Historischer Rückblick aus dem Jahr 1946

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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April 1946

April

1.4.1946: Der Lainzer Tiergarten geöffnet

Der Lainzer Tiergarten war seit dem Jahre 1919 alljährlich in den Monaten April bis September an bestimmten Tagen gegen Entrichtung einer Eintrittsgebühr für den allgemeinen Besuch geöffnet. Nur im Vorjahre konnte infolge der in diesem Gebiet stattgefundenen Kampfhandlungen und der darauf folgenden unsicheren Verhältnisse an eine Kartenausgabe, die zum Eintritt in den Tiergarten berechtigt hätte, nicht gedacht werden.

Obwohl die Tiergartenmauer an vielen Stellen durch die Kampftruppen durchbrochen worden ist, soll der Besuch des Tiergartens in der Zeit vom 7. April bis 29. September gegen Eintrittsgebühr wieder möglich gemacht werden.

2.4.1946: Technischer Beirat für den Wiederaufbau

Die 1. Sitzung des vom Bürgermeister ernannten Technischen Beirates für den Wiederaufbau der Stadt Wien wurde abgehalten und wird ab sofort mindestens einmal im Monat zusammentreten.

Nach der Geschäftsordnung des Beirates obliegt diesem die weitere Behandlung der in der Enquete für den Wiederaufbau der Stadt Wien aufgeworfenen Fragen und die Erstattung einschlägiger Gutachten sowie die Stellungnahme zu den vom Stadtbauamt durchgeführten wesentlichen Planungen und Entscheidungen, die für den Wiederaufbau von Wien von besonderer Bedeutung sind.

Durch die Möglichkeit, dass der Beirat Spezialisten zu seinen Beratungen durch Berufung durch den Bürgermeister fallweise hinzuziehen kann, ist die Gewähr gegeben, dass alle Wiederaufbauprobleme in fachlicher und wissenschaftlicher Weise beraten werden.

4.4.1946: Österreichisch-Französische kulturelle Zusammenarbeit auf dem Filmgebiet - Austausch interessanter Filme

Stadtrat Matejka teilte namens der Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs mit:

Zwischen dem "Französischen Kino-Archiv" (La Cinematheque Francaise) in Paris und der "Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs" ist ein Übereinkommen getroffen worden, das ein enges Zusammenarbeiten beider Vereinigungen, deren kulturelle Bestrebungen die gleichen sind, vorsieht. Dieses Übereinkommen bezweckt vor allem den gegenseitigen Austausch von historisch wertvollen Filmen, die keiner kommerziellen Auswertung zugeführt werden. Außerdem sollen auch Dokumente, Bücher, Zeitschriften, Fotos und weiteres kulturell interessantes Filmmaterial von beiden Gesellschaften im eigenen Land gesammelt und dem Partner entweder leihweise zur Einsichtnahme überlassen, oder auch ganz als Eigentum für sein Archiv übergeben werden.

In Österreich wird dieses französische Material durch die "Gesellschaft der Filmfreunde" der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Die Filme gelangen im Rahmen von Sondervorführungen der Gesellschaft zur Vorführung, die Bücher, Zeitschriften, Fotos usw. werden in den Leseräumen und der Bibliothek der Gesellschaft aufliegen.

Dieser Vertrag ist dank dem großen Interesse und den Bemühungen der französischen Filmoffiziere Petitjean, Parde und Oravenne, zustandegekommen.

5.4.1946: Der Rechnungsabschluss der Gemeinde Wien für 1943/44

In einer gemeinsamen Sitzung des Stadtsenates und des Finanzausschusses berichtete Amtsführender Stadtrat Honay über den vom Magistrat fertiggestellten Rechnungsabschluss für die Zeit vom 1.4.1943 bis 31.3.1944. Er betonte einleitend, dass die gegenwärtige Verwaltung für diese Gebarung, die zur Gänze in die faschistische Periode fällt, keinerlei Verantwortung übernehme.

Der Rechnungsabschluss trägt alle Merkmale der Kriegszeit. Nach dem Voranschlag wurde im ordentlichen Teil mit rund 583 Millionen RM Einnahmen gerechnet, denen gleichhohe Ausgaben gegenüberstanden. Außerdem wurde noch ein außerordentlicher Haushaltsplan erstellt, der mit Einnahmen und Ausgaben von je 30,5 Millionen RM ausgeglichen war.

