Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 26.04.2023:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

22. Wiener Landtag (3)

Aktuelle Stunde

LAbg. Dr. Peter Sittler (ÖVP) nannte die Wohnbeihilfe eine Beihilfe, die Menschen eine würdige Wohnraumversorgung gewährleiste, von der insbesondere einkommensschwache Personen und Familien profitierten. In den letzten Jahren sei die Wohnbeihilfe stark gesunken, so Sittler. Da die Einkommensgrenzen nicht an die Inflation angepasst worden seien, helfe die Beihilfe immer weniger Menschen. Anders verhalte es sich hierbei bei Betriebskosten und Gebühren, die weiterhin „ungeniert“ angepasst worden seien. Die Bundesregierung habe hingegen unter anderem die kalte Progression abgeschafft, wodurch sich Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen bis 2026 zu 26 Milliarden ersparen würden. Sittler stellte infrage, ob es für die Stadt Wien notwendig sei, die Wohnbeihilfe ganzseitig in Tageszeitungen zu inserieren. 25 Millionen Euro hätte dies laut Sittler die Stadt gekostet – das sei mehr als in allen anderen Bundesländern. Abschließend forderte er die Stadt auf, Beihilfen künftig sinnvoll einzusetzen.

LAbg. Georg Niedermühlbichler (SPÖ) entgegnete gegenüber Abg. Sittler, dass lediglich ein Drittel der Betriebskosten auf Gebühren wie Wasser entfielen. Er verwies auf das „kapitale Versagen“ der Bundesregierung bei der Einsetzung der Mietpreisbremse. Es sei den Mieterinnen und Mietern „die Karotte vor die Nase“ gestellt, indem unterschiedliche Ankündigungen zur Entlastung getätigt wurden, jedoch nie umgesetzt. Niedermühlbichler betonte die Wichtigkeit der Mietpreisbremse, auch um die Inflation zu bremsen. Nun müsse erneut Wien „geraderichten“, was die Bundesregierung „verbockt“ habe. Seit über 100 Jahren stehe Wien für leistbares Wohnen. Es habe nie Wohnbaumittel „verzockt“, so wie das andere Bundesländer getan haben sollen. Zurufe von außen würden hierbei nicht gebraucht, schloss Niedermühlbichler ab. 

LAbg. Maximilian Krauss, MA (FPÖ) verglich die Politik der SPÖ damit, dass man einem Nackten im Winter, dem die Grünen einen Handschuh geben, diesen Handschuh wieder wegnehmen würde. Er nannte es „schizophren“, dass die SPÖ im Bund fordere, das Wohnen billiger zu machen, während in Wien Mieten und Gebühren erhöht würden. Es sei „mehr als bezeichnend“, dass sich die SPÖ in Wien nicht an Personen wie LH Doskozil oder Bürgermeister Babler orientiere, die „halbwegs vernünftige Wohnpolitik“ machten. Auch die Politik des Bürgermeisters sehr „mehr als unglaubwürdig“, da dieser als Wohnbaustadtrat seine Versprechen nicht eingelöst habe. Der soziale Wohnbau sei „keine Errungenschaft“ mehr. Auch würden „vor allem Ausländer“ Platz in Gemeindebauten finden – bei Drittstaatsangehörigen seien das bereits 37%. Dies sei insgesamt „der falsche Weg“, befand Krauss. 

LAbg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) verwies auf Menschen, die zwar ein Auskommen finden wollten, jedoch nicht könnten – diese seien es, die Wohnbeihilfen benötigen. Sie sei eine „gute und treffsichere“ Maßnahme. Auch die Bemessungsgrundlagen im Bereich des Essensgeldes in Schulen werde es Anpassungen geben – dies habe Vizebürgermeister Wiederkehr bereits angekündigt. „Menschen sollen nicht aus ihren Ansprüchen hinausinflationiert werden“, so Konrad. Er erläuterte die Neuerungen in den Bereichen Essen in Kindergärten, Schulen und Horten, Schulreisen, Schulmaterialien. Damit löse die Stadtregierung ihr Versprechen ein, kein Kind zurückzulassen. Auch eine Erweiterung der Wohnbeihilfe sei zu begrüßen, so Konrad. Er sei zuversichtlich, dass es hierzu zeitnah Vorschläge geben würde. 

