60. Wiener Gemeinderat (3)
Aktuelle Stunde
StR Dominik Nepp, MA (FPÖ) ortete „eine Gewaltwelle“ seit dem Jahr 2015, die über das Land geschwappt sei: „Ein geschlossener Grenzbalken ist die beste Vorkehrung für die Sicherheit von Frauen“, meinte Nepp. Mord, Vergewaltigungen und schwere Körperverletzungen an Frauen würden seit 2015 vermehrt von Geflüchteten begangen, behauptete Nepp. Ausländische Gewalttäter mit einem rückwärtsgewandten Frauenbild müssten das Land verlassen, forderte der FPÖ-Gemeinderat. Er warf den linken Regierungsparteien Untätigkeit vor: Die Linke sei sich gar nicht einig, was überhaupt eine Frau sei und würde „im Genderwahn“ (Trans-)Männern, „die in ihrem Wahn behaupten Frauen zu sein“, gleich behandeln wollen wie „biologische Frauen“. Er forderte einen besseren Schutz für Frauen und Mädchen im öffentlichen Raum.
GR Mag. (FH) Jörg Konrad (NEOS) prangerte an, dass allein in diesem Jahr bereits 23 Femizide in Österreich verübt worden seien - dabei seien Frauen oft von ihnen nahestehenden Männern getötet worden. Das Thema Gewalt an Frauen betreffe alle Milieus und Menschen aus allen Herkunftsländern und sei nicht ein „Ausländerproblem“ wie von der FPÖ behauptet, konterte Konrad seinen Vorredner. Wien würde eine ganze Reihe an Maßnahmen setzten um „diesen Horror“ der Gewalt an Frauen etwas entgegenzusetzen. So würde die Stadt am Männerbild arbeiten und hätte die Mittel für die Männerberatung verdoppelt, erinnerte Konrad. Als Zeichen der Unterstützung für ein gewaltfreies männliches Partnerschaftsbild würden viele männliche Politiker den „White Ribbon“ tragen - ihm und seinen Kollegen liege es daran ein Zeichen zu setzen und „echte, nachhaltige Fortschritte zu erzielen und das auch über die 16 Tage gegen Gewalt an Frauen hinaus“, schloss Konrad.
GR David Ellensohn (GRÜNE) stellte fest, dass „das Problem bei Gewalt gegen Frauen eben leider oft die Männer sind“. Dabei zeige sich an seinen beiden männlichen Vorrednern, wie unterschiedlich Männer sein könnten - ein „empathieloser Rechtsextremer“ und ein an Lösungen orientierter Abgeordneter. Das erste Frauenhaus sei 1978 eröffnet worden, zu einer Zeit, in der Vergewaltigung in der Ehe laut Gesetzesbuch noch kein Verbrechen war, erinnerte der Grünen-Gemeinderat. „Gewalt gegen Frauen ist nicht hineingeschwemmt worden von irgendwoher, sondern war schon lange in unserer Gesellschaft verbreitet. Wer das Gegenteil behauptet, dem geht es nicht um die Sache, sondern nur um Hetze gegen Ausländer“, sagte Ellensohn. Gewalt gegen Frauen werde von Männern aus allen Gesellschaftsgruppen begangen: „Wir müssen also am Männerbild arbeiten“, forderte Ellensohn - was die Stadt Wien auch tue: Es gebe mehr Geld für die Männerberatung und ein fünftes Frauenhaus, außerdem werde im Unterricht und bei der Jugendarbeit bei den Burschen angesetzt, um eine Generation mit einem zeitgemäßen Männerbild zu schaffen.
StRin Mag. Isabelle Jungnickel (ÖVP) kritisierte, dass Gewalt an Frauen in allen Schichten und Bevölkerungsgruppen vorkommen würde. Täter seien oft Männer: Auch, wenn die Politik viel mache, habe jeder Einzelne in der Gesellschaft Verantwortung, gegen Gewalt aufzutreten. Sie forderte mehr Zivilcourage, ein klares Auftreten gegen und keine Toleranz von Gewalt gegen Frauen. Allerdings: Knapp die Hälfte der Femizide in Österreich würden in Wien begangen. Opfer seien oft Frauen aus Drittstaaten, ebenso stamme ein Drittel der Täter aus Drittstaaten, so Jungnickel. Gewalt dürfe nicht nach Österreich „importiert“ werden. Frauen aus Drittstaaten hätten „so viel hinter sich gelassen und zurückgelassen - dass sie ausgerechnet Gewalt hier bei uns einholt, haben diese Frauen nicht verdient“, sagte Jungnickel.
