Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.12.2022:
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32. Wiener Gemeinderat (5)

Berichte des Rechnungshofes

GR Mag. Dietbert Kowarik (FPÖ) fand die Berichte des Rechnungshofes besonders in Sachen Pandemiemanagement spannend. Dieses zeige laut Kowarik strukturelle Probleme auf. Es habe „handwerkliche Mängel im Gesundheitsministerium“ gegeben. Der Gemeinderat bemängelte, dass die Struktur von Staat über Länder und Gemeinden bis hin zu den Bezirken in Krisenzeiten schlecht funktioniere. Er meinte, er warte immer noch auf einen Absonderungsbescheid für seine Tochter, die im Sommer krank gewesen sei. Kowarik kritisierte das Corona-Management in Wien und ging auf einen digitalen Antrag seiner Partei zum Thema „Gemeinnützige Wohnbauträger“ ein. Dieser richte sich gegen den Verkauf von Wohnraum als Anlage. Kowarik forderte die zuständige Stadträtin auf, aktiv zu werden.

GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara (NEOS) bedankte sich für die transparente Arbeit des Rechnungshofes. Zum Pandemiemanagement der Gesundheitsbehörden im ersten Jahr zitierte der Gemeinderat, dass der Bund die nötigen Rahmenbedingungen nicht geleistet habe. Der Bericht betone laut Gara, dass Wien mit starker Eigeninitiative den Pandemieplan an die Standards der WHO angepasst habe – im Gegensatz zum Bund. Im Bereich Datenmanagement ortete er Nachholbedarf und die Chance, aus der Pandemie zu lernen. Wien sei sehr schnell „in die Gänge gekommen“, etwa mit wöchentlichen Sitzungen des medizinischen Krisenstabs. Dessen Simulationen seien sehr wertvoll gewesen. Gara sagte, dass ein Risiko weiterer Pandemien immer gegeben sei. Das Gesundheitssystem sei weiterhin gefordert, etwa durch die Influenza. Die Gesundheitsversorgung für Kinder und Jugendliche sei laut Gara ein Thema, das mehr Aufmerksamkeit brauche. Der Rechnungshof solle hier prüfen, welche Veränderungen nötig seien, um diese langfristig zu sichern. Auch die Klinik Floridsdorf sei ein wichtiges Thema. Gara zeigte sich froh, dass einige der Forderungen umgesetzt worden sein – etwa im Bereich Baumanagement, wo Wissen und Erfahrung jetzt gebündelt werden. Auch dass der Baustatus öffentlich einsehbar ist, lobte Gara im Sinne der Transparenz. 2010 habe man mit Baukosten von über 800 Millionen Euro geplant. 2017 standen Baukosten bis zu 1,4 Milliarden Euro im Raum. 1,26 Milliarden Euro seien es nun. Das sei deutlich mehr als ursprünglich geplant. Allerdings meinte Gara, dass die Umsetzung von Verbesserungsvorschlägen weitere Mehrkosten verhindert habe.

GRin Mag. Caroline Hungerländer (ÖVP) bezog sich auf das Kapitel Ibiza-Untersuchungsausschuss. Dabei habe sich gezeigt, dass Transparenz möglich sei – in Wien funktioniere das laut Hungerländer nicht. Die Wien-Energie-Untersuchungskommission sei nicht in der Lage, absolute Transparenz sicherzustellen. Die Gemeinderätin kritisierte die Beschaffung der Akten. Diese, so habe die Stadt verlautbart, müssten nicht von den Ämtern geliefert werden. Das sei, so Hungerländer, auf Bundesebene anders. Das sei „ein großes Manko in Wien“. Als zweites großes Manko bezeichnete die Gemeinderätin die Frage danach, was alles angefordert werden müsse. Die Abgeordneten wüssten nicht immer, welche Akten zur Verfügung stünden, und müssten dem entsprechend ein breites Spektrum an Akten abfragen. Allerdings würde seitens der Stadt verlangt, dass die Opposition ganz konkret nach spezifischen Akten frage – das sei aber nicht möglich, da Informationen fehlen würden. Hungerländer kritisierte den Mangel einer Schiedsinstanz. Es habe eine „Schlacht der Gutachten“ gegeben, wo Wort gegen Wort und Gutachten gegen Gutachten gestanden seien. Auch sei nachteilig, dass nicht mehrere Untersuchungsausschüsse gleichzeitig stattfinden dürfen. Laut Hungerländer sei es möglich, „dass im Roten Wien mehrere Skandale auf einmal“ auftreten können. Daher kritisierte sie diesen Umstand. Die Transparenzreformen der Stadt kritisierte sie als unzureichend und brachte einen Antrag betreffend ihrer Kritikpunkte ein.