Hervorzuheben ist, dass die Einnahmen gegenüber dem Voranschlag die nicht unbeträchtliche Steigerung von 583 Millionen auf 618,8 Millionen RM aufweisen. Dagegen bleiben die Ausgaben gegenüber dem Voranschlag mit rund 514 Millionen RM weit zurück. Von den Minderausgaben entfallen 12 Millionen RM auf den Personalaufwand, der von 184,4 auf rund 172 Millionen zurückgegangen ist, ein gleich hoher Betrag auf die offene Fürsorge und 21 Millionen auf die Wohlfahrtsanstalten. Die Fürsorgeausgaben ohne Familienunterhalt waren mit 80,8 Millionen veranschlagt, wirklich ausgegeben wurden 63,4 Millionen. An der Spitze stehen die Geld- und Sachleistungen der offenen Fürsorge mit 25,2 Millionen, die Verpflegskosten mit 10,5 Millionen, der Aufwand für die Altersheime mit 9,3 Millionen und die Jugendhilfe einschließlich des Personalaufwandes mit 12,4 Millionen. Für das Gesundheitswesen wurden gegenüber den veranschlagten 85,6 Millionen nur 66,6 Millionen ausgegeben. Der Abgang bei den Fondskrankenanstalten von 8,9 Millionen wurde zur Gänze vom Deutschen Reich getragen. Für das Schulwesen wurden 22,6 Millionen ausgegeben, die Feuerwehr erforderte einen Aufwand von 8,9 Millionen. An das Reich mussten 7,8 Millionen als Polizeikostenbeitrag geleistet werden. An Unterhaltsbeiträgen für die Familien der zum Kriegsdienst Einberufenen wurden 158,7 Millionen ausgezahlt, wovon 146,9 Millionen vom Reich der Gemeinde zurückersetzt wurden. Die ausschließlich von der Gemeinde zu deckenden Kriegsausgaben betrugen im Rechnungsjahr rund 50 Millionen Reichsmark. Die nationalsozialistische Stadtverwaltung hat aber außerdem eine großzügige indirekte Kriegsfinanzierung betrieben, indem sie einen Großteil der Rücklagen in Reichsschatzanweisungen anlegte. Am 31. März 1945 waren rund 315,6 Millionen an Rücklagen zu verzeichnen, wovon 158,5 Millionen in Reichsschatzanweisungen angelegt wurden. Der Wert dieser Papiere ist gegenwärtig völlig unbestimmbar.

Der durch den Krieg entstandene Material- und Arbeitermangel hat die im Voranschlag vorgesehenen Investitionen zum größten Teil verhindert. Von den veranschlagten 30,5 Millionen, die für bauliche Arbeiten bestimmt waren, sind nur 8,4 Millionen Reichsmark verausgabt worden.

Auf der Einnahmenseite ist insbesondere die starke Steigerung des Ertrages der Gemeindesteuern als Folge der Verlagerung der Kriegsindustrie auf das Wiener Gebiet zu verzeichnen. Gegenüber den veranschlagten 178,6 Millionen wurde ein Ertrag von 208,4 Millionen erzielt. Eine Gegenüberstellung der veranschlagten Steuereingänge für das Jahr 1946 zeigt wie sehr die Steuerkraft nach dem Krieg abgenommen hat. Es wurden vereinnahmt, bzw. veranschlagt:

Steuer

Rechnungs-
abschluss 1943/44
in Millionen

Voranschlag 1946
in Millionen

Gewerbesteuer

121,7

34

Grundsteuer

57,2

40

Lohnsummensteuer

11,3

7

Getränkesteuer

6,9

3

Es ergibt sich also bei diesen vier wichtigsten Gemeindeabgaben im ersten Friedensvorschlag gegenüber einem Rechnungsabschluss, der restlos in die Kriegszeit fällt, eine Verminderung der Steuererträge um rund 113 Millionen! Aber außerdem hat die Gemeinde noch vom Reich als Anteil an den Reichssteuern 46 Millionen Reichsmark erhalten. Diese Zahlen zeigen mit erschreckender Deutlichkeit, wie schwierig die Finanzgebarung sich gegenwärtig gestaltet und wie sehr auf größte Sparsamkeit Bedacht genommen werden muss.

Die städtischen Unternehmungen führten an die Gemeindekasse 17,5 Millionen RM als Reingewinn ab.

Der Gesamtschuldenstand der Stadt Wien kann nur schätzungsweise festgestellt werden, da Kurse fehlen. Er wurde mit 178,8 Millionen RM ermittelt. Der gesamte Schuldenstand betrug 12,1 Millionen Reichsmark.

