Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.04.2022:
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12. Wiener Landtag (7)

Mitteilung des Landeshauptmanns und Europa-Debatte

LAbg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) sagte, ein Krieg in Europa sei bis zum Angriff Russlands auf die Ukraine „unvorstellbar“ gewesen. Er lobte die Hilfsbereitschaft der Wiener*innen bei der Aufnahme von ukrainischen Geflüchteten. Die Sicherheitslage in Europa hätte sich durch den Krieg verändert; die Staaten seien in der Pflicht ihre Bevölkerungen zu schützen und Gefahren und Sicherheitsrisken zu beobachten. Die EU unterstütze über den European Defence Fonds die Zusammenarbeit in Verteidigungsfragen europäischer Staaten, insbesondere gegen Cyber-Angriffen auf Infrastruktur und Daseinsvorsorge. Die Verteidigungsministerin Tanner und der Generalstab hätten sich für eine Erhöhung des Verteidigungs-Budgets ausgesprochen, erinnerte Gorlitzer, der von der EU aufgelegte Defence Fonds sei eine Möglichkeit dazu. Er brachte einen Antrag ein, in dem er forderte, dass sich auch die Stadt Wien an den Projekten des EU-Verteidigungsfonds beteiligen solle.

LAbg. Peter L. Eppinger (ÖVP) erinnerte an die große Bedeutung von Kultur in Europa: Die Wiener Kultur werde mit Mozart, Lipizzaner und Schnitzel assoziiert; Wien müsse beim Image und in Sachen Kultur aber breiter aufgestellt sein, forderte Eppinger. Die Wiener Stadtregierung müsse „mehr tun“, um das Welterbe in der Stadt zu schützen und die seit drei Jahren beschlossene Kulturstrategie endlich auf den Weg zu bringen. Er forderte, dass Wien sich als „Europäische Kulturhauptstadt“ bewerben solle. Er brachte dazu einen Antrag ein. „Nutzen wir die Chance, Wien ein ganzes Jahr lang in einer neuen Perspektive zu zeigen“, sagte Eppinger.

LAbg. Harald Zierfuß (ÖVP) erinnerte daran, dass die EU 2022 das „Europäische Jahr der Jugend“ ausgerufen hatte. Dabei gehe es um Mitsprache von Jungen in Europa und gemeinsam festgelegte Ziele wie psychische und mentale Gesundheit nach der Corona-Pandemie; gute Voraussetzungen für den Einstieg in den Arbeitsmarkt und Ausbildungs-Chancen. Er lud junge Menschen ein sich am Jahr zu beteiligen. Ein Beispiel für die Beteiligung von Jugendlichen an Politik sei das Wiener Kinder- und Jugendparlament. Er brachte einen gemeinsamen Antrag von ÖVP, SPÖ, NEOS und Grünen betreffend Unterstützung der Ziele des „Europäischen Jahres der Jugend 2022“ ein.

LAbg. Ömer Öztas (GRÜNE) berichtete von den Ängsten der Jugendlichen in Zeiten von Krieg, Pandemie und Klimakrise. Die Jugend bringe aber Hoffnung mit – sie fordere die Politik auf Maßnahmen im Klimaschutz, in der Bildungspolitik und bei der Teilhabe zu setzen. „Nicht die Jugend ist politikverdrossen sondern die Politik ist ‚jugendverdrossen‘“. Initiativen wie das Jahr der Jugend oder das Schülerparlament seien positive Zeichen gegen diese Verdrossenheit. Er kritisierte die FPÖ dafür, dass sie den Antrag für Jugend nicht mitgetragen hätte.