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) meinte, die Berichte des Rechnungshofes würfen „Licht ins Dunkel der Verwaltung“. Gorlitzer lobte, dass im Zuge der Pandemie an einem Strang gezogen wurde. Wien habe sich dabei vom „Schulschwänzer zum Musterschüler“ gewandelt. Gorlitzer meinte, es habe sowohl „Doppelgleisigkeiten als auch Alleingänge“ gegeben. Gorlitzer kritisierte, dass Wien in Sachen Personal viel Nachholbedarf habe – etwa zu wenig Ärzt*innen. Ohne diese sei zum Beispiel die Impfstraßenbesetzung nicht möglich gewesen. Die MA 15 kritisierte er. Man habe dort trotz Personalaufstellung kein „ordentliches Management“ auf die Beine gestellt. Die Abteilung brauche immer mehr Geld und sei laut Gorlitzer ein „Fass ohne Boden“. Die Influenza- und RSV-Epidemie sorgt Gorlitzer momentan besonders, wie dieser meinte. Die Stadt sehe dabei „tatenlos“ zu. 62 Prozent der Ärzt*innen würden sich von der Stadt „im Stich gelassen“ fühlen. Viele Ausbildungsstellen seien nicht besetzt. Das Führungspersonal im Gesundheitsverbund sei nicht mitarbeiter*innenfreundlich. So würden Gesundheitsakten der Mitarbeiter*innen unerlaubt gelesen, meinte Gorlitzer. Die Moral der Spitalsmitarbeiter*innen müsse erhöht werden. Die Direktion und der Stadtrat müssen laut Gorlitzer Fehler eingestehen. Auch die Allgemeinmediziner*innen seien überlastet mit über 140 Patient*innen pro Tag. Gorlitzer kritisierte die Verschiebungen von OPs und meinte einen Fall zu kennen, wo eine OP mehrfach verschoben worden war. Er forderte eine Verbesserung der Arbeitssituation in den Wiener Spitälern und einen „intensiven Dialog“. Gorlitzer zitierte Albert Einstein. „Wenn ein Jahr erfolgreich sei, freue dich aufs Neue. Und war es schlecht, erst recht.“

GRin Aslihan Bozatemur (SPÖ) nahm zum COVID-Krisenmanagement Stellung. Die Situation sei schwer gewesen, der Bund „teilweise überfordert“. Strukturen und Entscheidungsstrukturen hätten gefehlt, darunter hätten Glaubwürdigkeit und Wirksamkeit gelitten. Länder wie Wien hätten laut Bozatemur den Erhalt des Systems gesichert. Eine laufende Überarbeitung des Landespandemieplans mit dem Bund sei vorgesehen. In Sachen Infektionszahlen war das Meldesystem des Bundes nicht belastbar. Die Stadt Wien habe eigene Datenbanken aufgebaut. Bozatemur zitierte den Rechnungsbericht, der den medizinischen Krisenstab der Stadt als effektiv lobte. Die gesundheitsbehördlichen Ressourcen wären laut Bozatemur während der Pandemie wesentlich ausgebaut worden. Täglich standen Daten zur Entscheidungsfindung zur Verfügung – dank effizientem Datenmanagement. In Zukunft sei ein besseres Zusammenspiel auf Bundes-, Landes- und Bezirksebene nötig. Der Bericht belege, dass der „Hilfeschrei“ der Länder an den Bund berechtigt gewesen ist. Bozatemur bedankte sich bei allen Mitarbeiter*innen des Wiener Gesundheits- und Pflegesystems. Zur Klinik Floridsdorf meinte sie: Beinahe alle der 18 Empfehlungen aus der Follow-up-Prüfung seien umgesetzt worden. Ein Beispiel ist die Weiterentwicklung des bestehenden Compliance-Systems. Durch ein standardisiertes Berichtswesen wird umfassend über die Entwicklungen informiert. So sei es möglich, der Umsetzung des Bauvorhabens zu folgen. Gäbe es Abweichungen, würde gewarnt werden und gegebenenfalls eine Prüfung angeordnet. Die Empfehlungen des Rechnungshofes trugen dazu bei, dass Einsparungen erzielt worden. Die Kliniken des Gesundheitsverbundes würden bis 2040 modernisiert. Das Gesamtvolumen betrüge rund 5,7 Milliarden Euro. So könne allen Wiener*innen Zugang zu Spitzenmedizin gewährleistet werden. Die Stadt Wien setze alles daran, die Empfehlungen des Rechnungshofes schnellstmöglich umzusetzen.

