Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.12.2022:
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32. Wiener Gemeinderat (6)

Förderung an den Verein Künstlergruppe Dynamo im Jahr 2023

GRin Mag.a Bernadette Arnoldner (ÖVP) begann mit einem Zitat: „Musik liegt in der Luft und in der Wiener Seele“, das von der Website des Wien Tourismus stamme. Das große kulturelle Erbe der Vergangenheit zu erhalten, sei die wichtigste Aufgabe der Politik, ebenso wie die Vermittlung der Kultur. Die Stadt habe im Bereich der Musikschulen „einiges verschlafen“. Der 200. Geburtstag im Jahr 2025 solle zum Strauß-Fest-Jahr werden, es stelle sich aber die Frage, wie es um das kulturelle Erbe und den Nachwuchs stehe. Da gebe es eine zentrale Aufgabe für die Politik, um Kindern und Jugendlichen Handlungsspielraum zu geben, damit Talente gefördert werden. Dazu bräuchte es aber Investitionen. Doch nur in 15 Bezirken gebe es Musikschulen, zusätzlich seien diese „chronisch unterfinanziert“. Heute würde weniger als ein Drittel der Interessierten einen Platz an einer Musikschule bekommen, während es vor wenigen Jahren noch 75 Prozent gewesen seien. Der Ausbau der Musikschulen sei auch eine Frage der sozialen Gerechtigkeit – jeder sollte die Chance haben, ein Instrument zu erlernen. Förderungen für private Einrichtungen würden fehlen. Für eine visionäre Musikstadt müsse noch viel investiert werden, damit auch in 200 Jahren noch Musikgenies gefeiert werden können. Arnoldner brachte den Antrag ein, öffentliche und private Musikschulen in Wien auszubauen und zu fördern.

GR Petr Baxant, BA (SPÖ) meinte, auch ihm sei es ein Anliegen, dass Kinder und Jugendliche so früh wie möglich gefördert werden. Baxant verwies auf das Projekt Elemu, bei dem in Volksschulen und Kindergärten Elementarmusik schon „sehr früh“ vermittelt werde und Kinder damit zur Musik gebracht würden. Die Kunstgruppe Dynamo im Fluc gehe in eine neue Phase, dank der Unterstützung der Kulturstadträtin habe sich dieser Ort am Praterstern „wesentlich“ verbessert.

Abstimmung: Das Poststück wurde mehrheitlich angenommen. Der Antrag der ÖVP zur Mehrförderung für Musikbegeisterte fand keine erforderliche Mehrheit.

Förderungen im Bereich Stadtteilkultur und Interkulturalität – Ankerzentren im Jahr 2023

GR Thomas Weber (NEOS) freute sich über das Thema Stadtteilkultur, Interkulturalität und Ankerzentren, die mit 920.000 Euro gefördert werden sollen. Ankerzentren würden interkulturell und niederschwellig arbeiten und damit im Idealfall „Lust“ an der kulturellen Partizipation im Grätzl wecken. Bei Ankerzentren würde auch die Vernetzung im Vordergrund stehen, um damit Teilhabe am Stadtleben zu sichern. Im vorliegenden Antrag gehe es etwa um ein Ankerzentrum in der ehemaligen Ankerbrotfabrik in Favoriten oder um einen kulturell genutzten Sportplatz in Floridsdorf oder SOHO in Ottakring, das wichtige Beiträge „für die kulturelle Nahversorgung“ leiste. Ganz wichtig sei es für Weber gewesen, die bei diesen und den drei weiteren Initiativen tätigen Menschen kennengelernt zu haben, was bei einer Ausschussreise geschehen sei.

Abstimmung: Die Förderungen wurden mehrheitlich angenommen, jene zum Red Carpet Award einstimmig.