8.4.1946: Jugendliche helfen den Schutt wegräumen

Eine große Schar junger Burschen und Mädchen hatten sich versammelt, um an einer Schutträumungsaktion auf dem Rathausplatz teilzunehmen. Angehörige aller Jugendorganisationen, wie der Sozialistischen Jugend, des Österreichischen Jugendbundes, der Freien Österreichischen Jugend, des Katholischen Jungvolkes, der Pfadfinder, Studenten der Wiener Universität und der Hochschule für Welthandel und die Angehörigen von "Jugend am Werk", insgesamt mehr als 300 Jugendliche, haben den Entschluss gefasst, die Aufräumungsarbeiten zu unterstützen. Die französische Besatzungsbehörde hat diese Aktion in die Wege geleitet und stellte 10 Militärlastwagen zur Verfügung. Sie gibt an die jugendlichen Arbeiter täglich eine warme Mahlzeit ab. Die Gemeinde Wien sorgte für die notwendigen Werkzeuge und gibt an die Jugendlichen eine zweite warme Mahlzeit aus. Diese freiwillige Arbeit wird von den Mitgliedern der Jugendorganisationen ohne jede Entlohnung verrichtet.

8.4.1946: Die Wiederaufbauarbeiten am Stephansdom

Über den eingestürzten Gewölben gilt es rasch ein Notdach zu errichten.

Der vordere Teil des Doms ist durch die Brandkatastrohe komplett eingestürzt.

Tiefe Spalten im Boden zeugen von der Wucht der Bombe.

Die Wiederaufbauarbeiten am Stephansdom gehen nach dem Grundsatz vor sich, ihn in seiner ursprünglichen Form wieder herzustellen. dass die bautechnischen Arbeiten dabei dem heutigen Stande der Entwicklung angepasst sind, ist selbstverständlich. Das äußere Bild des Domes aber und seine künstlerische Gesamterscheinung werden davon unberührt bleiben.

Die schwierigste Aufgabe sind die Bauarbeiten zur Behebung der schweren Schäden, die der Dom durch die Brandkatastrophe erlitten hat. Sie überragen in ihrer Bedeutung bei weitem alle übrigen Arbeiten. Sie umfassen die Herstellung einer flachen Eisenbetondecke über den Gewölben, die zuerst als Notdach, im endgültigen Zustand als Fußboden des ausgedehnten Dachraumes dienen wird, sodann im eingestürzten Chor, das ist im vorderen Teil des Domes, die Rekonstruktion von vier durch den Brand besonders schwer beschädigten Pfeilern und die Einwölbung der eingestürzten Gewölbe, schließlich die Anarbeitung und Montage des neuen Dachstuhles und seine Eindeckung. Daneben sind noch bedeutende Steinmetzarbeiten zur Ausbesserung des durch den Brand, durch Bomben und Granatsplitter vielfach beschädigten Mauer- und Maßwerkes notwendig.

Da die Wiederherstellung des eingestürzten Chores schwierig ist und lange Zeit in Anspruch nehmen wird, soll das im Innern unbeschädigte Langhaus (der rückwärtige Teil des Domes) zunächst instandgesetzt werden, um darin schon Gottesdienste abhalten zu können, während im Chor noch gebaut wird. Um es nach vorne abzuschließen, wurden in den drei Schiffen im Winter äußerlich verputzte, hölzerne Fachwerkswände errichtet. Ein Teil der Fenster ist auch schon mit einer behelfsmäßigen Verglasung versehen, und die Steinmetzarbeiten an den übrigen sind bereits ziemlich weit fortgeschritten. Da aber noch die Gewölbe mit ihren Steinrippen untersucht und gegebenenfalls ausgebessert werden müssen, ist mit der Einweihung des Langhauses keinesfalls vor Ende des Jahres zu rechnen.

Besichtigung des zerstörten Stephansdomes, unter anderem durch Präsident Kunschak und Stadtrat Matejka.

Die Wiederaufbauarbeiten am Stephansdom sind in vollem Gange.

Die Eisenbetondecke ist über dem Mittelschiff des Langhauses größtenteils fertig gestellt, ihre Inangriffnahme über dem nördlichen Seitenschiff steht bevor. Die Arbeiten an dem riesigen Trichter hinter dem Dom, wo eine schwere Bombe bis auf die Sohle der Katakomben durchgeschlagen hat, deren Fundamente und Gewölbe wiederhergestellt werden müssen, sind im Fortschreiten. Freiwillige Helfer des Kulturamtes der Stadt Wien haben in monatelanger Arbeit zahlreiche Kunstgegenstände oder deren beschädigte Teile geborgen und restauriert.

