Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.11.2021:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

16. Wiener Gemeinderat (9)

Beratung der Geschäftsgruppe Klima, Umwelt, Demokratie und Personal; Wirtschaftsplan der Unternehmung „Wien Kanal“ für das Jahr 2022

GRin Dr.in Jennifer Kickert (GRÜNE) sprach das Thema Demokratie und Partizipation an: Sie habe „schmunzeln“ müssen, als sie vor einem Jahr im Regierungsabkommen und heute wieder in einem ÖVP-Antrag über die geplante Reformarbeitsgruppe zur verschiedenen Aspekten der demokratiepolitischen Partizipation gelesen habe. Sie sei „stark interessiert“ an einer Diskussion über die Weiterentwicklung von direkter Demokratie oder etwaiger Änderungen beim Einbringen von Petitionen. Diese Diskussionen sollten sich aber nicht auf die Parteien im Gemeinderat beschränken, sondern auch „die Zivilgesellschaft“ einbinden. In erster Linie brauche es für ein niederschwelliges Angebot in der Weiterentwicklung der Instrumente der direkten Demokratie „ein politisches Commitment“, doch daran fehle es. Ebenso fehle es an Mut, mit der Zivilgesellschaft zu diskutieren und sich mit ihr auseinanderzusetzen. Doch mit einem „ernstgemeinten Dialog“ mit der Zivilgesellschaft würden sich auch politische Krisen wie die gegenwärtige „leichter bewältigen lassen“. Auch brauche es Mut zum Richtungswechsel im Klimaschutz und in vielen anderen Gebieten. „Haben sie den Mut den Antrag anzunehmen, ich würde mich gerne an einer Diskussion über direkte Demokratie beteiligen“, appellierte Kickert in Richtung der beiden Regierungsparteien.

GR Hannes Taborsky (ÖVP) sagte über den Klimaschutz: „Die medienwirksame Anreise mit dem Zug zu Konferenzen, die in letzter Zeit üblich geworden ist, ist vielleicht noch verbesserungswürdig, wenn man nach zwei Tagen Reise übermüdet aus dem Zug steigt“. Die ÖVP-Linie sei, auf die Stimme der Vernunft zu hören und „nicht beim Parkpickerl dort abzukassieren, wo sich der böse Wolf und der Hase gute Nacht sagen“, wie es etwa an den Rändern seines Heimatbezirkes Hietzing oft der Fall sei. Im Bereich Klimaschutz brachte Taborsky einen „Erinnerungsantrag“ zum Thema Wiental ein; bereits seit 2001 seien verschiedenste Anträge seiner Fraktion dazu eingebracht worden. „Klimakonferenzen sind toll, noch toller sind konkrete Projekte wie die Wiental-Begrünung“, sagte Taborsky.

GR Mag. Patrick Gasselich (ÖVP) sagte, es sei in Wien nur eine „Schmalspurvariante“ bei der Reform der Untersuchungskommission gelungen – insbesondere im Vergleich mit dem Bund. Dort gebe es bei der Untersuchungskommission als Schiedsinstanz den Verfassungsgerichtshof; ebenfalls entscheide über die Zulässigkeit von Untersuchungen der Verfassungsgerichtshof, in Wien entscheide der SPÖ-Gemeinderatsvorsitzende; im Bund gebe es keine zeitliche Beschränkung oder mehrere Ausschüsse könnten parallel stattfinden – beides sei in Wien nicht möglich. Die Wiener ÖVP wolle eine Angleichung der Wiener Regelungen an den Bund haben, Gasselich brachte dazu einen Antrag ein. Demokratiepolitischen „Aufholbedarf“ gebe es Wien auch in den Bereichen direkte Demokratie, Wahlrecht, Petitionen, Bezirksdemokratie und Geschäftsordnungen von Landtag und Gemeinderat, auch brachte Gasselich einen Antrag ein.

StR Mag. Jürgen Czernohorszky (SPÖ) bedankte sich für die Debatte und das Engagement für das Klima in der Stadt, das nicht nur heute sichtbar geworden sei. Bis 2040 werde Wien „klimaneutral“, denn Wien solle auch noch in 20 Jahren die lebenswerteste Stadt sein und die Wienerinnen und Wiener noch ein gutes Leben führen können. Das Tempo und den Mut, den er in bei der Weltklimakonferenz in Glasgow vermisst habe, solle Wien vorgeben. Im letzten Jahr seien „richtig große Schritte“ gesetzt und auch Pioniergeist im Bereich der Klimafreundlichkeit bewiesen worden. Wien sei mit Abstand das Bundesland mit den geringsten CO2-Emmissionen, das gesamte Klimaschutzmanagement Wiens sei mit einem eigenen Klimadirektor und einem Klimafahrplan „auf neue Beine“ gestellt worden. 2022 würde sich die Rio-Konferenz über Umwelt und Entwicklung zum 30. Mal jähren, zugleich sei das Jahr 1992 auch die Geburtsstunde für die lokale Agende Wien gewesen, die im nächsten Jahr weiterentwickelt und zukunftsfit gemacht werden solle. „Unter der Einbindung der Wienerinnen und Wiener werden wir jetzt mutige Ziele anpacken, so wie die Errichtung des Zentrums erneuerbarer Energien.“ Zur Energiewende würde auch die Wärmewende gehören, also der geplante „Vollausstieg“ aus den fossilen Brennstoffen beim Heizen in Wien. Derzeit würden dazu Diskussionen mit dem Bund und den Ländern geführt werden, „leider“ sei der Ausstieg aus dem Heizen mit Erdgas im Neubau vom Bund erst für 2025 geplant. Doch Wien müsse nicht auf diesen Zeitpunkt warten, denn mit den Wiener Energieraumplänen habe die Stadt ein europaweites einzigartiges Instrument für den Ausstieg aus Öl und Gas in Händen. Um die hohe Wiener Lebensqualität auch im Sommer zu sichern, solle mit 100 Millionen Euro die Bekämpfung der Hitzeinsel in der Stadt und neuen Parks und Bäumen vorangetrieben werden. „Wien ist jetzt schon die grünste Hauptstadt, aber am Ende der Legislaturperiode wird Wien noch grüner sein. Das muss uns erst mal wer nachhupf‘n“, sagte Czernohorszky. Die 3.000 Kilometer Trinkwasserleitungsnetz und die nachhaltigen Konzepte in der Wiener Landwirtschaft würden ebenso zum Klimaschutz beitragen, wie etwa auch die Initiative Ökokauf der Stadt. „Alle diese Aktivitäten klappen nur, weil sich alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt dafür einsetzen – vielen Dank dafür“, schloss Czernohorszky.