LAbg. Marina Hanke, BA (SPÖ) sagte, die Aufnahme von Geflüchteten aus der Ukraine sei ein Zeichen dafür, dass die Bezeichnung Wiens als Menschenrechtsstadt keine Floskel ist. Auch sie freute sich über den gemeinsamen Antrag betreffend Unterstützung der Ziele des „Europäischen Jahres der Jugend 2022“, dies sei ein Zeichen, dass die Jugend und die jungen Menschen der Wiener Politik ein Anliegen seien. Die Forderung nach der Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt bemerkte Hanke, dass der Titel eher für kleine, weniger bekannte Städte gedacht sei, damit die sich einem breiteren Publikum präsentieren könnten. So hätte sich zum Beispiel Bad Ischl als Kulturhauptstadt beworben – Wien sei quasi jeden Tag Kultur-Hauptstadt. Hanke unterstützte den Vorstoß ihrer Vorrednerin Greco für das Pensions-Splitting. Der Vorschlag der ÖVP würde aber nicht den Kern des Problems von Altersarmut und niedrigen Pensionen für Frauen angreifen: nach wie vor würden Frauen mehr unbezahlte Pflegearbeit übernehmen und im Job schlechter bezahlt werden. An diesen Schrauben müsste gedreht werden. Bürgermeister Ludwig hätte in seiner Mitteilung auf die Wichtigkeit von Städten in der EU hingewiesen; sie bräuchten aber eine bessere Verankerung und Mitsprache in der EU: „Städte brauchen einen ‚seat on the table‘, sonst können wir als Stadt unseren Beitrag nicht leisten“, sagte Hanke. Außerdem bräuchten Städte nachhaltige Fiskalregeln, um sinnvolle Projekte wie ökologischen Wandel und Digitalisierung zu investieren.

Im Zuge der Debatte zur Mitteilung wurden mehrere Anträge eingebracht. Der Antrag der ÖVP auf Unterstützung der EU-Strategie gegen Menschenhandel wurde mehrstimmig angenommen. Der Antrag der ÖVP betreffend Aufklärung aller Kriegsverbrechen in der Ukraine wurde einstimmig angenommen. Der Antrag von SPÖ und NEOS betreffend Energieunion wurde ebenfalls mehrstimmig angenommen. Der Antrag der SPÖ, NEOS, ÖVP und Grüne betreffend Wiener Atomgipfel wurde einstimmig beschlossen. Der Antrag betreffend Unterstützung der Ziele des „Europäischen Jahres der Jugend 2022“ von SPÖ, NEOS, ÖVP und Grüne wurde mehrstimmig angenommen. Alle anderen Anträge fanden nicht die notwendige Mehrheit.

Entwurf einer Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern im Zusammenhang mit der Verlängerung der Finanzausgleichsperiode bis Ende des Jahres 2023

LAbg. Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) nutze die Gelegenheit, um zu einem weiteren Thema rund um die 15a-Vereinbarungen mit dem Bund zu sprechen: die Elementarbildung. In der Elementarbildung fehlten nach wie vor Mittel und Ressourcen um Verbesserungen zu ermöglichen, kritisierte Emmerling. Sie forderte eine nachhaltige Qualitätsverbesserung im Kindergarten-Bereich; die bestehende Vereinbarung mit dem Bund müsse nicht nur verlängert, sondern neu aufgestellt werden. Im Bundesländer-Vergleich sei Wien ein Vorreiter bei Öffnungszeiten und Angebot, das Betreuungsangebot müsse auch in anderen Bundesländer auf das Niveau von Wien gehoben werden. Sie forderte einen noch besseren Betreuungsschlüssel im Kindergarten und einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für alle. Streiks der Kindergartenpädagog*innen hätten gezeigt, dass noch Verbesserungsbedarf bestehen würde, insbesondere was die Arbeitsbedingungen und Anerkennung des Jobs betreffe. Sie brachte einen Antrag von SPÖ, NEOS und Grüne betreffend „Wien setzt sich in Bezug auf die 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik für ein qualitativ hochwertiges Angebot ein“ ein.

LAbg. Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) sagte, in den nächsten Jahren würde sich die Alterspyramide in der Stadt durch die geburtenstarken Jahrgänge in den 1950er und 1960ern nach oben verlagern. Gleichzeitig sei es immer schwieriger Personen zu finden, die in der Alten-Pflege arbeiten möchten. Er ortete einen „Pflegenotstand“ in Wien; die Stadt brauche ein „Update“ bei der Versorgung der immer älter werdenden Bevölkerung, damit Wiener*innen möglichst lange selbständig und ohne Pflegebedarf leben können. Er nannte in diesem Zusammenhang das EU-Projekt der „Community Nurses“; Wien hätte 13 Community Nurses angefragt – in anderen Bundesländern seien die Community Nurses bereits im Einsatz und würden sich schon bewähren, kritisierte Gorlitzer. Wien hätte außerdem laut Bevölkerungsschlüssel Anspruch auf viel mehr von der EU geförderten „Community Nurses“ gehabt. Daher forderte er die Stadtregierung auf, das Engagement bei EU-Projekten zu evaluieren und EU-Förderungen besser auszuschöpfen. Er brachte dazu einen Antrag ein. Wien brauche eine stärkere mobile Pflege und die Unterstützung von pflegenden Angehörigen, forderte Gorlitzer.