Dank der Unterstützung, die die österreichischen Behörden und die britische Militärregierung dem Wiederaufbau angedeihen lassen und dank der Hingabe aller Beteiligten sind viele Schwierigkeiten überwunden und Ansehnliches geleistet worden. Trotzdem sind aber noch große Hemmnisse vorhanden, so die Knappheit an Bauholz, die noch immer zu geringe Zahl von Arbeitskräften usw. Besonders klagenswert ist der Umstand, dass manche schöne und aussichtsreiche Handwerkszweige, wie das Steinmetzgewerbe, über keinen Nachwuchs verfügen, so dass gerade bei den Steinmetzarbeiten, die die längste Zeit in Anspruch nehmen werden, auf Jahre hinaus mit keiner Besserung der Lage zu rechnen ist.

10.4.1946: Befreiungsfeier in Wien

Feier anlässlich des ersten Jahrestages der Befreiung Wiens.

Der Bürgermeister der Stadt Wien hat anlässlich des ersten Jahrestages der Befreiung Wiens die Beflaggung sämtlicher Amts- und Wohnhäuser, Schulgebäude und sonstigen Objekte der Stadt Wien und ihrer Unternehmungen angeordnet. Er hat ferner die Hausbesitzer und Hausverwalter aufgefordert, auch die privaten Gebäude in der Zeit von Freitag, den 12. bis einschließlich Sonntag, den 14. April zu beflaggen. Da die Anschaffung von Fahnenstoff derzeit auf außerordentliche Schwierigkeiten stößt, werden die Wiener wieder zur Improvisation Zuflucht nehmen. Sie werden aus alten Fahnen die Flaggen unserer Zeit herzustellen verstehen.

Der Städtische Friedhofsbetrieb hat die Instandsetzung und Ausschmückung der Grabstätten der im Kampf um die Befreiung Wiens gefallenen russischen Offiziere und Soldaten übernommen. An den Grabstätten am Zentralfriedhof und an vier Stellen Wiens werden am 12. April Gedenkfeiern stattfinden.

Der Wiener Gemeinderat wird am 13. April zu einer Festsitzung zusammentreten, in der Bürgermeister General Dr. h.c. Theodor Körner die Festansprache halten wird.

Auf dem Schwarzenberg Platz wird in Anwesenheit der Mitglieder der Stadtregierung eine militärische Parade stattfinden.

Gemäß den Beschlüssen des Gewerkschaftsbundes werden die Wiener Betriebe am Samstag, dem 13. April, um 8.30 Uhr die Arbeit beenden. Die Arbeiter und Angestellten werden von den Bezirkssammelplätzen zur militärischen Parade auf den Schwarzenberg Platz ziehen.

11.4.1946: Straßenbenennungen zu Ehren der Roten Armee

Aus Anlass des 1. Jahrestages der Befreiung Wiens durch die Rote Armee werden folgende Umbenennungen von Verkehrsflächen und Brücken vorgenommen werden:

  1. Der im 3. und 4. Bezirk gelegene Teil des Schwarzenbergplatzes, auf dem sich das Heldendenkmal der Roten Armee befindet, wird in "Stalin Platz" umbenannt. Der Text der Erläuterungstafel lautet: "Zu Ehren des Generalissimus Josef W. Stalin, des Oberbefehlhabers der Roten Armee, der Befreierin Wiens."
  2. Die Reichsbrücke erhält den Namen "Brücke der Roten Armee". Der Text der Erläuterungstafel wird lauten: "Zu Ehren der Roten Armee, der Befreierin Wiens."
  3. Die Laxenburger Straße im 10. Bezirk, durch die das Gros der russischen Truppen in Wien einmarschiert ist, wird nach dem Oberkommandierenden der Befreiungsarmee, Marschall Tolbuchin, in Tolbuchinstraße umbenannt werden. Der Text der Erläuterungstafel soll lauten: " Zu Ehren des Marschalls der Sowjet Union Fedor I. Tolbuchin, des Oberbefehlshabers der 3. Ukrainischen Front und des Befreiers von Wien".
  4. Die Floridsdorfer Brücke wird in "Malinowsky Brücke", nach dem Oberkommandierenden der russischen Armee, die Wien von Norden her eroberte, benannt werden. Der Text der Erläuterungstafel soll lauten: "Zu Ehren des Marschalls der Sowjetunion Rodiow J. Malinowsky, des Oberbefehlshabers der 2. Ukrainischen Front und Mitbefreiers von Wien".