Beratung der Geschäftsgruppe Kultur und Wissenschaft

GR Stefan Berger (FPÖ) zeigte sich verwundert darüber, „dass sich in der Kultur-Debatte gleich sechs SPÖ- und fünf grüne Redner zu Wort gemeldet haben – in dem Ressort, in dem es die wenigsten finanziellen Mittel gibt. Denn ich bin ganz überrascht, dass die Bundesregierung zwar die Bevölkerung im Lockdown einsperrt und Künstler und Kulturschaffende mit Auftrittsverbot belegt werden, dann aber zeitgleich am Küniglberg eine Lockdown-Gala bei einer Champagner-Party ohne Masken und ohne Abstand schunkeln – allen voran der grüne Kunst- und Kulturminister“. Im Vorjahr – ein Wahljahr in Wien – sei der gesamten Kulturbranche versichert worden, wie wichtig sie sei. Doch in diesem Jahr würden die Zahlen „die Wahrheit zeigen“: Der Anteil des Kulturbudgets am Gesamtbudget habe im Jahr 2004 noch etwa 2,4 Prozent betragen, für 2023 etwas mehr als 1,5 Prozent. „Wenn ich diese Zahlen mit ihren Aussagen aus dem Wahljahr 2021 vergleiche, hat sich das Budget in 19 Jahren um rund ein Drittel verringert“, rechnete Berger vor. „Diese budgetäre Zurückhaltung in einer Kultur-Welthauptstadt verstehen wir nicht“, zeigte sich Berger über die Budgetzahlen enttäuscht. So hätten London und Paris jeweils ein Kulturbudget von etwa sechs Prozent. Auch die Ankündigung, dass das die 23 Wiener Bezirksmuseen „reloaded“ werden sollen, könne sich mit den Zahlungen für den Umbau des Wien Museums „nicht ausgehen“. In der heutigen Generaldebatte im Gemeinderat sei das Wort Kultur mit keiner Silbe erwähnt worden, „wir sind wohl am harten Boden der Realität angekommen“.

GR Thomas Weber (NEOS) sagte, 2022 würde das Budget um 4,2 Millionen Euro steigen, 2023 könne die Kultur über 270 Millionen verfügen; und mit der „Herausrechnung“ der Bau-Rate für das Wien Museum gelinge somit „ein stabiles Budget“. Ganz „klar“ sei es aber „nicht genug Geld für das Thema Kultur und Wissenschaft in Wien“, aber dieses Budget sei gelungen und gut, denn es ermögliche das Umsetzen der vorgenommenen Projekte der Koalition. In der Stadt tue sich kulturell „unglaublich viel, deshalb würden sich so viele Redner zu Wort melden“, sagte Weber in Richtung seines Vorredners. Natürlich könne keiner sagen, wie sich die Pandemie – „auf den hoffentlich letzten Metern“ – entwickeln werden, die Unterstützung für die Kunstschaffenden seitens der Stadt sei aber da. Jede Wienerin und jeder Wiener könne sich mit Hilfe des Regierungsmonitors über alle Projekte der Koalition selbst ein Bild machen. Viele Projekte seien bereits in Umsetzung, andere würden „noch kommen“. Wie das Schaffen von Räumen für die Kultur, „die wir als kulturelle Stadtentwicklung verstehen“, so Weber. Die sogenannten Ankerzentren sollen die Kultur vom Zentrum quer über die ganze Stadt bringen, dort sei niederschwelliges und interkulturelles Arbeiten möglich, wie etwa im Schlingerhof in Floridsdorf. Kulturelle Räume entstünden auch in St. Marx, wo das Haus der Freien Szene entstehen werde. Der Wiener Kultursommer strahle weit über die Grenzen der Stadt, und sei ein internationales Vorbild, das auch im Jahr 2022 fortgesetzt werde. Auch die Förderungen für das Gebiet Film, für das Gartenbaukino, für den Umbau des Wien Museums, „der voll im Zeitplan liegt“, seien im Budget eingeplant. Der „aktive Umgang“ mit der eigenen Geschichte sei ein wichtiges Anliegen, so würden weiter alle belasteten Straßennamen mit Zusatzschilder versehen werden. „Kulturarbeit ist Arbeit, es tut sich in Wiens Kulturszene unglaublich viel und wir arbeiten mit den Kulturschaffenden auf Augenhöhe. Bedanken möchte ich mich ausdrücklich beim Publikum, denn wir brauchen und helfen einander – genauso wie bei den Kulturschaffenden, die auch in Zeiten der Pandemie mit ihren Werken unsere Seelen und Herzen beflügelt haben“, schloss Weber. (Forts.) nic

Rückfragehinweis für Medien