59. Wiener Gemeinderat (3)

Aktuelle Stunde

GR Dr. Gerhard Schmid (SPÖ) forderte eine Konzentration auf einen „weltoffenen, freiheitsliebenden“ Kulturbegriff. „Antipathien und Sympathien“ spielten dabei sicher eine Rolle, so Schmid. Das Publikum sei der „entscheidende Faktor“ erfolgreicher Kulturangebote, die Aufgabe der Politik sei es, die Rahmenbedingungen für Kultur zu schaffen. Das „rechts-links-Schema“ in der Kulturbewertung ist eine Momentaufnahme. Als Beispiel dafür nannte Schmid den Wiener Künstler Friedensreiche Hundertwasser, der vom „Linksradikalen“ zum Liebling der „Gutbürgerlichen“ geworden sei. Trotz unterschiedlicher politischer Meinungen sei eine einende und weltoffene Arbeit nicht unmöglich. Viele Kulturinitiativen in Wien seien laut Schmid auch wirtschaftlich große Erfolge, beispielsweise die Musicals oder das Wien Museum.

GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) widmete sich dem Thema mit Steuergeldern subventionierte Kultur. Nittmann behauptete, dass die Wiener Kulturpolitik „stark links geprägt“ sei und sich damit selbst „ins Abseits“ schieße. Als Beispiel nannte Nittmann die Wiener Festwochen, die vor der letzten Wienwahl „unverhohlen Parteipolitik“ betrieben hätten. Nittmann kritisierte das als Eingriff in den Wahlkampf. Kultur, so Nittmann, dürfe provokativ sein - sollte aber nicht zur Erweiterung der linken Politik werden. Nittmann forderte eine Kulturpolitik, die sich an den Wünschen der Bürger*innen orientiert. Das SPÖ und NEOS „nur Marxisten und Bolschewiken“ fördere, kritisierte Nittmann und sprach sich für eine Balance in der Subventionspolitik aus.

GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) kritisierte die „Phrasendrescherei“ der ÖVP und dass die ÖVP die Zielgruppe Kinder und Jugendliche vollkommen vergesse. Wien, so Bakos, habe eine lange und reiche kulturelle Geschichte. Es gelte aber auch, den Blick Richtung Zukunft zu richten. Kultur könne eine „Brücke zwischen verschiedenen Kulturen und Generationen“ sein. Um diesen Brückenschlag zu ermöglichen, seien Investitionen nötig. Bakos sagte, es sei notwendig, in kulturelle Bildung zu investieren. Als Beispiel nannte sie das ZOOM Kindermuseum, das heuer 30 Jahre alt wurde. Dort können Kinder Kunst aktiv erleben. Auch werde es ab 2027 in einem zweiten Standort ein neues Zentrum für Kinderliteratur in Floridsdorf mit 3.500 Quadratmetern geben. Das Ziel sei es, Wien zur kinder- und jugendfreundlichsten Stadt der Welt zu machen. 

GR Dipl.-Ing. Martin Margulies (GRÜNE) ortete in der Kulturdiskussion eine Chance, Kultur besser zu machen. Margulies sprach über das strukturelle Defizit auf Bundesebene und den Bedarf einzusparen. Auch in Wien sei von Einsparungen auszugehen. Darum forderte Margulies einen Kulturentwicklungsplan, damit die Politik weiterhin in der Lage sei, kulturelle Rahmenbedingungen zu schaffen. Ohne eine „Richtschnur für die Verteilung finanzieller Mittel“ würde sich die Lage deutlich erschweren. Kunst und Kultur müsse eine zentrale Rolle spielen, so Margulies, und das sowohl für die Österreicher*innen als auch für Tourist*innen. Margulies schlug vor, dass sich alle Rathaus-Fraktionen zusammensetzen sollten, um gemeinsam an einem Kulturentwicklungsplan zu arbeiten. Dieser müsse sowohl inhaltliche Vorstellungen als auch finanzielle Möglichkeiten darlegen.

GRin Mag. Laura Sachslehner, BA (ÖVP) zeigte sich über den Umgang der SPÖ mit der Kritik an der Wiener Kulturpolitik enttäuscht. Dieser sei „ignorant“. Sachslehner ortete ein Problem mit politischem Aktivismus, der Überhand nehme. Sachslehner kritisierte die Wiener Festwochen für ihre Unterstützung der antisemitischen BDS-Bewegung. „Trauriges Highlight“ sei ein Clip des Volkstheaters, der die FPÖ mit den Nationalsozialisten gleichstelle. Sachslehner kritisierte das als „Verharmlosung und Relativierung“. Kunst dürfe schockieren, so Sachslehner, die „Verhöhnung der Opfer der NS-Zeit“ überspanne den Bogen aber. Die Wiener Festwochen, so Sachslehner, würden mit 13 Millionen gefördert, man könne also nicht von einer Kleinigkeit sprechen. Die Politik der Stadtregierung ist in Sachslehners Augen einer Kulturmetropole „nicht würdig“.

GRin Mag. Dr. Ewa Samel (SPÖ) lobte das Kulturangebot der Stadt als inklusiv und offen für alle. Viele andere Städte würden Wien als Vorbild sehen, so Samel. Als Beispiele nannte die Gemeinderätin Angebote der Volkshochschulen und die Kultur in den Bezirken - von Bezirksmuseen bis Ankerzentren. Das soeben eröffnete Ankerzentrum in Simmering sowie der Bau des Wien Museums sind für Samel Erfolgsgeschichten der jüngeren Vergangenheit. Vor allem letzteres ist ein globaler Erfolg, der sogar von der New York Times honoriert worden sei, so Samel. 

