Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 27.06.2022:
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25. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2021 (9)

Beratung der Geschäftsgruppe Soziales, Gesundheit und Sport

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) kritisierte den Umgang mit Adipositas. Adipositas sei eine der unterschätztesten Volkskrankheiten.  2,5 Millionen der Österreicher*innen seien laut Gorlitzer übergewichtig, die Krankheit sei damit chronisch und kein „Lifestyle-Problem“. Es brauche Aufklärung und Prävention. Zwanzig Prozent der Wiener Buben und zehn Prozent der Wiener Mädchen seien übergewichtig. Adipositas führe zu Krankheiten wie Bluthochdruck, aber auch zu psychischer Belastung, etwa durch Mobbing in der Schule. Auch „finanziell schlägt sich das nieder“, vor allem volkswirtschaftlich, fuhr Gorlitzer fort. Folgeerkrankungen und Krankenstände würden Milliarden kosten. Es brauche zusätzliche Therapiemöglichkeiten in Wien. Gorlitzer erwähnte die Adipositas Allianz. Im Rahmen dieser sei es „sinnvoll“ ein „Expert*innen-Netzwerk“ zu schaffen. Gorlitzer warnte außerdem vor den Auswirkungen des Personalmangels im Gesundheitssystem. Das schließe die Versorgung von Neugeborenen und Kleinkindern auf der Intensivstation mit ein. Wien sei mit dem St.-Josef-Krankenhaus Heimat der größten Geburtsklinik im deutschsprachigen Raum mit 4.000 Geburten im Jahr. Dort gebe es aber keine Kinderintensivstation, diese müsse „rasch“ installiert werden, forderte Gorlitzer.

GR Georg Prack, BA (Grüne) meinte, es sei Aufgabe der Politik Sozialleistungen sicherzustellen, die gegen Armut absichern. Vieles im Sozialsystem laufe „richtig gut“, die Mitarbeiter*innen würden „großartige Arbeit“ leisten. Prack sagte jedoch, dass es „bessere Arbeitsbedingungen und bessere Bezahlung“ brauche um „frühzeitig“ auf einen möglichen Personalmangel zu reagieren. Weiters meinte Prack, viele Menschen würden mit den bestehenden Unterstützungen nicht mehr erreicht. Das werde in Wien „achselzuckend hingenommen“. Prack forderte dazu Aufklärungskampagne. Prack begrüßte den Ausbau im Bereich der Wohnungslosenhilfe. Die Teuerung sei gerade für niedrige Einkommen eine Herausforderung. Er bewertete auch den Energiebonus der Stadt positiv, mahnte allerdings an, dass Kinder und Familien nicht ausreichend berücksichtigt würden. Die Bundesregierung setze Maßnahmen wie die automatische Inflationsanpassung, die Prack auch in Wien forderte, etwa für Familienbeihilfe. Auch die Negativsteuer haben die Bundesregierung auf den Weg gebracht. Diese habe die SPÖ stets gefordert, „gekommen ist sie nie“. Prack brachte einen Antrag ein, die Kinderarmutsschwelle zu erhöhen und mehr Unterstützung zu leisten. Weiters werde die Mindestsicherung nicht oft genug ausbezahlt und gegenüber der Mindestsicherung sei in einer schlechteren Lage. Prack brachte einen Antrag auf Bonuszahlungen für Mindestsicherungsbezieher*innen ein. Die Reduktion der Notquartiersplätze für Wohnungslose im Sommer kritisierte Prack. „38 Grad sind eine ebenso große Gefahr wie Minusgrade im Winter“. Das Platzangebot werde nur zur Hälfte aufrechterhalten. Prack stellte einen Antrag auf ausreichend Plätze im Hitzesommer.

