Hintergrund: Wiener Joboffensive 50plus

Die Konjunktur lief in den vergangenen Jahren gut. Allerdings konnten Menschen über 50 Jahre davon nicht in diesem Ausmaß profitieren. Während die Arbeitslosigkeit insgesamt seit Ende 2016 sinkt, ist sie bei über 50Jährigen erst im Oktober 2017 zurückgegangen. Allerdings nur kurzfristig, seit Juni 2018 steigt die Arbeitslosigkeit bei Älteren sogar wieder an. Deshalb startet die Stadt Wien gemeinsam mit dem AMS die Joboffensive 50plus.

  • Warum die Stadt Wien die Aktion gestartet hat, erklären Bürgermeister Michael Ludwig, Finanzsstadtrat Peter Hanke und ExpertInnen des waff und AMS - finden Sie deren Statements in der Spalte rechts.

Grafik ältere Arbeitslose Wien

Vergrößern durch Rechtsklick und "Grafik anzeigen". (Quelle: Sozialministerium)

Die Wiener Joboffensive 50plus ist ein Angebot für rund 500 arbeitslose WienerInnen über 50 Jahre, die mehr als 3 Monate beim AMS arbeitsuchend gemeldet sind.  An der Aktion beteiligen sich die Gemeinde Wien, gemeinnützigen Einrichtungen, die mit der Stadt Wien kooperieren, und  auch Wiener Unternehmen. Sie alle bieten Jobs für MindestsicherungsbezieherInnen über 50 Jahre an.

  • Wie die Joboffensive 50plus funktioniert, erklärt die Infografik in der rechten Spalte sowie ein Q&A mit dem Arbeitsmarkt-Experten und Geschäftsführer des waff, Fritz Meißl (Link oben rechts)
  • Wie die Joboffensive 50plus neue Perspektiven eröffnete, erzählen zwei MitarbeiterInnen der MA 46, die im Zuge der Aktion von der Stadt übernommen wurden. Den Link zum Video finden Sie in der rechten Spalte, genauso wie ein Transkript des Clips und Pressefotos.

Das Vorbild für die Joboffensive 50plus ist die Aktion 20.000. Sie wurde 2017 gestartet, um genau diese Zielgruppe zu unterstützen. Anfang 2018 wurde die bis Juni 2019 geplante Aktion von der damaligen Bundesregierung eingestellt. Es ist belegt, dass die Arbeitslosigkeit bei den Älteren mit Beginn der Aktion 20.000 zurückgegangen und kurz nach dem Stopp wieder angestiegen ist.

  • Ähnliche Aktionen in der Vergangenheit in Österreich und Deutschland zeigten gute Ergebnisse. Dazu ein Überblick der Statistikabteilung der Stadt Wien in der Spalte rechts oben.

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Q & A mit Fritz Meißl, Geschäftsführer des waff

Fritz Meißl, Geschäftsführer des waff beantwortet Fragen zur Joboffensive 50plus

Warum brauchen wir die Joboffensive 50plus in Wien?

Während die Arbeitslosigkeit seit mehr als eineinhalb Jahr in allen Altersgruppen sinkt, steigt sie bei Menschen, die älter als fünfzig sind, weiter an. Dafür gibt es eine traurige Erklärung: ältere Arbeitslose werden schlicht und einfach diskriminiert. Die ehemalige Bundesregierung hat bedauerlicherweise die Beschäftigungsaktion 20.000 ersatzlos gestrichen! Die Initiative des Wiener Bürgermeisters für die Joboffensive 50 Plus ist das richtige Angebot zur richtigen Zeit.

Wie funktioniert die Joboffensive 50plus und wie kann man mitmachen?

Der waff und das AMS Wien laden zuerst einmal Dienststellen der Gemeinde Wien, kommunale Unternehmen und Einrichtungen, aber auch NGOs, die mit der Gemeinde Wien kooperieren, ein, sich an der Joboffensive zu beteiligen und offene Stellen zu melden. Die Einladung gilt aber auch für private Unternehmen, wenn sie Interesse haben, offene Stellen mit Wiener MindestsicherungsbezieherInnen zu besetzen. Das AMS sucht in der Folge passende ältere Arbeitssuchende zur Besetzung der gemeldeten Stellen.

Wo können Interessierte arbeiten?

Schon jetzt sind beim waff mehr als 1.000 offene Stellen gemeldet worden. Der Bogen spannt sich dabei von Administrationskräften über IKT-SystembetreuerInnen bis hin zu ÄrztInnen.

Warum haben es ausgerechnet Personen über 50 schwer am Arbeitsmarkt?

