Historischer Rückblick aus dem Jahr 1947

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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Mai 1947

Mai

3.5.1947: Die Institution der öffentlichen Verwaltungen in Wien

Der Wiener Magistrat als Amt der Landesregierung hat für das Gebiet der Stadt Wien auch die Bestellung und Abberufung von öffentlichen Verwaltern durchzuführen. Die Vorsorge für herrenlose Betriebe, für solche von politisch belasteten Personen und die Geltendmachung von Rückstellungsansprüchen erforderte im Jahre 1945 zum Beispiel die Bestellung von mehr als 2.000 Verwaltern, während jetzt im Monatsdurchschnitt kaum 30 Verwalter, diese fast ausschließlich zur Sicherstellung von arisierten Vermögenschaften, bestellt werden. Durch das Erscheinen des Nationalsozialistengesetzes 1947, die Rückgabe- und Rückstellungsgesetze erfolgt seit einigen Wochen die Abberufung von öffentlichen Verwaltern in steigendem Maße. Im Zuge der gesetzlichen Neuregelung wurden bisher rund 450 Verwalter abberufen, eine Zahl die sich noch beträchtlich erhöhen wird, da die Auswirkungen des neuen Verbotsgesetzes jetzt erst zur Geltung kommen. Eine in der Öffentlichkeit oft übersehene selbstverständliche Voraussetzung für alle Entscheidungen einer Behörde ist allerdings, dass das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist, Verzögerungen bei der Behandlung von Anträgen sind in der Regel auf das Fehlen wichtiger Beweisstücke zurückzuführen.

3.5.1947: Neuer amerikanischer Stadtkommandant

Im Kommando der in Wien stationierten amerikanischen Besatzungstruppen ist in den letzten Tagen ein Wechsel eingetreten. Der neue Stadtkommandant der USA ist Brigadier General A.C. Gorder. General Gorder stattete heute in Begleitung des Lt. Collonel Dexter Lawry Bürgermeister Körner einen Besuch ab.

4.5.1947: Zweite und dritte Ausgabe von Gemüsepflänzchen

Die Magistratsabteilung für Siedlungs- und Kleingartenwesen gibt an Erntelandinhaber in den nächsten Tagen in der Berufsschule Kagran die zweite Partie Gemüsepflänzchen (Kraut, Kohl, Kohlrabi, Salat und Kochsalat) sowie in der Städtischen Gärtnerei des Zentralfriedhofes die dritte Partie Gemüsepflänzchen (Früh- und Spätkraut, Kohl, Kohlrabi, Salat und Kochsalat) aus.

Die Ausgabe erfolgt nur gegen Vorlage der Ernteland-Ausweiskarte für 1947 oder der Ernteland-Evidenzkarte für 1947.

5.5.1947: Graf Bernadotte im Rathaus

Bürgermeister Körner gab heute zu Ehren des Präsidenten des Schwedischen Roten Kreuzes, Graf Folke Bernadotte af Wisborg, einen Empfang im Rathaus, an dem neben den schwedischen Gästen, unter ihnen der Geschäftsträger, Legationssekretär Malling und der Leiter der Schwedenhilfe, Dr. Torsten Arneus, auch Bundeskanzler Dr. Ing. Figl und Bundesminister Maisel, Vbgm. Weinberger, Stadtrat Dr. Freund und die beiden Präsidenten des Österreichischen Roten Kreuzes, Altbgm. Seitz und Dr. Mitlöhner teilnahmen.

Bürgermeister Körner mit Schwedendelegation.

In seiner Begrüßungsansprache dankte Bürgermeister Körner den schwedischen Freunden für die Hilfe, mit der sie - neben den Schweizern - die große Auslandshilfe für Wien eingeleitet haben. Die Schweden mussten sich durch ganz Deutschland durchkämpfen, sagte der Bürgermeister, ja sie mussten sogar das Benzin für ihre Autos selbst mitführen. Über die Institution vom Roten Kreuz führte Körner weiter aus, sie sei entstanden, um die körperlichen Wunden des Krieges heilen zu helfen, sie sei aber in den letzten Jahren immer mehr zu einer internationalen Hilfe zur Linderung der Kriegsfolgen aller Art geworden. "Die Aktionen des Roten Kreuzes und der Auslandshilfe haben unsere Kinder gerettet und unseren Greisen das Leben verlängert".

