Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 21.02.2024:
Bitte beachten Sie, dass die Inhalte (Termine, Kontaktmöglichkeiten,...) möglicherweise nicht mehr aktuell sind.

30. Wiener Landtag (3)

Aktuelle Stunde

LAbg. Dr. Peter Sittler (ÖVP) fragte zu Beginn, wo denn dieser von der SPÖ erwähnte Leuchtturm genau strahlen würde? Seiner Ansicht nach nicht in der Bildungspolitik, denn die dritte Generation von Zugewanderten würde „mitunter immer noch nicht Deutsch können“, was zu weiteren Problemen im Bildungswesen führe. Den Gemeindebau als „grünes Wohnzimmer der Stadt“ zu benennen, halte er für übertrieben. Im Gemeindebau gebe es seiner Ansicht nach immer mehr soziale Probleme. Die Einkommensgrenze für eine Gemeindebauwohnung betrage derzeit für eine Person 4.114,29 Euro netto. „Ist das sozial? Ich glaube das nicht“, sagte Sittler: „Denn brauchen jene Menschen, die so viel Geld verdienen, wirklich eine Gemeindebauwohnung.“ Wer Gemeindewohnungen bekomme, sei seiner Ansicht nach klar, „die Funktionärinnen und Funktionäre der SPÖ und deren Bekannte“, vermutete Sittler. Zudem gebe es einen massiven Rückstand bei den Sanierungen im Gemeindebau. Eines sei für ihn – Sittler – klar, die Stadt ruhe sich auf dem sozialen Wohnbau aus, aber es brauche auch in Zukunft soziale Wohnungen von der Stadt. Von den 5.500 versprochenen Wohnungen seien weniger als 1.000 gebaut worden.

LAbg. Mag. Stefanie Vasold (SPÖ) warf ihren Blick auf Inklusion und Barrierefreiheit in der Stadt – „da ist Wien in vielen Bereichen wirklich ein Leuchtturm“. Die gemeinderätliche Kommission für Inklusion und Barrierefreiheit habe in der Vorwoche Wien Work besucht – „das ist nur ein Beispiel für Inklusion am Arbeitsmarkt“. Das Budget des Fonds Soziales Wien habe 2022 mehr als 360 Millionen Euro betragen, was den hohen Stellenwert Inklusion und Barrierefreiheit in der Stadt zeige. Trotz aller Erfolge gebe es immer noch große Herausforderungen. Etwa bei den baulichen Umsetzungen der Barrierefreiheit, „in einer historischen Stadt mit großem Altbestand keine einfache Sache“. Seit 1988 werde an der Senkung von Gehsteigkanten gearbeitet, derzeit werde an der Barrierefreiheit in Amtsgebäuden gearbeitet und in Neubauten würden die Barrierefreiheit-Maßnahmen umgesetzt werden. Auch im Kulturprogramm oder in der Jugendarbeit würden Maßnahmen für Inklusion und Barrierefreiheit gesetzt, etwa mit inklusiven Theaterangeboten oder bei der Gestaltung von Spielplätzen. Bildung sei noch ein Sektor mit großen Herausforderungen, hier seien bereits die Assistenzstunden deutlich erhöht worden, künftig werde es eine Drehscheibe und Kompetenzstelle in der Elementarpädagogik geben. „Wien ist solidarisch, menschlich und sozial, und nicht nur ein Leuchtturm, sondern ein sicherer Hafen für Menschen mit Behinderung“, sagte Vasold.

Entwurf eines Gesetzes, mit dem das Wiener Mindestsicherungsgesetz (WMG) geändert wird

LAbg. Wolfgang Seidl (FPÖ) kündigte an, dass er dem Gesetzesentwurf nicht zustimmen werde, „denn das Wiener Mindestsicherungsgesetz ist seit mehr als vier Jahren nicht verfassungskonform“. Kleinere Reparaturen seien zwar erfolgt, aber eine komplette Umsetzung der Bundesvorgabe sei immer noch ausständig. Das Budget für Wiener Mindestsicherungsgesetz betrage derzeit mehr als 1 Milliarde Euro, meinte Seidl, der die Gründe dafür bei der Steigerung der Zahl von Asylberichtigen von 2022 auf 2023 um zehn Prozent und bei den subsidiär Schutzberechtigten um 24 Prozent ortet. Derzeit würden 136.000 Personen unter die Mindestsicherung fallen, 62.000 davon Asylberichtige oder subsidiär Schutzberechtigte, „die Quote von Österreichern beträgt vermutlich 30 Prozent“, mutmaßte Seidl. Mehr als 62.000 der Beziehenden hätten „überhaupt kein anderes Einkommen“, was einem Plus von sieben Prozent gegenüber 2022 entspreche, ein knappes Drittel beziehe die Mindestsicherung länger als 25 Monate. Auch Personen, die einen rechtskräftigen Abschiebebescheid hätten, würden in Wien Mindestsicherung beziehen – „das ist nicht nur in Österreich, sondern weltweit einzigartig“, meinte Seidl. Es sei eine dringende Reform der Mindestsicherung in Wien notwendig, das werde die FPÖ in der nächsten Bundesregierung „relativ schnell angehen“, versprach Seidl.

