Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.10.2022:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

29. Wiener Gemeinderat (11)

Förderangebot an den Auslandsösterreicher-Fonds

GRin Sabine Keri (ÖVP) sagte über den Iran, dass seit der Islamischen Revolution 1979 Frauen Kopftuch und Mantel tragen müssten, um den Körper zu verschleiern. Die Frauen, besonders in den Städten, hätten sich nun gegen diese Kleidervorschriften gestellt, die iranische Sittenpolizei ginge seit einem Erlass im Sommer strenger gegen Frauen im Iran vor. Auch gegen die Iranerin Mahsa Amini, die zwei Stunden nach ihrer Festnahme in der Haft in Teheran gestorben ist. Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) habe den Fall gegenüber iranischen Regierungsvertretern bei internationalen einer Konferenz angesprochen, im Rahmen einer EU-Erklärung sei Kritik geäußert worden, außerdem sei am 26. September der iranische Botschafter in Wien einbestellt und menschenrechtskonformes Verhalten der iranischen Behörden verlangt worden. Gestern seien beim Außenministerrat in Luxemburg Sanktionen gegen Betroffene der Sittenpolizei im Iran verhängt und deren Vermögen in Europa eingefroren worden. Die Proteste im Iran hätten bereits mehr als 140 Tote gefordert, darunter 23 Kinder – „teilweise kaltblütig in den Nacken geschossen, teilweise zu Tode geprügelt“, sagte Keri. Betroffenen Familien würden unter Druck gesetzt, zu schweigen. Am vergangenen Sonntag hatte die iranische Kletterin Elnas Rekabi bei einem Wettkampf im südkoreanischen Seoul ihr Kopftuch abgelegt, darauf sei sie verschwunden – angeblich verhaftet, weil auch für Sportlerinnen das Tragen des Kopftuchs verpflichtend ist. „Frauenrechte sind Menschenrechte, das gilt überall – auch im Iran. Niemand sollte für die Verletzung von Kleidervorschriften mit dem Leben bezahlen müssen“, sagte Keri.

GR Peter Florianschütz, MA, MLS (SPÖ) erläuterte, der Fonds habe die wichtige Aufgabe, Auslandsösterreicher*innen und das ehemalige Heimatland zu verbinden. Dabei würden die Fragen von Demokratie, Menschenrechten im Mittelpunkt stehen, diese Beziehung sei „eine gute Sache“. Wer für die liberale Demokratie und freie Gesellschaft eintrete, sende ein Signal, das nicht nur Pflichterfüllung sei, sondern „echte Überzeugung“. Man müsse sowohl für die Freiheit eintreten, kein Kopftuch zu tragen, aber auch gleichzeitig das Tragen des Kopftuchs zu erlauben. Das kriegerische, antisemitische Regime im Iran zeige sein wahres Gesicht in der Behandlung von Frauen und anderer Gruppen – das liege im Wesen eines totalitären Regimes, was sich auch darin zeige, dass sich alle Nachbarn des Iran bedroht fühlen würden. Man müsse „prinzipiell überlegen“, wie man mit dem Regime im Iran umgehen werde – „man kann nicht die Gaslieferungen eines Regimes mit dem Liefertausch eines anderen Regimes verbessern“. Der Iran schaffe durch die Lieferung von Kriegsdrohnen an Russland eine Verbindung der beiden totalitären Regime. „Mit den Sanktionen verteidigen wird die Freiheit aller Menschen, denn wenn ein Land angegriffen wird, ist das ein Kriegsverbrechen. Und Kriegsverbrechen müssen wir bekämpfen – da können wir nicht neutral sein“, so Florianschütz. Das sei keine Aufweichung des österreichischen Neutralitätsgesetzes, „sondern eine Haltung, die ich einfordere“. Aus prinzipiellen Gründen dürfe sich die Kriegspolitik der russischen Regierung „nicht rechnen“, denn das sei eine Frage der Rechtsstaatlichkeit und letztlich eine Frage des Weltfriedens. „Lehnen wir zwei unmenschliche Regime gemeinsam ab“, appellierte Florianschütz zur Annahme der Anträge.

