Historischer Rückblick aus dem Jahr 1948

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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Juni 1948

Juni

2.6.1948: Eine Enquete über die Lage der Schulentlassenen

Der Geschäftsführende Präsident des Stadtschulrates für Wien, Nationalrat Dr. Zechner, hat heute im Rahmen einer Konferenz der Elternratsobmänner aller Wiener Schulen zur Lage der schulentwachsenen Jugend Stellung genommen. Er führte u.a. aus:

"Die Wiener Schulverwaltung hat mit großer Sorge Kenntnis erhalten, dass, wie aus Mitteilungen des Landesarbeitsamtes Wien zu entnehmen ist, die Schulentlassenen des heurigen Jahres nur zu einem Teil in Lehr- und Arbeitsstellen untergebracht werden können. Die Lage in Hinsicht auf die berufliche Zukunft ist besonders für die weibliche Jugend bedrückend. Es ist zu befürchten, dass durch diese Verhältnisse die sittliche Gefährdung der Jugend weiterhin zunimmt und damit ein schwerer sozialer Übelstand eintritt, der auf viele Jahre hinaus verhängnisvolle Folgen haben kann. Auf Grund der Initiative des Stadtschulrates für Wien hat daher Bürgermeister Dr. h.c. Körner für den 19. Juni eine Enquete einberufen, bei der die verantwortlichen Stellen und Institutionen sich zur Lage der Schulentlassenen in Wien äußern und geeignete Maßnahmen besprochen werden sollen, um diesen Zustand wenigstens einigermaßen zu mildern."

2.6.1948: Alexander Kowalewski gestorben

Am 31. Mai ist Alexander Kowalewski, einer der fähigsten Theaterdirektoren auf dem Gebiete der Wiener Operette, gestorben.

Alexander Kowalewski wurde am 7. August 1889 geboren und widmete 32 Jahre seines Lebens in rastloser Arbeit dem Theater, dem seine ganze Hingabe galt. Er begann seine Karriere als Leiter der Sommerspielzeit in Bozen und Meran, unternahm Tourneen durch ganz Europa und war fünf Jahre hindurch Direktor des Landestheaters in Stuttgart. 1935 übernahm er die Volksoper in Wien, die damals knapp vor dem Zusammenbruch stand. Als erste Novität brachte er die Operette "Der gütige Antonius" heraus. An diesen Erfolg reihten sich weitere durch die Aufführung von "Auf der grünen Wiese", "Herzen im Schnee" u.s.w. und retteten damit das Theater vor dem Ruin. Am 18. Februar 1938 fand die Premiere der Operette "Gruß und Kuss aus der Wachau" statt. Drei Wochen später setzte die Okkupation Österreichs dem Wirken Kowalewskis ein jähes Ende. Er musste Österreich verlassen und verbrachte zehn Jahre in der Emigration. Nach der Befreiung Österreichs war Kowalewski einer der ersten, die nach Wien zurückkehrten, geleitet von dem Wunsche, seine Erfahrungen wieder in den Dienst seiner Heimat zu stellen. Im Sommer 1946 führte er mit großem Erfolg in der Renaissancebühne "Den gütigen Antonius" auf. Seine Bestrebungen gingen aber dahin, ein Wiener Theater zu finden, in dem er sein ständiges Domizil aufschlagen könnte, um dort eine Wiedergeburt der Operette herbeizuführen. Man übergab ihm das Stadttheater, das er am 1. September mit "Gruß und Kuss aus der Wachau" eröffnen wollte.

3.6.1948: Die Gemeinde stellt Ärzte an

In verschiedenen Wiener städtischen Krankenanstalten werden jetzt mehrere Assistentenstellen vergeben: u.a. im Krankenhaus der Stadt Wien Lainz, im Wilhelminenspital, im Rudolfsspital usw.

Die Bezüge betragen derzeit mit allen Teuerungszuschlägen 802 Schilling monatlich.

3.6.1948: Zwei Jahre Care-Mission - Eine halbe Million Pakete für Österreich

Trotz der sich langsam bessernden Lebensverhältnisse gehört auch heute noch ein Care-Paket zu den erstrebenswertesten Dingen.

Allein das Wohlfahrtsamt und das Gesundheitsamt der Stadt Wien erhielten seit Beginn der Care-Aktion vor zwei Jahren 15.314 Lebensmittelpakete, 596 Pakete mit Stoffen und anderen Textilien und zwei Kisten mit Gebrauchsgegenständen. Davon wurden 7.700 Lebensmittelpakete für die Aktion "Helft unseren Alten", 3.800 Pakete für Kinder- und Erholungsheime und 1.300 Pakete für Tuberkulosekranke verwendet. Die Spenden stammten entweder aus der "Österreich-Hilfe der Vereinten Nationen" oder aus verschiedenen Aktionen und Sammlungen des amerikanischen Volkes, wie aus dem "Silent-Guest-Program", dem "Martha Deane-Program", dem "Special Relief Program", der Aktion "People are funny", aus einer großen Spende der Standard Oil Comp., New York usw..