Graf Bernadotte dankte in seiner Ansprache für die Einladung und führte aus, dass die Verbindung zwischen Schweden und Österreich jahrelang erschwert, ja fast unmöglich war. "Jetzt aber können wir wieder zu Ihnen kommen und Sie können - ich hoffe es wenigstens - zu uns nach Schweden kommen".

Im Anschluss an den Empfang hielt Graf Bernadotte eine Konferenz mit den Leitungsmitgliedern des Österreichischen Roten Kreuzes ab. Er besuchte während seines Aufenthaltes in Wien verschiedene Wohlfahrtseinrichtungen der Gemeinde Wien, vor allem jene, die von der Schwedenhilfe mit Nahrungsmitteln und anderen Spenden versorgt werden, wie Kindergärten und Ausspeisestellen, das Allgemeine Krankenhaus, das Sankt Anna-Kinderspital und die WÖK-Küche, wo die Schülerausspeisung zubereitet wird.

6.5.1947: Behebung von Kriegsschäden an städtischen Wohnhäusern

Der zuständiges Gemeinderatsausschuss hat die Behebung von Kriegsschäden an mehreren städtischen Wohnhäusern beschlossen. Der auf den städtischen Wohnhausbesitz entfallende Anteil an den leider nur kärglich zur Verfügung stehenden Baustoffen bietet die Möglichkeit, noch weitere Arbeiten dieser Art in Angriff zu nehmen. Die Reparaturarbeiten an folgenden Wohnhäusern werden ca.1,360.000 Schilling kosten: 1, Grillparzerstraße 5; 3, Neulinggasse 39; 3, Rüdengasse 8-10; 5, Glasergasse 24-26; 5, Josef-Schwarz-Gasse 11-13; 10; Angeligasse 78 und 14, Penzinger Straße 150-166.

8.5.1947: Vom unproduktiven Wiederaufbau - Aus einem Radiovortrag des Pressechefs der Stadt Wien, Hans Riemer

Mehr als eine Million Kubikmeter Schutt und Müll war die Hinterlassenschaft des Dritten Reiches auf den Plätzen und Straßen unserer Stadt. Die Schuttmenge, die außerdem auf den Baugründen der zerstörten oder beschädigten Gebäude selbst liegengeblieben ist, wurde auf weitere zwei Millionen Kubikmeter geschätzt.

Bis Ende April 1947 sind von der Gemeindeverwaltung allein 670.000 m3 Schutt abtransportiert worden. Die auf einen Kubikmeter Schutt entfallenden Kosten betrugen in den ersten beiden Jahren rund 20 Schilling, sind aber dauernd im Steigen begriffen. Die Gesamtkosten der Schuttbeseitigung betragen also bisher 13 ½ Millionen Schilling. Davon entfallen rund 9 ½ Millionen Schilling auf Arbeitslöhne und vier Millionen Schilling auf Sachausgaben, wie Transportmittel, Werkzeuge und andere Unkosten. Ungefähr fünf Millionen Arbeitsstunden waren dafür erforderlich. Diese Arbeitsleistung entspricht dem Arbeitsaufwand beim Neubau von 1.700 Wohnungen.

Von den 6.214 Gebäuden, die durch Fliegerangriffe und andere Kriegshandlungen gänzlich zerstört wurden, sind nicht alle sofort in einen Schutthaufen verwandelt worden. Bei vielen sind Gebäudeteile oder einzelne Mauern stehengeblieben. Durch Brandbomben und Feuer wurden 1.391 Gebäude völlig zerstört. Sie sind ausgebrannt, aber nur zum Teil selbst in sich zusammengefallen. Diese Brandruinen bilden eine Gefahr für die Sicherheit der Passanten, sie müssen abgetragen oder gesprengt werden. Ihre Zahl vermehrt sich aber immer wieder durch andere beschädigte Gebäude, deren Bauzustand sich durch Regen und Schnee, durch Frost und Tauwetter verschlechtert hat. Zwei Jahre nach seinem Ende fordert der Krieg noch immer Opfer an Menschenleben und an Sachgütern. Fast täglich ereignen sich Einstürze unbewohnter und bewohnter Gebäude, deren schwere Kriegsschäden noch nicht behoben werden konnten. 157 Ruinen sind seit Kriegsende gesprengt und 344 abgetragen worden. Weitere 158 Ruinen sind zur Sprengung bestimmt und zum Teil bereits vorbereitet. 311 andere Gebäudereste müssen noch abgetragen werden.

