Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.04.2022:
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12. Wiener Landtag (6)

Mitteilung des Landeshauptmanns und Europa-Debatte

LAbg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ) betonte, dass die heutige Diskussion von den Geschehnissen in der Ukraine überstrahlt werde. Jedoch freue er sich über den vom Landeshauptmann gewählten Schwerpunkt „Zukunft und Kinder“. Hier sehe Florianschütz einen engen Zusammenhang: „Was wir gestalten, prägt und bildet das Europa unserer Kinder“. Man wolle das Beste für sie, doch gehe es dabei um die Definition dessen, was das Beste sei. Europa sei ein Kontinent der Menschenrechte, der auf der Allgemeinen Erklärung der Vereinten Nationen beruhe, sowie auf Pakten zu politischen, sozialen und wirtschaftlichen Fragen. Dazu gehöre das Wahlrecht, aber auch das um Recht auf Wohnen, Arbeit oder ein kulturelles Leben. „Wir sind angetreten in Europa, um diese zu verwirklichen“, betonte er. Nun fehle noch ein dritter Pakt, im dem der Umweltschutz und die Klimakrise thematisiert werden müsse. Von enormer Bedeutung sei hierbei der „Green Deal“, der bereits umgesetzt werde. Zentral sei auch eine Absage an die Karbon-Wirtschaft. Denn die jetzige Krise sei nicht „ursächlich durch Krieg verursacht“, sondern habe seine Ursachen auch „in unseren Entscheidungen“. Es brauche eine „fortschrittliche und für die Kinder lebensfitte, enkelfitte Welt“. Über die Zukunft Europas würde auf europäischer Ebene bereits seit 2021 diskutiert werden, thematisch ging es dabei auch um die Umsetzung einer intelligenten Nachhaltigkeit in Städten und Dörfern oder um die Modernisierung von ländlichen Gebieten. Die Stadt Wien war immer beteiligt und schraube an vielen kleinen Drehschrauben mit. Florianschütz richtet hier einen Appell an die Abgeordnete des Europäischen Parlaments: „Nehmen Sie die Anliegen und Empfehlungen der Städte und Regionen in Europa ernst.“ Europa sei mehr und deutlich größer als die Europäische Union und so betreffe die ukrainische Krise alle. Deshalb müsse man das eurozentrische Denken erweitern, auch in Bezug auf außereuropäische Länder wie die Ukraine. Man wünsche sich für die Zukunft eine „gute Nachbarschaft“, auch mit der Russischen Föderation. „Wir müssen jene Kräfte der Russischen Föderation, die sich für Frieden und Menschenrechte einsetzen, stärken“, so Florianschütz. Er erinnerte an das Plädoyer „Frieden schaffen ohne Waffen“. Das sei nun nicht mehr möglich. Auch sei es wichtig, die EU zu differenzieren und nicht einfach „vom Westen“ zu reden, erinnerte Florianschütz beispielsweise an die Haltung Polens oder Ungarns bei manchen Themen.  „Unterschiede dürfen nicht verwischt werden" sagte Florianschütz. Wichtig sei es, neutral im Konflikt, aber nicht neutral in der Beurteilung der Vorkommnisse zu sein. Europa solle nicht die Spielregeln für die Welt festlegen wollen. Gehen wir „sensibler mit dem Rest der Welt“ um forderte Florianschütz, „nur so bleiben wir bei Menschenrechten und Liberalität glaubhaft“.

LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) missfiel die Diskussionskultur im Plenum, da sich noch kaum jemand im Saal befände. Er kritisierte zudem die Wortwahl des Abgeordneten Taborsky (ÖVP). Bezugnehmend auf die jugendpolitischen Strategien der EU hielt er fest, dass die EU als Friedensprojekt für viele Jugendliche das letzte große Versprechen der Union gewesen wäre. Dieses wurde nun „mutwillig gefährdet und zerstört“. Die Flüchtlingskrise 2015 habe ein Totalversagen der EU-Institutionen gezeigt. Auch während der Pandemie habe es keine wirtschaftlichen oder medizinischen Abfederungen gegeben. Nun erlebe man während der Ukraine-Krise eine EU, die „keine Rücksicht nimmt auf Neutralität Österreichs. Dieses Friedensprojekt wurde in den letzten Wochen begraben.“ Auch kritisierte er die Pläne des Erweiterungsprozesses der EU, besonders in Hinblick auf die Ukraine. „Wir brauchen nicht noch mehr Armenhäuser in der EU“, stellte Krauss fest. Abschließend hielt er fest, dass 1955 nicht nur die Unabhängigkeit festgeschrieben worden sei, sondern auch die Neutralität. „Diese müsse wieder ernst genommen werden“, schloss Krauss.

LAbg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) betonte, dass der „tragische Angriffskrieg Putins auf die Ukraine“ vielleicht in andere Abhängigkeiten führe. Energiepolitik sei nun auch Sicherheitspolitik „und damit auch Friedenspolitik“. Es gelte die Abhängigkeiten der letzten Jahre kritisch zu hinterfragen. Mit dem „Green Deal“ bekenne sich die EU schon zur erneuerbaren Klimapolitik bekennen. Er bezog sich auf die Gründung der EU als Kohle- und Stahlunion ohne Zollzahlungen. Die EU war „quasi eine Ressourcenunion, um Kriege zu vermeiden, die sich um Ressourcen drehen“. Die Situation sei nun ident, die Abhängigkeit von Gas und Öl gehöre global hinterfragt. Die Idee einer Energieunion solle das Gemeinsame der EU in den Vordergrund stellen. Denn ein Ende der Abhängigkeit lasse sich nur gemeinsam verwirklichen. Dazu sei ein gemeinsamer Verteilungsschlüssel und eine gemeinsame Infrastruktur der Mitgliedsländer nötig. „Nehmen wir diese dramatische Krise wahr, um einen Vorstoß zu wagen und unsere europäischen Ressourcen sicherzustellen“, schloss Gara.