GRin Dr. Katarzyna Greco, MBA (ÖVP) meinte, dass man im internationalen Vergleich stolz sein könne, in Wien zu leben. Die Stadt habe sich, „strategisch richtig“, als „Life-Science-Hotspot“ positioniert. 600 Unternehmen mit 41.000 Mitarbeiter*innen gibt es laut Greco. Diese Positionierung sei aber ein „klarer Auftrag“. Wörter wie Femtech und Gendermedizin dürften nicht nur Schlagworte bleiben, „wir müssen Vorreiter sein“. Analysen zeigten, dass der Markt auf 50 Millionen Dollar steigen würde in Sachen Femtech. In der Gendermedizin sei ein Unterschied in der Behandlung zwischen Mann und Frau „wichtig“. Frauen hätten beispielsweise bei Medikamenten „88 Prozent mehr Nebenwirkungen“. Greco forderte mehr Frauen in klinischen Studien. Solche Zukunftsthemen „müssen forciert werden“. Das spare allen mittelfristig „viel Geld“. Die Positionierung bei Life Sciences sei „nicht geschenkt“ und müsse erarbeitet werden. Von den „zukunftsträchtigen Therapien“ profitieren Wiener*innen. Greco brachte Anträge zur Förderung von Femtech und Gendermedizin sowie einen Antrag zur Etablierung einer medizinischen Plattform ein.

GRin Dr.in Claudia Laschan (SPÖ) schloss thematisch an ihre Vorrednerin Greco (ÖVP) an. Die Frauengesundheit sei wichtig. In Wien gebe es seit 24 Jahren das Programm für Frauengesundheit. Es gebe leider weltweit mehr Tendenzen, die „Selbstbestimmung von Frauen in Frage zu stellen“. Es habe sich nicht herumgesprochen, dass „Frauen keine kleinen Männer“ sind, sondern medizinisch anders. In Beipackzetteln kämen Frauen „nur als Schwangere vor“. Schlafmittel und Schmerzmittel etwa müssten niedriger dosiert sein, aber es „bleibt alles beim Alten“. Es brauche mehr Studien, um die Unterschiede zwischen Geschlechtern, etwa in Bezug auf Verstoffwechslung, herauszufinden. Laschan nannte Endometriose und andere Krankheiten, als Leiden, die oft spät erkannt und von männlichen Ärzten „kleingeredet“ würden. Man müsse Frauen ernst nehmen. Fällt ein Mann „auf der Straße“ um denken alle an einen „Herzinfarkt“, bei Frauen an eine „Kreislaufschwäche“. Die männliche Dominanz in der Medizin sei so stark, dass es solche Benachteiligungen immer noch gebe. Das Frauengesundheitsprogramm sei eine „laute Stimme für die Frauen in unserer Stadt“. Sport sei ein wichtiger Teil der Gesundheitsvorsorge. Die MA 51 sei zuständig dafür, den Menschen Sport zu ermöglichen. Die Sportstättenentwicklung „Sport Wien 2030“ führe zu neuen Anlagen und der Sanierung alter Anlagen. So würden sportliche Aktivitäten unterstützt, der Breitensport in allen Altersgruppen sei wichtig. „Gesundbleiben mit Sport muss für alle Wiener*innen selbstverständlich sein“. In der WiG (Wiener Gesundheitsförderung) und in Schulen sei das ein wichtiges Thema. Die Fülle an Sportangeboten in Wien sei derart groß, dass Laschan nur Zeit habe, die „gesunden Bezirke“ zu erwähnen. Mittlerweile seien das 14 an der Zahl. „Es wird noch weiter gehen“. Es sei wichtig, lokale Akteur*innen miteinzubeziehen. Jugendgesundheit und gesunde Nachbarschaft seien Schwerpunkte. Ein gutes „Sozialkapital“ sei gesundheitsfördernd. Familie, Freundeskreis, Verein: Je besser eine Person „verankert“ sei, desto gesünder gestalte sich das Leben. Einsame ältere Menschen etwa würden sich besser fühlen, wenn sie gebraucht werden, etwa in einem Verein. Diesbezüglich seien Grätzlinitiativen wichtig. Die Jugendgesundheitskonferenzen seien wichtig, um jungen Menschen gesunde Seiten der Bezirke näherzubringen. In Wien würde es mehr Primärversorgungseinrichtungen geben, das sei erfreulich, aber noch zu wenig. Der niedergelassene Bereich sei „am wenigsten Sache der Stadtregierung“. Die Ärztekammer „blockiert Lösungen“ und sei auch schon gegen „E-Card und ELGA gewesen“. Laschan war der Meinung, es gebe zu wenig Kassenärzt*innen, egal welcher Form. Es brauche „neue Formen“, über die Primärversorgungseinrichtungen hinaus. Eine „Entlastung im niedergelassenen Bereich“ sei nötig, um „Mehrklassenmedizin“ zu verhindern.

