Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 23.02.2023:
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35. Wiener Gemeinderat (3)

Aktuelle Stunde

GR Anton Mahdalik (FPÖ) brachte zu Beginn seiner Rede seine Ablehnung des politischen Aktivismus zum Ausdruck. Die Vorstellung, es brauche nur ein Klimaschutzgesetz und alles werde gut, sei Unsinn. Auch die oft propagierten Tausenden Jobs im erneuerbaren Sektor stellte der Abgeordnete in Abrede. Bezugnehmend auf die Neugestaltung der Zweier-Line gelte sinngemäß das gleiche, sagte Mahdalik. Der motorisierte Individualverkehr werde sich nicht einfach auflösen, wie die Grünen denken würden. Mahdalik brachte außerdem – mit Verweis auf einen seiner Vorredner – zwei Beispiele vor, wo wertvolle Ackerbaufläche in der Berresgasse und der Hausfeldgasse durch Neubauten versiegelt werde. „Das ist kein Klimaschutz, sondern schändlich.“ Die Aktivisten der „Letzten Generation“ bezeichnet der Gemeinderat als „nicht die hellsten Kerzen auf der Torte“. Aktionen wie das Verschütten von Öl würden in seinen AUgen nicht unbedingt für Intelligenz sprechen. Mahdalik lobte die beiden Großbauprojekte Nordost-Umfahrung und Lobautunnel. Diese würden in Zukunft Hunderttausende Tonnen CO2 einsparen. Er forderte Ministerin Gewessler auf, die Blockadetaktik beim Lobautunnel zu beenden.

GRin Mag. Angelika Pipal-Leixner, MBA (NEOS) sah in der Neugestaltung der Zweierlinie großes Potential. Die Stadt werde diese Chance und diese Verpflichtung auch wahrnehmen, versicherte die Abgeordnete in Anspielung auf den von den Grünen gewählten Titel der 'Aktuellen Stunde'. Es gebe viele Möglichkeiten für mutige Lösungen, jedoch sprach sich Pipal-Leixner dafür aus, die Planungen nicht zu überstürzen. Man könne anhand von der jetzigen Baustelle und anderen mehrjährigen Baustellen viel lernen und daraus Ableitungen für die Zweierlinie treffen, führte sie aus. Künftig werde es viel mehr Platz für Menschen als für Autos geben, gab sie sich zuversichtlich: „Die Akzeptanz und Forderung nach Klimaschutzmassnahmen wird weiter zunehmen.“ Pipal-Leixner forderte ein Ende der „Vorherrschaft des KFZ“ und eine „faire Verteilung für Klimafreundlichkeit“.

StR Peter Kraus, BSc (GRÜNE) begrüßte die konstruktiven Vorschläge seiner Vorredner*innen. Eine „Jahrhundertchance“ wie die Zweierlinie böte zwei Möglichkeiten: Man könne einerseits „alles weiterlaufen lassen wie bisher“ oder mit mutigen Ansagen zeigen „wohin die Reise geht“. Die bisherigen 54% Fläche der Zweier-Linie für den Autoverkehr seien für Kraus zu viel. Mit großkronigen Bäumen, 8.000 Quadratmeter Grün und baulich getrennten Radwegen könne die Zweierlinie zukunftsfit gemacht werden. „Niemand wird Lärm, Stau, Abgase in Zukunft vermissen. Die Wienerinnen und Wiener werden glücklich sein“, prophezeite Kraus. In Hinblick auf aufgetauchte Pläne mit gleich vielen Fahrspuren wie vor der U-Bahn-Baustelle sprach der Abgeordnete von „altem Denken“. Die Stadtplanung sei anscheinend im „Betonzeitalter“ steckengeblieben. Dagegen gelte es, sich aufzubäumen, forderte der Gemeinderat. Kraus führte die Neugestaltung der Mariahilfer Straße ins Gedächtnis, die auch große Diskussionen ausgelöst hatte. Die MaHü habe gezeigt: „Was vorstellbar ist, ist auch herstellbar“, so Kraus. Auch die Bevölkerung müsse eingeladen werden, mitzumachen.

GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP) warnte die Grünen: Die „maximale Empörung“ sowie Angstmache in der Klimapolitik seien kein probates Mittel um in der Politik zu punkten. Juraczka stimmte zu, dass kurze Wege in der Stadt sinnvoll seien. Jedoch müssten die Herausforderungen der Zukunft nicht mit „Lösungen aus der Vergangenheit“ bewältigt werden, sagte er in Richtung der Grünen. Wenn man Hauptverkehrsadern verlangsame und sperre, würde sich Schleichwege durch dicht verbautes Wohngebiet entwickeln. Das würden die Menschen nicht wollen, so der Abgeordnete. Er sprach sich für mehr Wahlfreiheit aus. Beim Thema Klimaschutz brauche es niemanden, der mit Ängsten operiere, führte Juraczka fort. Vielmehr müssten Politik, Wissenschaft und Wirtschaft an einem Strang ziehen.