Auch GR Hannes Taborsky (ÖVP) bezeichnete den Auslandsösterreicher-Fonds als wesentliches Instrument, den Frieden „hinauszutragen“. Im europäischen Kontext sei zu sehen, dass Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) vor wenigen Wochen Gespräche mit Ungarn und Serbien zur Visafreiheit geführt habe. Die Sicherheitspolitik habe nun Aktionen gegen Schlepper in Ungarn ermöglicht, „aufbauend auf die Gespräche des Kanzlers“. 15.000 Schnellverfahren und 6.500 Rückführungen seien heuer bereits erfolgt, wenig hilfreich seien in diesen Causen Diskussionen von SPÖ und NEOS in Wien über eine „Staatsbürgerschaft light“. Während der FPÖ-Regierungsbeteiligung von 2017 bis 2019 seien die Initiativen von Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) die Einführung von Polizeipferden, die Zerschlagung des Inlandsgeheimdienstes sowie die Anbringung einer Tafel mit der Aufschrift „Ausreisezentrum“ in Traiskirchen gewesen – die Bilanz von Kickl seien 4.700 Abschiebungen 2018. „Die ÖVP sagt ja zu Vertriebenen, aber nein zu Wirtschaftsflüchtlingen ohne Skills“, so Taborsky. Die Sanktionen gegen Russland seien wichtig, denn es handle sich beim Angriff des russischen Präsidenten um einen Angriffskrieg auf ein „unabhängiges europäisches Land“. Österreich habe sich 1945 dafür entschieden, dass der Friede nicht genug sei, erst zehn Jahre später sei mit dem Staatsvertrag die Freiheit dazu gekommen. „Der Friede den Putin anbietet, ist der Friede des Gulags“, so Taborsky. Putin habe auf dem Schlachtfeld keinen Erfolg und versuche jetzt mit Bomben gegen Zivilisten vorzugehen. Die westliche Welt habe mit den Sanktionen ein klares Signal an Putin gesendet. „Die Sanktionen wirken, deshalb muss Russland nun Waffen im Iran einkaufen, da die eigene Produktion nicht mehr funktioniert“, stellte Taborsky fest. Die FPÖ müsse sich entscheiden auf welcher Seite sie stehen würde: auf der Seite Putins oder der Seite der Freiheit. Zum Iran: Unter dem Deckmantel der Religion würde dort ein Krieg gegen Frauen und Kinder geführt werden, deshalb sei er froh, dass mit dem heutigen Antrag des Gemeinderats ein Zeichen in den Iran gesendet werde.

GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) wies darauf hin, dass Bundespräsident Alexander van der Bellen der Erweiterung und Vertiefung der Kooperation zwischen Österreich und dem Iran in einer Grußbotschaft gratuliert habe. „Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür, bevor Sie mit dem Finger auf andere zeigen“, forderte Kowarik die grüne Fraktion auf. Die USA sei in Afghanistan gescheitert, aber nicht die USA würden die Folgen des Scheiterns ausbaden, „sondern Europa, das die Flüchtlinge nun aufnimmt.“ Die westliche Welt würde an der Eskalationsspirale im Krieg in der Ukraine ebenfalls mitdrehen, „aber wo ist Ihre Reaktion bei Völkerrechtsverbrechen in China oder den USA oder in weiteren Ländern?“, fragte Kowarik in Richtung der anderen Fraktionen. Verantwortung müsse in letzter Konsequenz bis zur Verteidigung mit der Waffe in der Hand gehen, deshalb könne durch die Sanktionen gegen Russland Österreich in den Krieg mit hineingezogen werden. Die Sanktionen würden Russland wehtun, „aber genauso Österreich schaden“. Wenn die EU mit einer Stimme reden wolle, müsse sie alle ins gemeinsame Boot holen – auch die rechten europäischen Parteien, verlangte Kowarik. Im Iran würde die Trennung zwischen Religion und Staat nicht funktionieren, diese Trennung könne er nicht weltweit durchsetzen, „aber hier in meiner Kommune trete ich dafür ein“. Die Aufnahme von Flüchtlingen in Österreich sei in der Vergangenheit „über alle Maßen“ erfolgt, der Staat gehe nun über seine Grenzen, was sich in der Errichtung von Zeltlagern in einzelnen Bundesländern zeige. „Es ist genug, es geht nicht mehr“, schloss Kowarik.

Abstimmungen: Das Förderangebot wurde einstimmig beschlossen. Angenommen wurden zwei Anträge: Der erste betrifft die Beibehaltung der EU-Sanktionen gegen die Russische Föderation, eingebracht von den beiden Regierungsparteien SPÖ und NEOS sowie von ÖVP und GRÜNE; der zweite ist ein Fünf-Parteien-Antrag betreffend die Verurteilung der gewaltsamen Niederschlagung von Frauenrechten im Iran und die Unterstützung für die Demokratie- und Freiheitsbewegung im Iran. Weitere Anträge, allesamt von der FPÖ-Fraktion eingebracht, fanden keine Mehrheit. (Forts.) nic

Rückfragehinweis für Medien