Hauptdebatte: Kenntnisnahme des Wiener Public Corporate Governance Kodex (WPCGK)

GR Ing. Udo Guggenbichler, MSc (FPÖ) erinnerte daran, dass die FPÖ bereits 2014 einen Antrag zur Einführung des Corporate Governance Kodex bei Unternehmen und Subunternehmen der Stadt Wien eingebracht habe. Guggenbichler kritisierte, dass immer wieder Aufsichtsräte im Magistrat säßen, die sich selbst nicht über Vorgänge in ihren Unternehmen informieren dürften. Guggenbichler hinterfragte, warum diese Personen dort sitzen würden, wenn sie diese Informationen nicht erlangen könnten. Guggenbichler kritisierte, dass die anderen Parteien im Rathaus die Transparenzbemühungen der FPÖ nie unterstützt hätten. Es habe, so Guggenbichler, den „Wien-Energie-Skandal“ gebraucht, um diese zu motivieren.

GRin Mag. Bettina Emmerling, MSc (NEOS) nannte die Einführung des Kodex‘ ein „transparentes Stadtmanagement“. Professionalität und klare Verantwortlichkeiten in allen Wiener Unternehmen in den 140 Beteiligungen der Stadt Wien würden so sichergestellt. Emmerling nannte das Projekt einen „Meilenstein für diese Stadt“. Die Erarbeitung des Kodex sei wissenschaftlich begleitet worden und solle, so Emmerling, das Image von Wien als moderne Stadt untermauern. Emmerling räumte ein, dass in der Wien-Energie-Causa laut Rechnungshof der Aufsichtsrat intransparent bestellt wurde. Hier würde nun eine bessere Regelung geschaffen. Das Vorhaben sei, so Emmerling, schon beim Start der Fortschrittskoalition festgelegt worden, nun erfolgte die Umsetzung. Die Stadtregierung sei verantwortlich für das Geld der Wiener*innen, darum müsse man bei den Gehältern auch in Aufsichtsräten verantwortungsvoll sein, Interessenkonflikte gelte es zu vermeiden. Nach der Stadtrechnungshofreform oder der Reform des Petitionsrechts sei dies ein weiterer Schritt zu einer transparenteren Stadt, sagte Emmerling abschließend.

GR David Ellensohn (GRÜNE) freute sich über die verbesserte Möglichkeit der Transparenzkontrolle. Allerdings gebe es einige Punkte mit Verbesserungspotenzial. Ellensohn sagte, es sei schade, dass der Kodex eine Beteiligung der Stadt von 50 Prozent voraussetze. Der Wiener Gesundheitsverbund, Wiener Wohnen oder Wien Kanal seien laut Ellensohn nicht inkludiert, obwohl sie Teil des Magistrats sind - „das hätte man leicht anders regeln können“. Stiftungen und Fonds würden auch fehlen. Wie die Abläufe der nachweislichen Dokumentation geregelt im Kodex seien, beurteilte Ellensohn als „ungenügend“. Das Bekenntnis im Kodex zu einer Frauenquote in Aufsichtsräten von 40 Prozent sei „zu schwammig formuliert“ und daher keine Verpflichtung, sondern eine Absichtserklärung, an deren konsequenter Umsetzung Ellensohn Zweifel äußerte. 

GR Dr. Markus Wölbitsch, MIM (ÖVP) sagte, es sei ein „guter Tag für Steuerzahlende“. Es gebe „endlich“ ein Mittel für die Kontrolle der Unternehmungen der Stadt. Wölbitsch sagte, die Wichtigkeit zeige sich am Beispiel Wiener Stadtwerke. Diese seien eines der größten Unternehmen des Landes und in Wettbewerb mit anderen Unternehmen, die teils schon Kontrollvorgaben hätten, beispielsweise aufgrund einer Börsennotierung. Die Aufsicht werde in jedem Fall unabhängiger, das schränke auch die Risiken von fehlerhaften Managemententscheidungen ein. Wölbitsch sagte, bei der Wien Energie habe es ein Kontrollversagen des Aufsichtsrates gegeben. Für Wölbitsch war das auch dadurch bedingt, dass es im Wien-Energie-Aufsichtsrat an Expertise gefehlt habe. Auch die verantwortliche Magistratsabteilung 5 habe nur Daten aufbereitet, ohne diese „kritisch zu hinterfragen“, so Wölbitsch. Das Personal der Abteilung sei mittlerweile aufgestockt worden, die ÖVP habe das länger verlangt. Wölbitsch forderte, den Kodex an zwei Punkten nachzubessern: Es brauche eine neue Form der Untersuchungskommission, die es der Opposition ermöglicht, Unterlagen einzusehen. Wölbitsch mahnte außerdem dazu, die Notkompetenz zu reformieren. Das Instrument, das dem Bürgermeister zur Verfügung stehe, müsse dringend reformiert werden. Wölbitsch forderte, dass der Bürgermeister sich diesbezüglich entsprechend zu rechtfertigen habe. (Forts.) pos

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