Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.09.2022:
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26. Wiener Gemeinderat (7)

Kreditaufnahmen und Abschluss eines Kreditrahmenvertrages mit der Wiener Stadtwerke GmbH zur Weitergabe an die Wien Energie Gmbh

GR Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) erinnerte daran, dass die Gelder für die Wien Energie dazu dienen würden, Sicherheitsleistungen zu hinterlegen. Diese flössen in der Regel wieder zurück. Die Aussage seiner direkten Vorrednerin, dass diese Gelder „den Bach hinunter gingen“ sei unrichtig. Stürzenbecher stellte fest, dass die Notverordnung des Bürgermeisters aus seiner Sicht richtig und korrekt war. Beim Unterausschuss der Stadtwerke sei über die Problematik „sehr gut und informativ“ berichtet worden, alle Fragen seien beantwortet worden. Für ÖVP und FPÖ wäre das die Chance gewesen, sich zu informieren, statt nur „Überschriften zu kreieren“. Stürzenbecher ortete hinter der Abwesenheit der beiden Oppositionsparteien im Ausschuss „Arbeitsverweigerung“. Stürzenbecher meinte, „es ist bei der Notkompetenz des Bürgermeisters nicht möglich gewesen, den Stadtsenat rechtzeitig einzuberufen“. Es sei angesichts des aktuellen „Wirtschaftskrieges“ auch richtig gewesen, an die Bundesregierung heranzutreten. Stürzenbecher kritisierte, dass der Finanzminister von Spekulation gesprochen habe, obwohl das bereits von mehreren Expert*innen widerlegt gewesen sei. Dass der Bund einsprang, sei laut Stürzenbecher selbstverständlich, da Bund, Länder und Gemeinden zusammenarbeiten müssen. Die zwei Milliarden Euro habe man bis dato „nicht gebraucht“. Langfristig wollte Stürzenbecher daran erinnern, dass die Liberalisierung des Energiemarkts problematisch sei. Er mahnte vor der „Krisenanfällig des Kapitalismus“ und regte an, die kommunale Daseinsvorsorge aus diesem Marktmechanismus herauszunehmen. Das für das Leben der Menschen Notwendige dürfe nicht von solchen Mechanismen abhängig sein. 

GR Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) trat für eine tatsächliche Berichtigung ans Pult. Er meinte, dass die SPÖ „Glücksspiele an der Börse“ offensichtlich nicht für Spekulation halte. Weiters sagte er, dass die SPÖ die Urlaubszeit als Ausrede für ein Verschieben des Stadtsenats nutze. Das sei „ungerechtfertigt“.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) meinte angesichts der Replik von GR Wölbitsch, dass es bei der Spekulationsthematik um Leerverkäufe, also den Verkauf von Werten über die man nicht verfügt, ginge. Solche Geschäfte mache die Wien Energie nicht. Gara berief sich auf externe Unternehmen und Expert*innen, die vom Bund eingesetzt worden waren, die zum Schluss gekommen seien, dass keine Spekulation im Sinne von Leerverkäufen getätigt wurde. Das sei „Fakt“. Gara meinte, dass es ohne die Liberalisierung des Energiemarktes weit weniger erneuerbare Energien gäbe. Außerdem ginge es um das Thema Angebot. Gäbe es nur einige wenige Versorger, hätte man nun höhere Probleme, da keine Ausweichchancen für Kund*innen vorlägen. Gemeinschaften privater Anbieter erneuerbarer Energien seien nichts anderes als ein Markt und zu begrüßen. Funktioniere das nicht, braucht es aber eine Intervention. Der Wunsch des Stadtrats nach einer Entkoppelung der Preisbildung sei daher völlig richtig. Es gelte, künftig Spitzen beim Verbrauch zu vermeiden. In allen Bereichen gäbe es Überlegungen, wie man sparen könne. Das reiche von der Beleuchtung bis zum Heizen im Bereich des Magistrats. Gara lobte den städtischen Energieeffizienz-Plan. Gara meinte, Wien habe als erstes Bundesland den Ausstieg aus Gas ganz klar formuliert und eine diesbezügliche Strategie vorgelegt. Diese Abhängigkeit würde Schritt für Schritt reduziert werden. Gara nannte als Beispiel die Wärmepumpe, die mit Klärwasser in Zukunft 120.000 Haushalte versorgen könne. Gara sagt abschließend, die Koalition würde den Weg der Dekarbonisierung gemeinsam gehen.