Welch ungeheure Arbeitsleistung allein in diesem völlig unproduktiven Zweig des Wiederaufbaues unserer Stadt steckt, geht wohl daraus hervor, dass bisher allein für die Sprengungen 109.000 und für die Gebäudeabtragungen 722.400 Arbeitsstunden notwendig waren. Die Kosten der Sprengung und Abtragung der 500 Gebäude und Gebäudereste betragen mehr als 3 ½ Millionen Schilling. Diese Zahlen zeigen, wieviel Arbeit mit der Beseitigung solcher Hausruinen verbunden ist, wieviel Arbeitskräfte dafür erforderlich sind. Dazu kommt, dass in einem Großteil der Fälle die Besitzverhältnisse ungeklärt sind und die Gemeindeverwaltung selbstverständlich erst bei akuter Einsturzgefahr eingreifen und die Sprengung oder Abtragung auf eigene Kosten vornehmen kann. Dazu kommt außerdem, dass wir derzeit in Wien nur eine einzige Firma haben, die Sprengungen durchführen kann und dass wir den dazu nötigen Sprengstoff nicht selbst besitzen und nicht selbst erzeugen dürfen, sondern von den Besatzungsmächten erbitten müssen.

9.5.1947: Wieder Lehrwerkstättenbetrieb in der Mollardgasse

Bürgermeister Körner bei der Eröffnungsansprache zur Wiederaufnahme des Lehrstättenbetriebes in der Mollardgasse.

Bürgermeister Körner bei der Besichtigung der Lehrstätte in der Mollardgasse.

Die Fortbildungsschule in der Mollardgasse, die schon über 30 Jahre friedlicher Lehr- und Lerntätigkeit diente, wurde im Krieg von Bomben schwer getroffen. Nachdem die Nationalsozialisten den Lehrwerkstättenbetrieb fast gänzlich eingestellt hatten und der moderne Maschinenpark von ihrer Kriegsindustrie übernommen wurde, zerstörte im November 1944 ein Fliegerangriff sämtliche Hallen. Der Großteil der Maschinen wurde vernichtet, beschädigt oder verschüttet. Kurz nach dem Einmarsch der Russen begannen Lehrer, Schüler und Amtsgehilfen mit der Bergung, die vorerst nur mit unzulänglichen Mitteln erfolgen konnte. Die rasch ansteigende Schülerzahl machte jedoch den Aufbau der zerstörten Hallen und die Wiederaufnahme des Werkstättenunterrichts zur unbedingten Notwendigkeit. So wurde unter den größten Schwierigkeiten mit Hilfe der Stadtverwaltung im November 1945 begonnen, eine Halle wieder instandzusetzen. Vor kurzem konnte nun in dieser Halle der Unterricht aufgenommen werden. Aus diesem Anlass hatten sich heute Bürgermeister Körner, die Stadträte Flödl und Novy und Stadtbaudirektor Gundacker in der Schule eingefunden.

10.5.1947: Deckenkonstruktionen müssen überprüft werden

In letzter Zeit nimmt die Zahl der Deckeneinstürze ein untragbares Ausmaß an. Die Ursache bildet fast ausnahmslos die ständige Durchfeuchtung der Decken infolge der Schäden in den Dacheindeckungen und die daraus folgende Vermorschung der hölzernen Tragkonstruktionen. Selbst die Wiederherstellung einer Dacheindeckung kann das Fortschreiten einer bereits eingetretenen Fäulnis nicht verhindern.

Die Fäulnis hat den Verlust der Tragfähigkeit der Decken zur Folge, wodurch das Leben und die Gesundheit der Bewohner und auch der Passanten gefährdet wird. Das Gefahrenmoment wird noch dadurch erhöht, dass solche Decken häufig durch Schuttlagerungen aus der Kriegszeit her überlastet sind.

Die Verantwortung für den Bauzustand eines Objektes trägt aufgrund der Bestimmungen der Bauordnung für Wien aber der Eigentümer.

