Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 29.11.2023:
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46. Wiener Gemeinderat (3)

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) dankte zu Beginn allen im Gesundheitswesen Beschäftigten für ihr Engagement und ihre Arbeit. Es gebe im Gesundheitsbereich große Baustellen und Probleme, daher sei es wichtig, sich genau anzusehen, wo die Knackpunkte seien. Sie legte den Fokus ihrer Rede auf die Frauengesundheit. Gerade im Bereich der niedergelassenen Ärzt*innen gebe es ein „Versagen“ bei der Besetzung von Stellen. Verantwortlich sei hierbei vor allen Dingen der Bund, der notwendige Reformen vernachlässigt habe. Denn die Ärzt*innen gebe es, bloß nicht an den Kassenstellen. Der Beruf als Kassenärtz*in hätte rechtzeitig auf ein zeitgemäßes Niveau gehoben werden müssen. Menschen würden ihre Sozialversicherungsbeiträge zahlen und dennoch keine Termine bei Kassenärzten bekommen, so Bakos. Sie verstehe den Ärger darüber. 30 Jahre habe es gedauert, bis die Anpassung der Vergütung der ärztlichen Leistungen beim Eltern-Kind-Pass geschafft worden sei. Wenn bei „solchen Kleinigkeiten“ so viel Zeit vergehen müsse, dann dürfe man sich über Probleme in anderen Bereichen nicht wundern. Als Positivbeispiel in Wien nannte Bakos etwa das Frauengesundheitszentrum in Favoriten. Dorthin könnten sich Frauen wenden, wenn sie Hilfe dabei bräuchten, Befunde und Therapieanweisungen besser zu verstehen und nachzuvollziehen. Der Reumannplatz wurde als Standort dafür bewusst ausgewählt, um Frauen zu erreichen, die sonst „wenig Zugang zu Gesundheitsinformation“ hätten. Die Stadt spreche in verschiedenen Kampagnen auch gezielt „Tabuthemen“ an, wie etwa den frühen Schwangerschaftsverlust oder Endometriose. All dies sei ein langfristiger Beitrag zur Entlastung im Gesundheitssystem, insbesondere im Bereich der Frauengesundheit.

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) sprach beim Gesundheitssystem von einem „riesigen Themenfeld“, bei dem man in Wien jene Bereiche ansprechen müsse, in denen die Stadt eine Verantwortung trage. Eine Zahl gebe es, die beachtenswert sei: 29.000 Beschäftigte habe es im Jahr 2004 im Gesundheitsbereich in Wien gegeben. Seither sei Wien um ein Viertel gewachsen und das Ausmaß der Arbeit enorm gestiegen, die Zahl der Beschäftigten sei jedoch weitgehend gleichgeblieben. Man dürfe sich über die gestiegene Arbeitsbelastung also nicht wundern und wenn man nicht aufpasse, werde es bald im Bereich der Reinigungskräfte das nächste Problem geben. Bei allen Reformen dürfe man daher auch diese Reinigungskräfte nicht vergessen, so Margulies. Es müsse darauf geachtet werden, die Belastung für alle Angestellten zu reduzieren, auch um Fehler zu vermeiden. Wo Wien Verantwortung trage, müsse es auch für Verbesserungen sorgen. Es sei vermessen, zu glauben, dass durch eine Gesundheitsreform das Gesundheitswesen günstiger werde. Die notwendigen Reformen müssten auch ausreichend finanziert werden, damit die solidarische Gesundheitsversorgung mittel- und langfristig erhalten bleibe. Es brauche laut Margulies ein „angemessenes Wachstum“ auch beim Personal in den Spitälern, das vergleichbar mit dem Bevölkerungsanstieg sei und eine adäquate Ausstattung von Spitälern. Es müssten „jetzt und sofort“ Vorkehrungen getroffen werden und er hoffe, dass die Stadt Wien das auch mache, so Margulies abschließend.

GR Dr. Michael Gorlitzer, MBA (ÖVP) bezeichnete den Kollektivvertragsabschluss im WIGEV zwar als erfreulich, jedoch handle es sich dabei bloß um einen Inflationsausgleich. Bereits im letzten Jahr hätte nur die Berufsgruppe der Politiker*innen einen schlechteren Abschluss gehabt. Dass bei ausgehandelten Verbesserungen Ärzt*innen ausgenommen seien, sei eine „Blamage“, so Gorlitzer. Auch höhere Einstiegsgehälter würden davon konterkariert, dass auswärtige Kolleg*innen höhere Stundensätze erhielten. Es brauche Angestellte, die für die Menschen und das Gesundheitssystem „anpacken“ würden. Zudem sei mehr Autonomie für die einzelnen Häuser unablässig, um sich besser auf die jeweiligen Bedürfnisse anzupassen. Auch die Konkurrenz schlafe nicht, so Gorlitzer. Das Burgenland hätte etwa die Gehälter um ganze 20 Prozent angehoben. Die ausgehandelte „Phase 1“ im WIGEV sei eine „kleine Welle“. Was Wien brauche, sei ein „Tsunami“. Die strukturellen Probleme in der Gesundheitsversorgung seien bekannt, parallel dazu würden „international bekannte Abteilungen“ zerschlagen. Dies führe zu einem massiven Anstieg an OP-Verschiebungen und auch einem Mangel an Röntgen- oder Ultraschallterminen. 915 Betten seien im WIGEV aktuell gesperrt und es fehlten 182 Pflegekräfte, zitierte Gorlitzer heutige Medienberichte. Er wünsche sich eine „ernsthafte Auseinandersetzung“ mit den Problemen, so Gorlitzer. Allerdings verweise der Stadtrat Hacker stets auf „alle anderen“, die schuld seien. Hacker solle einmal unangekündigt in eine der Anstalten fahren und sich selbst ein Bild davon machen, was „wirklich los ist“.

