klaren Verstößen auf die Entscheidung des Werberates warten müsse. Es müssten jedenfalls alle ihre Hausaufgaben machen, damit sich derartiges nicht wiederholt. Abschließend betonte er: „Menschen mit Behinderung dürfen nie wieder für Aufmerksamkeit als Werbeschaden benutzt werden.“

Wiener Medieninitiative: Ausweitung des Angebotes um Schulungs- und Coachingmaßnahmen sowie zur Finanzierung des Projektcontrollings

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) stellte fest, dass die Medieninitiative entstanden sei, weil SPÖ und Grüne sich einig waren, „das Inseratenbudget zu reduzieren und im Gegenzug etwas Hochwertiges für Journalist*innen ins Leben zu rufen: Das ist die Wiener Medieninitiative.“ Es gäbe zwei Schienen: eine zur Entwicklung von Medienprojekten und anschließenden Vermarktung eines hochwertigen journalistischen Gesamtkonzepts. Die 2. Schiene sei die Förderung des Medienstarts, die mit der Gründerinitiative fortgesetzt werde. Die Wirtschaftsagentur habe bereits etwa 40 Projekte gefördert. Margulies griff drei davon heraus: Biber, Fleisch und Solidarity City. Es sei erfreulich, dass heute wieder Mittel beschlossen werden sollen, um Projekte von Einzelunternehmen ebenso zu fördern wie jene von größeren Verlagen. Um die hohe Qualität künftig zu halten, stelle er einen Antrag betreffend „wissenschaftliche Begleitung der Wiener Medieninitiative“.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) erinnerte an Oktober 2019, als die Initiative aus der Taufe gehoben worden war und alle drei Oppositionsparteien argumentiert hätten, „warum sie das Projekt mit Zweifel und Sorge beobachten.“ Es sei offenbar eine Frage der Definition von hoher Qualität. Juraczka zitierte aus einer Rede von Christoph Chorherr, der damals die „einseitige“ Berichterstattung der Presse im Zuge der Neugestaltung der Mariahilfer Straße kritisiert habe. Inhaltlich sei Qualität in objektiv nachweisbaren Kriterien messbar und dazu dürfe nicht polemisch Stimmung gemacht werden. Der Maßstab Auflage oder Reichweite werde ebenfalls angelegt. „Ich glaube, wir sollten uns in der heutigen Dringlichen wirklich Zeit nehmen, etwas zu tun, was per se sehr schwierig ist: Medienpolitik so objektiv wie möglich beurteilen und Vielfalt zulassen.“ Die Grünen würden sicher andere Medien bevorzugen als er selbst, aber diese Vielfalt mach es aus. Medienpolitik müsse abseits von Polemik diskutiert werden. „Wir müssen versuchen, nicht kurzfristig schnelles Kleingeld zu machen, nur das eigene pushen und für andere Anschauungen kein Platz zu haben.“ Für „vernünftige Medienförderung“ würde er sehr wohl zur Verfügung stehen.

GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ) betonte, dass Qualität nicht nur heiße: "keine Fakenews und geschönte Umfragen", sie habe das immer für "selbstverständlich" gehalten. Sie lobte die Medieninitiative als gute Fördermöglichkeit mit hoher Förderquote. Für beide Förderschienen würden 7,5 Millionen Euro nach transparenten, nachvollziehbaren Kriterien vergeben. Es habe sie gefreut, dass der Stadtrat diese Initiative weiter führen möchte, die mit hohem Können von der Wirtschaftsagentur abgewickelt werde. Es seien „Säulen für eine gelungene Medienstrategie“, man dürfe aber die Schienen nicht gegeneinander ausspielen, es brauche beide. Anderswo würden Medien unter Druck gesetzt, in Wien setze man auf Unterstützung und erweitere sogar den Leistungsumfang, der bisher toll angenommen wurde und international große Beachtung gefunden habe. Die drei bisherigen Förderungsrunden hätten auch Schwächen der Initiative aufgezeigt, die nun behoben werden sollen. So werde eine Plattform etabliert, wo Medien voneinander lernen könnten. Auch die Projektkontrolle werde inhaltlich und finanziell von externen Expert*innen begleitet. Die Stadt bekenne sich zu innovativem Journalismus und zeige Initiativen, die „ich mir vom Bund bisher vergeblich gewünscht habe.“

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) könne nicht an Transparenz und Medienförderung glauben, wenn er an die Erzählung einer Journalistin denke, die bei einer Zeitung kündigen musste, weil sie einen kritischen Artikel über ein nicht so gut laufendes Projekt der Stadt Wien gemacht habe. Ihr sei gesagt worden, wenn sie kein positives Interview mit der Stadträtin mache, würden Inserate eines ausgelagerten Unternehmens gestrichen werden. „Ihr macht es wieder falsch, wieder intransparent, wieder über die Wirtschaftsagentur. Macht es lieber transparent und effektiv und nicht wieder euer Programm weiterführen“.  

