Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.04.2022:
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12. Wiener Landtag (4)

Mitteilung des Landeshauptmanns und Europa-Debatte

EP-Abg Claudia Gamon, MSc (NEOS) bedankte sich vorab über die Möglichkeit, vor dem Landtag der Europastadt Wien zu sprechen. Jetzt gelte es über das Thema der Solidarität zu sprechen, die Kriegsgräuel in der Ukraine würden Europa zum Handeln zwingen, um Europa positiv zu verändern. Gamon sagte über die Aussagen ihres Vorredners, dass diese „typisch für die europäischen Rechtspopulisten“ seien, denn diese hätten mit ihrem „Anbiedern an Russland die jetzige Situation mit heraufbeschworen“. Zwar wünschen sich alle Frieden, doch es gebe keinen Frieden ohne Freiheit, aber die FPÖ wolle die Freiheit der Ukraine opfern und verlangt, dass Teile der Ukraine an Putin abgetreten werden. „Was würden wir hergeben? Das Burgenland?“, reagierte Gamon verständnislos in Richtung der freiheitlichen Fraktion. Antworten auf die Herausforderungen und Fragen der EU würde es seitens der FPÖ „nie“ geben. „Doch die Bürgerinnen und Bürger erwarten konkrete Antworten zur Verbesserung der EU“. In der Energiefrage sei die Handlungsfähigkeit Europas und vor allem Österreichs durch die Abhängigkeit von russischem Gas eingeschränkt. Die Stadt Wien könne hier in ihrer Energiepolitik weiter vorangehen und als Beispiel für anderes europäische Städte fungieren. Gerade in Städten könnten Klimaschutz und Energiepolitik gut vorgezeigt und vorgelebt werden. „Wir wollen ein sicheres und starkes Europa, aber das Ziel können wir nur mit vereinten Kräften erreichen. Die Zielrichtung der NEOS geht in Vereinigte Staaten von Europa, weil Österreich dann mehr erreichen kann als alleine als ein kleines Land“. Baldigst müsse eine Debatte über die europäische Verteidigungsunion geführt werden; für Österreich als Nicht-Nato-Mitglied sei diese Debatte besonders interessant. „Nur ein wehrfähiges Europa ist ein handlungsfähiges Europa.“ „Stolz“ sei sie darauf, dass Europa besonders schnell und geeint auf den Krieg in der Ukraine reagiert habe, schloss Amon.

EP-Abg Mag. Lukas Mandl (ÖVP) bedankte sich für die Einladung zur heutigen Debatte ins Rathaus, „denn die demokratische Debatte ist immer ein Teil der Lösung unserer Probleme“. Mandl lobte die sachliche und überparteiliche Zusammenarbeit im europäischen Parlament, er werde einige Anträge, die er von der Wiener Volkspartei erhalten habe, dort zur Diskussion vor das Plenum bringen. Deren Themen seien etwa die Sicherheit in Europa oder das europäische Jahr der Jugend – „doch eigentlich sollte jedes Jahr ein Jahr der Jugend sein“, bemerkte Mandl, der die überparteiliche Kooperation weiter lobte und bei allen guten Ideen „egal von welcher Fraktion“ zur konstruktiven Zusammenarbeit aufrief. Die Zusammenarbeit der europäischen Städte sei bereits vorbildlich, „es gibt keinen anderen Teil der Welt, in denen die Kooperation zwischen den städtischen Zentren und den ländlichen Räumen so gut läuft wie in Europa“. Aber es gebe auch Kooperationen mit Regionen außerhalb der EU, wie beispielsweise Regionen in der Ukraine. Es herrsche eine Zeit der multiplen Krisen: die Pandemie, die Inflation und der Krieg in der Ukraine. Abgeordnete müssten in all diesen Krisen Verantwortung zeigen, Antworten liefern und sich nicht von Spaltungsversuchen von außen – vor allem aus dem Kreml – stören und behindern lassen: „Handeln wir jetzt, denn richtige und wichtige Entscheidungen werden von uns verlangt.“ Zum Krieg sagte Mandl: „Unsere Hand bleibt ausgestreckt an das ‚andere‘ Russland. Es geht bei den Sanktionen nicht gegen das russische Volk, sondern um das Kreml-Regime und deren Verbrechen. Frieden und Freiheit wird mit dem anderen Russland irgendwann möglich sein“, sagte Mandl, der sich überzeugt davon zeigte, dass „die erstmals angewandte unblutige Verteidigung“ gegen einen Angriff zum Erfolg und zum Frieden führen werde. „Unsere Generation muss über alle Grenzen – seien es ideologische oder regionale – hinweg zusammenarbeiten, damit wir unseren Kindern eine Welt hinterlassen können, in der wirklich alle in Frieden und Freiheit leben können“, schloss Mandl. 