11.4.1946: Die Wiener Psychoanalytische Vereinigung

Prof. Sigmund Freud wurde in einer Gedenkrede gewürdigt.

Bundesminister Dr. Felix Hurdes erschien zur Festsitzung.

Auch Altbürgermeister Karl Seitz erschien zum Festakt.

Die Wiener Psychoanalytische Vereinigung nahm dieser Tage wieder ihre Tätigkeit auf. Zu der Festsitzung hatten die psychoanalytischen Vereinigungen aus aller Welt herzliche Begrüßungsschreiben geschickt, darunter die Tochter Prof. Freud's aus London und aus New York der letzte Obmann der Vereinigung, Dr. Paul Federn.

Die Gedenkrede auf Sigmund Freud hielt Dr. A. Winterstein, der die großen Verdienste dieses Wiener Forschers würdigte. A. Aichhorn, der Schöpfer der Erziehungsberatung im Jugendamt der Gemeinde Wien, stellte die Pläne der wiedererstandenen Wiener psychoanalytischen Vereinigung vor. Sie will sich neben der Behandlung von Neurosen, neben der wissenschaftlichen Tätigkeit und der psychoanalytischen Ausbildung besonders den Fragen der verwahrlosten Jugend annehmen.

Zu dem Festakt waren neben der vier Alliierten Mächte Bundesminister Dr. Hurdes, Altbürgermeister Seitz und zahlreiche Festgäste erschienen.

12.4.1946: Die Rathausglocken wurden aufgezogen

Auf dem Rathausplatz wurde heute eine Windevorrichtung aufgestellt. Lange Zugseile, die vom Turm bis auf die Erde reichten wurden an den Glocken festgemacht, und genau um zehn Uhr hob sich die erste Glocke über die breiten Steinfließen und schwebte langsam in die Höhe. Die Rathausglocke besteht aus drei traubenförmig übereinandergehängten Einzelglocken im Gewichte von 2.002, 1.160 und 18 Kilogramm, die zusammen, beim Anschlagen, den bekannten Ton geben.

13.4.1946: Dankgottesdienst anlässlich des Befreiungstages

Kardinal Innitzer hielt den Dankesgottesdienst.

Fürsterzbischof Kardinal Innitzer zelebrierte heute in der Kirch Am Hof, anlässlich des 1. Jahrestages der Befreiung Wiens durch die Rote Armee, einen Dankgottesdienst, an dem Bundeskanzler Ing. Figl und mehrere Mitglieder der Bundesregierung teilnahmen.

15.4.1946: Die Löschwasserbehälter werden beseitigt

Im Zuge der Maßnahmen zur unabhängigen Löschwasserversorgung Wiens wurden auf den öffentlichen Verkehrsflächen der Bezirke 1, 3, 4, 5, 6 und 9 oberirdische Löschwasserbehälter aus Stampfbeton hergestellt, die, nunmehr völlig überflüssig geworden, lediglich Verkehrshindernisse darstellen und daher aus Gründen der Verkehrssicherheit zu beseitigen sind.

Da bei dem derzeitigen Mangel an Fuhrwerken die Abfuhr der Betonbrocken nicht in Frage kommt und anderseits in den einzelnen Bezirken wegen der gleichen Transportschwierigkeiten das erforderliche Sandmaterial für Straßenbauarbeiten mangelt, werden die nach dem Abbruch der Behälter anfallenden Betonbrocken mittels fahrbarer Brecheranlagen an Ort und Stelle zu Schotter, Kies und Sand zerkleinert und nach drei Korngrössen sortiert. Das so gewonnene Sandmaterial stellt in der jetzigen Zeit der Beschaffungsschwierigkeiten einen wertvollen Baustoff dar, ist für Pflasterungen ohne weiteres geeignet und braucht für seine Verwendung nicht erst auf langem Wege unter Inanspruchnahme von Transportraum herangeschafft zu werden.

Von den insgesamt 141 Behältern wurden bisher 13 abgebrochen.