GRin Mag. Bernadette Arnoldner (ÖVP) sagte, „Sport und Bewegung bedeuten Lebensqualität“. Die Pandemie habe das verstärkt. Als Sportsprecherin habe Arnoldner Kontakt mit vielen Sportler*innen. Arnoldner lobte das Engagement der Sportler*innen, von Breiten- bis Profisport. Die Umstände in den Sporthallen nannte sie „widrig“, da man etwa manche mit Flüchtlingen aus der Ukraine teile und etwa das Nutzen der WCs „nicht möglich“ sei. Auch im Schwimmsport sei die Lage prekär. Es gebe nicht genug Sporthallen in Wien. Der Sportentwicklungsplan, der 150 Millionen an Investitionen vorsähe, sei „schwammig und unkonkret“. Es fehle an „nachvollziehbaren Statistiken und konkreten Plänen“. Im Regierungsprogramm widme man dem Sport nur zweieinhalb Seiten. In den letzten zehn Jahren sei die Sportfläche pro Wiener*in um rund elf Prozent zurückgegangen. Dabei sei Sport gerade im Kampf gegen Adipositas so wichtig. Übergewichtige Menschen und Kinder seien „weniger zufrieden“. Daher seien die Rahmenbedingungen für den Sport von großer Bedeutung. Arnoldner reichte einen Antrag zur Sportsanierung ein und nannte als Beispiel das Ernst-Happel-Stadion. Ein zweiter Antrag forderte die effizientere Nutzung von Sportplätzen und Sportsälen sowie neue Anlagen. Man dürfe Sportler*innen nicht wie „Bittsteller“ behandeln und deren „Einsatz für die Volksgesundheit“ würdigen. Frauensport müsse ebenso aufgewertet werden.