GR Johann Arsenovic (GRÜNE) meinte, dass er nicht sagen könne, wer die politische Verantwortung trage. Niemand mache dem Bürgermeister oder dem Stadtrat einen Vorwurf, die Bonität zur Verfügung gestellt zu haben. Er kritisierte vielmehr die Kommunikation rund um die Wien Energie und meinte, sie sei zu langsam und „nicht immer korrekt“ gewesen. Für die Kund*innen sei egal, wer den Schutzschirm spanne – ob Bundesregierung oder die Stadt –; umso ärgerlicher sei es für ihn, dass sich die Diskussion immer auf diesen Punkt aufhänge. Arsenovic widmete sich dem „Schwarzen Freitag“ und versuchte, die Hintergründe darzulegen. Der Verbrauch der Wien Energie liegt laut Arsenovic mit sechs Terrawatt im Jahr knapp unter der produzierten Menge. Strom würde in Wien immer in Kombination mit Wärme produziert – im Unterschied zu Wasserkraft. Strom könne man nicht speichern, überschüssige Produktionen müssten daher verkauft werden. Um unvorhergesehene Schwankungen auszugleichen, gebe es laut Arsenovic drei Möglichkeiten. Erstens könne man den Strom zum aktuellen Börsepreis verkaufen beziehungsweise kaufen. Das nenne man Spotmarkt. Auch möglich sei ein OTC-Geschäft. Dieser außerbörsliche Handel fände zwischen Energieunternehmen statt und sei riskant, da Ausfallsgefahr bestünde. Die dritte Handlungsoption seien Geschäfte an der Leipziger Energiebörse, der EEX. Diese hafte für den Wert von Energiegeschäften und verlange daher Kautionen. Am „Schwarzen Freitag“ sei der Strompreis stärker angestiegen als der Gaspreis. Das habe zu einer höheren Kautionsleistung geführt. Darum sei die Wien Energie an den Bund herangetreten. Die zwei Milliarden Euro habe man schlussendlich nicht benötigt, da sich die Marktlage am Montag wieder entspannt habe. Zusammenfassend meinte Arsenovic, dass der Liquiditätsengpass früher hätte kommuniziert werden müssen. Die Handlungsvorschläge von Stadtrat Hanke könne Arsenovic „mehrheitlich“ unterschreiben. Arsenovic meinte, er erhielte Anrufe von Unternehmer*innen, die angesichts der steigenden Preise „Panik“ hätten. Auch er selbst müsse – sofern nicht bald reagiert würde – Filialen seines Betriebs zusperren. Unternehmen stünden im Regen und „es hagelt gerade“. Ein Schirm müsse her, egal welche Farbe dieser habe.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) meinte, Gemeinderat Stürzenbecher (SPÖ) wirke „beleidigt“ angesichts des Aufklärungswillens des Finanzministers. Hungerländer kritisierte die „Transparenzpartei“ NEOS und bezeichnete deren Reformbestreben als „zahnlos“. Sie sagte, die NEOS seien „im Unklaren“ gelassen worden und mutmaßte das sei der „Preis des Mitregierens“. Hungerländer meinte, sie sei gespannt, inwiefern ein Transparenzpaket umgesetzt werden würde. Zum Thema Untersuchungskommission meinte Hungerländer, dass die ÖVP diverse Vorschläge für mehr Transparenz gemacht hätte. Zum Beispiel sei es notwendig, das Verwaltungsgericht Wien als Schiedsinstanz einzusetzen. Hungerländer meinte, die NEOS würden innerhalb der Koalition nicht genug Druck für Transparenz aufbauen. Das sei „schade“ im Sinne der Wiener*innen. (Forts.) pos

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