17.4.1946: Preisgericht prüft Wettbewerbsentwürfe Stephansplatz und Karlsplatz

Unter dem Vorsitz des Bürgermeisters Körner trat das Preisgericht der Wettbewerbe der Stadt Wien zur Erlangung städtebaulicher Entwürfe für die Gestaltung des Stephansplatzes und des Karlsplatzes zusammen, um die eingelangten Arbeiten zu prüfen. Dem Preisrichterkollegium gehören u.a. die Stadträte Novy und Rohrhofer, der Vorsitzende des Technischen Beirates für den Wiederaufbau der Stadt Wien StR. a.D. Weber, Stadtbaudirektor Ing. Gundacker, der Rektor der Technischen Hochschule Wien Hofrat Prof. Holey, Prof. Lehmann von der ehemaligen Deutschen Technischen Hochschule in Prag, Prof. Zotter von der Technischen Hochschule Graz und die Oberbauräte des Wiener Stadtbauamtes Ing. Loibl, Ing. Schartelmüller und Ing. Leischner. An dem Wettbewerb für den Stephansplatz haben sich 50 und an dem für den Karlsplatz 61 Architekten beteiligt. Sämtliche Entwürfe sollen in einer Ausstellung im Rathaus gezeigt werden.

18.4.1946: Rückgabe von widerrechtlich angeeignetem Gemeindeeigentum

Im Vorjahre sind während der Kampfhandlungen und in der Zeit nachher eine Anzahl von Spezialhandkarren aus der der Stadt Wien gehörenden Schweinemastanstalt Hetzendorf widerrechtlich entfernt worden. Personen, die im Besitz solcher Karren sind, werden aufgefordert, diese binnen zwei Wochen an die genannte Anstalt zurückzustellen.

19.4.1946: Tschechische Kartoffel für die KZ'ler

Anlässlich seines Besuches in Prag haben Funktionäre des tschechischen KZ-Verbandes dem Stadtrat für das Ernährungswesen Sigmund mitgeteilt, dass der KZ-Verband drei Waggons Kartoffel angekauft hat, die er den Wiener KZ'lern zum Geschenk übermittelt. Die Sendung ist vor einigen Tagen abgegangen.

19.4.1946: Lebertran aus Schweden

Mit dem neuen Transport der Schwedenhilfe sind sieben Lastkraftwagen mit Lebertran für die Wiener Kinder eingetroffen. Der Lebertran wird an Kleinkinder sowie an gemeindeeigene und private Kinderheime und an öffentliche Spitäler verteilt werden.

19.4.1946: Schweizerisch-Wiener Theateraustausch

Das Ensemble des Theaters in der Josefstadt verlässt Wien, um zum ersten Mal das wiedererstandene Österreich im Ausland zu vertreten. Dieses Gastspiel nimmt im Schauspielhaus Zürich seinen Anfang und führt dann u.a. in die Städte Basel, Bern und Luzern, während im Austausch das Schauspielhaus Zürich im Theater in der Josefstadt mit Bert Brechts "Mutter Courage und ihre Kinder" gastiert. Die Josefstadt bringt auf den schweizerischen Bühnen das wohl repräsentativste österreichische Lustspiel "Der Schwierige" von Hugo von Hofmannsthal zur Aufführung.

Dem Ensemble, das von Direktor Rudolf Steinböck geführt wird, gehören alle Schauspieler der Wiener Premierenbesetzung an, wie Anton Edthofer, Vilma Degischer, Jane Tilden, Hans Holt, Elisabeth Markus, Carl Günther und Franz Pfaudler.

20.4.1946: Ausgabe von Schuhreparaturscheinen

Die Schuhmacherbetriebe der Bezirke 1 bis 26 haben in der Zeit vom 6. bis 18. Mai 1946 die Neurayonierung für Schuhreparaturen durchzuführen. Mit dem 18. Mai werden die früheren Kundenlisten ungültig. Die Rayonierung erfolgt gegen Vorlage eines dreiteiligen Schuhreparaturscheines bei den Schuhmachern. Der Schuhreparaturschein gelangt mit der Lebensmittelkarte zur Ausgabe.

24.4.1946: Die Kohlenlage in Wien

Die Kohlenbeschaffungsstelle der Stadt Wien teilt mit, dass die UNRRA-Kohle, die aus Polen und aus der Tschechoslowakei kommt, nur für die Bundesländer bestimmt ist. Die Verwaltung der Stadt Wien bemüht sich aber, einen Teil dieser Kohle für Wien zu erhalten, oder, wenn dies nicht durchführbar sein sollte, wenigstens die Fettkohle der UNRRA-Lieferungen zum Zwecke der Gaserzeugung gegen Mager- und Braunkohle aus dem Wiener Kontingent zu tauschen.

Die Lieferung polnischer Kohle aufgrund des Kompensationsvertrages ist noch nicht spruchreif, weil dieser Vertrag zwischen der österreichischen und der polnischen Regierung von den Alliierten bisher noch nicht ratifiziert wurde. Aber auch dann ist diese Kohle nicht für Wien sondern zur Lieferung an die Bundesländer vorgesehen. Die Kohlenbeschaffungsstelle hat auch in diesem Fall ihr Interesse an einer Beteiligung zugunsten der Wiener Gaswerke bei den zuständigen Regierungsstellen bereits angemeldet.