Auch wenn ältere ArbeitnehmerInnen gut qualifiziert sind, gesund sind und hohe Flexibilität an den Tag legen und sehr leistungsfähig sind, sind besonders viele Personen über 50 arbeitslos (2018 waren das rd. 32.600 Personen, das ist ein Anstieg seit 2012 um 77 Prozent). Rund die Hälfte dieser Personengruppe ist langzeitarbeitslos.

Der Grund dafür: Menschen über 50 werden systematisch diskriminiert und Bewerbungen von Älteren oft nicht berücksichtigt. Das weitere Problem: Die lange Arbeitslosigkeit verschärft die Situation nochmals, diese Menschen sind ungerechtfertigt am Arbeitsmarkt abgestempelt, es wird immer schwieriger, der Arbeitslosigkeit zu entkommen.

Hinzu kommt verschärfend, dass sich besonders geburtenstarke Jahrgänge jetzt in der Generation 50plus befinden und auch die Effekte der längeren Lebensarbeitszeit und eines erschwerten Pensionszugangs zu tragen kommen.

Welche Faktoren spielen dabei eine Rolle und wie kann man Job-Chancen für 50+ verbessern?

Langzeitarbeitslose benötigen eine Chance, wieder im Arbeitsprozess Fuß zu fassen. Wenn sie die Chance auf dem freien Markt nicht bekommen, brauchen wir Modelle wie die Aktion 20.000 oder die Beschäftigungsoffensive 50plus. Dann muss die öffentliche Hand Verantwortung beweisen. Wichtig ist für jeden einzelnen, die eigenen Kompetenzen wieder sinnvoll einsetzen zu können und auch neue Kompetenzen zu erwerben. Das funktioniert sehr gut, wie die Aktion 20.000 beweist.

Das Besondere an der Beschäftigungsaktion 20.000 im Jahr 2017 war, dass die damalige Bundesregierung über traditionelle Unterstützungsmaßnahmen des AMS wie z.B. die Eingliederungsbeihilfe hinaus gegangen ist und als öffentliche Hand zusätzliche vollfinanzierte Arbeitsplätze für die Zielgruppe 50plus zur Verfügung gestellt hat.

Wie wirken Maßnahmen wie die Aktion 20.000 bzw. jetzt die Joboffensive 50plus?

Diese Aktionen bieten echte und vollwertige Jobs. Damit geben sie Personen aus der Zielgruppe Chancen, wieder zu arbeiten, wieder Wertschätzung zu erfahren. Aus Personen, die derzeit aus den Mitteln der Arbeitslosenversicherung oder der Mindestsicherung leben müssen, werden ArbeitnehmerInnen, die ein geregeltes Einkommen haben bzw. entsprechend auch Steuern zahlen und in die Arbeitslosenversicherung einzahlen.

Die Aktion 20.000 hat sich als sehr erfolgreich erwiesen, rund ein Drittel der ArbeitnehmerInnen wurde dauerhaft übernommen.

Wie nachhaltig sind Maßnahmen die Joboffensive 50plus? Gibt es messbare Effekte?

Im Fokus der Joboffensive 50plus steht die Weiterbeschäftigung: Wir möchten, dass der Großteil der Arbeitsplätze den ArbeitnehmerInnen langfristig zur Verfügung steht. Die Joboffensive ist ein wichtiger Katalysator, um die Beschäftigung Älterer voranzutreiben, darum beziehen wir bei dieser Aktion die Wirtschaft aktiv ein und versuchen, einen Stimulus zu setzen, indem wir die Beschäftigung älterer MindestsicherungsbezieherInnen fördern.

Wie unterscheidet sich die Aktion 20.000 von der Joboffensive 50plus?

Wichtig ist: Bei beiden Aktionen steht die Unterstützung der Generation 50plus im Fokus und es gibt Jobs und Chancen für die Zielgruppe. Aber: Die Stadt Wien hält ihre Forderung aufrecht, die Aktion 20.000 wieder einzusetzen. Damals bestand nämlich die Möglichkeit, Arbeitslose der Zielgruppe für zwei Jahre zu beschäftigen. Bei der Joboffensive 50plus beträgt der Beschäftigungszeitraum maximal ein Jahr.

In einem Punkt geht die Joboffensive 50plus über die Aktion 20.000 hinaus, nämlich dass die Joboffensive 50plus auch die Privatwirtschaft miteinbezieht und dort Stellen für MindestsicherungsbezieherInnen fördert. Wichtig in diesem Kontext: Die Joboffensive 50plus wird vom AMS Wien und vom Land Wien gemeinsam finanziert.

In wie weit profitiert die Wirtschaft durch Programme wie die Joboffensive 50plus?

Auf der einen Seite gibt es Fachkräfte für Wiener Betriebe, für das Magistrat etc. – andererseits entlastet die Joboffensive auch bestehende Sozialsysteme: Die neu beschäftigten ArbeitnehmerInnen zahlen wieder in die Sozial- und Arbeitslosenversicherung ein.