EP-Abg Mag. Evelyn Regner (SPÖ) freute sich über die „wunderschöne“ Möglichkeit vor dem Wiener Landtag zu sprechen. Unsere Gesellschaft befände sich in einer Zeitenwende, in der Krisen aufeinanderprallen und klarmachen würden, was falsch aber auch gut läuft. Wien zeige vor, dass der Zusammenhalt in der Gesellschaft Sicherheit für alle Menschen schaffen würde. Für Regner sei der Blick auf Europapolitik immer zugleich auch ein Blick auf die globale Politik. Es sei spätestens seit den Thunberg-Protesten klar, dass es keine unendlichen Ressourcen in der Welt gebe, was zu sozialen Spannungen und Ungleichheiten führe. Von diesen Spannungen und Ungleichheiten seien vor allem junge Menschen betroffen, die mit lokalen Lösungen, die global wirken, gestärkt werden müssen. Der Krieg in der Ukraine habe deutlich gemacht, dass Putin mit seinem Einfluss durch die Gaslieferungen die liberalen Gesellschaften in Europa zerstören wolle. Auf diese realen Probleme müssen Antworten gegeben werden: „Meine und die europäische Antwort darauf ist die demokratische Ordnung und die Stärkung der europäischen Werte“, sagte Regner. Der Zusammenhalt, der sich europaweit bereits in der Pandemie gezeigt habe und nun im Wiederaufbau zeige, sei ein Zukunftsversprechen an die Jugend – „aber dieses Versprechen muss auch eingelöst werden“, verlangte Regner. Besser heute als morgen müsse in nachhaltige Energien investiert werden, um sich von der Abhängigkeit von Russland zu lösen. Energiepolitik sei nicht nur Klimapolitik, sondern schließlich auch Sozialpolitik. „Der Klimakollaps kann nicht nur von der Mittelschicht verhindert werden, sondern es müssen auch die Verursacher der Klimakatastrophe in die Pflicht genommen werden“, verlangte Regner. Dafür müssten „alle klugen Köpfe zusammengezogen“ werden, also zum Beispiel Universitäten gestärkt werden, um die notwendigen Maßnahmen gegen den Klimakollaps zu setzen. „Wien zeigt das vor, aber wir brauchen das auch in einer stärkeren Zusammenarbeit in der ganzen Union“, forderte Regner.

LAbg. Nikolaus Kunrath (GRÜNE) begann mit einer Entschuldigung, die Wiener Vertreterin der grünen Fraktion im EU-Parlament könne wegen einer Sitzung zum Ukraine-Krieg diesmal nicht im Wiener Rathaus sprechen. Zum Thema sagte Kunrath, Russlands Präsident Putin habe mit seinem Angriff auf die Ukraine und dem Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Zivilbevölkerung zu einer neuen Dimension der internationalen Beziehungen geführt. Putin habe den Überfall auf die demokratische Ukraine ohne Rücksicht auf Völkerrecht und Diplomatie begonnen und gleichzeitig mit dem Einsatz von Nuklearwaffen gedroht. Österreichs Neutralität in militärischen Fragen dürfe niemals heißen sich wegzudrehen, humanitäre Hilfe für die ukrainischen Opfer sei Pflicht für ein Land wie Österreich. Seine „volle Solidarität“ gelte aber auch den russischen Menschen, die sich in Russland gegen den Krieg aussprechen und damit Verfolgung, Haft und Folter riskieren. Kunrath brachte den Antrag ein, die Stadt möge Wien zum „Sicheren Hafen Seebrücke“ erklären, wie es beispielsweise 300 Kommunen und Bezirke in Europa oder auch die Salzburger SPÖ bereits getan hätten. „Sichere Häfen“ bedeute, Schutzsuchende werden willkommen geheißen und die Unterstützer setzten sich für sichere Wege von Geflüchteten ein. Die Europäische Union solle sich nun „laut und deutlich“ zu ihren Werten bekennen. Mit der Einführung des Rechtsstaatlichkeitsmechanismus sei es der Union nun möglich, Zahlungen an Mitgliedsstaaten auszusetzen. Der Mechanismus zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit schütze alle Bürger in der EU, was wohl zuerst Ungarn betreffen werde, wo die Orban-Regierung zu Monatsbeginn die Zweidrittel-Mehrheit errungen hatte. Budapest werde seit dem Herbst 2019 von einem grünen Bürgermeister regiert, gegen den Druck der Fidesz-Regierung benötige Solidarität von Städten wie Wien, das dabei eine Schlüsselrolle einnehmen könne. Seit 33 Jahren gebe es eine Freundschaft zwischen dem Wiener Gemeindebezirk Floridsdorf und dem 13. Budapester Bezirk; vor kurzem wurde die Bezirkspartnerschaft zwischen den beiden zweiten Bezirken Wiens und Budapest unterzeichnet. Das Ergebnis der Präsidentenwahl in Frankreich zeige zwar, dass der „Cordon sanitaire“ gegen Rechts gehalten habe, aber dass auch das Potenzial gegen die neoliberale und oft unsoziale Politik Marcons vorhanden sei. Der Ukrainekrieg mache deutlich, dass man sich nicht von Diktaturen erpressbar machen lasse dürfe, deshalb gelte nun der Slogan „Raus aus Öl und Gas“. Bereits im Wahlkampf 2000 hätten die Grünen diesen Slogan verwendet und seit vielen Jahren vor der Abhängigkeit von Putins Gas gewarnt, sagte Kunrath. (Forts.) nic

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