LAbg. Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ) brachte einen Antrag ein, in dem er drei ergänzende Punkte zur 15a-Vereinabrung zur Grundversorgung von Geflüchteten verlangte: Die Bekräftigung der Steuerungs- und Organisationsfunktion des Fonds Soziales Wien rund um die Ukraine-Krise; die Verteilung der Kosten für Notunterkünfte für Geflüchtete; sowie einen Kompetenzen und Qualifikationen-Check für die nach Österreich geflohenen Menschen um die Arbeitsmarkt-Integration zu vereinfachen.

LAbg. Mag. Mag. Julia Malle (GRÜNE) sagte, die Elementarpädagogik sei schon mehrere Jahre „am Limit“. Auch sie forderte bessere Rahmenbedingungen für die Arbeit der Elementarpädagog*innen, kleine Gruppen und einen besseren Betreuungsschlüssel in Kindergartengruppen sowie eine bessere Bezahlung für das Personal in den Kindergärten. Das Geld, das der Bund hergebe, müsse in den Ländern besser genutzt werden, sagte Malle.

Abstimmung: Die Verlängerung der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG zwischen dem Bund und den Ländern wurde mehrstimmig beschlossen. Der Antrag von NEOS, SPÖ und Grüne betreffend „Wien setzt sich in Bezug auf die 15a-Vereinbarung zur Elementarpädagogik für ein qualitativ hochwertiges Angebot ein“ wurde mehrstimmig angenommen, ebenso der Antrag der SPÖ und NEOS betreffend Grundverordnungsvereinbarung.

Entwurf eines Gesetzes über die Unterstützung von Personen bei der Bestreitung der erhöhten Energiekosten (Wiener Energieunterstützungsgesetz)

LAbg. Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) bezeichnete das Wiener Energieunterstützungsgesetz und die Wiener „Energieunterstützung Plus“ als eine sozial treffsichere und unbürokratische Maßnahme um all jenen zu helfen, die den „extremen Anstieg“ der Energiekosten besonders stark spüren würden. Das seien vor allem Mindestsicherungbezieher*innen und Mindestpensionist*innen. Sie würde die Stadt unbürokratisch mit einer Förderung von 200 Euro unterstützen, wenn das Geld „wirklich knapp wird für Energie“. Eine Zusatz-Unterstützung gebe es für Haushalte von Alleinerzieher*innen, die 100 Euro extra für die Energiekosten erhielten. Neben diesen Unterstützungsmaßnahmen zur Deckung der Energiekosten würde die Stadt mit ihrem Maßnahmenpaket auch den Austausch von nicht energieeffizienten Geräten unterstützen den längerfristigen Umstieg auf nachhaltige Energieformen fördern, erklärte Gara.

LAbg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) sagte, die durch die Covid-19-Pandemie ausgelöste Krise habe die Unterschiede zwischen Arm und Reich verschärft; der Ukraine-Krieg habe durch den Anstieg der Energiekosten die Lage noch verschärft. Steigende Energiekosten würden alle betreffen, aber nicht alle gleich hart – die Vorlage des Bundes mit der Energiekostenpauschale würde jetzt auch in Wien umgesetzt. Die Grünen hätten schon länger eine Energieunterstützung verlangt, erinnerte Spielmann. Sie kritisierte, dass das Energieunterstützungsgesetz per Initiativantrag eingebracht wurde; das hätte verhindert, dass Expert*innen Stellungnahmen abgeben hätten können.

Die Sitzung wurde um 16 Uhr für die Behandlung der „Dringlichen Anfrage“ der Grünen an Bürgermeister und Landeshauptmann Michael Ludwig zum Thema „Parteienfinanzierung“ unterbrochen. (Forts.) ato

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