Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.11.2022:
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17. Wiener Landtag (4)

43. Bericht der Volksanwaltschaft 2021 an den Wiener Landtag

LAbg. Dr. Kurt Stürzenbecher (SPÖ) bezeichnete die Arbeit der Volksanwaltschaft als „segensreiche Tätigkeit“ für die Stadt und die Gesellschaft. Ihre Aufgabe sei es, Missstände in der Verwaltung aufzuzeigen und zu beheben, erinnerte Stürzenbecher. Die Stadt Wien nehme sich berechtigte Kritik zu Herzen und führe Verbesserungen herbei, das stärke auch das Vertrauen der Menschen in die Demokratie und Verwaltung. Er ging auf den Bericht der Volksanwaltschaft zur MA 35 ein und verwies auf die Reform der Magistratsabteilung, die umgesetzt werde. Bei der berechtigten Kritik an den langsamen Abläufen und Beschwerden zur MA 35 in den vergangenen Jahren erinnerte Stürzenbecher auf den negativen Einfluss der Covid-19-Pandemie: Anträge hätten über das Telefon oder per Mail oder Brief abgewickelt werden müssen, das hätte zu Verzögerungen geführt. Auch hätte die Pandemie es nicht mehr möglich gemacht, Aufenthaltsgenehmigungen „auf raschem Weg“ persönlich abzuholen, diese hätten per Post verschickt werden müssen. Außerdem unterliege das Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsrecht häufigen Änderungen, deshalb sei der Vollzug des „sehr komplizierten Gesetzes“ aufwendig: „Durch Vereinfachung des Gesetzes könnte hier viel beschleunigt werden“, sagte Stürzenbecher. Er sah den Bund in der Pflicht, das Gesetz zu novellieren. Darüber hinaus sei Wien und damit die MA 35 bundesweit für die Anerkennung der Staatsbürgerschaft von NS-Opfern und deren Angehörigen zuständig, was das Arbeitspensum der MA 35 zusätzlich belasten würde. Trotz dieser schwierigen Voraussetzungen würden Vorschläge der Volksanwaltschaft umgesetzt und Abläufe optimiert.

LAbg. Wolfgang Seidl (FPÖ) sprach zum Bericht der Volksanwaltschaft zur Wiener Mindestsicherung. Er interpretierte den Bericht so, dass die Wiener Mindestsicherung laut Volksanwaltschaft nach wie vor nicht Verfassungskonform sei. Er verwies auf die „Dringliche“ im Laufe der Sitzung, bei der die FPÖ einen Vorschlag unterbreiten werde, „die eine Verfassungskonformität wiederherstellen würde“, so Seidl. „Bei der Wiener Mindestsicherung braucht man sich nur die Zahlen im Vergleich zu anderen Bundesländern anschauen, um zu sehen, dass in Wien etwas nicht funktioniert und passen kann“, sagte Seidl. Andere Bundesländer würden nur einen Bruchteil der Summen für die Mindestsicherung aufbringen, kritisierte Seidl. Von insgesamt 125.000 Mindestsicherungsbezieherinnen und -bezieher würden „nicht einmal mehr ganz 50.000“ die österreichische Staatsbürgerschaft haben, meinte Seidl.