Es ergeht daher an den Eigentümer jener Objekte, deren Decken durch Schuttablagerungen überlastet sind oder infolge von Schäden in den Dacheindeckungen wiederholten Durchfeuchtungen ausgesetzt waren, die Aufforderung, diese Decken durch einen befugten Baugewerbetreibenden sofort untersuchen und festgestellte Schäden an der Tragkonstruktion beheben zu lassen.

10.5.1947: Biel hilft Floridsdorf

Das Landesernährungsamt Wien gibt bekannt:

Das Schweizer Hilfswerk "Biel hilft Floridsdorf" hat neuerlich den Floridsdorfer Jugendlichen zwischen 12 und 18 Jahren Lebensmittel gespendet, die auf den Kaloriensatz nicht angerechnet werden.

12.5.1947: Hofrat Prof. Dr. Marx - Bürger der Stadt Wien

Hofrat Prof. Dr. Josef Marx

Bürgermeister Körner überreichte dem Komponisten Hofrat Prof. Dr. Marx, im Rahmen eines Festkonzerts anlässlich des 65. Geburtstages des Künstlers, das Bürgerdiplom der Stadt Wien. Der Präsident der Gesellschaft der Musikfreunde, Dr. Hryntschak hielt die Festrede, in der er das Schaffen des Komponisten und seine Bedeutung für unsere Zeit würdigte. Im Anschluss daran übergab Dr. Hryntschak an Hofrat Marx als ersten den Ehrenring der Gesellschaft der Musikfreunde.

13.5.1947: 11.369 Paar Schuhe für Wiener Kinder

In den nächsten Tagen werden 11.369 Paar Schuhe für Wiener Kinder zur Verteilung durch das Jugendamt der Stadt Wien übergeben. Diese Schuhe stammen aus einer großen Spende der Pestalozzi-Foundation in New York (Direktor H. C. Honegger), die durch die Schweizer Spende und durch das Schweizerische Rote Kreuz, Kinderhilfe, im Ausmaße von 4.672 Paar Schuhen der Stadt Wien zur Verteilung übergeben werden. Die übrigen 6.697 Paar wurden direkt von der Schweizer Spende, die das dazu notwendige Material aus der Schweiz lieferte, in Wiener Fabriken erzeugt. Gemäß dem Wunsche der Spender gelangen die Schuhe an die Pflegekinder der Bezirksjugendämter, sowie an die Schüler der Volks-, Haupt- und Sonderschulen zur Verteilung.

14.5.1947: Straßenrückbenennungen im 22. und 25. Bezirk

Der zuständige Gemeinderatsausschuss hat in seiner letzten Sitzung die Rückbenennung von 14 in der nationalsozialistischen Aera umbenannten Verkehrsflächen beschlossen. Der Text der Erläuterungstafeln lautet wieder so wie vor der Benennung dieser Straßen, Gassen und Plätze durch die Nationalsozialisten.

22. Bezirk - Süßenbrunn:
Herbert-Rüdiger-Platz in Süßenbrunn-Hauptplatz;

25. Bezirk:
Inzersdorf: Adolf-Hitler-Platz in Inzersdorf-Kirchenplatz; Eduard-Fischer-Gasse in Goldhammergasse;
Kalksburg: Adolf-Hitler-Platz in Kalksburg-Kirchenplatz; Holzweberstraße in Promenadeweg;
Liesing: Holzweberstraße in Häckelstraße; Johann-Held-Gasse in Löwenthalgasse;
Mauer: Adolf-Hitler-Platz in Mauer-Hauptplatz; Holzweberstraße in Mariongasse; Saubergasse in Dr.-Kühne-Gasse; Hans-Prock-Gasse in Bertegasse.
Rodaun: Horst-Wessel-Straße in Rodauner Hauptstraße;
Siebenhirten: Adolf-Hitler-Straße in Siebenhirtener Hauptstraße; Holzwebergasse in Siebenhirten-Pfarrgasse.

14.5.1947: Ein Filmkünstlerisches Ereignis aus dem neuen Italien

Die Gesellschaft der Filmfreunde Österreichs zeigt in der Urania das Meisterwerk des Regisseurs Vittorio de Sica "Sciuscia" (Gassenbub), den aufsehenerregenden Spielfilm aus dem neuen Italien, der das künstlerische Ereignis der Salzburger internationalen Filmfestwoche war. In anklagender Form behandelt er das hochaktuelle Problem der Jugendkriminalität und geißelt Missstände der Erziehung.