Wenn die Transportlage gegenwärtig als befriedigend bezeichnet werden kann, dann nur deshalb, weil derzeit weniger Kohle als früher verfrachtet wird. Die Produktion ist im Ruhrgebiet wie auch in der Steiermark infolge der bestehenden Ernährungslage geringer geworden. Der Anteil Österreichs an der Ruhrkohle wurde aber auch durch eine Änderung in der Quotenzuteilung kleiner.

In Grünbach wird wieder Kohle gefördert. Die Lieferungen entsprechen, bis auf die für die Gaswerke, ungefähr den Vereinbarungen. Die Lage ist dadurch für die Gaswerke ernst geworden. Die Arbeiten in der vergangenen Woche galten daher in erster Linie der Verbesserung der Kohlenlage in diesen Werken. Neben den schon erwähnten Maßnahmen wurde die Ressortstelle der amerikanischen Militärregierung um Erhöhung der Zufuhren und eine größere Entnahme aus den amerikanischen Lagern gebeten.

Bürgermeister General Dr. h.c. Körner verhandelt derzeit mit den Prager Behörden über Kohlenlieferungen für die Stadt Wien.

25.4.1946: Straßenumbenennungen

Im 7. Bezirk wurde die "Kreipelgasse" in "Ahornergasse" rückbenannt. Der Text der Erläuterungstafel lautet: "Karl Ahorner, 1873 - 1934, Fabrikant, Wohltäter." Ebenso wurde die "Herbert Norkus-Gasse" im 14. Bezirk in "Zichygasse" umbenannt. Die Erläuterungstafel hierzu trägt den Text: "Zur Erinnerung an die Eigentümer der Realität, auf der dieser öffentliche Verkehrsweg errichtet wurde, nämlich die gräfliche Familie Zichy, die durch drei Generationen dieses Grundstück besaß."

26.4.1946: Kriegsgefangene aus Norwegen kehren Heim

Wie das Wiener Interalliierte Kommando (Britische Sektion) dem Bürgermeister der Stadt Wien mitteilt, wird der Rücktransport nach Wien von 1.129 Österreichern (darunter 57 Frauen), die sich gegenwärtig als Kriegsgefangene in Norwegen befinden, in die Wege geleitet.

26.4.1946: Österreichische Gemeindezeitung erscheint wieder

Der wiedererstandene Österreichische Städtebund hat in seiner gründenden Tagung im März den Beschluss gefasst, die Österreichische Gemeindezeitung wieder herauszugeben. Die Gemeindezeitung ist als offizielle Zeitschrift des Österreichischen Städtebundes mehr als ein Jahrzehnt hindurch die bedeutendste kommunalpolitische Zeitschrift Österreichs gewesen. Sie wurde in den Jahren des Aufbaues der österreichischen Städte nach dem Ersten Weltkrieg vom jetzigen Finanzreferenten der Stadt Wien, Stadtrat Karl Honay, der als Sekretär des Österreichischen Städtebundes gewirkt hat, geleitet. Nach seiner Berufung zum Stadtrat hat Hans Riemer, der jetzige Leiter der Pressestelle der Stadt Wien, die Redaktion der Gemeindezeitung besorgt. Die neue Leitung des Städtebundes hat ihn wieder mit der Schriftleitung der Zeitung betraut. Die Gemeindezeitung erscheint mit Rücksicht auf die Papierknappheit vorerst als Monatszeitschrift. Es ist aber geplant, sie so bald als möglich wieder halbmonatlich herauszugeben. Die erste Nummer enthält u.a. das Verhandlungsprotokoll des 1. Österreichischen Städtetages mit Referaten von StR. Honay, von Vizebürgermeister Dr. Scherleitner (Linz), über kommunale Finanzprobleme und des Wiener Stadtbaudirektors Dipl.-Ing. Gundacker über den "Wiederaufbau der österreichischen Städte".