LAbg. Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) sprach zum Bericht zu den Verzögerungen und Mängeln bei der Vollziehung des Niederlassungs- und Staatsbürgerschaftsrechtes. Es sei wichtig, über Mängel und Beschwerden bei der MA 35 zu sprechen; nur so seien diese Mängel und Beschwerden zu beheben, so Bakos. Die Stadt Wien würde „die Ärmel hochkrempeln“ um die Herausforderungen bei der MA 35 anzugehen und zu meistern. Die Mängel und Einschränkungen seien aber nicht nur von der MA 35 verschuldet; auch die Pandemie habe eine Rolle gespielt: Durch den Wegfall von persönlichem Kontakt hätten sich Verfahren verzögert, weil der Kontakt über Telefon und Schriftverkehr abgewickelt werden musste. Wie ihr Vorredner Stürzenbecher verwies auch Bakos auf die Zuständigkeit der MA 35 für die Verleihung der Staatsbürgerschaft an NS-Opfer und ihrer Nachfahren – die hätte dazu mehr als 25.000 Anträge bearbeitet. Bakos erklärte, dass eine Reform für die MA 35 dringend und wichtig sei und auch in Umsetzung sei: So sei das Personal bei der MA 35 aufgestockt worden sowie ein telefonisches Service-Center für die 1.200 Anrufe am Tag eingerichtet und ein Ticket-System installiert. Auch gebe es mit dem Business Immigration Office ein neues Service für internationale Facharbeiter*innen. Die Reform der MA 35 sei noch nicht abgeschlossen und werde noch Zeit in Anspruch nehmen, sagte Bakos, der Aufwand, der betrieben werde zeige, „wie wichtig uns die Reform der MA 35 ist“, sagte Bakos. Auch sie sah lange Wartezeiten und langwierige Verfahren beim „absurden und nicht mehr ins 21 Jahrhundert passende“ Aufenthalts- und Staatsbürgerschaftsgesetz des Bundes. „Es liegt auch am Bund, entsprechend das Gesetz zu ändern und zu modernisieren“, sagte Bakos, „Dafür ist es höchste Zeit.“

LAbg. Mag. Ursula Berner, MA (GRÜNE) kritisierte, dass in Wien bundesweit am meisten Kinder- und Jugendliche abgenommen würden; diese könnten allerdings aufgrund der „Unterfinanzierung“ der zuständigen MA 11 nicht ausreichend versorgt werden. Immer wieder würden von der Volksanwaltschaft „massive Mängel“ bei der MA 11 festgestellt: Die Mitarbeiter seien überarbeitet, könnten Überstunden nicht mehr abbauen und müssten sich um zu viele Kinder in den Wohngemeinschaften kümmern, in der Pandemie-Zeit hätte sich die Situation sogar noch verschärft. „So kann es nicht weitergehen“, sagte Berner. Auch würden in den Wiener WGs Mitarbeiter*innen fehlen, um die Situation zu verbessern; auch werde die aufsuchende Familienarbeit nicht ausgebaut. Viele Kinder- und Jugendliche seien Verwahrlosung und Gewalt ausgesetzt, weil nicht genug Ressourcen und Personal vorhanden sei um aufsuchende Familienarbeit zu machen, kritisierte Berner. „Derzeit kann nur eingegriffen werden, wenn der Hut schon akut brennt“, sagte Berner. Sie lobte den Einsatz der Mitarbeiter*innen der MA 11, die „unter großem Druck“ arbeiten müssten. Sie brachte einen Antrag ein, in dem sie eine verpflichtende Rechtsberatung für Familien in Krisen verlangte. Familien müssten über Rechte und Pflichten informiert werden; ebenso über Angebote, Beratung und Hilfe, die sie im Krisenfall annehmen können. Mittelfristig brauche es mehr Geld für die Kinder- und Jugendversorgung, forderte Berner. Es brauche strukturelle und finanzielle Verbesserungen für das Personal um den Job attraktiver zu machen.

LAbg. Hannes Taborsky (ÖVP) kritisierte die fehlende Transparenz insbesondere bei der Regierungspartei NEOS; sie kämen ihren Wahlversprechen nicht nach, was die Berichte der Volksanwaltschaft auch zeigen würden. Auch er kritisierte die MA 35 und die Wiener Mindestsicherung. Die Verfahren bei der MA 35 seien zu langsam, die Anzahl der Beschwerden zu hoch. Die Stadtregierung würde „die Post, das komplizierte Gesetz und den Bund“ als Ausrede hernehmen. Er ortete ein Führungsversagen bei der MA 35 und machte dafür den zuständigen Stadtrat Wiederkehr verantwortlich. In anderen Bundesländern würden die Staatsbürgerschafts- und Aufenthaltsverfahren schneller laufen, sagte Taborsky. Er forderte „seriöse Asylpolitik ohne Anreize“ und „Pull-Faktoren“, dazu gehörten auch bekannt langsame Verfahren, leichtere Einbürgerungsgesetze oder einen leichten Zugang zur Mindestsicherung, so Taborsky. Statt Mindestsicherung forderte Taborsky „Rückführungsberatungen für Menschen geben, die hier keine Zukunft haben.“ (Forts.) ato

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