Mit diesem Film stellt sich das moderne Italien in die erste Reihe jener Länder, die den aktuellen Problemen unserer Zeit einen vollendeten filmkünstlerischen Ausdruck verleihen.

16.5.1947: Alle seit dem Winter eingestellten Straßenbahnlinien wieder in Betrieb

Durch äußerste Intensivierung der Arbeit in den eigenen Werkstätten und durch die Mitwirkung von Privatfirmen bei der Instandsetzung von Straßenbahnmotoren ist es gelungen, den im Winter eingetretenen Ausfall an Wagen so weit wettzumachen, dass auch die letzten der seit März stillgelegten Linien wieder in Betrieb genommen werden können.

16.5.1947: Die Gemeinde ehrt die Akademie der Wissenschaften

Festveranstaltung in der Akademie der Wissenschaften.

Aus Anlass der Feier des 100jährigen Bestandes der Österreichischen Akademie der Wissenschaften lud Bürgermeister Körner, nach dem Festakt in der Akademie, die Mitglieder sowie die zur Jahrhundertfeier in Wien weilenden ausländischen Gäste zu einem Empfang auf dem Kahlenberg ein.

16.5.1947: Was wollen Sie Wissen? Wir Antworten!

Unter diesem Titel bereitet die Wiener Volksbildung gemeinsam mit der Ravag eine neue Sendung vor, die in freier Diskussion und Meinungsäußerung zu allen Fragen der Wissenschaft, Kultur, Wirtschaft und des Lebens Stellung nehmen möchte.

Die Diskussionen werden von den Dozenten der Wiener Volkshochschulen geleitet werden, aber auch die Hörer selbst sollen an der Beantwortung der gewünschten Fragen teilnehmen. Die Dozenten werden dabei die Möglichkeit haben, auf jene Kurse, Vorträge, Filmvorführungen, Führungen und Ausstellungen hinzuweisen, die den Hörern Gelegenheit bieten, sich mit den in den Sendungen gestellten Fragen eingehender zu beschäftigen. Die vielfältigen Bildungseinrichtungen unserer Stadt werden augenblicklich noch nicht voll ausgenützt und es ist zu hoffen, dass durch diese Sendung neues Interesse für sie geweckt wird. Sendungen ähnlicher Art sind aus dem Radioprogramm anderer Staaten nicht mehr wegzudenken. Die Sendung wird vorerst alle vierzehn Tage am Samstag stattfinden.

19.5.1947: Der Präsident der Schwedischen Europahilfe in Wien

Der Vorsitzende des Exekutivausschusses der Schwedischen Europahilfe, Mitglied des Schwedischen Reichstages, Ruben Wangsson und der Direktor der Europahilfe Carl Johnson sind gestern zu einem mehrtägigen Aufenthalt in Wien eingetroffen. Der Besuch der beiden leitenden Funktionären der großen schwedischen Hilfsorganisation für die vom Kriege betroffenen Länder gilt der Besichtigung der von der Schwedischen Europahilfe der Stadt Wien zum Geschenk gemachten Vibro-Maschinen, die aus Bauschutt die Bausteine für die Siedlungsanlage erzeugen werden, deren Bau von der Gemeinde Wien demnächst begonnen werden wird.

19.5.1947: Die Kriegsgefangenen Wiener

Die Kriegsgefangenen-Fürsorge der Landesregierung Wien hat eine Zählung der noch in Kriegsgefangenschaft befindlichen Wiener vorgenommen. Bei dem vorläufigen Ergebnis handelt es sich keineswegs um endgültige Zahlen, da die Zählung lediglich aufgrund der Angaben der Angehörigen erfolgte, die durch Presse und Radio zur Meldung aufgefordert worden sind. Es ist anzunehmen, dass die Zahl der Wiener Kriegsgefangenen und Vermissten um ca. 25 bis 30 Prozent höher ist.

Als Kriegsgefangene wurden bei der Zählaktion jene Personen gezählt, deren Angehörige bereits Nachricht aus der Gefangenschaft erhalten haben und deren derzeitiger Aufenthaltsort also bekannt ist. Alle anderen noch nicht heimgekehrten und nicht tot gemeldeten Wiener, die ehemals Angehörige der deutschen Wehrmacht waren, gelten als vermisst. Die Erhebung wurde in allen 26 Bezirken Wiens durchgeführt.

