Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.04.2022:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

12. Wiener Landtag (9)

Dringliche Anfrage

LAbg. Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) stellte die Dringlichkeit der Anfrage zur Diskussion. Der Gesetzesentwurf des Bundes, der Basis für Maßnahmen auf Landesebene sei, sei gerade erst vorgelegt worden. Sie wunderte sich daher über den Vorwurf der „Langsamkeit“ seitens der Grünen. Die gestellten Fragen würden sich größtenteils mit dem Regierungsabkommen der Wiener Regierungskoalition beantworten lassen, Emmerling ortete einen Missbrauch des Instruments der Dringlichen Anfrage. Mit dem Thema Transparenz renne man bei ihrer Fraktion jedenfalls „offene Türen“ ein, der Kampf gegen Korruption sei ein wesentlicher Faktor in der Gründung der Partei gewesen. In den vergangenen zehn Jahre seit der Gründung von NEOS sei „viel passiert“. Emmerling erwähnte u.a. den Ibiza-Skandal, Postenschacher via Chats oder das Schuldigbleiben von Rechenschaftsberichten seitens der ÖVP. Diese habe das bestehende System in den letzten Jahren „verfeinert. Das Ergebnis ist ein Scherbenhaufen.“ Die Politik müsse mit diesem System „Schluss machen“, den Menschen „das Vertrauen zurückgeben“ und transparent mit Steuergeldern umgehen. Die Koalition in Wien habe sich hier viel vorgenommen und auch schon vieles umgesetzt. Bei wenigen Fragen habe man noch auf den Bund warten müssen. Offene Punkte, etwa die Senkung von Wahlkampfkosten und deren Finanzierung werde die Landesregierung nun schnell zur Umsetzung bringen.

LAbg. Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) begrüßte die Diskussion über Transparenz, sie wolle die „emotionale Debatte“ mit ein paar Fakten anreichern. Sie stellte klar, dass die Vorwürfe gegen ihre Partei in Vorarlberg „aufgeklärt werden müssen“, bei der heutigen Debatte gehe es aber um Wien und da könne sie keine Fortschritte sehen. Die Stadtregierung „brüste sich mit Transparenz“, würde aber weiter so agieren wie bisher. Die Verwaltung und die Inseratenvergabe sei in Wien nicht durchschaubar, der vorgelegte Bericht zu den Inseraten „nicht mehr als eine nette Homepage“. Viele Inserate würden im Bericht nicht erwähnt, auch das Informationsgebot werde häufig nicht eingehalten. Sachslehner sagte, sie wolle Inserate nicht kriminalisieren, Information sei legitim und auch eine Aufgabe der Politik. Die Stadtregierung nutze das System aber ins „Unermessliche“ aus, während sie gleichzeitig die ÖVP „anpatzt“. Den Grünen warf Sachslehner „Doppelmoral und Scheinheiligkeit vor“, sie hätten das System in Wien „jahrelang mitgetragen“ und würden auch im Bund Aufträge und Posten an ihnen nahe stehende Personen vergeben. Die SPÖ habe die Inseratenpolitik in Österreich erfunden, so Sachslehner weiter. In Wien werde Geld in ein System gepumpt, das „nur roten Funktionär*innen dient“. „Ersparen wir uns die Heuchelei“, bat Sachslehner abschließend.

LAbg. Barbara Novak, BA (SPÖ) stimmte zu, dass es beim Thema Transparenz eine „neue Diskussionskultur“ brauche. Das würde aber auch bedeuten, mit Ehrlichkeit in die Debatte zu gehen und zu sagen, dass diese Dringliche Anfrage ein Teil einer Grünen Kampagne sei. Viele Punkte des vorliegenden Entwurfs entsprächen der Koalitionsvereinbarung der rot-pinken Stadtregierung. Vieles sei auch im letzten Wahlkampf bereits Teil des Fairnessabkommens von SPÖ, Grünen, FPÖ und NEOS gewesen. Die Spendenobergrenzen im Entwurf seien schon jetzt gängige Praxis, die Verschärfung der Fristen befürworte sie. Die Frage der Prüfung von Parteifinanzen durch den Stadtrechnungshof sah Novak kritisch. Die bestehenden Prüfungsmöglichkeiten durch den Rechnungshof seien bereits „sehr umfassend.“ Die Vorlage des Bundes würde den demokratischen Schutz von Parteien, der rechtlich festgelegt ist, für Novak nicht gewährleisten. Dem Vorschlag ihres Vorredners Kowarik (FPÖ), einen legistischen Dienst im Landtag einzurichten, könne sie „sehr viel abgewinnen“. Abschließend sagte Novak, dass es noch viele Gespräche auf Bundesebene wird geben müssen. Bei diesem demokratiepolitisch ernsthaften Thema, müsse Sorgfalt sichergestellt werden. Für Novak wäre es „wünschenswert“, wenn die Regelung von allen Parteien mitgetragen werde. Die Koalition der Stadtregierung werde die geplanten Reformen jedenfalls mit allen Klubs diskutieren und All-Parteien-Regelungen anstreben.