Förderung an die Kultursommer Wien KS GmbH im Jahr 2023

GR Thomas Weber (NEOS) outete sich als „Fan des Kultursommers“, der ein fixer Bestandteil des kulturellen Lebens in Wien geworden sei und dessen Strahlkraft bis in den Norden Deutschlands nach Hamburg reichen würde, wo „das Wiener Erfolgsmodell“ übernommen worden sei. Und es sei ein Erfolgsmodell: 63.000 Menschen hatten die 700 künstlerischen Acts des Kultursommers besucht. Der Kultursommer biete nicht nur eine Bühne für die Kulturschaffenden, sondern auch ein vielfältiges Programm von Kabarett über Tanz bis hin zum Zirkus – „und ganz wichtig, nicht nur im Zentrum der Stadt“, so Weber. Eine Publikumsbefragung habe ergeben, dass 59 Prozent der Befragten neben dem Kultursommer keine andere kulturelle Aktivität besucht hätten. Das zeige die „Strahlkraft“ des Kultursommers, und er, Weber, freue sich auf die Ausgabe 2023, für die noch bis 27. Jänner Bewerbungen möglich sind.

GRin Mag.a Dr.in Ewa Samel (SPÖ) zeigte sich von der Bilanz des Kultursommers beeindruckt. Neue Bühnen wie zum Beispiel beim Wasserturm in Favoriten seien gut besucht worden. Eines der „obersten Prinzipien des Kultursommers“ sei es, mit einem vielfältigen Programm zu den Menschen in die Grätzl zu kommen. Die Vermittlungsfunktion und die Integration seien wichtige Funktionen des Kultursommers, vor allem dank des freien Eintritts in Zeiten von Preissteigerungen. Ein wertvoller Aspekt für viele Familien seien die konsumfreien Zonen gewesen. Vielen Newcomer hatten im Rahmen des Kultursommers ihren ersten öffentlichen Auftritt. Im Vorjahr seien rund 2.000 Bewerbungen eingegangen, für 2023 erwartet Samel mehr. Einreichungen dafür seien noch bis bis 27. Jänner möglich. „Mit dem Kultursommer wird Wien seinem Ruf als Kunst- und Kulturmetropole in all seinen Facetten gerecht“, bilanzierte Samel.

GRin Mag.a Ursula Berner, MA (GRÜNE) schrieb sich selbst die Rolle des „Bummerls“ in dieser Debatte zu. Das Konzept des Kultursommers sei ihrer Ansicht nach zu wenig „nachhaltig“. Nur einmalig die Kultursommer-Gage von 500 Euro zu bezahlen, würde den Künstler*innen nicht nachhaltig helfen. Dazu brauche es beispielsweise mehr Kooperation mit den Bühnen vor Ort. Außerdem solle eine Evaluierung des Kultursommers erfolgen – nicht nur bei den Zuschauer*innen, auch im Kreis der Künstler*innen. Für aufwändige Theaterproduktionen sei das Format der Bezahlung „unglücklich“, da so nur auf einem bestimmten Niveau Theater gespielt werden könne. Berner kritisierte ebenfalls die Auslagerung des Kultursommers in eine GmbH, da damit der Gemeinderat keine Berichte verlangen könne. Von den Gesamtkosten von 4 Mio. Euro würde „leider nur“ 1 Mio. Euro an die Künstler*innen gehen.

Abstimmung: Das Poststück wurde einstimmig angenommen.