Es wurden von ihren Angehörigen insgesamt 42.447 Wiener als noch abwesend gemeldet. Davon sind 13.953 Kriegsgefangene und 28.494 Vermisste, deren Angehörige bisher kein Lebenszeichen erhalten haben. Von den noch nicht heimgekehrten Kriegsgefangenen befinden sich 12.068 in Russland, 1.209 in Jugoslawien, 226 werden noch aus Frankreich erwartet und 147 aus Belgien. In allen anderen Ländern liegt die Zahl der dort noch in Gefangenschaft befindlichen Wiener unter 50.

Die 28.494 Vermissten verteilen sich auf die verschiedenen Staaten wie folgt: In Russland gelten 23.467 Wiener als vermisst, in Jugoslawien 1.118, in Frankreich 805, in Belgien 92, in Italien 624, in Afrika 65, in England 56, in Griechenland 98, in Holland 93 und in Norwegen 37.

20.5.1947: Die Jugend Amerikas für die Wiener Jugend

Der ehemalige Wiener Lehrer und Gemeinderat, Ernst Papanek, derzeit Direktor der amerikanischen Jugendorganisation "American Youth for World Youth" ("Amerikas Jugend für die Weltjugend") in New York, sammelt im Rahmen dieser Organisation Spenden für bedürftige Kinder aller durch den Krieg schwer heimgesuchten Länder. Aus dieser Sammlung konnten schon im Spätherbst und vor Weihnachten 1946 über 1.000 Kinder Wiens mit Lebensmitteln, Schulsachen, Toilettenartikeln und zum Teil auch mit Wäsche- und Kleidungsstücken beteilt werden. Nun wurden neuerlich 500 besonders bedürftige Wiener Kinder mit Nahrungsmitteln, Schulutensilien und Toilettenartikeln versorgt.

20.5.1947: Die Vibroblockstein-Erzeugung

Schwedische Ziegelmaschine in Betrieb.

Schwedische Ziegelmaschine in Betrieb.

Die Schwedische Europahilfe hat der Gemeinde Wien zwei Maschinensätze für die Vibroblockstein-Erzeugung zur Verfügung gestellt. Die Betriebsaufnahme fand heute in Anwesenheit der schwedischen Gäste, Präsident Wangsson sowie Johnsson und Johannesson statt. Die Erzeugungsstätte befindet sich in einem wiederhergestellten Objekt des Arsenals. Damit ist in Wien erstmalig die Gelegenheit gegeben, den Schutt der bombenzerstörten Häuser rationell zu verwerten. Die Vibrosteine sind Hohlblock-Betonsteine im Großformat, die aus einem Gemisch von Schutt, Ziegelschrot und Zement erzeugt werden. Das Format hat ein Ausmaß von 30 x 20 x 16,5 cm. Volumengemäß entspricht dies 4 ½ normalen Ziegelsteinen. Nachdem diese Vibroblocksteine Hohlräume besitzen, sind die wärmetechnischen Vorteile eigentlich der Wirkung von 5 ½ normalen Ziegelsteinen gleichzustellen. Durch dieses günstige Verhältnis zu den normalen Steinen wird bei der Verwendung als Mauerwerksteine eine wesentliche Ersparnis erzielt, wobei die Kohlenersparnis gegenüber den normalen gebrannten Ziegeln von besonderer Bedeutung ist.

Durch die zwei Maschinensätze, die im Wesentlichen aus je einer Brechanlage und einer Vibroerzeugungsmaschine bestehen, ist man in der Lage, bei zweischichtigem Betrieb täglich rund 3.600 Stück Vibrosteine zu erzeugen. Mit dieser Menge können täglich 1 ½ Siedlungshäuser im Rohbau errichtet werden. Bei der heutigen Baustoffknappheit bietet demnach dieses Erzeugnis die Möglichkeit, mit dem Neubau der Siedlungshäuser zu beginnen.