Rechnungshof-Präsidentin Dr.in Margit Kraker bedankte sich für die Einladung in den Gemeinderat. Der Österreichische Rechnungshof sei ein gesamtstaatliches Organ, das auch für den Landtag und den Wiener Gemeinderat arbeite. Kraker nannte die Pandemie und den Ukraine-Krieg als große Herausforderungen – ebenso wie den Klimawandel. Das enge das Budget für andere Reformvorhaben ein. Beim Finanzausgleich sei wichtig zu klären, welche Reformen zu setzen seien. 2026 würde Österreichs Schuldenstand mit 400 Milliarden einen absoluten Höchststand erreichen. Umso wichtiger sei die Arbeit des Rechnungshofes, der Ausgaben überprüft. Zweckmäßigkeit, Wirksamkeit und Treffsicherheit stünden immer im Mittelpunkt. Kraker forderte, dass das Verwaltungshandeln noch transparenter werden müsse. Compliance, Antikorruption und Good Governance seien besonders betroffen. Man würde in Zukunft stärker prüfen. Für eine wirksame Korruptionsbekämpfung brauche es mehr Transparenz, die Berichte leisten einen Beitrag dazu. Im nächsten Jahr erhalte man weitere Kompetenzen, unter anderem originäre Prüfrechte. Weiters könne der Nationalrat mehr Verlangensprüfungen an den Rechnungshof richten. Ziel sei es, alle Aufgaben objektiv, sachlich und verantwortungsbewusst zu lösen. Kraker ging auf die Follow-up-Prüfung zur Klinik Floridsdorf näher ein. Die Kosten liegen nun bei rund 1,263 Milliarden Euro – ein Viertel über Plan. Störungen beim Bauablauf wären einer der Gründe für die höheren Kosten. Der Rechnungshof empfahl, ausreichend internes Know-how in Bauvorhaben einzuführen. Das sei teilweise umgesetzt worden. Der WiGev wurde gegründet, es fehle aber noch Personal für künftige Bauaufgaben. Die Empfehlung, auf internes Know-how zu achten, erneuerte Kraker darum in diesem Rahmen. Da bis 2038 Projekte um rund 5,7 Milliarden Euro realisiert werden sollen, sei das umso wichtiger. Der Rechnungshof habe mit seinen Empfehlungen an den Gesundheitsverbund dazu beigetragen, dass dieser 8,4 Milliarden Euro an Einsparungen lukrieren konnte, unter anderem bei Bauzinsen. In Sachen Pandemiemanagement meinte Kraker, dass der nationale Pandemieplan nicht geeignet war sowie die entsprechenden Gesetze veraltet. Außerden gebe es Nachholbedarf in vielen strukturellen Bereichen. Das Krisenmanagement brauche einen rechtlichen Rahmen mit klaren Abläufen und Verantwortlichkeiten. Kraker unterstrich die Bedeutung von Amtsärzt*innen bei der Pandemiebewältigung. Wien hatte 2019 rund 25 Prozent weniger Amtsärzt*innen als vorgesehene Planstellen. Der Rechnungshof hatte eine Attraktivierung der Tätigkeit empfohlen. Die Stadt habe Maßnahmen gesetzt, unter anderem neue Lehrgänge. Wien habe seinen Pandemieplan an Standards der WHO angepasst, der Rechnungshof verlangte, dass das bundesweit weiter so sein müsse und lobte den Wiener Krisenstab.

Die Berichte des Rechnungshofes wurden einstimmig angenommen. Die Anträge der Opposition wurden abgelehnt. (Forts.) pos

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