GR Dipl.-Ing. Omar Al-Rawi (SPÖ) versuchte das Verbindende bei den in der Debatte zur Zweier-Linie vorgetragenen Positionen zu suchen:  Die Grundsätze für die resiliente Stadt der Zukunft seien „mehr Grünraum, mehr entsiegelte Flächen sowie eine zeitgemäße Infrastruktur für den Radverkehr“. Al-Rawi sprach sich gegen „gegenseitiges Beflecken“ aus. Die Geschichte der Mariahilfer Straße zeige, wie eine Umgestaltung erfolgreich von Statten gehen könne. Bei der Seestadt in Aspern hingegen sei bei der ursprünglichen Planung nicht alles ideal gelaufen, jedoch wurden dort auch schon Anpassungen vorgenommen. Die Sorge, dass die Zweier-Line vergessen werde, teilte Al-Rawi nicht. Manchmal sei eine Planung mit Bedacht und ohne spätere Umplanungen besser, schloss der SPÖ-Gemeinderat.

Hauptdebatte: Mittel im Wege einer Nachdotation für den waff - Wiener ArbeitnehmerInnen-Förderungsfonds  

Maximilian Krauss (FPÖ) kündigte an, dass seine Fraktion dem Antrag zustimmen werde, da die vorgeschlagenen Maßnahmen notwendig seien. Generell müsse sich Arbeit und Leistung in Wien aber wieder lohnen, so Krauss. Er kritisierte die Stadtregierung: Sie „greife den Menschen“, die sich ohnedies immer weniger leisten könnten „noch tiefer in die Tasche“. So würden etwa Gebühren nicht gesenkt, sondern sogar erhöht, was zu hohen Mehrkosten bei den Menschen führen würde. Auch vor der Erhöhung der Mieten in Gemeindebauten werde nicht halt gemacht, empörte sich Krauss. Einerseits würde sich die SPÖ auf Bundesebene für eine Mietbremse einsetzen, doch im Wiener Gemeinderat verhalte sie sich beim Thema Mieten still. Krauss forderte die Stadtregierung auf, die Gebühren zu senken und die Mieten einzufrieren. Wenn Bürgermeister Ludwig die Wien Energie in Schutz nehme, während die Tarife sich „verdoppelt bis verdreifacht“ hätten, sei das „ein Skandal“, meinte der FPÖ-Gemeinderat.

GR Jörg Konrad (NEOS) rückte die Entwicklung am Wiener Arbeitsmarkt in den Mittelpunkt. Die Maßnahmen des waff würden lebenslanges Lernen fördern, sowie die beruflichen Chancen der Wiener erhöhen. Auch ausreichend Fachkräfte, die Arbeitsmarktintegration und Chancengerechtigkeit würden dadurch sichergestellt, so Konrad. Die Zahlen in Wien seien erfreulich: Mit 910.000 Beschäftigungsverhältnissen gab es im Herbst 2022 einen Rekord. Auch die Arbeitslosigkeit läge in Wien deutlich unter dem Vorkrisen-Niveau. Konrad: „Auf diesem Trend will man aufbauen“. So etwa sollen heuer 26.000 Teilnehmer*innen – davon 16.000 Frauen – gefördert werden. Konrad sieht dabei vor allem Schwerpunkte bei Fachkräften für Digitalisierung, Dekarbonisierung, aber auch Pflege, Gesundheit und Soziales. Der Gemeinderat bedankte sich auch bei den Mitarbeiter*innen des waff für die Arbeit und versprach noch mehr Kundenorientierung.

GR Pühringer (GRÜNE) bezeichnete die Förderung für den waff als wichtige Funktion am Arbeitsmarkt. Es werden „händeringend Menschen im Bereich Pflege gesucht“, jedoch würden viele offene Stellen oft einer großen Zahl an Erwerbslosen ohne die entsprechende Qualifikation gegenüber stehen, erklärte Pühringer. Für sei gelte es vor allem auch „Vermittlungshemmnisse wie das Alter“ abzuschaffen. Hinsichtlich des Fachkräftemangels sei für die Abgeordnete viel zu tun: „Wir brauchen Menschen bei der Mobilität, dem Umbau der Öffis oder der Umrüstung der Wohnungen“, sagte sie. Der waff leiste jedes Jahr einen wichtigen Beitrag für den Arbeitsmarkt in Wien. Zur aufgekommenen Dabatte über Teilzeitarbeit und reduzierte Sozialleistungen bei Teilzeit  merkte Pühringer an, dass diese „unsäglich sei“. Teilzeit würde oft Frauen betreffen. Die Politik müsse endlich begreifen, dass es „keine Erwerbsarbeit ohne Sorgearbeit“ gebe. Diese würde oft unbezahlt geleistet. Pühringer kritisierte, dass Teilzeitarbeit schlecht zu machen, der falsche Weg sei. „Die Vollzeitnorm ist nicht mehr zeitgerecht“. Die Gemeinderätin verwies auf eine Studie aus Großbritannien, wo 60 Unternehmen eine 32 Stunden Woche an vier Tagen eingeführt haben. Die Ergebnisse würden für sich sprechen, sagte Pühringer. Die Arbeitnehmer*innen seien zufriedener mit ihrer Arbeit und dem Leben, sowie motivierter und seltener im Krankenstand. Sie würde sich wünschen, so ein Projekt auch für Wien umzusetzen. „Das wäre eine mutige Zukunftsansage“, sagte Pühringer. (Forts.) kri

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