Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 22.05.2024:
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54. Wiener Gemeinderat (11)

Dringliche Anfrage der Grünen an Bürgermeister Ludwig

Im Anschluss an die Tagesordnung wurde die zweite Dringliche Anfrage des Tages debattiert, eingebraucht von den Grünen und an Stadtchef Michael Ludwig gerichtet betreffend "Klima-Sorgenkind Verkehr - wegen mutloser Politik droht Wien seine Klimaziele zu verfehlen".

GR Kilian Stark (GRÜNE) sagte in seiner Begründung, dass es jetzt um eine aktive Gestaltung der Stadt gehe. Diese solle möglichst „lebenswert“ hinterlassen werden, so Stark. Manchmal komme es ihm vor, als sitze man in einem „spannenden Film und sei nur Zuschauer“, sagte der grüne Gemeinderat, „Aber wir sind Hauptdarsteller. Wir schreiben das Happy End“. Er kritisierte, dass von Seiten der Stadt Dinge zwar angesprochen werden, die Realität aber ein „ernüchterndes Bild“ zeige. Der Verkehr bleibe für ihn das „Sorgenkind“ der Stadt. Der Wiener Klimafahrplan sei zwar eine „gute Idee“, jedoch vergesse man dabei, dass der Autoverkehr zum Erreichen der Klimaziele „drastisch“ gesenkt werden müsse. Dieser mache einen „Löwenanteil“ aus. Stark nannte konkrete eine Reduktion auf 15% der gesamten Mobilität als sinnvolle Größe (Anm. derzeit 27%). Diese Reduktion müsse das übergeordnete Ziel sein, forderte der Abgeordnete. Es bringe nichts, sich die Stadtstraße „schönzusaufen“, wenn man sonst nur halbherzig agiere, sagte Stark. Seine Fraktion sehe deshalb die Stadtregierung eine „mutlosen Politik“ zu verfolgen. Die Investitionen in den Radverkehr bezeichnete Stark als „lächerlich“. „Das ist, wie wenn man mit einer Wasserpistole einen Hausbrand löscht“, sagte er mit Verweis auf die gleichzeitig in Straßenprojekte investierten Gelder. Es fehle ihm vor allem auch an Tempo beim Klimaschutz. Stark trat für einen „klimafreundlichen Gürtel“, eine „klimafitte Zweierlinie“ sowie Begegnungszonen auf der Gumpendorfer Straße und der Landstraßer Hauptstraße ein. Auch die Verkehrsberuhigung und Begrünung von Schulvorplätzen seien wichtig. Man müsse sich außerdem trauen, über den Tellerrand zu schauen und positive Beispiele aus anderen Städten nach Wien bringen. Dabei nannte Stark Paris (Radverkehr), Brüssel und Helsinki (Tempo30) als Beispiele. Stark appellierte an alle Fraktionen, die Chance wahrzunehmen und „jetzt die Weichen zu stellen“. 

Bürgermeister Ludwig sagte einleitend zu seiner Beantwortung der Dringlichen, Wien sei „Vorreiter in Sachen Mobilitätswende“. Dies würden auch Zahlen wie PKW-Dichte, Modal Split oder (hochrangige oder höchstrangige) Öffi-Erschließung sowie die positive Entwicklung der letzten Jahre – nicht nur durch den Boost des Fuß- und Radverkehrs während der Corona-Pandemie - beweisen. Ausgehend von 40% habe sich durch diese konsequente Mobilitätspolitik der Anteil der Wege, die mit dem Pkw zurückgelegt werden, auf 26% reduziert, sagte der Wiener Bürgermeister. Ludwig strich in diesem Zusammenhang auch die hohe Lebensqualität in Wien hervor.

Die Stadt nehme die „hervorragende Position“ als Anlass, die angestrebten Zielsetzungen ernst zu nehmen und investiere deshalb auch weiterhin intensiv in den öffentlichen Verkehr (bspw. U-Bahn- und Straßenbahnausbau oder Elektrobusse, Taktverdichtungen), Verbesserungen für Zufußgehende und damit verbundene Klimaschutz-Maßnahmen, sagte Bürgermeister Ludwig weiter. Auch der Ausbau der Radverkehrsanlagen stehe mit bereits mehr als 50 umgesetzten Projekten in der Legislaturperiode ganz oben bei den Vorhaben. Bürgermeister Ludwig sagte, dass

das Mobilitätssystem in Wien eines der besten weltweit sei, was auch international anerkannt werde. Schon jetzt wäre Wien – bei genauerer Betrachtung der Zahlen anderer Städte – auf dem Spitzenplatz. Mit der Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung auf alle Bezirke sei zusätzlich ein relevanter Anreiz hin zu einer überlegteren Nutzung von PKWs gesetzt worden. Ludwig verwies darauf, dass bei der langfristigen Änderung von Mobilitätsgewohnheiten eine „gewisse Zeitverzögerung“ auftrete. Deshalb könne er den „Alarmismus in der aktuellen Situation“ nicht nachvollziehen. Stadtchef Ludwig merkte deutlich an, dass die gesetzten Ziele etwa im Wiener Klimafahrplan der Stadtregierung „kein Verbot von Privat-PKW“ bedeute. So etwas sei „nicht sinnvoll und aktuell eine Illusion“, so Ludwig. Vielmehr gehe es darum, eine „wienweite Mobilitätsgarantie“ sicherzustellen. „In Wien kann man mobil sein, ohne einen Pkw zu besitzen“, so Ludwig.