GRin Mag. Andrea Mautz-Leopold (SPÖ) sprach über die Leistungen des Wiener Gesundheitsverbundes. Dieser sichere die Versorgung der Wiener*innen, „unabhängig von Alter, Einkommen, Geschlecht, Herkunft oder sexueller Orientierung.“ 2021 habe es in der Ambulanzfrequenz zum Beispiel eine Steigerung von 8,6 Prozent gegeben. Covid19 sei weiter ein „beherrschendes“ Thema. Die durchschnittliche Belagsdauer sei gestiegen, während sie bei anderen Krankheitsbildern sinke. Trotz der zusätzlichen Herausforderung schaffe es der WIGEV, das hohe Niveau zu halten. Sechs Kliniken in drei Regionen gebe es in Zukunft, diese würden mit der Med Uni Wien und dem AKH die Qualität sichern. Zwei Partnerkliniken sollen laut Mautz-Leopold in Zukunft die Wiener*innen aus drei Regionen versorgen. Das komplette Spektrum der Medizin und Forschung auf „Spitzenniveau“ seien gesichert. Wien modernisiere alle Gemeindespitäler mit dem größten Investitionsprogramm „der Geschichte“ von 3,3 Milliarden Euro. Bis 2040 würden alle Spitäler modernisiert, davon profitierten auch die rund 30.000 Mitarbeiter*innen. Das Projekt „Pflegezukunft Wien“ sichere eine gemeinsame Ausbildungsstrategie und „Awareness für Pflegeberufe“. Das Stipendienmodell mit 400 Euro extra während der Ausbildung sei ein Beispiel für gelungene Leistungen. Die Armut steige auch in Wien, laut Mautz-Leopold allerdings sei der Anstieg im Vergleich mit anderen Bundesländern geringer. In Niederösterreich sei die Armutsgefährdung in den letzten zwei Jahren um 40 Prozent gestiegen, sechs Mal mehr als in Wien. Gleichzeitig sei die Mindestsicherungsbeziehung um 20 Prozent gesunken. Das sei ein „schlechtes Zeugnis“ für eine Sozialpolitik. In Wien gebe es 135.000 Menschen in der Mindestsicherung. 75 Prozent davon würden Ergänzungsleistungen beziehen, die zu niedrige Zahlungen des Bundes ausgleichen oder schlechte Bezahlung im Job, mit der man nicht leben könne, kompensieren. Im Covid19-Armutsgesetz seien weitere Mittel ausbezahlt worden, etwa Energiekostenzuschüsse. Die MA 40 habe 40.000 Anträge abgearbeitet. Auch das U25 sei eine „Erfolgsgeschichte“. Monatlich könnten dort 12.000 Mindestsicherungbezieher*innen betreut werden. Mautz-Leopold lobte den Fonds Soziales Wien. Dieser vermittle Leistungen im Pflege- und Betreuungsbedarf, aber auch für Obdachlose oder in der Grundversorgung. Im Bereich der Wohnungslosenhilfe hob sie die Kooperation zwischen Fonds Soziales Wien und Wiener Wohnen hervor. Der FSW stelle auch im Sommer 350 Plätze für besonders Schutzbedürftige zur Verfügung. Im Bereich Menschen mit Behinderung würden laufend mehr Plätze geschaffen. Der FSW-Kund*innenrat werde laufend professionalisiert. Mautz-Leopold rief zur Schutzimpfung und zum vierten Stich auf.

GR Ing. Erol Holawatsch, MSc (ÖVP) widmete sich dem Thema Inklusion. Es gebe noch „viel Arbeit“ in Bezug auf behinderte Menschen. Kinder mit Down-Syndrom müssten unterstützt werden, auch mit Infomaterial. Holawatsch verstehe nicht, wieso es diese Informationen in Wien nicht gebe. Eine Infobox an Kliniken und anderen Örtlichkeiten gebe es nicht, obwohl das Material „kostenlos zur Verfügung“ stehe. Holawatsch forderte das zu ändern. Weiters sprach Holawatsch über die Special Olympics. Diese Athlet*innen bräuchten eine größere Plattform. Die nächsten Special Olympics sollten in Wien ausgetragen werden, forderte Holawatsch. Man dürfe nicht nur reden, sondern müsse „Tatsachen schaffen“. Einen entsprechenden Antrag brachte Holawatsch ein, ebenso einen zur Bereitstellung von Infomaterial zum Down Syndrom.

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) äußerte sich zum Thema Sport. GRin Arnoldner habe „zum Rundumschlag“ ausgeholt, dass könne Ornig „nicht so stehen lassen“. Für den Schwimmsport seien mehr Bahnen geschaffen worden. Auch die öffentlichen Bäder wurden für den Vereinssport geöffnet. Hallen müssten saniert werden, das dauere eine Zeit, vor allem wenn man, wie die Stadt Wien „nachhaltig“ baue. Es gebe einen „intensiven Austausch“ zu Sportstätten auch mit dem Bund. Ornig hoffte, auf fruchtbare Gespräche zwischen „Vizekanzler und Sportstadtrat“ Ornig sprach über den „Gender Paygap“. Das sei ein wichtiges Thema und man müsse Aktionen setzen. Zu den Special Olympics sagte Ornig, dass es immer wieder Gespräche gebe. Man sei im Austausch mit dem Komitee, diese haben aber nie einen Antrag eingereicht, sondern sich „für andere Orte entschieden“. Eine Austragung in Wien würde Ornig „auch persönlich begrüßen“. (Forts.) pos

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