Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.01.2023:
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18. Wiener Landtag (1)

Die 18. Sitzung des Wiener Landtages in der laufenden Wahlperiode begann um 9 Uhr im Sitzungssaal des Rathauses. Der Landtag kam auf Verlangen des Wiener Grünen-Klubs zum Thema „Es braucht Transparenz auf allen Ebenen der Wiener Landesverwaltung – Wo bleiben die dringend notwendigen Reformen auf Landesebene Wien?“ zur Debatte zusammen. Fragestunde, Aktuelle Stunde und Dringliche Initiativen entfielen.

LAbg. David Ellensohn (GRÜNE) begründete das Verlangen. Er bezeichnete Intransparenz, Freunderlwirtschaft und Korruption als „das Gift in der Demokratie“, das hunderte Millionen Euro an Steuergeld koste. Dagegen würden wechselseitige Kontrollen in der Politik helfen, sie seien eines der wesentlichen Instrumente der Demokratie. Ziel sei die Kontrolle und Transparenz in der Verwaltung. Ellensohn zog einen Vergleich zwischen Bundesregierung und Landesregierung: Auf Bundesebene gebe es „vollen Einblick in alle Kassen, Mandatskauf wird strafbar, alle Studien müssen veröffentlicht und freigegeben werden“. Im Gegensatz dazu gebe es in Wien nur die Möglichkeit, Hinweise an die Whistleblower-Plattform zu schicken, „was über andere Kanäle immer schon möglich gewesen ist“, meinte Ellensohn. Um die Regeln in Wien zu verbessern, werde seine Fraktion einige Anträge einbringen, kündigte Ellensohn an. Etwa zur Untersuchungskommission: Akten, die von der Kommission verlangt werden, könnten vom Magistrat weiterhin nicht geliefert werden, „man kann nur darum bitten“. Durch Weisungen des Bürgermeisters oder durch den zuständigen Stadtrat seien solche Lieferungen aber jederzeit möglich. Da dies nicht funktioniere, seien verbindliche Regeln nötig, „wünschen alleine hilft nichts“. Ellensohn kritisierte auch den Umstand, dass „unangenehme Studien in Schubladen verschwinden, nicht nur Opposition, auch Abgeordnete der Regierungsparten bekommen diese nicht zu sehen, meinte Ellensohn.

StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) der „dringliche“ Grund für die Beantragung der Sitzung des Landtags sei der „Stillstand“ in Sachen Transparenz. „Wien braucht in Sachen Transparenz einen Turbo und keine Bremse“, meinte Kraus. Auf Bundesebene sei in den letzten Monaten einiges erfolgreich umgesetzt worden: der Rechnungshof dürfe Einblick in alle Parteienkassen halten, das neue Korruptionsstrafrecht, der Schutz für Whistelblower, die verpflichtende Veröffentlichung von Studien, die Einsehbarkeit von Fördergeldern sowie klarere Regeln für die Inseratenvergabe. „In Wien hingegen hat sich in dieser Zeit nichts bewegt, kein Millimeter ist weitergegangen“, sagte Kraus. Es gehe bei Transparenz um Vertrauen in die Institutionen und um klarere Regeln für die Politik, etwa bei der Wahlkampfkostenrückerstattung. Aktuelles Beispiel für die „Blockadehaltung“ der Regierungsparteien sei die Causa Wien Energie. Der Untersuchungskommission müssten alle Informationen zur Verfügung gestellt werden, um diese Causa aufzuklären: „Wer hat wann wovon gewusst, aber der Kommission sind Grenzen gesetzt.“ Deshalb sei es wichtig, die Kontrollrechte auszuweiten, um das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik zu stärken. Eine Frage dränge sich für ihn, Kraus, auf: „Wo sind in dieser Sache eigentlich die NEOS? Ich orte hier einen Blackout der NEOS in Sachen Transparenz.“ Die Zustimmung der NEOS zur Verfügungsstellung der Gelder in Notkompetenz durch den Bürgermeister für die Wien Energie sei mit dem Versprechen verknüpft gewesen, das Interpellationsrecht im Stadtparlament auszuweiten. Kraus stellt die Frage, was getan werden könne, um der Untersuchungskommission die nötigen Informationen zu beschaffen. Ein erster Schritt wäre es, Aktenlieferungen per Weisungen an den Magistrat zu ermöglichen, meinte Kraus.

LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) bezeichnete es als „einigermaßen seltsam“, dass die grüne Fraktion eine Landtagsitzung einberuft, während der „oberste Planungssprecher aller Zeiten der Grünen“ angeklagt sei. Problematisch stufte Krauss ein, dass „Geld und Förderungen weiterhin mehr oder weniger freihändig“ von der Stadt vergeben würden. So würden Förderungsablehnungen und deren Begründungen nicht offengelegt, was keine echte Transparenz erlaube. Auch in der Untersuchungskommission habe sich wenig bis gar nichts verändert, die Reform sei immer noch „zahnlos“. Um „echte Transparenz“ durch die Kommission zu ermöglichen, werde seine Fraktion einige Anträge einbringen, kündigte Krauss an. Es fehle derzeit etwa die Aussagepflicht von Magistratsbediensteten, oder die Fragemöglichkeit zu ausgegliederten Unternehmen der Stadt Wien. Beim Thema der Offenlegung von Handy-Daten hatte der Vorsitz der Untersuchungskommission eine Entscheidung getroffen, „trotzdem sagt Bürgermeister Ludwig, er werde noch prüfen“. Krauss erschien es „unglaubwürdig, dass der Bürgermeister mit dem Aufsichtsratsvorsitzendem und dem Geschäftsführer der Wien Energie keinen Kontakt hatte“, bevor zweimal jeweils 700 Millionen Euro geflossen seien. „Ich fordere Sie nochmals auf, hier den Weg zur Aufklärung freizumachen“, sagte Krauss in Richtung Landesregierung. Seine Fraktion werde weiters einen Antrag zur Wahlkampfkostenobergrenze einbringen, „es liegt an den NEOS diese konkrete Maßnahme heute umzusetzen“, meinte Krauss.