Aktuelle Umgestaltungen von Straßen wie der Argentinierstraße, der Praterstraße, der Lasallestraße, Wagramer Straße oder der Äußeren Mariahilfer Straße würden deutlich zeigen, dass in Wien mutige Entscheidungen getroffen werden, betonte der Wiener Bürgermeister. Die Politik stehe dabei immer auf Seiten der Bürger*innen, führte Ludwig aus. Dies betreffe auch die Erhaltung eines „funktionalen Verkehrsnetzes für KFZ“. Den kürzlich vorgestellten Klimabonus nannte Ludwig in diesem Zusammenhang „völlig verfehlt“. Dieser stelle de facto eine „Bestrafung der Wienerinnen und Wiener“ dar und somit eine Strafe für die Wahl eines nachhaltigen und zentralen Wohnstandortes mit geringstem Bodenverbrauch und Klimaimpact.

Bürgermeister Ludwig sagte weiter, dass es die „unerfreuliche“ Tatsache gebe, dass rund 23 % der Autos, die von außerhalb Wiens kommend die Stadtgrenze queren, durch Wien durchfahren. Dieser Transit-Verkehr stelle in Wien eine hohe Belastung der Bevölkerung dar. Zusätzlich bedeute dies auch schlechtere statistische Performancewerte für Wien bei z. B. den Emissionen des Verkehrssektors aufgrund dieses Transitverkehrs. Deshalb intensivere man seit Jahren die Investitionen in den öffentlichen Verkehr in der gesamten Region, erklärte Ludwig. Dabei agiere die Stadt Wien in enger Abstimmung mit den Partnern auf Bundesebene und den anderen beiden Ländern der Ostregion. Als Beispiel führte Ludwig hier die bereits begonnenen Arbeiten bei der Attraktivierung der S-Bahn-Stammstrecke. Selbstverständlich könne die Stadt Wien die Herausforderungen in dem Bereich aber nicht alleine lösen, vermisste Ludwig etwa die Unterstützung von Seiten des Landes Niederösterreich bei der Umsetzung einer Straßenbahn nach Schwechat.

Als Erfolg in der Mobilitätspolitik zählte Bürgermeister Ludwig die Vereinheitlichung der Wiener Parkraumbewirtschaftung. Das sei „eine zentrale Klimaschutzmaßnahme“, sagte er. Diese Maßnahme habe sich auch „nachhaltig auf das motorisierte Verhalten in der Stadt ausgewirkt und es verändert“ und bedeute eine „vielversprechende Attraktivierung „des öffentlichen Raums und ein großes Plus an Lebensqualität. Der frei gewordene Platz wurde laut Stadtchef Ludwig für Radwege und Begrünungsmaßnahmen genützt. Der Zielvorgabe aus dem Klimafahrplan komme man damit auch vorbildlich nach, so Ludwig mit Verweis auf die Neuverteilung des öffentlichen Raums. Geplant seien beispielsweise „mehr Raum für Gehsteige, sichere Radwege, Bäume sowie Aufenthaltsräume“. Auch das bereits existierende Supergrätzl im dicht verbauten Gebiet in Favoriten ist für Ludwig ein „Erfolgsmodell“. Dieses habe zu einer starken Reduktion des MIV und hin zu aktiver Mobilität geführt. Das System der „Supergrätzl“ werden deshalb weiter vorangetrieben, kündigte Ludwig an.

Zum Thema Verkehrssicherheit sagte Ludwig, dass die Stadt Wien die „Vision Zero“ beharrlich verfolge. Es habe noch nie weniger Verkehrstote in Wien gegeben als im Jahr 2023 gegeben, sagte der Wiener Bürgermeister. Es sei auch festzuhalten,  so Ludwig in dieser Regierungsperiode von 247 Schulstandorten bereits rund 80% umgestaltet und verkehrsberuhigt wurden. Mehr als ein Viertel der Volksschulen verfüge nun über einen autofreien Schulvorplatz. Die Tendenz sei weiter steigend, merkte Ludwig an. Beispielhaft erwähnt seien hier die Standorte Pfeilgasse im 8. Bezirk und Märzstraße im 14. Bezirk. „Tempo 30 ist hier ein wichtiger Beitrag zur Realisierung der Vision Zero, weshalb im gesamten Wiener Straßennetz bereits auf rund drei Viertel der Straßen Tempo 30 verordnet wurde.“

