Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.11.2021:
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16. Wiener Gemeinderat (10)

Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft

GRin Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) meinte, die lobenden Worte ihres Vorredners Weber würden zeigen, dass die rot-grüne Stadtregierung viele nachhaltige Projekte hervorgebracht hat. Sie kritisierte, dass im Budget „nur wenig“ für Kultur reserviert sei, obwohl sich Wien gerne als Kulturhauptstadt tituliere. Sie hinterfragte, wie viel Kultur und deren Akteur*innen der Stadt wert sei, wenn das Kulturbudget trotz Corona-Pandemie "nur" um vier Millionen Euro steige. „Das genügt nicht,“ sagte Berner. Denn das Budget müsse um mehr als zehn Millionen erhöht werden, nur um die aktuelle Wirtschaftslage abzudecken. Laut Studien seien die Einkommensverhältnisse von Kulturschaffenden sehr gering. „Das Budget fördert Kulturarmut“, betonte Berner. Vor allem in schwierigen Zeiten müsse Wien hier mehr unternehmen und unterstützen, etwa im Zuge von Arbeitsstipendien für Kulturschaffende und Wissenschafter*innen. Diesbezüglich brachte Berner einen Antrag ein. Zudem könne das Budget keine fairen Bedingungen schaffen: Mittels Antrag forderte sie nächste Schritte für einen Post-Corona-Kulturentwicklungsplan und die Schaffung der damit verbundenen budgetären Voraussetzungen, damit zeitnah ein Fahrplan für eine nachhaltigere und resilientere Kulturpolitik für Wien 2030 festgeschrieben werden kann. In einem weiteren Antrag forderte sie außerdem ein langfristiges Diversitäts- und Gendermonitoring im Kultur- und Wissenschaftsbereich.

GR Peter L. Eppinger (ÖVP) kritisierte, dass in einem Theaterstück des Wiener Volkstheaters Hass verbreitet werde und Menschen herabgewürdigt würden. „Es kann Aufgabe der Kultur sein, den Bogen zu spannen“, aber gewisse Inhalte seien „letztklassig“, so Eppinger. Er kritisierte zudem, die geringe Erhöhung des Wiener Kulturbudgets – der Bund habe dieses um vieles mehr erhöht als die Stadt. Zudem fehle Eppinger eine Kulturstrategie, die seit zwei Jahren werde von der Stadt angekündigt werde. Corona zähle hier auch nur bedingt als Ausrede, betonte Eppinger. Er forderte die Strategie mittels Antrag und appellierte an die Stadtregierung, hinsichtlich Kultur nicht den „guten Ruf Wiens zu verspielen“. Er brachte zudem einen Antrag ein betreffend Ausweitung des Wiener Musikschulangebots und meinte in Richtung Wiener NEOS, dass dies auch ihre Forderung gewesen sei, bevor Teil der Stadtregierung waren. Eppinger kritisierte auch, dass Wien das einzige österreichische Bundesland ohne Landeshymne ist. „Aber vor allem Wien als Stadt der Musik sollte diese erhalten“, forderte Eppinger und brachte einen Antrag dazu ein.

„Kultur ist in Wien Hauptthema“, sagte GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) und zitierte den Spruch auf der Wiener Secession: „Der Zeit ihre Kunst, der Kunst ihre Freiheit.“ Die Qualität einer Gesellschaft sei in hohem Maße von Kunst und Kultur abhängig. Kunst und Kultur sei nicht nur für die Gesellschaft wesentlich, sondern auch für die Ausprägung Wiens als Wirtschaftsstandort. Dasselbe gelte Schmid zufolge auch für die Wissenschaft, insbesondere für die Vermittlung von Wissenschaft und Kultur. Entsprechend habe Wien von Anfang an ein Beispiel gesetzt, um Kultur und Wissenschaft zu unterstützen: Seit 2018 bis heute sei das Kulturbudget um insgesamt 28,36 Prozent gestiegen. Hinsichtlich der Kunst- und Kulturförderungen sei aber auch der Bund „ein wichtiger Player“, so Schmid. Er lobte Wiener Kulturinstitutionen, die trotz der Corona-Pandemie stets versuchen würden, die Bevölkerung für Kultur zu gewinnen. Innerhalb der Stadtverwaltung verwies Schmid unter anderem auf die Magistratsabteilung 7 (Kultur Wien): Der Aufgabenbereich umfasse unter anderem 30 unterschiedliche Förderschienen, 45 Jury- und Beitragssitzungen, 53.000 Geschäftsstücke und 6.000 Anträge, von denen 4.000 positiv erledigt wurden.

