Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 18.10.2022:
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29. Wiener Gemeinderat (9)

Dringliche Anfrage

GR Markus Ornig, MBA (NEOS) sah Widersprüche in den Wortmeldungen der Grünen. In den letzten 30 Jahren sei zwar viel Gutes passiert, aber die Einkaufstraßenförderung sei reformbedürftig gewesen. „Hand in Hand“ mit der Wiener Wirtschaftskammer habe die rot-pinke Stadtregierung jetzt „etwas Neues probiert“. Die – mit Ottakring – insgesamt sieben Grätzln, seien „handverlesen“. Gerade in Gegenden wie der Praterstraße, wo sich viel verändere, brauche es Konzepte. Mit der Neuausrichtung der Förderung würde nun auch „mehr Geld in die Hand genommen“. Aus heutiger Sicht sei der nun eingeschlagene Weg der richtige für die nächsten drei Jahre. Die Kritik an der Kampagne der Wirtschaftskammer Wien teile Ornig nicht. Die Kampagne werde nicht mit den 3,5 Millionen Euro Förderung gedeckt sondern komplett von der Wirtschaftskammer Wien getragen. Laut Ornig sei die Einkaufsstraßenförderung auch nicht genug, um die bestehende Krise rund um Energie und Teuerung zu bewältigen. Dafür brauche es andere Maßnahmen. Ornig nahm hier die Bundesregierung in die Pflicht, er könne sich beispielsweise eine Sonntagsöffnung in der Weihnachtszeit vorstellen.

GRin Margarete Kriz-Zwittkovits (ÖVP) forderte auf, die Debatte "sachlich zu führen", gerade angesichts der Sorgen bei den Einkaufsstraßen-Vereinen. Bereits 2015 hätten die Grünen gemeinsam mit der SPÖ mit der Grätzlförderung einen Grundstein für die aktuelle Reform gelegt. Kriz-Zwittkovits sagte, dass der stationäre Handel in den letzten 20 Jahren etwa durch große Einkaufzentrum, den Boom des Online-Handels und auch aufgrund der Corona-Pandemie viel Kaufkraft verloren hätte, die nun wieder zurückgewonnen werden müsse. Die bisherige Einkaufsstraßen-Förderung sei eine Kombination aus Förderungen der Wirtschaftsagentur und der Wirtschaftskammer, „was die Abrechnung kompliziert macht“. Die Förderung sei zuletzt auch nicht mehr ausgeschöpft worden. So hätten 2019 die 62 Einkaufsstraßen-Vereine durchschnittlich 12.900 Euro von der Wirtschaftsagentur bekommen – „also nicht wahnsinnig viel“. Das Fördersystem sei laut Kriz-Zwittkovits auf die Anzahl der Vereine ausgerichtet gewesen. In manchen Bezirken seien dadurch mehrere Vereine entstanden. Die Wirtschaftskammer Wien habe ihren Teil der Einkaufsstraßen-Förderung daher vor fünf Jahren auf eine Bezirksförderung umgestellt. Diese Mittel würden auch jetzt erhalten bleiben, sagte Kriz-Zwittkovits. Auch die Förderung der Weihnachtsbeleuchtung seitens der Stadt Wien werde weiterhin ausbezahlt. Die Umstellung sei ein Transformationsprozess, in dem die Einkaufsstraßen-Vereine in Initiativen „mitgenommen werden können“. Es sei wichtig, die Leute „zurück in die Grätzl“ zu holen. Kurze Wege beim Einkaufen würden auch der Energiebilanz helfen. Trotzdem sei es wichtig, dass Einkaufsstraßen „mit dem Auto erreichbar bleiben“ betonte Kriz-Zwittkovits. 

GR Prof. Rudolf Kaske (SPÖ) sah im Titel der Anfrage eine „wilde Mischung“ an Themen und den Versuch der Grünen, „künstliche Aufregung“ zu erzeugen. Die Einkaufsstraßen hätten laut Kaske zuletzt nur einen Teil des Budgets in Anspruch genommen. Deshalb sei eine Neukonzeptionierung der Förderung erfolgt. Kaske kritisierte die Grünen, unter deren Regierungsbeteiligung wenig zur Grätzlbelebung passiert sei. Die Stadt habe sich in den letzten Jahren weiterentwickelt, das Einkaufsverhalten sei ein anderes. Es sei „ein Gebot der Zeit“, den Grätzln eine Chance zu geben und nicht an alten Förderungen festzuhalten. In der Summe werde es nun mehr Geld geben, von den Mitteln würden 3.500 Betriebe profitieren, also mehr als in den Einkaufsstraßen.

GR Johann Arsenovic (GRÜNE) sagte, in der politischen Debatte gehe es oft um ein „entweder-oder“, in der gegenständlichen Frage wünschte er sich ein „sowohl-als-auch“. Alle Maßnahmen für die neuen Quartiere seien „gut“, aber eine „top down“ Förderung umgesetzt durch Regionalmanager*innen der WKW. Die bisherige Förderung sei hingegen ein „linkes, selbstorganisiertes Projekt“. Die Geschäftsleute hätten selbst „bottom up“ Initiativen setzen können – diese Möglichkeit fehle im neuen Konzept. Er wünschte sich eine Beibehaltung der Förderung durch die Wirtschaftsagentur, „schauen wir, dass wir diese 500.000 Euro irgendwo her kriegen“.

GRin Katharina Weninger, BA (SPÖ) sagte, Neues führe oft zu Irritationen, weil an gewohnten Dingen festzuhalten Stabilität gebe. Manchmal sei es aber „notwendig, altbewährte Dinge zu überdenken“. Die Einkaufsstraßen-Vereine hätten in der Vergangenheit tolle Sachen bewirkt, es habe sich aber auch gezeigt, dass das System „nicht mehr flächendeckend funktioniert“. Die kleinen und mittleren Geschäfte der Einkaufsstraßen seien bereits vor Corona durch den Online-Boom stark unter Druck geraten und die Einkaufsstraßen hätten an Bedeutung verloren. Es sei nun notwendig, neue Anreize für die Einkaufsstraßen zu setzen und neue Erlebnisse zu schaffen: Wegen der Geschäfte allein auf die Einkaufsstraßen gehen „ist voll Neunziger“, sagte Weninger. Die Einkaufsstraßen wie die Meidlinger Hauptstraße würden auch von den Lokalen und Geschäften in den Nebenstraßen leben, daher sei es wichtig, das ganze Grätzl zu betrachten. Weninger ging auch auf ihren Heimatbezirk Meidling ein. Dort habe die Meidlinger Hauptstraße während der Regierungsbeteiligung der Grünen in Wien „gelitten“, da sie beim Umbau gegenüber der Mariahilfer Straße benachteiligt worden sei.

Abstimmung: Der Antrag der Grünen fand nicht die notwendige Mehrheit. (forts.) gaa

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