Hintergrund: 25 Jahre Wien in der EU

Am 1. Jänner 1995 trat Österreich der Europäischen Union bei und wurde damit eines der damals 15 EU-Mitgliedsländer. Mittlerweile zählt die EU 27 Mitgliedstaaten (bereits ohne Großbritannien). Aus diesem Grund hat Bürgermeister Michael Ludwig am 28. Jänner dem Wiener Landtag eine Mitteilung vorgelegt. Das ist Anlass für uns, Ihnen Interviews, Hintergrund-Material, Graphiken und Fakten zum Thema 25 Jahre Wien in der EU zur Verfügung zu stellen.

„Die Europäische Union ist das größte Friedensprojekt, das unser Kontinent je gesehen hat. Es ist unsere Pflicht, dafür einzutreten, dass dieses gemeinsame Europa noch lange Bestand hat“, sagt Bürgermeister Michael Ludwig und betont: „Es muss immer der Mensch im Mittelpunkt stehen.“ Wien hat sich als soziale Hauptstadt Europas hervorgetan und ist europaweit Vorbild, beispielsweise bei der öffentlichen Daseinsvorsorge oder beim sozialen, leistbaren Wohnbau.

Die Wiener Wirtschaft profitiert jedenfalls stark von der Europäischen Union. 74 Prozent der Exporte gehen in die EU. Dank EU-Förderungen konnten viele Projekte durchgeführt werden, wie zum Beispiel die Erneuerung der Ottakringer Straße.

Neuaufstellung der Wiener Außen- und Standortpolitik

Ab dem Jahr 2020 intensiviert Wien seine internationalen und europapolitischen Aktivitäten. Im Fokus: neue Standorte, ein mobiles Büro in der Hauptstadt des jeweiligen aktuellen EU-Ratsvorsitzlandes, neue Programme für den Wirtschaftsstandort sowie Angebote im Wissenschaftsbereich.

Bürgermeister Michael Ludwig und Peter Hanke, Stadtrat für Internationales: "Wir wollen unsere Rolle als internationaler Vorzeigestandort in Zukunft aktiver gestalten und möchten bewusst neue Handlungsfelder öffnen. Stolz sind wir auf unsere städtischen Leistungen. Wien ist ein perfekter Standort für die Wirtschaft und einer der führenden Wissens-Standorte in Europa. Wir erwarten uns von dieser neuen Ausrichtung, Vorteile für den Standort Wien und in der Außenwirkung und eine noch deutlichere internationale Positionierung."

Maßnahmen

Neues Büro in Berlin

Als erste Maßnahme ist 2020 die Eröffnung eines neuen Büros in Berlin geplant. Deutschland übernimmt am 1. Juli 2020 den EU-Ratsvorsitz. Ob weitere Standorte strategisch erforderlich sind, wird geprüft.

Mobiles Wien-Büro zur Ratspräsidentschaft

Wien als Hauptstadt eines kleinen, neutralen Landes zwischen den Spannungsfeldern West und Ost sowie Nord und Süd soll als Motor für smarte, urbane Politik in Europa dienen. Wien soll im Konzert der Europäischen Hauptstädte seine Rolle spielen und die Herausforderungen, Ziele und Chancen der neuen Europäischen Kommission nutzen.

Fix ist daher ein neues mobiles Büro, das in der Hauptstadt des jeweiligen aktuellen EU-Ratsvorsitzlandes angesiedelt ist. Gemeinsam mit dem Wien-Haus, den Wiener Stadtwerken und der Wirtschaftsagentur werden die Wiener Interessen so bestmöglich vertreten.

Die Koordination der EU-Förderungen wie Maßnahmen der EU, die Wien betreffen, bearbeitet die Abteilung Europäische Angelegenheiten. Die Wirtschaftsagentur informiert Unternehmen über Anlaufstellen für EU-Förderungen. Die Datenbank Euro-Access Vienna hilft, die richtige Förderschiene für ein Projekt zu finden. Zusätzlich bietet die Wirtschaftsagentur eine Reihe von Förderungen für Wiener Unternehmen an, die sich stärker internationalisieren möchten.

Ein Überblick der EU-Förderungen für Wien.

Wien-BotschafterInnen

Wien wird sogenannte "Wien-BotschafterInnen" stellen. Diese werden als ehrenamtliche "VerbinderInnen" zwischen Wien und strategisch ausgewählten Zielländern agieren. Zur Zeit läuft die Auswahl der Regionen und Personen.   Die im Ausland lebenden Wienerinnen und Wiener sind oft die besten Visitenkarten der Stadt. Ziel ist, in allen bedeutenden Weltgegenden "Wien-BotschafterInnen" vor Ort zu haben.