21.5.1947: Die Verwertung von Kabeljau

Über die zweckmäßige Verwertung von Kabeljau gibt das Marktamt der Stadt Wien einige Rezepte des Küchenchefs Franz Ruhm bekannt:

z.B.
Kabeljau als Bröselfisch

4-6 Portionen: 1 kg kalt gewaschenen Kabeljau samt Haut und Gräten in handbreite Stücke schneiden, in ½ Liter kochendes Salzwasser einlegen, Schuss Essig und etwas grüne Petersilie beifügen und zugedeckt langsam 20 Minuten kochen, abseihen und das reine Fischfleisch von Haut und Gräten auslösen. Zur Fertigstellung 2-3 Esslöffel Semmelbröseln und einem Esslöffel Fett braun rösten, salzen, das in Stückchen gerissene Fischfleisch beifügen und unter Schwenken und Durchschaufeln gut erhitzen. Beilage grüner Salat.

22.5.1947: Aus dem Wiener Gemeinderat

Im heutigen Gemeinderat, unter Vorsitz von Bürgermeister Körner, standen u.a. folgende Punkte zur Debatte:

Die Neuregelung des Kollektivvertrages der städtischen Bäckereiarbeiter und eine Erhöhung der Arbeitslöhne in den Wirtschaftsbetrieben der städtischen Weingüter Gumpoldskirchen und Maria Enzersdorf; Antrag auf einen Beschaffungskredit in der Höhe von 800.000 Schilling für das Zentrallager der städtischen Kranken- und Wohlfahrtsanstalten sowie der Abschluss eines Vertrages mit der Baustoff-Abtransport- und Verwertungsgesellschaft m.b.H.

22.5.1947: Gewölbeeinsturz auf der Wieden

In der Ruine der ehemaligen Polizeikaserne in der Rainergasse, Ecke Johann-Strauß-Gasse, wo derzeit Abtragungsarbeiten durchgeführt werden, ist heute ein Gewölbe eingestürzt, auf dem sich drei Arbeiter befunden haben. Diese wurden von den Schuttmassen mitgerissen und teilweise verschüttet. Die Feuerwehr konnte die Verunglückten, die Verletzungen verschiedenen Grades erlitten haben, nach kurzer Zeit bergen und dem Rettungsdienst übergeben.

27.5.1947: Die "Ravensbrücknerinnen" beim Bürgermeister

In Anwesenheit der Stadträte Honay und Dr. Matejka empfing Bürgermeister Körner das Präsidium und eine Abordnung der Tagung der überlebenden KZ'lerinnen aus dem Lager Ravensbrück.

Die Delegation, bei der sich neben Frauen aus den österreichischen Bundesländern auch fünf Tschechinnen und eine Französin befanden, war vom Vorsitzenden des Bundesverbandes der ehemalig politisch Verfolgten, Ministerialrat Dr. Sobek und Nationalrat Mark begleitet.

Die Delegation trug zahlreiche Bitten und Anregungen vor. Nationalrätin Jochmann wies erneut auf die Errichtung einer würdigen Gedenkstätte der Opfer des Nationalsozialismus hin und ersuchte die Gemeindeverwaltung, die Forderungen, die in der von der Tagung beschlossenen Resolution zusammengefasst sind, zu unterstützen.

28.5.1947: Französische Auszeichnung für den Wiener Branddirektor

Die Gesandtschaft der französischen Republik hat dem Bürgermeister mitgeteilt, dass dem Branddirektor der Stadt Wien, Josef Holaubek, anläßlich des im Juli 1946 in Paris stattgefundenen internationalen Feuerwehrkongresses in Anerkennung seiner Verdienste um den Wiederaufbau der Wiener Berufsfeuerwehr die Silberne Feuerwehr-Ehrenmedaille mit Rosette verliehen wurde.

29.5.1947: Freiwerdende Wohnungen müssen gemeldet werden

Der Amtsführende Stadtrat für das Wohnungswesen, Albrecht, wendet sich an die Hausbesitzer und Hausverwalter mit folgender Mahnung:

"Es hat sich wider der Fall ereignet, dass ein Hausbesitzer die Anforderung und ordnungsgemäße Vergebung einer Wohnung dadurch verhindern wollte, dass er statt der vorgeschriebenen Anzeige ein leeres Blatt Papier in einen Briefumschlag, eingeschrieben an das Wohnungsamt einsandte, um nachher behaupten zu können, er hätte die, in seinem hause leerstehende Wohnung angemeldet.