LAbg. Wolfgang Kieslich (Klubungebunden) sah in den „Wortgefechten“ zwischen ÖVP und Grünen ein Zeichen „dass man nicht miteinander kann“ und forderte Neuwahlen auf Bundesebene. Das Thema der Anfrage bezeichnete er als „inhaltlich sinnvoll und unterstützenswert“, die Vorschläge gingen ihm aber „zu wenig weit“. Er forderte von den Grünen, „mit gutem Beispiel“ voranzugehen. Stattdessen hätten diese in Wien jahrelang „nichts zusammengebracht“ und im Bund eine „Umfärbungsaktion“ durchgeführt, die er noch nie zuvor wahrgenommen habe. Den Gesetzesvorschlag der Bundesregierung bezeichnete er als „eh nice“, angesichts der im internationalen Vergleich hohen Parteienförderung regte er eine gänzliche Abschaffung von Partei-Spenden an.

LAbg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) zeigte sich ebenfalls überrascht über den Zeitpunkt der Debatte. Die zahlreichen Skandale der letzten Jahre hätten das Vertrauen in die Politik „erschüttert“. Konrad sah eine Partei im Zentrum der Skandale, er verliere mittlerweile „den Überblick über ÖVP-Politiker*innen, gegen die ermittelt wird.“ Den Koalitionspartner der ÖVP im Bund, die Grünen, nehme er in der Frage der Transparenz zwar nach wie vor als „Verbündeten“ wahr, trotzdem müssten sie sich die Frage gefallen lassen, was diese in der Bundesregierung erreicht hätten. Der vorliegende Entwurf sei begrüßenswert, gehe aber noch nicht weit genug, auf andere Regelungen wie etwa das Informationsfreiheitsgesetz warte man immer noch. Die NEOS hätten im Vergleich bereits im ersten Regierungsjahr Maßnahmen wie die Whistleblower-Plattform umgesetzt, weitere Maßnahmen würden folgen. „Es bleibt aber noch genug zu tun“ schloss Konrad und forderte dazu auf, das Antikorruptions-Volksbegehren zu unterstützen.

LAbg. Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) beantwortete die Frage nach der Dringlichkeit mit der Bedeutung des Themas. Es sei ihm ein Anliegen, „dass etwas weitergeht“. Grund für den Zeitpunkt der Sitzung sei nicht die Regelung auf Bundesebene, vielmehr der aktuelle Skandal in Vorarlberg und die medialen Berichte zur Stadt Wien Marketing. Margulies sagte, dass Korruption die Demokratie zerstöre, dem wolle er mit Transparenz entgegenwirken. Er wünschte sich ein gemeinsames Vorgehen auf Bundes- und Landesebene. Auch er sei bezüglich der Prüfung von Parteifinanzen durch den Rechnungshof „skeptisch“ gewesen. Die Vergangenheit habe aber gezeigt, dass Prüfungen durch Wirtschaftsprüfer oft nicht ausreichen würden, etwa bei den jüngsten Banken-Skandalen. Auch das Verhalten der Parteien in den letzten Jahren habe zur Meinung geführt, „dass eine Prüfung durch den Rechnungshof besser ist, weil ich eher dem Rechnungshof traue.“ Die Bundesländer hätten laut Margulies mit eigenen Maßnahmen nicht auf den Bund warten müssen. Er hätte gerne einen „Wettbewerb der Länder in der Transparenz“ gesehen. Zur Meldepflicht von Inseraten wünschte er sich ein Ende der gegenseitigen Vorwürfe, er wolle gemeinsam schauen, „wie machen wir das besser“. Die Werbung der öffentlichen Hand müsse in der Summe reduziert werden, in Parteimedien zur Gänze gestoppt werden und es müsse ausgewiesen werden, welche Inserate von Parteien zu welchen Konditionen geschaltet werden. „Es ist so viel Schindluder getrieben worden bei den Inseraten. Das betrifft alle Bundesländer und auch die Ministerien.“ Parteien sollten „das offenlegen müssen.“ Abschließend sprach Margulies noch zum koloportierten Ende des TV-Senders Okto. Er bedauerte, „dass das jetzt abgedreht wurde, ohne dass wir darüber reden konnten.“ Ein Sender wie Okto-TV sei vor allem im Bereich der Ausbildung wichtig, er hoffe noch auf eine positive Lösung. (Forts.) gaa

Rückfragehinweis für Medien