Archivmeldung der Rathauskorrespondenz vom 10.06.2024:
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Stadt Wien fördert museale Öffnung der Villa Beer

Transformation eines Architekturjuwels in ein Haus zur Vermittlung der Wiener Architekturmoderne und Geschichte jüdischer Bauherren und Architekten

Anlässlich des 140. Geburtstag von Architekt Josef Frank 2025 soll die Villa Beer, ein architektonisches Juwel der Wiener Moderne und Baudenkmal von internationaler Bedeutung, nach grundlegender Restaurierung und Sanierung wieder für die Öffentlichkeit zugänglich werden. Im Fokus des künftigen Hausmuseums, steht die Vermittlung der Architektur des 1929-1930 errichteten, viergeschoßigen Wohnhauses. Zentralen Stellenwert hat aber ebenso der zeitgeschichtliche Kontext: Aufgearbeitet und präsentiert werden die Biografien ihrer Architekten und der Bauherrenfamilie Beer, deren Lebensläufe stellvertretend für jene zahlreicher, in den 1930 zur Emigration gezwungener Wiener Jüd*innen stehen. 

Die Stadt Wien unterstützt die Pläne der gemeinnützigen Villa Beer Foundation, die architektonischen Ideen von Josef Frank im historischen Kontext erlebbar zu machen; Josef Frank hat es nach seinem Ideal eines Hauses – „wie eine Stadt, durch die man frei flaniert“ – geplant. Die im letzten Kulturausschuss des Wiener Gemeinderat bewilligten Förderungen für diesen lebendigen Raum der wissenschaftlichen und kulturellen Begegnung belaufen sich auf 200.000 Euro, verteilt auf zwei Jahre (2024/2025).

Kaup-Hasler: Villa Beer erlaubt es, Architekturgeschichte im Kontext zu vermitteln

„Architektur erschließt sich am Eindringlichsten in ihrer unmittelbaren Erfahrung. Ich bin froh, dass die Stadt ihren Beitrag dazu leisten kann, Architekturgeschichte im Kontext zu vermitteln und das Raumgefühl dieses einzigartigen architektonischen Meisterwerks der Öffentlichkeit nachhaltig zu erschließen. Das ist nur logisch, bedenkt man Josef Franks Credo ‚Schönheit für alle‘“, betont Wiens Stadträtin für Kultur und Wissenschaft Veronica Kaup-Hasler. „Ich danke Lothar Trierenberg sehr für seine engagierte Initiative; wir haben von Beginn an gute Gespräche geführt. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dieses private Projekt von Seiten der öffentlichen Hand zu unterstützen, denn es ist auch im Hinblick auf wichtige zeithistorische Forschung, die Vermittlungsarbeit und geplante Forschungskooperationen von Bedeutung.“

Trierenberg: Eine über ein klassisches Hausmuseum hinausgehende Vision

„Ich freue mich, dass die Stadt Wien die Wiederbelebung der Villa Beer so aufmerksam begleitet und meine über den Rahmen eines klassischen Hausmuseums hinausgehende Vision unterstützt: Die Villa Beer soll auch zum Lern- und Lehrort für Architektur wie auch für die vielschichtige Geschichte der Zwischenkriegszeit werden“, so Lothar Trierenberg, Geschäftsführer Villa Beer Foundation. Trierenberg hatte das von Verfall bedrohte Haus 2021, mit dem Plan es öffentlich zugänglich zu machen, erworben.  

Ein Hauptwerk der Wiener Moderne in der Hietzinger Cottage

Parallel zur laufenden Recherche zur Geschichte des Hauses und ihrer Erbauer*innen, starteten Ende März, in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt und zahlreichen Spezialist*innen, die Sanierungsarbeiten an der 650-Quadratmeter großen, denkmalgeschützten Villa Beer. Es handelt sich um die erste grundlegende Sanierung, das heißt, der Originalzustand der Villa ist gut erhalten. Das zu den Hauptwerken der Wiener Moderne und zu den bedeutendsten Beispielen der Wohnkultur der Zwischenkriegszeit zählende Gebäude befindet sich in der Wenzgasse in der Hietzinger Cottage, nur 250 Meter entfernt von Adolf Loos‘ „Haus Scheu“, einer anderen architektonischen Ikone jener Zeit. 

Sanierungsmaßnahmen

Die Sicherung und der Schutz der wertvollen historischen Substanz stand bei den Vorarbeiten zur umfassenden Bautätigkeit in Haus und Garten, die auch eine zeitgemäße ökologische Sanierung (Geothermie, Photovoltaik etc.) beinhaltet, im Vordergrund: So wurden im Innenraum Geländer, Säulen, Treppen mit OSB-Platten ummantelt, ebenso wurden Natursteinplatten, Granitstufen und Einfassungen von Garten und Terrasse und der metallene Gartenzaun auch aus Gründen ihrer Restaurierung entfernt. Sämtliche noch vorhandene Elemente des Innenraumes und der Fassade werden renoviert, Fehlstellen nach bauzeitlichem Vorbild ergänzt.

 Nach der Sanierung sind Erdgeschoß, erstes Obergeschoß und Teilbereiche des Dachgeschoßes in ihrer ursprünglichen Raumabfolge erlebbar und bieten Platz für Ausstellung und kulturelle wie wissenschaftliche Veranstaltungen. Unter dem Dach entsteht zusätzlicher Raum für ein „Research/Artist-in-Residence“-Programm. Die für den musealen und kulturellen Betrieb notwendige Infrastruktur wird im Keller untergebracht; eine Erweiterung der Unterkellerung schafft Raum für Schaulager und Archiv.

Die Villa Beer

1929 hatte die Industriellenfamilie Beer das Grundstück in der Wenzgasse 12 erworben, noch im selben Jahr startete die Bautätigkeit durch die Architekten Josef Frank und Oskar Wlach, den neben Loos und Hoffmann führenden Vertretern der zweiten Wiener Moderne. Die Villa verwirklicht Franks Ideen auf ideale Weise: Sie folgt einem offenen Raumkonzept, das konventionelle Geschoßgrenzen und Zimmerteilungen verneint und jedem Raum einen Zugang nach draußen ermöglicht. Die Villa Beer sollte nicht nur Wohnort der Familie Beer sein, sondern Raum für den Empfang von Gästen und musikalische Soireen bieten. Finanzielle Schwierigkeiten zwangen sie aber bereits 1932, ein Jahr nach dem Einzug, Haus und Grundstück zu verpfänden.

Weiterführende Informationen: 

Villa Beer Foundation
www.villabeer.wien

OTS, 21. März 2024: „Die Villa Beer. Start der Sanierung der Wiener Architekturikone“, ots.at/presseaussendung/OTS_20240321_OTS0095

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