Förderung an die Vereinigte Bühnen Wien GmbH im Jahr 2023

GRin Mag.a Ursula Berner, MA (GRÜNE) äußerte vier Kritikpunkte an der Förderung: Die Vereinigten Bühnen Wien (VBW) seien ein „Koloss, der nahezu ein Fünftel des gesamten Kulturbudgets verschlingt“. Es fehle an Transparenz, es gebe keine Daten zu Zuschauer*innenzahlen, zum Funktionieren des Ausweichquartiers des Theaters an der Wien im Museumsquartier oder zur Herkunft der Zuschauer*innen. Es brauche dazu zeitnahe Berichte, und nicht nur bei der Budgetbesprechung. Bei Anfragen würde meist darauf verwiesen, dass die Vereinigte Bühnen nicht dem Kontrollrecht des Gemeinderats unterliegen. „Damit entziehen sie sich der parlamentarischen Kontrolle, und das ist das Gegenteil von Transparenz“, sagte Berner. Ein weiterer Kritikpunkt würde sich nicht gegen das Genre Musical an sich wenden, sondern daran, dass man am Mainstream „nichts verdient, im Gegensatz etwa zu Hamburg“. Auch die behauptete Umweg-Rentabilität für Wien sei nicht durch Zahlen belegt, die letzten diesbezüglichen Zahlen lägen aus dem Jahr 2011 vor. Bei den Vereinigte Bühnen ortete Berner ein „strukturelles Problem“, das derzeit durch immer höhere Förderungen „gelöst“ werde. Hier müsse die zuständige Stadträtin gemeinsam mit der neuen VBW-Leitung tätig werden, um etwa Ziele zur Nachhaltigkeit zu definieren. In der Krise brauche es Unterstützung durch die öffentliche Hand, „aber warum geht diese Unterstützung nur in die ‚großen Tanker‘, während es für die freie Szene keine Anpassung geben wird“, fragte Berner. Berner brachte einen Antrag ein, der eine Erhöhung des Kulturbudgets um 30 Millionen Euro zur Abfederung der allgemeinen und der Energieteuerung im Besonderen verlangt.

GR Peter L. Eppinger (ÖVP) begann damit, dass er die Unterstützung der öffentlichen Hand für die Vereinigten Bühnen als notwendig bezeichnete, da die VBW einen wertvollen Beitrag für Wien leisten würden. Er vermisse aber eine kulturelle Gesamtstrategie in Wien, „die jetzt wieder auf 2030 verschoben worden ist“, sagte Eppinger. Die Kritik der Rathausparteien und des Stadtrechnungshofes an den Subventionen für die Vereinigten Bühnen sei mittlerweile bereits im „Teenager-Alter“ angekommen. Eppinger kritisierte den Mangel an Eigenproduktionen im neuen Spielplan der Vereinigten Bühnen, „da gerade im Musical-Bereich viele Tantiemen ins Ausland fließen“. Wer 50 Millionen Euro Förderung wie die Vereinigten Bühnen bekomme, stehe auch in der Verantwortung gegenüber den Künstler*innen, „die sich gerade nach der Decke strecken“, meinte Eppinger. An Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler richtete Eppinger die Frage, was die Stadt Wien dazu bringe, „einer einzigen Kultur-Institution 50 Millionen Euro zu überweisen?“ Wenn es um Tourismusförderung durch Musical-Aufführungen gehe, solle dieser Betrag „nicht aus dem sowieso knapp bemessenen Kulturbudget“ bezogen werden. „Frau Kulturstadträtin, sorgen Sie für mehr Transparenz und dafür, dass die Vereinigten Bühnen weiter relevant bleiben und 2023 das Falco-Musical ganz sicher zeigen werden“, verlangte Eppinger.

GR Jörg Neumayer, MA (SPÖ) stellte zu Beginn die Frage, ob sich das geplante Falco-Musical „nur die oberen Zehntausend leisten oder alle Wienerinnen und Wiener das Musical anschauen können.“ Dass Wien Kulturhauptstadt bleibe, liege an der Qualität der Aufführungen, der Vielfalt und der Leistbarkeit. Die Kulturstrategie 2030 würde dafür sorgen, dass kultureller Zugang für alle Menschen in Wien möglich sei. Zur Verantwortung der Stadt gehöre auch, dass die Vereinigten Bühnen mit 800 Angestellten zu den größten Arbeitgeber*innen der Stadt im Kulturbereich seien. Eine Reduktion der Förderung wäre nur „über das Personal möglich – aber nicht mit uns!“ Was die Wiener ÖVP nicht sehe: Der Bund habe in seinem Bereich teilweise noch „höhere Sprünge“ bei der Unterstützung im Kulturbereich geleistet. Erfreulich sei in seinen Augen, dass der Wechsel der VBW-Intendanz zu keiner Reduktion der Abo-Zahlen – wie oft üblich – geführt habe.

Abstimmung: Das Poststück wurde mehrheitlich angenommen. Der Antrag der Grünen, das allgemeine Kulturbudget zu erhöhen, sowie der gemeinsame Antrag mit der ÖVP, die Förderung anzupassen, fanden keine Mehrheiten. (Forts.) nic

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