Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 28.06.2022:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

25. Wiener Gemeinderat: Rechnungsabschluss 2021 (17)

Beratung der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau, Stadterneuerung und Frauen

GRin Mag.a Barbara Huemer (Grüne) bedankte sich eingangs bei „allen feministischen Kräften innerhalb der Stadt, die sich seit Jahrzehnten für die Belange der Frauen einsetzen“. Vor kurzem wurde erst das 30-jährige Bestehen des Frauenzentrums gefeiert. Aktive Frauenpolitik sei gerade jetzt unverzichtbarer denn je. Die Pandemie, die Gesundheitskrise, Kriegsflucht oder die Teuerung – all das mache das Leben für Frauen nicht einfacher. Auch die zunehmende Gewalt gegenüber Frauen führe dazu, dass „wir genau hinschauen müssen“, betonte die Gemeinderätin. Wien erhebe den Anspruch, Stadt der Frauen zu sein. Dieser sei gerechtfertigt, zum Beispiel liege Wien beim Gender pay gap deutlich besser als die anderen Bundesländer. Das sei den guten Kinderbetreuungsangebote geschuldet, den gut ausgebauten Öffis und einem großen Unterstützungsnetzwerk für Frauen und Mädchen. Hierfür sei auch das Budget aufgestockt worden, was Huemer sehr begrüße. Die Arbeit der Netzwerke sei von unschätzbaren Wert, da schnell und auf Wunsch auch anonym Hilfe angeboten werde. Kritik äußerte Huemer an „schleichenden Backslash-Momenten“, wie zum Beispiel die Bestellung des Patientenanwaltes. Auch gebe es ein Ungleichgewicht in den Positionen der Stadträt*innen. Diese Bereiche seien geprägt „von Männerbünden und Hinterzimmer-Entscheidungen“. Hier brauche es einen anderen Weg. Kritisch äußerte sie sich auf zu einem Detail im Gender Budgeting-Bericht, das darauf schließen lasse, dass Frauen und Kindern öffentlicher Raum entzogen werde, „das ist ein Weg in eine völlig falsche Richtung“. In der Frauenpolitik bedeute Stillstand Rückschritt. Es habe in den letzten Jahrzehnten viele gute Projekte gegeben, wie Gender Budgeting, gendergerechtes Bauen, die Umsetzung von Einkommenstransparenz bei der Stadt Wien oder von gendersensible Piktogramme, Quoten von Frauen in Aufsichtsräten in Stadt-Unternehmen. Diese Instrumente müssten weiterentwickelt werden. „Bitte drehen sie es weiter. Es gibt viele Möglichkeiten, um international vorbildliche Standards zu setzen. An diese Ära sollte die Stadt anschließen!“, betonte Huemer. Es sei bedauerlich, dass das Frauenbudget im Rechnungsabschluss um 600.000 Euro nicht ausgeschöpft wurde. Das sei eine vertane Chance, die Mittel müssten voll und ganz für Frauen eingesetzt werden. Zum Abtreibungsverbot in den USA hielt Huemer fest, dass das „eine Katastrophe für Frauen“ sei. Frauenrechte, die seit Jahrzehnten gegolten hätten, würden hier hauptsächlich von Männern minimiert. Die weltweite Entrüstung und Solidarität sei notwendig, um diese Rechte wieder zu sichern. Die Gemeinderätin betonte, dass es einen Unterschied mache, ob konservative rechte Kräfte an der Macht seien. So wurde auch in Deutschland das Verbot zur Informationen zum Schwangerschaftsabbruch erwirkt. Das beschneide das Selbstbestimmungsrecht der Frauen. Auch kritisierte sie die zunehmende Gewalt an Frauen, das sei unerträglich und schockierend. Zwei Drittel der Frauenmorde würden in Wien passieren. „Die Blutspur der toxischen Männlichkeit müsse gestoppt werden“. Mit dieser Situation könne man nicht zufrieden sein. Es gebe in Wien zwar ein dichtes Gewaltschutznetz, das reiche aber nicht. Dazu brachte Huemer einen Antrag für einen Gewaltschutzgipfel ein.