Mehr Service für Wiener Betriebe

  1. Die Ansiedlung weiterer internationaler Betriebe,
  2. die Stärkung des Standortes sowie
  3. die Unterstützung der Tourismus- und Veranstaltungswirtschaft soll verstärkt werden.

Das Jahr 2018 war dank der Aktivitäten der Wirtschaftsagentur Wien und des Wientourismus sehr erfolgreich: Es gab mit 221 internationalen Betriebssiedlungen sowie mit 16,5 Millionen Nächtigungen und beinahe 800 Millionen Euro Umsatz neue Rekorde. Darauf soll aufgebaut und weitergearbeitet werden.

Die Wienbüros in den Partnerstädten bieten auch für Unternehmen neue Möglichkeiten, die Wachstumsmärkte in Süd- und Osteuropa zu nutzen. Alle öffentlichen Ausschreibungen der Partnerländer werden auf der Internet-Plattform ANKÖ Donau präsentiert. Ab sofort gibt es auf dieser Plattform aktuelle Ausschreibungen nach Branchen.

Wissenschafts- und Forschungsstandort um Talente stärken

Eine der Grundlagen des erfolgreichen Wiener Wirtschaftsstandorts ist die Stärke des Wiener Universitäts-, Fachhochschul- und Forschungsstandorts. Das ist die Voraussetzung dafür, dass Wien als Wirtschaftsstandort so erfolgreich ist. Zukünftig sollen die besten Köpfe aus den Nachbarländern noch besser für die Stadt gewonnen werden.

Wien bietet gerade für High Potentials aus den Nachbarländern neue Chancen und Möglichkeiten. Sie bedeuten für Wien zusätzliche wirtschaftliche Dynamik. In Zukunft werden daher regelmäßig Wiener Wissenschaftstage in den Partnerstädten abgehalten.

Die Ziele, die es zu stärken gilt:

  • Wien als wissenschaftspolitisches Zentrum in Mittel- und Osteuropa
  • Wien als Innovationsmetropole und als Drehscheibe für Wissenstransfers

Bürgermeister Michael Ludwig zu 25 Jahre Wien in der EU - DOWNLOAD TEIL 1

Bürgermeister Michael Ludwig zu 25 Jahre Wien in der EU - DOWNLOAD TEIL 2

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Michaela Kauer, Leiterin Wien-Haus-Brüssel über EU-Städtepolitik

Michaela Kauer: Die EU muss mehr auf die Städte hören

Michaela Kauer ist Leiterin des Wien-Hauses in Brüssel und Expertin für Städtepolitik auf europäischer Ebene. In einem Interview mit der Rathauskorrespondenz erklärt sie, warum die Europäische Union gut daran tut, mehr auf die Städte zu hören.

Das "Wien-Haus" in Brüssel wurde 1996 eröffnet und heißt offiziell „Verbindungsbüro der Stadt Wien zur EU“. In Brüssel gibt es rund 300 solcher Büros von Städten und Regionen aus ganz Europa, dazu Organisationen und Netzwerke von Städten und Regionen, wie EUROCITIES, den Ausschuss der Regionen, den Europäischen Städtebund und andere mehr.

Rathauskorrespondenz: Frau Kauer, warum setzt sich Wien, setzen Sie sich als Leiterin des Verbindungsbüros der Stadt Wien zur EU, seit vielen Jahren für mehr Mitsprachrechte für die Städte ein. Warum ist das so wichtig?

Es gibt drei wichtige Gründe, warum Wien, gemeinsam mit anderen Städten, sich dafür einsetzt, dass Städte mitreden, wenn auf EU-Ebene Entscheidungen fallen. Erstens leben zwei von drei EU-Bürgerinnen und –Bürgern in Städten, es ist also eine Frage der Demokratie. Und: zwei von drei Arbeitsplätzen EU-weit sind in Städten, d.h. die europäische Wirtschaft wird von Städten getragen. Drittens wirken sich EU-Gesetze direkt oder indirekt auf das Leben vor Ort aus, die Erfahrung von Städten bei der Problemlösung sollte daher berücksichtigt werden – noch bevor ein neues Gesetz, eine neue EU-Förderung beschlossen wird!

Seit 2016 gibt es die „Städtische Agenda für die EU“ – was bedeutet das?

Das war sicher ein Meilenstein für die Mitsprachemöglichkeit der Städte – es hat aber lange gedauert, über 20 Jahre, bis der Rat der EU mit dem „Pakt von Amsterdam“ diese „Städtische Agenda“ beschlossen hat. Die Idee war, in einer neuen Form der Zusammenarbeit – Mitgliedstaaten, Städte, EU-Institutionen und sonstige Interessensgruppen auf Augenhöhe – gemeinsam Lösungen für die großen Fragen der Städte zu entwickeln, die bessere Gesetze, bessere Förderungen oder auch einfach nur mehr Bewusstsein für die Bedürfnisse vor Ort bringen sollen.