LAbg. Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) sagte über die Aussagen seines Vorredners, dass diese untragbar sei. „Das ist Hass und Hetze und die Ausgrenzung von ganzen Bevölkerungsgruppen. Jede Demokratin, jeder Demokrat kann nur hoffen, dass sie nie wieder an die Schalthebel der Politik kommen“, sagte Konrad in Richtung der Freiheitlichen. In Wien spiele die Chancengerechtigkeit immer eine große und zentrale Rolle, doch die einzige Metropole Österreichs habe andere und größere Herausforderungen zu bewältigen, als etwa eine kleine Landgemeinde. Diese Herausforderungen im Asylbereich könne Wien alleine nicht stemmen, da sei eine stärkere Unterstützung des Bundes notwendig. Ganze Gruppen in die Armut zu drängen, wie es die rechten Parteien versuchen würden, sei sicher nicht die Lösung. Stets müsse die soziale Treffsicherheit im Fokus stehen, etwa bei der Unterstützung der Menschen bei der Arbeitssuche. Mit der vorliegenden Novelle gebe es eine saubere Trennung zwischen Miet- und Wohnbeihilfe, damit könnten betroffene Menschen zielgerichtet und treffsicher unterstützt werden, so Konrad. „In Wien unterscheiden wir nicht, woher die Menschen in unserer Stadt kommen, es zählt der Mensch“, schloss Konrad.

LAbg. Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) erläuterte, dass das Wiener Mindestsicherungsgesetz das Landesgesetz zur Umsetzung des Sozialhilfebundesgesetzes sei. Heute werde im Landtag sowohl eine Erhöhung der Unterstützung bei Wohnkosten für armutsbetroffene Menschen als auch eine Härtefallregelung beschlossen; als „konstruktive Kraft“ werde sie dem neuen Gesetz zustimmen, so Spielmann. Abseits vom konkreten Beschluss sagte Spielmann, es könne keine soziale Gerechtigkeit geben, solange die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter aufgehe. Es dürfe nicht sein, dass Menschen in Wien in Schwierigkeiten kommen, nur weil sie von Armut betroffen seien. Die Neiddebatte von den rechten und konservativen Parteien sei nicht hilfreich, denn in einer zivilisierten Gesellschaft, die den sozialen Frieden bewahren wolle, gebe es keine Alternative zur Hilfe. „Wien lässt niemanden im Stich, was wichtig für die Absicherung von allen Menschen in Wien ist“, stellte Spielmann fest. Hürden beim Zugang zur Sozialhilfe seien aber immer noch vorhanden, wie die aktuelle Studie von Amnesty International zeige. Betroffene Mindestsicherungsbezieher*innen, die um Unterstützung bei Ämtern ansuchen, würden Scham und Stigmatisierung erleben, außerdem gebe es systemische Hürden bei der Gewährung von Mindestsicherung, so Spielmann. Viele Bezieher*innen seien auf die Unterstützung von NGOs angewiesen, um überhaupt Anträge einbringen zu können, diese Situation müsse in Wien verbessert werden. Die vorliegende Novelle mit der Erhöhung und der neuen Härtefallregelung sei gut, gehe aber noch zu wenig weit. Der gesamte Spielraum des Gesetzes sollte ausgenutzt werden, „denn auch wenn wir hier über Zahlen reden, es geht um die Menschen, die hinter diesen Zahlen stehen“. Spielmann brachte zwei Anträge ein betreffend Einführung eines einheitlichen Wohngeldes sowie Verhinderung der Schlechterstellung von Mietbehilfebezieher*innen.

LAbg. Ingrid Korosec (ÖVP) kündigte an, dem Antrag der Grünen betreffend Einführung eines einheitlichen Wohngeldes zustimmen zu wollen, da dieser dem Bürokratieabbau diene. Sie sei der Ansicht, „dass die Mindestsicherung zum Sprungbrett für die Bezieher und nicht zur Hängematte werden soll“, aber es gebe ein Drittel der Bezieher*innen, das die Mindestsicherung länger als 20 Monate in Anspruch nehmen würde. Ein wichtiger Aspekt bei der Entlastung in der gegenwärtigen Hochinflation sei der Sektor Wohnen, deswegen mache die vorliegende Novelle in ihren Augen „wirklich Sinn“, sagte Korosec. Bei der Hilfe solle auf zielgerichtete Maßnahmen und nicht auf die Gießkanne gesetzt werden. Ein Beispiel sei etwa die Erhöhung der Unterstützung von 160 auf 360 Euro monatlich für Alleinerziehende mit zwei Kindern. Korosec kündigte an, der vorliegenden Gesetzesnovelle zustimmen zu wollen.

