Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 20.12.2023:
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48. Wiener Gemeinderat (2)

GR David Ellensohn (GRÜNE) bemerkte, dass der Bericht zu den Bestandsverträgen der Stadt Wien medial für einigen Wirbel gesorgt habe. Korruption sei „Gift für die Demokratie“. 1984 habe die SPÖ im 10. Bezirk einen Mietvertrag zu einem sehr niedrigen Zins abgeschlossen. Der Stadtrechnungshof habe 1994 die Empfehlung ausgesprochen, diesen Zins um 650 Prozent zu erhöhen, was die SPÖ ignoriert habe. Seither sei nichts geschehen. Die drei im Gemeindebau gemieteten Lokale der Grünen seien im Laufe der Jahre laufend valorisiert und der Mietzins angepasst worden. Das sei bei Lokalen der SPÖ nicht geschehen. Darauf angesprochen, würde die SPÖ die ausgesetzten Zinsanpassungen mit durch Wasserschäden verlorengegangene Dokumente rechtfertigen. Man müsse die Mietverträge „sauber und neu“ aufsetzen. Der Skandal rund um die Kleingärten oder der Grundstücksdeal mit den Wiener Linien würde erklären, warum viele Menschen ihr Vertrauen in die Politik verlieren würden.

GR Dr. Peter Sittler (ÖVP) sagte, laut dem Artikel im Magazin Profil würden einige „illegale Parteispenden im Raum stehen“. Der Bericht des Rechnungshofes führe aber neben den vielen von der SPÖ im Gemeindebau gemieteten Lokalen auch von der FPÖ gemietete Lokale an. Bei Letzteren vermisse Sittler die Transparenz. Er warf der FPÖ vor, von der SPÖ Transparenz zu fordern, zu der die FPÖ selber nicht gewillt sei. Dennoch seien auch die Vorwürfe an die SPÖ allem Anschein nach gerechtfertigt. Es liege nun an der SPÖ, alle Daten auf den Tisch zu legen und für Transparenz zu sorgen. Es sei nicht nachvollziehbar, dass die SPÖ intern nicht in der Lage sei, die korrekten Quadratmeterangaben zu den gemieteten Flächen zu kennen. Die SPÖ sei „intransparent“ und verweigere die Herausgabe von Daten. Man müsse sich an die Empfehlungen des Rechnungshofes halten. Hier seien auch die NEOS gefordert, Transparenz bei ihrem Koalitionspartner einzufordern.

GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ) erklärte, dass laut Stadtrechnungshof 14 Lokale nicht valorisiert worden seien. Bei der näheren Untersuchung habe sich herausgestellt, dass andere Preisanpassungen stattgefunden hätten. Alle restlichen Verträge wurden mittlerweile bereits regulär valorisiert. Es sei mitunter um sehr alte Mietverträge gegangen. Nach dem Zweiten Weltkrieg habe die SPÖ versucht, die Infrastruktur wiederherzustellen. In der damaligen Situation habe es teilweise noch gar keine Mietverträge gegeben. Das dürfe man nicht mit der heutigen Situation vergleichen. Es gebe unterschiedliche Miethöhen, die je nach unterschiedlichen Faktoren festgelegt seien. Daran sei nichts Ungewöhnliches. Man habe sich die Situation angeschaut und außerdem im Laufe der Zeit auch schon einige Lokale wieder zurückgegeben. Die von GR David Ellensohn (GRÜNE) erwähnten Wasserschäden würden an Verschwörungstheorien erinnern. Alles sei nachvollziehbar, sowohl die Höhe des jeweiligen Mietzinses wie auch die geleisteten Zahlungen. 

GR Wolfgang Kieslich (Klubungebundener Mandatar) meinte, er könne nicht nachvollziehen, dass bei durch Wasserschäden beeinträchtigten Verträgen ja auch noch eine Zweitausführung vorhanden sein müsse. Die Leidtragenden für die Verfehlungen seien Mieterinnen und Mieter von Wiener Wohnen. Kieslich zitierte Fälle aus zwei Gemeindebauten in Simmering. So seien etwa Menschen – darunter auch eine 80-Jährige – von der Baupolizei aufgefordert worden, ihre Wohnung innerhalb von zwei Stunden zu verlassen. Nach einer Sockelsanierung sei es in den betroffenen Wohnungen vermehrt zu Schimmelbildung gekommen. Beschwerden habe Wiener Wohnen ignoriert, bis es zu einer Noträumung von 28 Wohnungen innerhalb von zwei Stunden gekommen sei. Die Versorgung mit Notquartieren habe nicht funktioniert. Auch an einem anderen Standort würden die Mieterinnen und Mieter von Wiener Wohnen unter mangelhafter Bausubstanz mit Wasserflecken, Schimmel und bröckelnder Fassade leiden. Beschwerden würden ignoriert und es geschehe „zu wenig“. Das werfe kein gutes Licht auf Wiener Wohnen und die politischen Verantwortlichen. Wien sei vor vielen Jahrzehnten ein internationales Vorbild für sozialen Wohnbau gewesen, heute leider nicht mehr, so Kieslich abschließend.

GR Georg Prack, BA (GRÜNE) kritisierte eingangs den Umgang mit Schaukästen, die laut SPÖ nur in Verbindung mit Lokalmieten vorgesehen seien. Dabei seien einige Schaukästen „abhanden“ gekommen. Ein großer Teil der Schaukästen stünde in keinem Zusammenhang mit gemieteten Lokalen. Das sei eine Form von illegaler Parteispende in der Höhe von mehreren hunderttausend Euro jährlich. Die SPÖ solle diese unfairen Praktiken abstellen. Prack wies abschließend auf einen eingebrachten Antrag hin, wonach Wiener Wohnen an Vertragspartner*innen herantreten solle, um eine Kopie vom Mietvertrag zu erhalten, wenn eine Mietvertragsausfertigung bei Wiener Wohnen verloren gegangen ist.

GRin Waltraud Karner-Kremser, MAS (SPÖ) sagte, die Zahl der Schaukästen sei reduziert worden. Die bestehenden Schaukästen würden für alle gleich verrechnet werden, unabhängig von der Parteizugehörigkeit. Dabei sei anzumerken, dass der konkrete Werbewert einzelner Schaukästen schwer zu ermitteln sei. Die betroffenen Lokale seien mittlerweile alle valorisiert worden, alle anderen seien über andere Reglements angepasst worden, es habe demnach „überall eine Valorisierung stattgefunden“.

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) meinte, der SPÖ würde jedes Gefühl für „Problembewusstsein fehlen.“ Wenn die SPÖ viele öffentlichen Flächen von der Stadt Wien günstiger mieten könne als andere Parteien, sei das ein Missstand, den es zu beseitigen gelte. Margulies forderte, dass alle Parteien offenlegen sollen, welche Flächen sie zu welchem Preis von der Stadt mieten würden. Die SPÖ sei offenbar der Ansicht, ihr würden niedrigere Mieten zustehen als anderen Parteien oder Mieter*innen. Dazu kämen die zahlreichen Inserate in der Zeitung „Unsere Brigittenau“, die aussehe wie eine Parteizeitung, aber laut SPÖ keine sei.

Abstimmungen: Die eingebrachten Anträge fanden nicht die notwendige Mehrheit.

Die 48. Sitzung des Wiener Gemeinderates endete um 13.14 Uhr.

Service

In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) wei

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