GRin Sabine Keri (ÖVP) bedankte sich für die gute Zusammenarbeit im Ausschuss. Anekdotisch berichtete Keri aus Lebensabschnitten eines Mädchens, das in Wien aufwächst und schilderte Situationen, „bei denen die Stadt Wien das Mädchen besser unterstützen hätte können“. Bezugnehmend auf den Kindergartenplatz betonte Keri, dass nicht Vollzeit berufstätige Frauen das Recht auf einen Ganztagsbetreuungsplatz verlieren würden. Auch könne das Kind keinen Platz in einer städtischen Musikschule erhalten. Der Besuch einer Ganztagsschule sei nicht möglich, daher würde die Mutter ganz zuhause bleiben. Weiters schilderte Keri Schul-Vorfälle, die auf mangelnde Integrationsmaßnahmen zurückzuführen seien. Als Jugendliche erlebe das Mädchen Belästigungen beim ersten Fortgehen. Als erwachsene berufstätige Frau werde sie Mutter und brauche mehr Zeit für ihr Kind. Daher reduziere sie die Arbeitszeit, was wiederum dazu führe, dass es für ihr Kind keinen ganztägigen Betreuungsplatz gebe. Diese Geschichte sei ein Kreislauf: „Es wird an der Zeit, dass Wien Verantwortung übernimmt und endlich Änderungen vornimmt“, so Keri. Man müsse dazu stehen, dass man auch als Politikerin „strudle“. Denn alle Frauen „strudle“ es mit der Mehrbelastung aus Job und Familie. Diese Ehrlichkeit in Bezug auf Überforderungen müsse man eingestehen, solange man das nicht machen würde, würde man keine guten Lösungen für die Frauen dieser Stadt schaffen. Zum Antrag zur Fristenregelung hielt Keri fest, dass sie dem nicht zustimmen werde. Die Selbstbestimmungsrechte wie in den USA zu beschneiden, sei eine Abscheulichkeit aber sie frage sich, warum der Antrag Bezug auf ein solides österreichisches Gesetz nehme. Es bestehe kein Interesse daran, dieses zu kippen. Keri äußerte den Verdacht, dass die Grünen und NEOS hierzu gerne eine Diskussion vom Zaun brechen wollen, um über die Fristenänderung zu diskutieren. „Das ist feig, besonders bei so einem sensiblen Thema“, betonte Keri.

GRin Marina Hanke, BA (SPÖ) hielt eingangs fest, dass es viele Frauen gebe, die es schwer hätten, weil beispielsweise der Algorithmus vom AMS unter einer ÖVP-Regierung umgestellt wurde und Frauen benachteilige. Eine 24-Stunden-Hilfe habe es schwer, weil sie durch die Indexierung der Familienbeihilfe der ÖVP-Regierung, viel Geld verloren habe, obwohl sie hart gearbeitet habe. Und eine Frau treffe es hart, deren Mann zwar lange schwer gearbeitet habe, aber durch die Abschaffung der Hacklerregelung durch die ÖVP-Regierungsbeteiligung jetzt eine ungewisse Zukunft ins Haus stehe. Bezugnehmend auf die Frauenpolitik in Wien, unterstrich Hanke, dass 52 Prozent der Menschen in dieser Stadt Frauen seien, daher sei es „unsere Verantwortung, Frauen dort zu unterstützen, wo sie es brauchen. Frauen dort zu unterstützen, wo sie es brauchen werde in dieser Stadt groß geschrieben, zum Beispiel mit dem Frauenzentrum. 4.000 Beratungen seien 2021 zu unterschiedlichsten Themen wie finanziellen Probleme, Wohnen, Gesundheitsfragen oder Ehe und Scheidung durchgeführt worden. Auch der 24-Stunden-Frauennotruf habe Frauen gezielt geholfen: 13.000 Beratungen seien hier verzeichnet worden. Außerdem sei ein Gewaltschutzpaket geschnürt worden, eine Zivilcourage-Kampagne umgesetzt und sehr niederschwellig über Kassen-Bons im Supermarkt über das Gewaltschutznetz aufgeklärt worden. Es würden auch laufend neue Projekte forciert, wie zum Beispiel Partnergespräche gemeinsam mit der Männerabteilung. „Wir nehmen beim Thema Gewaltschutz unsere Verantwortung wahr, um Frauen zu schützen“, so Hanke. Um Frauen ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, brauche es auch gezielte Förderungen und Arbeitsmarktprojekte. Hier erwähnte Hanke Workshops zum Thema Digitalisierung im Frauenzentrum oder die gezielte Arbeitsmarktförderung durch den waff. Insgesamt würden zehn Millionen Euro für Frauenförderung in die Hand genommen. Darauf könne man sehr stolz sein, das gebe es in keiner anderen europäischen Stadt. Genauso wichtig sei die wertvolle Arbeit der zahlreichen Vereine, die von der Stadt unterstützt werden. Vereine erhalten durch Förderungen Planungssicherheit. Sie können auf die Stadt als Bündnispartnerin vertrauen. Frauenpolitik in alle Politikbereiche zu bringen, sei selbstverständlich. So gebe es spezielle Wohnangebote für Alleinerziehende, das Wiener Wohnticket im Gemeindebau helfe besonders Frauen, die Jugendarbeit lege einen Schwerpunkt auf Mädchen und im Rahmen der Frauengesundheit sei das Projekt Rote Box verwirklicht worden. „Ja, Wien ist die Frauenstadt“, betonte Hanke und hielt abschließend zum Thema und Schwangerschaftsabbrüche und den gemeinsamen Antrag dazu in Richtung ihrer ÖVP-Vorrednerin Keri fest: „Den Vorwurf, feig zu sein, halte ich für untragbar. Uns populistische Politik vorzuwerfen, weil man sich für das Selbstbestimmungsrecht für Frauen stark machen, ist unfassbar.“ Das Thema Schwangerschaftsabbruch sei sehr wohl immer Thema. So werde die ehemalige ÖVP-Gemeinderätin Gudrun Kugler wieder beim sogenannten „Marsch für das Leben“ gegen den Schwangerschaftsabbruch sprechen. „Wir werden uns immer wieder dazu bekennen, dass wir Frauen das Recht zugestehen, selbst über ihren Körper zu entscheiden. Wir bekennen uns gegen einen Gebärzwang für Frauen, das ist ein Einsatz für Frauenrechte und nicht Populismus“, schloss Hanke.