Wie sollen wir uns das konkret vorstellen? Welche Themen stehen da im Vordergrund?

Diese Zusammenarbeit erfolgt im Rahmen von zeitlich befristeten Partnerschaften zu bestimmten Themen, also etwa leistbares Wohnen, urbane Mobilität, Kreislaufwirtschaft, Arbeit und Ausbildung, städtische Armut, digitaler Wandel. Dazu arbeiten Fachleute aus Städten, Mitgliedstaaten und EU-Institutionen drei Jahre lang zusammen und erstellen einen Aktionsplan – einen  Katalog von Empfehlungen, wie die EU ihre Gesetze, ihre Förderungen und auch ihr Wissensmanagement besser an die Situation in Städten anpassen kann.

Welche Ideen wurden da zum Beispiel entwickelt? Gibt es schon Erfolgsmeldungen?

Ein wichtiges Thema in der EU, und gerade auch in den Städten, ist der Kampf gegen die Kinderarmut, mit dem sich die Städtepartnerschaft zur städtischen Armut beschäftigt hat. Die KollegInnen dort haben vorgeschlagen, eine „Kindergarantie der EU“ zu schaffen, ähnlich wie die „Jugendgarantie“. Die neue Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat diese Idee in ihr Arbeitsprogramm aufgenommen. Das ist ein schönes Beispiel, wie eine Empfehlung positiv aufgenommen wurde. Ein anderes Thema ist die Frage, ob wir es weiter zulassen wollen, dass touristische Plattformen weite Teile des Wohnungsangebots in unseren Städten verschwinden lassen. Dazu hat die Städtepartnerschaft zum leistbaren Wohnen Vorschläge entwickelt. Der Ausschuss der Regionen hat diese aufgegriffen und die Zeichen stehen gut, dass die Europäische Kommission nun die Bedenken der Städte bei den nächsten Vorschlägen zur digitalen Wirtschaft umsetzt.

Wie sieht es dann insgesamt mit der Umsetzung aus? Können die Städte jetzt mehr mitreden?

Die Umsetzung der Empfehlungen der Städtepartnerschaften wird sicher insgesamt noch dauern, und da müssen die Städte weiter dran bleiben, Druck aufbauen, von  alleine geschieht da leider nichts. Einige Vorschläge sind sehr praktisch und handfest, wie etwa eine bessere Datenlage zur Situation in Städten in vielen Bereichen, oder auch Forschungsaufträge, um bestimmte Themen zu vertiefen. Andere sind schwieriger, wenn es um etwa um die Streichung der engen Zielgruppendefinition für den sozialen Wohnbau im EU-Beihilfenrecht geht. Da muss die Europäische Kommission aktiv werden, und zwar gegen die starke Lobby der institutionellen Investoren, die wie die Goldgräber früher im Wilden Westen Raubbau an unseren Städten treiben. Insgesamt sind wir aber sind schon viel weiter als noch vor einigen Jahren, heute werden unsere Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, unsere städtischen Fachleute schon viel öfter eingeladen und eingebunden.

Welche Rolle spielen die anderen Institutionen der EU, vor allem das Europäische Parlament bei der Unterstützung der Städte?

Das Europäische Parlament hat, als die Städtische Agenda für die EU beschlossen wurde, den ganzen Prozess sehr unterstützt, sehr konkret mit Mitteln für ein Sekretariat, die Kommunikation und die Organisation. Es spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, die Europäische Kommission aufzufordern, rascher in die Umsetzung zu kommen. Dass es nun wieder eine „Urban Intergroup“ im Europaparlament gibt, also eine Arbeitsgruppe für städtische Fragen, ist sehr positiv zu bewerten, dafür haben wir uns auch stark eingesetzt. Auch der Ausschuss der Regionen und der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss der EU, also die Regionalkammer und die Sozialpartner, unterstützen sehr. Ende Dezember hat der EWSA eine Fachkonferenz zum EU-Beihilfenrecht und wie sich die enge Zielgruppendefinition für den sozialen Wohnbau negativ auswirkt, organisiert. Auch das erhöht die Aufmerksamkeit und das Bewusstsein, dass sich etwas ändern muss.


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EU-Projekte in Wien DOWNLOAD (PNG 799.0 KB)

 

Zeitleiste zur EU DOWNLOAD (PNG 377.0 KB)

Wenn Wien ein EU-Staat wäre -- Wien und die EU-Mitgliedstaaten im Vergleich DOWNLOAD (PNG 641.0 KB)