GRin Veronika Matiasek (FPÖ) meinte in Bezug auf Schmids Zitat der Secession, dass Kritik an Kunst „sehr wohl“ angebracht sei, wenn Steuergeld in die Wiener Kultur investiert wird. Die Corona-Pandemie sei sowohl für Kulturschaffende als auch das Publikum einer „sehr belastende Situation“. Wien habe mit Arbeitsstipendien und Umschichtungen „viel Hervorragendes geleistet“, als Beispiel nannte Matiasek den Kultursommer. Aber auch Kritik sei angebracht, etwa hinsichtlich der Transparenz bei Förderung und bei Musikschulen: Als Musikhauptstadt müsse Wien den Musikschulen mehr Planungssicherheit garantieren, denn musische Erziehung sei eines der wichtigsten Dinge für Kinder: „Das bereichert, verbindet, schafft Selbstbewusstsein und macht sie glücklich“, ergänzte Matiasek. Sie brachte zudem mehrere Anträge ein betreffend Erhalt von Denkmälern und Benennung einer öffentlichen Verkehrsfläche nach der österreichischen Komponistin Marianna von Martines.

„Wir haben den Bereich Förderung von Forschung und Wissenschaft um 60 Prozent gesteigert“, betonte GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS). Damit stärke Wien die Rolle als Stadt der Wissenschaft, gleichzeitig sei dies eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit Wiens. Ein Jahr Fortschrittskoalition bedeute unter anderem, dass in den Jahren 2022 bis 2024 pro Jahr zehn Millionen Euro investiert werde, etwa in Grundlagenforschung. „Das ist nicht nur ein wesentlicher Erfolg der Koalition, sondern auch ein wichtiges Signal für Forscher und Unternehmer“, sagte Gara. Aus diesem Grund zähle Wien auf europäischer Ebene zu den Spitzenstandorten für Life Sciences. Gara appellierte zudem, auf die Wissenschaft und Forschung zu hören, etwa hinsichtlich Klimawandel und dem Coronavirus. Denn Evidenz sei der Stadtregierung in ihrer Politik „extrem wichtig“. Ein weiterer wichtiger Punkt in Wien sei Gara zufolge auch der digitale Humanismus: Ethische Grundwerte würden mit neuen Technologien kombiniert. So verbinde die Stadt Fortschritt mit Humanismus, betonte Gara.

GRin Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) lobte die Zusammenarbeit im Ausschuss, kritisierte aber, dass es keine Pläne gebe, um bestehende Forschungen und Wissen aus geförderten Projekten zusammenzuführen und mit der Wiener Bevölkerung zu teilen. Zudem fehle der Stadt eine Gesamtstrategie für Wissenschaft. Wissenschaft zu vermitteln, sei jedoch eine zentrale Aufgabe. In diesem Zusammenhang kritisierte Malle unter anderem den Umgang der Magistratsabteilung 35 mit Studierenden der Central European University Vienna: „Was hier passiert, ist einer Universitätsstadt nicht würdig“, sagte sie. Wenn die CEU Wien wichtig ist, müsse die Stadt das auch den Studierenden zeigen. Malle brachte einen Antrag ein betreffend Einstellung der Wiener*innen zur Wissenschaft. Darin forderte sie unter anderem Maßnahmen und Strategien, um ein besseres Verständnis und größeres Interesse von Wissenschaft und Forschung zu schaffen. Zudem entgegnete Malle ihrem Vorredner Gara: Wenn die Stadtregierung die Forschung und Wissenschaft hinsichtlich Klimawandel ernst nehmen würde, gebe es keine Diskussion um den Lobautunnel. Wissenschaftliche Erkenntnisse aus der Klimaforschung würden hier nicht miteinbezogen. (Forts.) exm

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