LAbg. Mag.a Bettina Emmerling, MSc (NEOS) meinte, während der Regierungsbeteiligung der Wiener Grünen sei beim Thema Transparenz „nichts weitergegangen“. Auf Bundesebene fehle weiterhin ein Informationsfreiheitsgesetz, ÖVP-nahe Vereine würden „Milliarden kassieren, die undurchsichtig über die Cofag abgerechnet werden“. Alles was in den zehn Jahren der grünen Regierungsbeteiligung in der Stadt nicht passiert sei, sei jetzt ein Riesenskandal. „Das ist keine ernstzunehmende Auseinandersetzung mit dem Thema, das ist populistische Politik“. Viele Anträge, die die Grünen heute einbringen, stünden im Wiener Regierungsprogramm und würden in den nächsten Monaten umgesetzt. „Für Wien wichtig wäre ein Informationsfreiheitsgesetz. Dass seit vielen Monaten in diesem Bereich Funkstille herrscht ist nicht mehr hinnehmbar, kommen sie endlich in die Gänge“, appellierte Emmerling in Richtung ÖVP und Grüne.

LAbg. Mag.a Caroline Hungerländer (ÖVP) fand bemerkenswert, dass die NEOS, „die Transparenz zum Steckenpferd gemacht haben“, nur eine „magere“ Bilanz vorweisen können. Das Transparenz-, Bildungs- und Integrationsressort habe „derzeit keinen Lauf“. Hungerländer sah im Ressort von Stadtrat Wiederkehr  „Chaos, Not und Totalversagen“. So unterliege etwa die Interface Wien Gmbh, die die gesamten Integrationsmaßnahmen der Stadt durchführe, nicht dem Interpellationsrecht. Die Stadt weigere sich außerdem, Gutachten und Studien und Umfragen sowie deren vollständige Auflistung bis 2023 zu veröffentlichen, jetzt würde ein Bundesgesetz das fordern. „Ich bin schon gespannt, was ab jetzt veröffentlicht werden wird“. Auch Förderungsakte im Kulturausschuss seien „ohne Kostenaufstellungen mehr als dürftig“. Wie könne da Kontrolle funktionieren, fragte Hungerländer? Es habe sich gezeigt, dass Beschwerden bei der Magistratsabteilung 10 ignoriert und in einer Schublade verschwinden würden, was der aktuelle Fall der Missstände bei einem von der Stadt geförderten Kindergarten zeige. Die „Königin der Intransparenz“ sei aber die Untersuchungskommission. Kurios sei, dass die Frage ob der Kommission Akten zu liefern seien, vom Magistrat entschieden werde. „Das ist kafkaesk, das gehört nicht in ein Wiener Rathaus“, meinte Hungerländer. „Not und Chaos im Ressort von Stadtrat Wiederkehr ist die traurige Bilanz bis jetzt“, sagte Hungerländer.

LAbg. Jörg Neumayer, MA (SPÖ) begann mit der Feststellung, dass Wien zum dritten Mal in Serie von Transparency International zur transparentesten Gemeinde Österreichs gewählt worden sei – „und damit sind wir transparenter als alle von ÖVP, FPÖ oder Grün geführten Gemeinden“. Die gemeinsame Arbeit mit dem Koalitionspartner sei ein Garant dafür, „dass alle Wienerinnen und Wiener in dieser Stadt einfach den Durchblick haben“. Die Landtagssitzung heute gebe ihm die Möglichkeit, die Fortschritte im Wiener Regierungsmonitor sichtbar zu machen. Im Vorfeld der Reform der Untersuchungskommission hätten die beiden Regierungsparteien alle Parteien zu Gesprächen eingeladen, ÖVP und FPÖ hätten diese Gespräche aber verlassen – „was ist das für ein Verständnis von Minderheitenrecht?“, fragte Neumayer. Die Grünen würden die Landtagssitzung dazu nutzen, sich zu beweisen und ihre „wenig sichtbaren“ Erfolge auf Bundesebene zu präsentieren. Für künftige Verhandlungen zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes wünschte sich Neumayer, dass auch die Städte und der Städtebund intensiver eingebunden werden. Zum Bereich Kommunikation: Das Werbebudget werde für ein Jahr im Gemeinderat beschlossen, konkrete Schaltungen von Inseraten würden dann nach wirtschaftlichen Kriterien erfolgen. Da die Schaltungen dem Medientransparenzgesetz entsprechen müssten, seien sie auch gesetzeskonform. Die Antikorruptionsstelle, 2021 geschaffen, und das Whistleblower Gesetz seien weitere große Schritte, die der internen Revision als zusätzlicher Informationskanal für die Kontrolle und Aufdeckung etwaiger Schwachstellen dienten. (Forts.) nic

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