Zum Thema Grünraum sagte Ludwig, dass Wien mit einem Grünraumanteil von 53 % im Stadtgebiet eine der grünsten Städte der Welt sei. Ein hoher Grünraumanteil gehe laut Ludwig mit einer hohen Lebensqualität einher. Allein die Wiener Stadtgärten würden rund 500.000 Bäume verwalten, die auch als hochwirksame, natürliche Klimaanlage wirken würden. Darüber hinaus setze die Stadt Wien regelmäßig neue Initiativen zur Erhöhung der Baumanzahlvund konnte so seit 1985 in Summe 105 ha Wald gewinnen, erläuterte Ludwig.  25.000 geplanten Stadtbäume sollen laut Wiener Klimafahrplan im Laufe der aktuellen Regierungsperiode gepflanzt werden. „Wie mir mitgeteilt wurde, sind seit Beginn der Legislaturperiode bis Ende April 2024 insgesamt 19.413 Bäume im öffentlichen Raum gepflanzt worden“, merkte der Wiener Bürgermeister an.

Sein Unverständnis äußerte Ludwig zum Vorwurf beim Thema Verkehrsberuhigung der Inneren Stadt. Hier läge seit Jahren eine fertige Machbarkeitsstudie vor, die aber vom Bund mit dem Verweis auf Datenschutzbedenken blockiert werde, sagte Ludwig. Man könne mit der Umsetzung eine Reduktion des MIV um rund 15.000 Einfahrten pro Werktag in den 1. Bezirk erzielen und die Stellplatzauslastung an der Oberfläche um rund ein Viertel reduzieren, sagte der Wiener Stadtchef in Richtung der Grünen. Man warte hier vergeblich auf die entsprechenden Gesetzesbestimmungen.

Auch den Vorwurf von Seiten der Wiener Grünen, Wien wäre bei der Planung des öffentlichen Verkehrs in Verzug, könne Ludwig nicht nachvollziehen. Er versicherte, dass sowohl bei der Umsetzung von Straßenbahnen als auch bei Taktverdichtungen und Schließen von Lücken im ÖV – wie etwa in Liesing - auf Hochtouren arbeite. Nur auf den Ausbau des Netzes zu achten, sei dabei aber nicht ausreichend. Vielmehr liege daher ein Fokus darauf, den Bestand gut in Schuss zu halten.

Konkret zum Ausbau des Radverkehrsnetzes befragt sagte Ludwig, dass hier „mit hohem Aufwand“ zahlreiche Umsetzungen in die Wege geleitet wurden. Die so genannten Radverkehrsoffensiven würden zeigen, dass viele Kilometer an Radinfrastruktur geschaffen wurde, so Ludwig. Allein 2022 kamen 17 neue Kilometer im Hauptradverkehrsnetz dazu, 2023 waren es 20 Kilometer. Für das heurige Jahr kündigte Ludwig weiter 20 Kilometer an. „Uns ist es wichtig, komfortable und zeitgemäße Radinfrastruktur zu schaffen, daher wurden in der aktuellen Periode vor allem baulich getrennte Radwege und fahrradfreundliche Straßen realisiert“, konkretisierte der Wiener Bürgermeister. 83 Prozent der Kilometer seien baulich getrennte Radwege. Darüber hinaus sei Wien auch bei der Erstellung von sogenannten „Masterplänen Gehen“ führend. Ein Großteil der Wiener Bezirke habe mittlerweile Masterpläne fürs Gehen bzw. seien diese knapp vor Fertigstellung.

Die Stadtstraße Aspern sei für Ludwig „im Gesamtkontext der Stadtentwicklung zu betrachten“. Sie sei eine wesentliche Voraussetzung für den Bau von leistbaren und klimafreundlichen Wohnungen für insgesamt 60.000 Menschen in den neuen Stadterweiterungsgebieten im Nordosten Wiens und in der Umweltverträglichkeitsprüfung für die Seestadt Nord vorgeschrieben. Ohne diese neuen Wohnungen würde es laut Ludwig zur Absiedelung ins Umland kommen. Dies hätte negative Folgen fürs Klima wie mehr Bodenversiegelung keine Fernwärme und mehr Pendlerverkehr. Aus Sicht der Stadtplanung sei deshalb ein Maßnahmenmix, der sowohl auf den Umweltverbund als auch eine Bündelung des Autoverkehrs setze, notwendig führte Ludwig aus. Natürlich werde aber gleichzeitig der Öffi-Ausbau in der Donaustadt massiv vorangetrieben. Die Auswirkung eines solchen Einzelprojektes auf den gesamten Modal Split sei nicht zuverlässig zu ermitteln, hätten Expert*innen bestätigt. „Wir haben mit der Stadtstraße Aspern, eine 3,2 km lange Gemeindestraße, ein durch alle Instanzen genehmigtes Projekt“, stellte Ludwig klar. (Forts.) kri

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