29.4.1946: Die Wasserversorgung von Wien

Eine der wichtigsten Aufgaben der Wiener Gemeindeverwaltung ist die Versorgung der Stadt mit Trink- und Nutzwasser. Wie bedeutsam sie ist, konnten die Wiener in der Zeit erkennen, als infolge der Bombenschäden und Kampfhandlungen die Wasserzufuhr nicht mehr richtig funktionierte. Die Stadt wird vorwiegend mit Hochquellenwasser versorgt, das aus den Quellgebieten der 1. und 2. Hochquellenleitung - Rax-, Schneeberg- und Hochschwabgebiet - zufließt. Zusätzlich wird aber noch in mehreren größeren Werken Grundwasser gefördert und eine Anzahl Notwasserwerke ergänzt das Versorgungsnetz der Stadt. Vierhundert verwendbare Hausbrunnen leisteten in der Zeit der Luftangriffe wertvolle Hilfe. Außerdem gibt es noch die Wientalwasserleitung, die Oberflächenwasser, das zu Nutzzwecken verwendet wird, aus dem Stausee bei Unter-Tullnerbach nach Wien bringt.

Der Krieg hat an den Einrichtungen der Wiener Wasserleitung viele Zerstörungen angerichtet. Die 1. Hochquellenleitung wurde an 7, die 2. an 2 Stellen schwer beschädigt. Diese Schäden konnten aber bereits behoben werden und beide Fernleitungen sind nun wieder in Betrieb. Zwei Behälter wurden durch Bombentreffer zur Hälfte, ein dritter gänzlich außer Betrieb gesetzt. Hievon sind die Schäden des Behälters am Laaerberg beinahe zur Gänze behoben, der Wienerberger-Behälter befindet sich noch in Reparatur, während mit der Instandsetzung des Behälters am Krapfenwaldl, der am schwersten beschädigt wurde, demnächst begonnen werden wird.

Die größten und zahlreichsten Schäden weist natürlich das Rohrnetz in den Straßen auf. Bisher wurden 3.200 Rohrschäden festgestellt. Allein 20 Prozent davon betreffen die großkalibrigen Hauptleitungen. Die Rohrleitungen sind häufig nicht nur in der Nähe von Einschlagstellen beschädigt worden; oft sind Schadensstellen weit vom nächsten Trichter entfernt. Bodenerschütterungen durch die Fortpflanzung des Explosionsdruckes in den unter Betriebsdruck stehenden Leitungen und ähnliche Ursachen hatten noch weitere Rohrzerstörungen zur Folge. Infolge der häufigen Bodenerschütterungen sind aber zweifellos noch größere, besonders die überalterten Teile des Rohrnetzes betreffende Gebiete schwer in Mitleidenschaft gezogen worden, so dass für die nächsten Jahre mit einem erhöhten Anfall von Gebrechen gerechnet werden muss, der die normale Häufigkeit um ein Vielfaches übersteigt.

Die Behebung von Kriegsschäden an den Wasserleitungen gehört zu den schwierigsten Arbeiten der Stadtverwaltung auf dem Gebiete des Tiefbaues. Besonders ungünstig ist das Zusammentreffen von Schäden an verschiedenartigen Einbauten an gleicher Schadensstelle, also dort, wo Gas austritt und eine Überflutung durch rückgestaute Kanalwässer dazukommt. Manche Hauptrohrstränge liegen in einer Tiefe bis zu 10 m und sind oft auf Längen von 50 m und mehr zerstört.

Trotz der großen Schäden ist die Wasserversorgung derzeit gesichert.

30.4.1946: Eröffnung der Rotundenbrücke

Die Rotundenbrücke wurde 1945 in die Luft gesprengt.

Eröffnung der Rotundenbrücke durch Vizebürgermeister Speiser.

Im Beisein von Vizebürgermeister Speiser, Stadtrat Novy, Offizieren der Roten Armee sowie zahlreichen Ehrengäste wurde die Rotundenbrücke von Gardegeneralleutnant Lebedenko eröffnet und der Verwaltung der Stadt Wien übergeben. Lebedenko wies in seiner Ansprache auf dieses neuerliche Zeichen sowjetrussischer Freundschaftshilfe hin. In einer unglaublich kurzen Zeit habe die Rote Armee nicht weniger als 32 Brücken wiederhergestellt und dem Verkehr übergeben. Im Mai wird auch die Schwedenbrücke wieder benutzbar sein und auch die Floridsdorfer Brücke wird für den Verkehr freigegeben werden. Alle diese Brücken wurden von Pioniereinheiten der Roten Armee mit Hilfe österreichischer Firmen und österreichischer Arbeiter neu errichtet.

Die Rotundenbrücke, die erstmalig im Jahre 1767 als Holzbrücke errichtet worden ist, hätte schon eine alte Vergangenheit. 1936 wurde die große moderne Brücke gebaut, die die Faschisten allerdings im Jahre 1945 in die Luft sprengten.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).