GR Georg Niedermühlbichler (SPÖ) meinte, allein härtere Gesetze, härtere Strafen für Täter und mehr Repression würden das Problem mit Gewalt gegen Frauen nicht lösen. Sanktionen und Strafen würden nur greifen, nachdem Gewalt passiert sei, würden diese aber selten verhindern. Die Wurzeln der Gewalt gegen Frauen müssten bekämpft werden, nicht die Symptome, so Niedermühlbichler. Es brauche Bildung, Aufklärung und eine Kultur der gegenseitigen Achtung. Ebenso brauche es selbstbewusste und wirtschaftlich unabhängige Frauen und Männer mit einem Selbstbild, das ohne althergebrachte Rollenbilder auskomme und die auch Mann genug seien, sich in Krisensituationen Hilfe zu holen. Auch er lobte die Verdoppelung der Mittel für die Männerberatung. „Wer wegsieht, trägt dazu bei, dass Gewalt passieren kann“, appellierte Niedermühlbichler und forderte mehr Zivilcourage und Anlaufstellen für Opfer. Wien böte unter anderem den 24-Stunden Frauennotruf oder zusätzliche Frauenhäuser. „Gewalt an Frauen ist ein gesellschaftliches Problem, deshalb müssen wir es gemeinsam lösen“, sagte Niedermühlbichler.
Vor Beginn der Tagesordnung wurden GR Dr. Sascha Obrecht, GRin Cornelia Sucher (alle SPÖ) als neue Gemeinderät*innen angelobt. Sie folgen Pia Weninger und Nicole Berger-Krotsch (beide SPÖ) nach, die aus dem Gemeinderat ausscheiden. GR Michael Aichinger (SPÖ) legte kurzfristig sein Mandat zurück und wurde in der Sitzung ebenfalls erneut angelobt.
Genehmigung eines Rahmenbetrages für die Kleinprojekteförderung für das Jahr 2025
GRin Mag. Ulrike Nittmann (FPÖ) meinte, nur Frauen, die wirtschaftlich unabhängig seien, könnten ein unabhängiges Leben führen. Nach wie vor seien in Österreich Frauen finanziell von ihren Partnern abhängig; ebenso gebe es immer noch geschlechterspezifische Barrieren bei der Berufswahl. Errungenschaften bei der Gleichberechtigung von Frauen seien durch den Zuzug von Menschen in Gefahr, die aus Kulturen stammen, die rückwärtsgewandte Frauenbilder und Patriarchale Strukturen pflegen würden, warnte Nittmann. In diesen Milieus gebe es Frauen, die früh verheiratet würden und der Zugang zu Bildung oder Beruf verhindert würde. „Unsere Werte wie Gleichberechtigung, Freiheit müssten für alle Menschen gelten, die in unserem Land leben“, forderte Nittmann. Sie verlangte verpflichtende Integrationsprogramme; Vereine, die frauenfeindliche Haltungen vertreten würden, dürften keine Förderungen bekommen.