LAbg. Dr. Katarzyna Greco, MBA (ÖVP) betonte, dass vor allem Frauen von Altersarmut betroffen seien und weltweit die Pensionen niedriger seien als jene von Männern. Innerhalb der EU liege der Pensionsschere bei 30,3%. Estland sei mit einem Gap von nur einem Prozent „absolutes Vorbild“. In Österreich betrage die Schere 35,5 Prozent, das sei „traurige Realität“. Umso wichtiger sei ein verpflichtendes Pensionssplitting als eine wirkungsvolle Maßnahme. Denn um die Pensionsschere zu schließen, brauche es bereits in der Erwerbsphase von Frauen Maßnahmen, die dem Gap entgegenwirken. Das Pensionssplitting gebe es in Österreich auf freiwilliger Basis bereits seit 2005. Jedoch seien 2019 nur 500 Anträge eingereicht worden, bei gleichzeitig 87.000 Geburten. Zu wenige junge Mütter würden über dieses Thema Bescheid wissen. Sie brachte einen Antrag ein, die Aktivitäten der Bundesregierung für ein verpflichtendes Pensionssplitting zu unterstützen. „Gerade in Krisenzeiten ist der Zusammenhalt wichtig. Daher lassen sie uns gemeinsam ein Zeichen gegen Altersarmut von Frauen setzen, damit Österreich eine Vorreiterrolle einnimmt und nicht mehr zum Nachzügler ist“, hielt Greco fest.

LAbg. Mag. Nina Abrahamczik (SPÖ) unterstrich den gemeinsamen Kampf gegen die Nutzung von Atomkraft und verwies auf den Atomunfall in Tschernobyl, der sich vor 36 Jahren zutrug und viele bedrohliche Erinnerungen auslöse. Man habe damals erlebt, dass Atomkraft eine gefährliche Art der Energie sei. Jedoch sei daraus wenig gelernt worden, wenn man an die Katastrophe von Fukushima denke oder aktuell an Atomkraftwerke, die in Gefährdungszonen in Kriegsgebieten liegen würden. Umso unverständlicher sei es, dass Atomkraft von der EU als ein klimafreundlicher Energieträger festgelegt wurde. Wien setze sich in langer Tradition gegen Atomkraft ein. Erst diese Woche habe der 7. Antiatomgipfel stattgefunden, der zum Austausch mit NGOs und Expert*innen genutzt wurde. Es mache Abrahamczik sehr stolz, dass dabei gemeinsam eine Resolution beschlossen wurde, „die heute einstimmig von allen Parteien unterstützt wird. Damit sende man ein klares Zeichen in die EU: Nicht mit uns!“ Die Forderungen der Resolution würden unterstreichen, dass die Atomkraft nicht die Antwort auf die Klimakrise und Energiekrise sein könne. „Man müsse jetzt in erneuerbare Energie investieren und nicht die Nutzung von Kernenergie verlängern.“ Die Frage einer Atommüll-Lagerung sei seit Jahrzehnten unbeantwortet und das Bewusstsein für die Gefahr der Atomenergie nehme ab. Umso wichtiger sei es, „die Menschen aufzuklären, warum Atomkraft keine Option ist“, so Abrahamczik. Die Energiewende für alle Menschen, für die ganze Welt werde „nicht mit Atomkraft“ gelingen.

LAbg. Dr. Josef Mantl, MA (ÖVP) betonte, dass erneuerbare Energie von enormer Bedeutung sei, um die Klimaziele zu erreichen und klimaneutral zu werden. Hierfür wurden von Seiten der Bundesregierung bereits erste wichtige Schritte gesetzt. Aber es brauche klare Rahmenbedingungen. Wien habe zwar einen Klimafahrplan beschlossen, jedoch müsse sich der Umsetzungswille der Stadtregierung erst noch mit der Zukunft zeigen. „Es wird nicht reichen, nur Kommunikationsmaßnahmen zu setzen, die Menschen müssen direkt profitieren“, sagte Mantl. In diesem Zusammenhang verwies er darauf, dass die Stadt zu sehr von fossilen Energieträgern abhängig sei und hier anderen Städten hinterherhinke. Global 2000 habe aufgezeigt, dass Wien im Bereich der Fernwärme nur 4% nur erneuerbare Energieträger setze. Neubauten würden noch immer mit Gasheizungen errichtet werden. Die Energiewende sei nicht nur enorm wichtig, sie sei auch eine große Chance um den Arbeitsmarkt auf „zukunftsfitte, green jobs“ umzurüsten. Hier sei „der Wiener Weg“ mit hohen Arbeitslosenzahlen „ernüchternd“. Er fordere eine starke Green Economy für Wien. Abschließend hielt er fest, dass die Energiepreissituation in Europa nur durch die „Einheit und Geschlossenheit der EU“ gelöst werden könne und daher der Ausbau von erneuerbarer Energie nur grenzüberschreitend verwirklicht werden könne. (Forts.) kro

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