StRin Mag. Judith Pühringer (GRÜNE) zitierte zu Beginn die offizielle Armutsstatistik, wonach jede*r fünfte Wiener*in von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen sei. Insbesondere die Mietpreise gingen „durch die Decke“ und Bürgermeister Ludwig habe diesen Anstieg nicht verhindert. Die Wohnbeihilfe, die Menschen helfen solle, „greift nicht mehr“, denn man habe seit 23 Jahren die Bemessungsgrundlagen nicht angepasst. Die Stadt „vergisst hier schlicht auf zehntausende Menschen“. Sie zitierte zwei Personen, die aufgrund zu geringer Verdienste nicht von der Wohnbeihilfe profitieren könnten und von der Stadt Wien „im Stich gelassen“ würden. Sie appellierte, sich nicht „auf Lorbeeren der Sozialpolitik“ auszuruhen.  Die Grünen hätten mehrere Vorschläge zur Verbesserung der Situation: Wohn- und Mietbeihilfe zusammenfassen („Grünes Wohngeld“), Einkommensstufen an das heutige Preisniveau anpassen, jährliche Evaluierung der Einkommensgrenzen und Unterstützung von Menschen unter 26, insbesondere Lehrlinge und Studierende. Die Stadtregierung solle sich „einen Ruck“ geben und die Menschen beim „Grundbedürfnis Wohnen“ unterstützen.

StRin Mag. Isabelle Jungnickel (ÖVP) erinnerte daran, dass im Bereich des Wohnens eine „alte Stadt wie Wien“ sich auch auf die Erhaltung von Bausubstanz konzentrieren müsse. Sie beklagte „klassenkämpferische Töne“ seitens der SPÖ, obwohl Wien bei den Mietkosten „im europäischen Mittelfeld“ zu finden sei. Wien habe als größter Wohnungseigentümer Europas eine besondere Verantwortung, der es nicht nachkomme. Gerade in Krisenzeiten würden „lange mitgetragene Probleme“ in den Bereichen Wohnen, Bildung, Gesundheit akut, so Jungnickel. Menschen, die mit hohem Einkommen im Gemeindebau wohnten, könnten auch mehr dafür zahlen. Viele Menschen aus prekären Verhältnissen müssten sich genau überlegen, wie sie die anstehenden Mieterhöhungen bezahlen könnten. Es könne grundsätzlich ein Altbau nicht zu den gleichen Kosten erhalten werden wie dies beim Gemeindebau der Fall sei. Es sei nicht nachzuvollziehen, dass Beihilfen seit 20 Jahren nicht angepasst worden seien. Die Liste der Versäumnisse der Stadt sei „nicht endenwollend“, so Jungnickel abschließend.

LAbg. Waltraud Karner-Kremser, MAS (SPÖ) verwies auf die Verantwortung der Bundesregierung, die Mieten für alle Mieter*innen zu bremsen. Indes hätten sich die Anfragen der Mieterhilfe hätten sich im privaten Bereich vervierfacht. Die Bundesregierung habe gezeigt „wie es nicht geht“, so Karner-Kremser. Eine Mietpreisbremse hätte die Inflation gebremst, jedoch wurde diese „Vorleistung“ nicht erbracht, wandte sie sich abschließend an die Abgeordneten der Grünen und der ÖVP.

Hauptdebatte: Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Wiener Buschenschankgesetz geändert wird.

LAbg. Johann Arsenovic (GRÜNE) freute sich „besonders als Stammersdorfer“, dass es eine Änderung des Buschenschankgesetzes geben werde, von der die Winzerinnen und Winzer profitieren würden.

LAbg. Dipl.-Ing. Elisabeth Olischar, BSc (ÖVP) zeigte sich trotz Zustimmung über alle Parteien „etwas verärgert“ darüber, dass in den Sozialen Medien das neue Buschenschankgesetz als beschlossen kommuniziert worden sei, obwohl erst zwei Wochen später die Nachricht über einen „gemeinsamen Initiativantrag“ in den Fraktionen angekommen sei. Sie zeigte sich allerdings erfreut darüber, dass es dazu eine Klärung seitens des zuständigen Stadtrats Czernohorszky gegeben habe.

LAbg. Mag. Nina Abrahamczik (SPÖ) stimmte ihrer Vorrednerin grundsätzlich zu, berichtigte jedoch, dass nicht kommuniziert worden sei, das Gesetz sei bereits beschlossen. Den Mehrheitsfraktionen sei wichtig gewesen, das Thema „gemeinsam“ zu behandeln. Dies zeige die „gute Zusammenarbeit“, die im Landtag bestehe.