GRin Mag. Dolores Bakos, BA (NEOS) erklärte, bei der Kleinprojekteförderung gehe es darum, partizipative Projekte zu ermöglichen. Mit den Mitteln sollen niederschwellige und kostenfreie Projekte unterstützt werden. Ein Schwerpunkt liege im Jahr der „Demokratiehauptstadt Wien“ bei Initiativen, die die Teilhabe und Aktivierung von jungen Mädchen ermögliche. Als Beispiel nannte Bakos Projekte wie Finanbildung für junge ukrainische Geflüchtete oder Schachkurse für junge Frauen. Wien würde schon lange lebendige Demokratie und Mitbeteiligung unterstützen, erinnerte Bakos. Sie verwies in diesem Zusammenhang auf die große Frauenbefragung „Wien wie sie will“ aus dem Vorjahr. Viele der Anliegen, die dabei erhoben worden, seien schon umgesetzt worden, darunter die Eröffnung eines fünften Frauenhauses mit mehr als 200 Plätzen oder der Ausbau des Gewaltschutzes für Frauen auch bei Cybergewalt. In diesem Zusammenhang hätte es eine große Informationsoffensive gegeben. Auch seien mit der „Mädchenzone“ in Favoriten neue konsumfreie Räume geschaffen worden, wo sich junge Mädchen und junge Frauen niederschwellig austauschen können. Auch das Thema Frauengesundheit mit dem neuen „FEM Med“-Frauengesundheitszentrum am Reumannplatz sei ein Ergebnis der Frauenbefragung. Im neuen Zentrum könnten Frauen eine Ansprechpartnerin oder einen Ansprechpartner bei spezifischen Gesundheitsfragen finden. Als weiteres Beispiel nannte Bakos die Ausrollung der Aktion „Rote Box“ in ganz Wien, bei der es in Kooperation mit Bipa gratis Periodenprodukte für Frauen gibt. Auch die Initiative „Respekt - gemeinsam stärker“ an Schulen sei ein Baustein gegen Abwertungen auf Basis von Geschlecht, sexueller Ausrichtung oder Religion - Stichwort Antisemitismus. Bakos lobte die Stadt dafür, die Gleichstellung zwischen Mann und Frau auch im Arbeitsleben voranzutreiben und hob dabei den Ausbau der waff-Stipendien hervor. Diese trügen mit gezielten Förderungen dazu bei, den Anteil von Frauen bei Technik-Berufen zu steigern.
GRin Viktoria Spielmann, BA (GRÜNE) sagte, Frauenrechte seien derzeit „global unter Beschuss“. Sie ortete einen „antifeministischen Backlash“, der gleichzeitig mit dem Rechtsruck in Österreich und in Europa und mit der Wiederwahl von Donald Trump in den USA einherginge. Der rechtsextreme Influencer Nick Fuentes hätte es auf Social Media geschafft, den Spruch „Your body, my choice“ die hart erkämpfte Selbstbestimmung von Frauen über eigenen Körper mit einem frauenverachtenden Spruch umzudrehen und den Frauen eben diese Selbstbestimmung über ihren Körper abzuerkennen. Der Sager werde inzwischen auch in Wien unreflektiert von Jugendlichen übernommen, wie die Journalistin Corinna Milborn öffentlich gemacht habe. In Österreich würden nach wie vor viele Frauen in Teilzeit arbeiten - viele davon nicht freiwillig, sondern weil sie Pflege- oder Betreuungspflichten hätten. Frauen würden wegen der Teilzeit-Quote weniger verdienen und demnach im Falle von Jobverlust auch weniger Notstandshilfe und Arbeitslosengeld bekommen, erinnerte Spielmann. In diesem Zusammenhang forderte Spielmann auch erneut eine spezielle Kinder-Mindestsicherung. „Arbeitsmarkt und Sozialpolitik ist auch Frauenpolitik“, sagte die Grünen-Gemeinderätin. Sie schlug vor, den Fachkräftemangel mit qualifizierten Frauen ausgleichen. Es gebe zwar Programme des waff, „aber da braucht es noch einiges an Anschubfinanzierung“. Jede dritte Frau in Österreich sei im Laufe ihres Lebens von körperlicher und psychischer Gewalt betroffen, erinnerte Spielmann. Die hohe Zahl an Femizide zeige, bei Gewaltschutz und Gewaltprävention sei auch in Wien noch einiges zu tun. Sie hob die Initiative „#TechnoMeToo“ hervor: Inzwischen sei der Gewaltschutz bei Events auch im Veranstaltungsgesetz verankert. Sie brachte einen Antrag ein, in welchem sie eine substanzielle Erhöhung des Fördertopfs für Kleinprojekte forderte. Derzeit könne nur ein Bruchteil der eingereichten Projekte finanziert werden, kritisierte Spielmann. (Forts.) ato
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