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) ergänzte einige Fakten zum Themen Wohnen. Das Budget dafür sei um 28,4 Prozent reduziert worden. Das sei ein spannender Befund, „wenn man sich leistbares Wohnen auf die Fahnen heftet“. Sachslehner bezog sich auf die Ausgaben für Inserate im Wohnbauressort, die vom Rechnungshof kritisiert worden seien. Fünf Millionen Euro seien von 2013 bis 2018 für Öffentlichkeitsarbeit investiert worden, davon 96 Prozent für Inserate. „Mit diesem Geld hätte man 400 Wohnungen bauen können“, so Sachslehner, die hinterfragte wo hier „die soziale Gerechtigkeit und die Bekenntnis zum sozialen Wohnbau ist“. Die NEOS kritisierte die Gemeinderätin für das Schweigen zur Sache. Gerade im letzten Jahr seien die Inserate in der Stadt um 57 Prozent gestiegen. „Es gebe keine Transparenz“ – das sei ein Schmäh der NEOS.  

GRin Ing. Astrid Rompolt, MA (SPÖ) hielt fest, dass Wohnen ein zentrales Grundbedürfnis sei und dass für die SPÖ leistbares Wohnen verknüpft sei mit einem selbstbestimmten Leben. Wien gelte europaweit als Vorbild für leistbares Wohnen und diesen Weg werde man auch trotz Teuerung fortsetzen. Viele Delegationen würden laufend Wien besuchen, um sich davon ein Bild zu machen. Bezugnehmend auf Sanierungen hielt Rompolt fest, dass auch Hauseigentümer*innen unterstützt würden. Dafür werde viel Geld in die Hand genommen und ein Landesdarlehen von 21 Millionen Euro ausbezahlt. Damit seien 59 Sockel- und Totalsanierungen unterstützt worden, womit auch die Bauwirtschaft belebt worden sei. Geförderte Sanierungen hätten in den letzten 36 Jahren 385.000 Tonnen CO2 eingespart. Einen Überblick über alle Stadterneuerungsprojekte liefere die Website www.wirsan.wien.gv.at Weiters hielt Rompolt fest, dass die Auskunftsstelle „Hauskunft“ kostenlos alle berate, die ihr Haus sanieren lassen wollen. Bereits 1.000 Beratungen seien durchgeführt worden, ein wichtiges Thema zur Zeit sei die Heizumstellung auf erneuerbare Energie. Abschließend ging sie auf weitere Projekte ein, wie Förderungen für Grätzl wie die Grätzlmarie und brachte Beispiele für erfolgreiche Sanierungen an. (Forts.) kro

Rückfragehinweis für Medien