Förderangebot an den Verein "Weisser Ring", gemeinnützige Gesellschaft zur Unterstützung von Kriminalitätsopfern und Verhütung von Straftaten

GR Wolfgang Seidl (FPÖ) wolle dem Förderangebot zustimmen. Er müsse aber einen Antrag einbringen, der Jedmayer – Suchthilfe Wien betreffe, die im 6. Bezirk neben einem Park und der U-Bahn-Station liege, was Anrainerinnen und Anrainer alles andere als begeistere. Wenn es schon eine derartige Einrichtung geben müsse, dann unter Garantie nicht mitten in der Stadt, sondern am Stadtrand. Stadtrat Hacker werde im Antrag aufgefordert, die Verlegung dieser Suchthilfe-Einrichtung an den Stadtrand umzusetzen und einen runden Tisch einzuberufen, um für Anrainerinnen und Anrainer eine akzeptable Lösung zu finden. Seidl könne sich vorstellen, dass ein Alkoholverbot ausgesprochen werde, wie es der Herr Bürgermeister beim Praterstern getan habe, was laut Seidl auch funktioniere.

GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) betonte, sie werde dem Akt zustimmen, der Frauen helfen würde, die Opfer von Gewalt- und Hassverbrechen geworden waren. "Weisser Ring" würde rechtliche Beratung durchführen, Prozessbegleitung anbieten und psychologische Hilfe. Sie bedauere sehr, dass keine Woche ohne Gewaltverbrechen an Frauen vergehe. Sie könne sich an keinen Gemeinderat erinnern, in dem es nicht Thema gewesen sei. Dieser gesellschaftliche Missstand, dass Männer nicht in der Lage sind, Konflikte gewaltfrei zu lösen, sei leider weit verbreitet. Es sei offensichtlich, dass es sich da um ein strukturelles Problem handle und nicht um Einzelfälle. 82 Prozent der weltweiten Morde würden vom eigenen Partner verübt. In Österreich seien heuer 22 Frauen ermordet worden, neun davon in Wien, das sind 41 Prozent. Jede dritte Frau ab 15 Jahren habe eine Form von sexueller Belästigung erfahren. „Wir sind Menschenrechtsstadt und müssen dagegen etwas tun“, forderte Spielmann. Etwa Zeichen setzen wie entsprechend der UN-Kampagne „16 Tage gegen Gewalt an Frauen“, die demnächst beginne und heuer den Schwerpunkt Femizide habe. Sie forderte in einem Antrag, in diesen 16 Tagen das Rathaus orange zu beleuchten, „als sichtbares Zeichen gegen Männergewalt an Frauen“. 

GRin Martina Ludwig-Faymann (SPÖ) bezeichnete "Weisser Ring" als „wichtige Säule im dichten Gewaltschutz-Netz der Stadt Wien". "Weisser Ring" sei auch Mitglied im Gewalt-Jourfixe der Stadträtin und Anlaufstelle der Terroropfer vom 2. November, denen wir in wenigen Tagen gedenken werden. Sie könne aber nicht nachvollziehen, dass ihre Vorrednerin die orange Beleuchtung des Rathauses fordere, obwohl sie im Vorfeld darauf hingewiesen habe, dass es heuer wegen der Sanierung technisch schwierig werde. Aber: die UN-Kampagne „Orange the world“ werde vom Frauenbüro der Stadt Wien (MA 57) gefördert, die Stadt sei Vorreiter bei der Beflaggung des Rathauses anlässlich 16 Tage gegen Gewalt gegen Frauen, viele männliche Kollegen würden das white ribbon als sichtbares Zeichen tragen. „Setzen wir uns zusammen und reden wir darüber, wie wir das technisch künftig regeln wollen.“ Abschließend wies Ludwig-Faymann darauf hin, dass die Stadt in den nächsten Jahren elf Millionen Euro für Gewaltprävention aufbringen wird. „Wir verdoppeln die Mittel! Und verdreifachen die Mittel für Präventionsarbeit für Männer und das Schulprojekt ,Respekt - Gemeinsam stärker‘“, damit setze Wien einen wichtigen Schritt im Gewaltschutz. Zusätzlich werde nächstes Jahr das 5. Frauenhaus eröffnet, mit 50 Plätzen für Frauen und Kinder. 

GR Prof. Rudolf Kaske (SPÖ) fasste zusammen, was "Weisser Ring" für Gewaltopfer leiste: Finanzierung des täglichen Lebens, Wiederbeschaffung von Dokumenten und vieles mehr. Die Mittel würden letztlich allen Wiener*innen zugutekommen, die Opfer von Gewalt wurden. Davor sei niemand gefeit. Der Verein leiste finanzielle psychosoziale Unterstützung, die zur Steigerung des Gemeinwohls beitrage, daher werde er auch gefördert. Forts. (heb)

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