Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.09.2022:
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26. Wiener Gemeinderat (8)

Kreditaufnahmen und Abschluss eines Kreditrahmenvertrages mit der Wiener Stadtwerke GmbH zur Weitergabe an die Wien Energie Gmbh

GRin Barbara Novak, BA (SPÖ) sah eine Einigkeit im Plenum, dass die Gewährung der zweimal 700 Millionen Euro Garantie durch Bürgermeister Ludwig notwendig gewesen sei, für Novak eine „gute gemeinsame Basis“ für die Diskussion in der U-Kommission. Die gegenwärtige Krise sei eine „internationale“ und werde die Corona-Krise „übersteigen“. Novak kritisierte die ÖVP für den Umgang mit dem Unternehmen Wien Energie. Während etwa in der Schweiz Energieversorger und Regierung gemeinsam Lösungen erarbeitet und kommuniziert hätten, habe die ÖVP die Krise für „dirty campaigning“ genutzt. Die ÖVP habe die Wien Energie für „politisches Kleingeld“ angegangen, das bezeichnete Novak als „widerlich“. Ein für die Daseinsvorsorge so wichtiges Unternehmen könne man nicht auf diese Weise „öffentlich hinrichten“. Für die „jeden Tag dramatischer“ werdende Energie- und Versorgungskrise wünschte sich Novak ein bundesweit einheitliches Vorgehen, gemeinsame Lösungen und Kommunikation, und weniger politisches Kleingeld.

GRin Dipl.-Ing. Huem Otero Garcia (GRÜNE) warf er SPÖ vor, sich als „Opfer zu inszenieren“. Sie werde dem Poststück zu den Garantien von 1,4 Milliarden Euro für die Wien Energie nicht zustimmen, nicht, weil sie „die Wien Energie an die Wand fahren möchte“, sondern weil sie mit der Vorgehensweise rund um die Bereitstellung der Mittel nicht einverstanden sei. Sie kritisierte die Intransparenz der Stadtregierung und die fehlende Bereitschaft von Stadtrat Hanke (SPÖ), Fragen zu beantworten. Es sei für Otero Garcia „wurscht“, was im Interpellationsrecht geregelt sei, „wenn man zwar Fragen stellen kann, aber keine Antworten bekommt“. Die SPÖ „setze alles Mögliche daran, keine Transparenz zu gewährleisten“, Bürgermeister Ludwig und die Stadtregierung hätten „keinen Respekt“ vor den Gremien der Stadt, fuhr die Abgeordnete fort. Otero Garcia brachte zwei Anträge ein. Die Anträge forderten zum einen Energieeinsparmaßnahmen im Wirkungsbereich der Stadt und zum anderen ein Verbot von Heizstrahlern für Außenheizungen.

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) kritisierte Bürgermeister Ludwig, der in der Fragestunde Antworten verweigert habe und der aktuellen Debatte zu den Beschlüssen in Notkompetenz nicht beiwohne. Gleichzeitig stelle sich die SPÖ hin und behauptet „alles richtig gemacht“ zu haben. In Kenntnis des Schreibens, mit dem sich die Wien Energie an die Bundesregierung gewandt habe und in dem eindrücklich von „ernsten Schwierigkeiten“ und einer möglichen „Gefährdung der Versorgung von Kund*innen“ die Rede sei stelle er sich die Frage „wer hat die Daseinsvorsorge aufs Spiel gesetzt?“. Die Bundesregierung habe innerhalb von zwei Stunden Hilfe zugesagt und damit „einzigartig“ schnell reagiert. In anderen Ländern seien Energieversorger schon vor dem Eintritt eines Notfalls auf die Regierungen zugegangen – das sei der „große Unterschied“. Margulies weiter: „Was hat Sie gehindert, schon im Juli mit der Regierung oder anderen Energieversorgen über einen Schutzschirm zu sprechen?“. Er kritisierte die Intransparenz in der Kommunikation und die „jetzige Täter-Opfer-Umkehr“. Margulies äußerte sich auch zum Vorwurf, die Wien Energie habe spekuliert: „Wenn du das Risiko eingehst, illiquid zu werden, ist das kein risikoloses Geschäft, sondern Spekulation“. Die Stadtregierung habe gewusst, dass der Bund einspringen würde.

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) sah ebenfalls eine „fehlende Transparenz“ seitens der Stadtregierung, die auch von den NEOS „mitgetragen“ werde. Es sei ein „Skandal“, dass 1,4 Milliarden Euro Sicherheitsgarantien vergeben worden seien, ohne den Gemeinderat einzubeziehen. Bürgermeister Ludwig habe die Notkompetenz „nicht gehabt“, da weder Finanzausschuss noch Gemeinderat Sommerpause hätten und die Gremien einberufen werden hätten können. Auch er kritisierte, dass Fragen zur Wien Energie nicht zugelassen oder nicht beantwortet worden seien. Der Gemeinderat habe die Pflicht, die Vorgänge aufzuklären. Er kritisierte in diesem Zusammenhang zwei Abgeordnete der ÖVP, die im Finanzausschuss „Arbeitsverweigerung“ betrieben hätten und auch bei der heutigen Sitzung fehlen würden. Er werde dem Poststück nicht zustimmen und fragte abermals: „Was hat Bürgermeister Ludwig gewusst und was war die Entscheidungsgrundlage für die beiden 700 Millionen-Garantien?“.

GR Mag. Thomas Reindl (SPÖ) konterte den Vorwurf des Amtsmissbrauchs rund um die Inanspruchnahme der Notkompetenz des Bürgermeisters. Reindl erinnerte daran, dass derzeit gegen einen Mandatar der FPÖ ein Prozess wegen genau diesem Vorwurf laufen würde. Auch den Vorwurf der Intransparenz wollte Reindl nicht gelten lassen; es werde über jeden Ausschuss berichtet. Wien Energie habe im August 30.000 neue Kund*innen bekommen, meinte Reindl. Das seien Kund*innen, die von anderen – privaten – Energieanbietern gekündigt wurden. „Nachdem wir in Wien die Daseinsvorsorge leben, werden diese Menschen mit Strom, Gas und Fernwärme versorgt, damit niemand im Kalten sitzen muss“. Den neuen Kund*innen werde Energie zu einem fixen Betrag geliefert; den Strom und das Gas dafür werde von der Wien Energie im vornhinein für das nächste Jahr an der Energiebörse in Leipzig eingekauft. Die Preise hätten sich im Jahr vervielfacht, auch weil private Energieversorger ein gutes Geschäft gewittert hätten und - statt der Lieferung an ihre Kund*innen - ihre Energiekontingente an der Börse verkauft hätten, so Reindl. Putins Russland sei kein verlässlicher Partner bei der Gaslieferung; umso mehr brauche es einen europäischen Schulterschluss, um die Energiekrise in den Griff zu bekommen. Dazu gehöre auch ein Schutzschirm für Energieunternehmen, wie sie andere europäische Staaten aufgespannt hätten. Stattdessen hätte der Bundesminister die Situation der Wien Energie für politisches Kleingeld genutzt, statt das Problem anzugehen. Anders Bürgermeister Ludwig: Er hätte frühzeitig seine Notkompetenz genutzt um die Wien Energie gegen Marktverwerfungen zu schützen.

Abstimmung: Die Anträge der Opposition fanden nicht die notwendige Mehrheit. (Forts.) gaa/ato

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