Es wird deshalb neuerlich aufmerksam gemacht, dass Leermeldungen über Wohnungen nur dann als tatsächlich erfolgt angesehen werden können, wenn die Übernahme der Anmeldung von einer zuständigen Stelle des Wohnungsamtes auf dem Durchschlag derselben bestätigt worden ist. Andernfalls sieht sich das Wohnungsamt genötigt, die im Gesetz vorgesehene Strafanzeige zu erstatten."

29.5.1947: Die Tuberkulose im Film

Das Städtische Gesundheitsamt bekämpft die Tuberkulose mit allen Mitteln. Es bedient sich dabei der modernsten Errungenschaften auf dem Gebiete der Medizin und der Forschung. Eine wichtige Unterstützung im Kampfe gegen diese Volksseuche ist die Aufklärung. Der Tuberkulosefilm "Macht im Dunkel" wird dazu ein wesentlicher Beitrag sein. Die Uraufführung dieses Filmes wird im Apollo-Kino stattfinden.

29.5.1947: Die Nervenheilanstalt Rosenhügel - Eine der größten des Kontinents

Am Rande von Wien, liegt auf einer Fläche von 229.590 m2 , die städtische Nervenheilanstalt Rosenhügel. Bereits seit der Stiftung durch Nathaniel Rothschild als Heilanstalt für Nervenkranke, nicht aber für Geisteskranke oder gar unheilbar Irre bestimmt, erfüllt sie heute wieder ihren, der Allgemeinheit dienenden Zweck, ein Spezialkrankenhaus für Nervenleiden zu sein. Im Jahre 1912 gegründet, stand die Anstalt zunächst unter der Leitung des verstorbenen Dozenten Dr. Söldner. Sein Nachfolger war der jetzt in Amerika als Neurologe erfolgreiche Dr. Wilder. Im Krieg wurde die Anstalt Lazarett, blieb jedoch weiter unter der Verwaltung der Gemeinde Wien. In den letzten Wochen des Zweiten Weltkrieges wurden die beiden Krankenpavillons durch Bomben schwer getroffen und auch die Kampfhandlungen im April 1945 fügten der Heilstätte schwere Schäden zu.

Schon im Mai 1945 wurde Univ.-Prof. Dr. Stransky, dessen großes Verdienst die Anerkennung des gemeinnützigen Zweckes der Anstalt durch die Besatzungsmacht war, zum neuen Leiter bestimmt. Auch mit den Wiederaufbauarbeiten wurde sofort begonnen und im Juli 1945 konnten die ersten Patienten wieder aufgenommen werden. Im Herbst 1945 war auch der eine der schwer beschädigten Pavillons durch die aufopfernde Arbeit des gesamten Personals wiederhergestellt und auch die kostbaren Apparaturen für Kurzwellen-, Diathermie- und Sollux-Behandlung waren wieder gebrauchsfähig.

Die Instandsetzungsarbeiten am zweiten Pavillon gestalteten sich naturgemäß weitaus schwieriger. Unter anderem wurden 100.000 Stück Bauziegel, 40 Tonnen Zement, 30 Tonnen Kalk und 12 Tonnen Eisenkonstruktionsteile benötigt, aber am Anfang dieses Jahres war es auch hier möglich, eine Hälfte dieses Pavillons wieder mit Patienten zu belegen, während am Wiederaufbau der zweiten Hälfte weitergearbeitet wird. Heute beträgt der Bettenbelag 197 Kranke, während im Frieden nur 165 Patienten hier Heilung suchen konnten. dass dies noch immer nicht genug ist, beweist die Zahl der 300 Vormerkungen. Deshalb ist daran gedacht, nach völliger Herstellung des zweiten Pavillons Platz für 245 Kranke zu schaffen. Dadurch wird die Anstalt Rosenhügel eine der größten Nervenheilanstalten in Europa werden.

Die Schwierigkeiten, die es bis dahin noch zu überwinden gilt, sind freilich riesengroß. So hat die Anstalt noch einen eigenen landwirtschaftlichen Betrieb mit Obst- und Gemüsegärten und einen Viehbestand von zwei Pferden, acht Kühen, zwei Kälbern, sechs Ziegen und 72 Schweinen, deren Wartung und Pflege dem zahlenmäßig geringen Personal Sorgen bereitet.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).