GR Christian Deutsch (SPÖ) nannte den Vorwurf des „Totalversagens“ im Titel der heutigen Gemeinderat-Sitzung eine „Panikmache“. Es gebe eine Fülle von Herausforderungen und er wolle auch nichts kleinreden, so Deutsch. „Panikmache und Verunsicherung der Bevölkerung“ würden jedoch nicht helfen. Die Stadtregierung arbeite hart daran, diese Herausforderungen zu bewältigen. Aufgabe der Politik sei, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu gehöre etwa ein ausreichendes Budget. Es sei nicht Aufgabe der Politik, in jede „kleinste Abteilung“ hineinzuregieren. Er dankte den „zehntausenden ehrenamtlichen Mitarbeiter*innen“, die tagtäglich dafür sorgen würden, dass die Gesundheitsversorgung in Wien gewährleistet sei. Es solle nicht so getan werden, als sei in der Vergangenheit nichts getan worden, um Berufe wie Pflege zu attraktivieren. Die Stadt Wien werde 150 Millionen Euro im Jahr mehr dafür in die Hand nehmen. Damit bekenne sich Wien zu einer starken öffentlichen Gesundheitsversorgung und anerkenne die Leistungen der Angestellten. Es werde viel in Spitäler investiert, aber auch in die Ausbildung neuer Fachkräfte. Jährlich würden in Wien 1.250 Ärzte, 100 Lehrlinge und 4.000 Absolventinnen von Fort- und Weiterbildungsangeboten ausgebildet. Durch das „größte und umfassendste“ Sanierungsprogramm in der Geschichte des WIGEV, werde man zudem die besten Rahmenbedingungen für die Beschäftigten schaffen. Als weitere Verbesserung nannte Deutsch die Abschaffung des Vetorechts der Ärztekammer, das in der Vergangenheit wichtige Projekte verhindert habe. Die rund 30.000 Menschen, die sich mit vollem Engagement für ihre Patient*innen einsetzen würden, seien diejenigen, die die Gesundheit der Wiener*innen garantieren. Abschließend rief Deutsch dazu auf, gemeinsam die besten Lösungen für die Herausforderungen von Gegenwart und Zukunft zu entwickeln.

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) forderte, alle Probleme „klar und deutlich“ zu benennen. Der Titel der Gemeinderatssitzung sei keine „populistische Verunsicherung“, sondern es brenne im Gesundheitswesen. Arbeitsbedingungen in Wiener Spitälern würden es Angestellten immer schwieriger machen, ihrer Arbeit nachzugehen. Hohe Belastung, viele Überstunden, geringe Bezahlung führten zu Burnout und vielen Ausfällen. 12.178 Menschen seien in der Pflege tätig. 43 Prozent aller Angestellten der Stadt seien in der Gesundheit beschäftigt. Für diese müsse eine Situation hergestellt werden, in der der Respekt auf allen Ebenen erkennbar sei. Dazu gehöre es auch, Kritik ernst zu nehmen. Die „polternde Art des Gesundheitsstadtrats“ sei nicht dazu geeignet, das Vertrauen der Beschäftigten wiederherzustellen. Vielmehr handle es sich um eine „Vertreibungsaktion“. Es müsse darauf geachtet werden, eine „normale Kommunikationsbasis“ gegenüber allen Partner*innen im System zu erhalten. Die Beschäftigten müssten darauf vertrauen können, dass ihre Arbeitsbedingungen verbessert würden. Dafür brauche es jedoch Maßnahmen seitens der Politik. „Mehr Freizeit, faire Bezahlung, verlässliche Dienstpläne, Anrechnungen von Ausbildungen, Dienstwohnungen für Arbeitnehmer*innen aus den Bundesländern, Recht auf regelmäßige Supervision, Aufstockung des Personals sowie ausreichende Kinderbetreuung“, fasste Prack seine Forderungen zusammen. Er sei dem Gesundheitsminister dankbar, dass dieser eine Gesundheitsreform durchgebracht habe, mit der einige Verbesserungen für die Angestellten durchgesetzt würden. Nun seien alle Parteien dazu aufgerufen, diese Reform „durchzubringen“. (Forts.) jaz

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