LAbg. Gabriele Mörk (SPÖ) sagte, die Mieten in Wien seien in den letzten Jahren stark angestiegen, besonders armutsbetroffene Menschen seien davon stark betroffen. Menschen mit geringen Einkommen müssten die Hälfte ihrer Ausgaben für Lebensmittel, Wohnen und Energie aufwenden, während die Durchschnittsbevölkerung nur 30 Prozent aufwende. Die Stadt Wien habe mit einer Vielzahl von Maßnahmen für die Betroffenen gegengesteuert, wie etwa mit dem Wiener Energiebonus, dem Wiener Wohnbonus oder der Mietpreisbremse im Gemeindebau. Weitere Unterstützungsleistungen würden ausgebaut werden, wie bei der Mietbeihilfe. Eine Novellierung des Mindestsicherungsgesetzes sei notwendig geworden, da die Wohnbeihilfe für Mindestsicherungsbezieher*innen weggefallen sei. Eine aktuelle Untersuchung zeige, dass vor allem Mindestsicherungsbezieher*innen von Mietpreiserhöhungen besonders stark betroffen seien. Die Leistbarkeit des Wohnens sei für viele Betroffene daher nicht mehr geben, mit der vorliegenden Novelle würde die Situation für Betroffene deutlich verbessert, sagte Mörk. Künftig werde es eine „saubere Trennung zwischen Wohnbeihilfe und Mietbeihilfe“ geben, was eine bürokratische Erleichterung für Menschen in Not bringen werde. Mörk kündigte abschließend an, die drei von der Opposition eingebrachten Anträge nicht zu unterstützen.

LAbg. Georg Prack, BA (GRÜNE) zählte einige Kritikpunkte an dem neuen Gesetz auf. Er stellte die Frage in den Raum, wer denn wisse, was die Unterschiede zwischen Miet- und Wohnbeihilfe seien und wer Anspruch auf Unterstützung aus den beiden unterschiedlichen Systeme habe. Diese Trennung sei ein „undurchschaubarer Dschungel“ und erhöhe nur den Aufwand für die Betroffenen. „Das geht einfacher und effizienter“, vermutete Prack. Offensichtlich seien die Ressortgrenzen innerhalb der Stadtverwaltung wichtiger als die Vereinfachung für die Menschen. Es gebe immer noch kein einheitliches Wohngeld, sondern weiterhin einen „unnötigen bürokratischen Mehraufwand“ durch die Unterscheidung in zwei Systemen. 2018 sei ein eigener Fachbereich im Fonds Soziales Wien eingerichtet worden, 2022 seien die Arbeiten an einer Vereinheitlichung der beiden Beihilfen eingestellt worden. „Dafür wurden 2,46 Millionen Euro Steuergeld ohne jeden Output aufgewendet, nur weil sich zwei SPÖ-Ressorts nicht einigen konnten“, vermuete Prack. Es mache ihn fassungslos, dass nicht die Leistungen für die Bürger*innen im Vordergrund stünden, sondern die „Machtsphären einzelner Stadträt*innen“. Der gesamte Spielraum der Möglichkeiten sei bei der vorliegenden Novelle nicht ausgenutzt worden, kritisierte Prack. Bei geringeren Mieten könne der Unterschied zwischen Wohn- und Mietbeihilfe mehr als 200 Euro Unterstützung pro Monat ausmachen, rechnete Prack vor. „Es ist schade, dass der große Wurf diesmal gescheitert ist. Diese Gesetzesvorlage, der ich zustimmen werde, ist eine Verbesserung, darf aber nicht das Ende sein“, meinte Prack.

Abstimmungen: Die Gesetzesnovelle wurde mehrstimmig angenommen. Die beiden Anträge der Grünen sowie der FPÖ-Antrag „Mindestsicherung nur für österreichische Staatsbürger“ fanden keine erforderliche Mehrheit.

Die 30. Sitzung des Wiener Landtages endete um 11.59 Uhr.

Service

In der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und Gemeinderates (INFODAT) unter www.wien.gv.at/infodat können Reden, Debattenbeiträge, Beschlüsse, Anfragen, Anträge, Gesetzesentwürfe und Landesgesetzblätter nach verschiedenen Kriterien abgerufen werden. Dabei wird Zugriff auf die zugehörigen Videos und Originaldokumente (sofern elektronisch vorhanden) geboten. (Schluss) nic

Rückfragehinweis für Medien

  • Rathauskorrespondenz
    Stadt Wien - Kommunikation und Medien, Diensthabende*r Redakteur*in
    Service für Journalist*innen, Stadtredaktion
    01 4000-81081
    dr@ma53.wien.gv.at
    presse.wien.gv.at