Die Änderung des Wiener Buschenschankgesetzes wurde in erster und zweiter Lesung einstimmig beschlossen.

Dringlicher Antrag (ÖVP) an den Herrn amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe für Klima, Umwelt, Demokratie und Personal betreffend "Novellierung der Verfassung der Bundeshauptstadt Wien (Wiener Stadtverfassung - WStV) - Reform der Bestimmungen über die Notkompetenzrechte des Bürgermeisters und des Stadtsenates"

Im Anschluss an die Tagesordnung wurde der Dringliche Antrag der ÖVP debattiert. 

LAbg. Dr. Markus Wölbitsch-Milan, MIM (ÖVP) bekannte sich im Namen seiner Fraktion grundsätzlich zum Instrument der Notkompetenz. So habe es etwa in der Corona-Pandemie Situationen gegeben, wo diese durchaus sinnvoll gewesen sei. Im letzten August habe man jedoch Vorfälle bei Wien Energie und Stadtwerken „erleben müssen“, die auch zu einer Untersuchungskommission „über den SPÖ-Finanzskandal“ geführt hätten. Daraus ergaben sich laut ÖVP wesentliche Erkenntnisse: So hätten SPÖ und NEOS versucht, die Kommission „zur Farce verkommen“ zu lassen. 87 Dokumente hätte die Opposition beantragt, lediglich 19 habe sie erhalten. Selbst der unabhängige Vorsitzende sei „verzweifelt“, so Wölbitsch-Milan. Dokumente seien „plump“ als „nicht relevant“ für die Untersuchungskommission erklärt worden. Selbst die NEOS hätten vereinzelt ihren Unmut darüber gezeigt. Zusätzlich kritisierte er, dass Handy- und Kalenderdaten nicht bereitgestellt worden seien. Aussagen des Bürgermeisters, wonach bei der Untersuchungskommission „wenig Substanz“ zu sehen gewesen sei, nannte er „zynisch“ und „eine Verhöhnung“. Der Bürgermeister sei „natürlich“ von Liquiditätsproblemen informiert gewesen. Bei der Untersuchungskommission habe er es nicht geschafft, diverse Widersprüche aufzuklären. Auch die NEOS hätten ihre Rolle als „Hüter der Transparenz“ nicht wahrgenommen. Vizebürgermeister Wiederkehr habe sich über den gesamten Juli und August „nicht für notwendig befunden“, sich darüber zu informieren, wieso ein Unternehmen der Stadt 700 Millionen Euro brauche. Auch im Aufsichtsrat hätte es „veritable Interessenskonflikte“ gegeben – Mitarbeiter der Stadt Wien könnten nicht ein Unternehmen der Stadt Wien kontrollieren, so Wölbitsch-Milan. Er hielt „der SPÖ zugute“, dass sie nach Untersuchungskommissionen „doch immer wieder“ Reformen einleiten würde, auch wenn diese so täte als hätte dies nichts mit den Untersuchungen zu tun. Zum Thema Notkompetenz stellte Wölbitsch-Milan klar, dass diese „Aushebelung der Demokratie“ gut zu argumentieren sei. Dies sei nur bei „größter Dringlichkeit“ gegeben. Weiter seien die Gremien „unverzüglich“ davon zu informieren gewesen – dies sei nicht passiert. Das Argument, es sei nicht möglich gewesen, einen Ausschuss einzuberufen, ließ er nicht gelten. Zusammenfassend warf der Abgeordnete der SPÖ vor, sich die Stadtverfassung „hinzubiegen, wie sie sie braucht“. Die ÖVP fordere eine umfassende Erklärung Dringlichkeit im Notkompetenzen-Akt seitens des Bürgermeisters, eine ausführliche Begründung zur Nichteinberufung des Stadtsenats und die Möglichkeit des Umlaufbeschlusses, sowie eine „umgehende Informationspflicht“ des Bürgermeisters gegenüber allen Entscheidungsebenen. Zusammenfassend gehe es im diskutierten Gesetzesvorschlag darum, dass ein Bürgermeister künftig nicht „im Geheimen“ 700 Millionen Euro vergeben könne. (Forts.) jaz

Rückfragehinweis für Medien

  • PID-Rathauskorrespondenz
    Stadt Wien Presse- und Informationsdienst, Diensthabende*r Redakteur*in
    Service für Journalist*innen, Stadtredaktion
    01 4000-81081
    dr@ma53.wien.gv.at
    presse.wien.gv.at