Das ist aber nur ein Bruchteil der Menge an Paketen, die nach Wien geliefert und an die verschiedenen karitativen Vereinigungen, Organisationen und auch an Einzelpersonen verteilt wurden. Insgesamt kamen bis Ende April 317.082 Lebensmittelpakete und 13.173 Textilpakete mit einem Wert von zusammen 3,505.298 Dollar nach Wien, davon über 200.000 Pakete allein im Jahre 1947.

Die Zahl, der durch die Care-Mission seit Beginn ihrer Tätigkeit bis Ende April nach ganz Österreich übermittelten Pakete, ist aber höher als eine halbe Million Stück und entspricht einem Gegenwert von rund 5,5 Millionen Dollar.

4.6.1948: Hundert Jahre Ingenieur- und Architektenverein

Anlässlich der Hundertjahrfeier des Ingenieur- und Architektenvereines sprach heute Bürgermeister Körner in der Festversammlung: "Der Ingenieur- und Architektenverein ist ein geistiges Kind der Revolution von 1848. In ihm verkörperte sich damals die Auflehnung gegen die unhaltbaren, gesellschaftlichen Verhältnisse! Wenn es auch vorher schon Ingenieur-Vereinigungen gegeben hat, so hat er doch etwas ganz Neues bei seiner Gründung vor 100 Jahren bedeutet: eine Interessensvereinigung!

"... schon seit 1857 hat die Stadterweiterung von Wien mit ihren für die damalige Zeit gigantischen Absichten durch Jahrzehnte die Agenden Ihres Vereines beherrscht. Unzählige Vorträge, Diskussionen, Ausstellungen und Interventionen wurden darüber in Ihren Reihen abgehalten. Für den Bau der ersten Wasserleitung von Wien - man kann wohl sagen, eine der wichtigsten Kulturtaten der Stadt, die erst eine 'Großstadt' Wien möglich machte - wurde vieles durch die Diskussionen im Ingenieur- und Architekten-Verein geklärte und die Größe der Aufgabe der Bevölkerung näher gebracht. Der Bau der Ringstraße, die Gestaltung der Hofmuseen, wurde in Ihrer Fachöffentlichkeit besprochen und beeinflusste weitgehend die Meinung der Wiener. 1872 wurde die lange, teilweise unerfreuliche Diskussion über die Gürtelstraße abgeführt und 1875 erstmalig die Erwägungen über das Donaustadtproblem in die Öffentlichkeit gebracht. Das Jahr 1874 brachte wichtige Stellungnahmen und Überlegungen des Vereines zum Entwurf über die neue Bauordnung für Wien und 1877 gehen bei Ihnen hohe Wogen in Debatten und Vorträgen über den neuen General-Baulinienplan der Stadt. 1881 ist den Diskussionen zur Stadtbahnfrage und Wienflussregulierung und der großen Debatte über den Wiener Hafenausbau gewidmet. 1890/91 wird neuerlich über Bauordnung und Verkehrsanlagen diskutiert, 1891/92 vom Ingenieur- und Architekten-Verein die Schaffung des Stadtregulierungsbüros anlässlich der Eingemeindung der Vororte angeregt und 1900 steht der Verein an der Spitze der stürmischen Diskussionen zur Karlsplatzfrage wegen Errichtung des städtischen Museums.

Nach 1918 wird viel über die städtischen Wohnhausbauten und über die Probleme des Hochwasserschutzes für Wien diskutiert, und nach dem Zusammenbruch nach 1945 haben namhafte Vertreter des Ingenieur- und Architektenvereines an der großen Enquete für den Wiederaufbau der Stadt Wien mitgewirkt."

4.6.1948: Der neue russische Stadtkommandant beim Bürgermeister

Der neue russische Stadtkommandant von Wien, Gardegeneralleutnant Abakumow, hat heute bei Bürgermeister Körner seinen Antrittsbesuch gemacht.

5.6.1948: Stadt Wien schafft Brücken-Gerüstschiff an

Die Brücken Wiens sind durch den Krieg so schwer mitgenommen worden, dass die Stadtverwaltung auch heuer noch große Summen für ihre Instandsetzung aufwenden muss. So muss für die Auswechslung der Franz-Höbinger-Brücke über die Liesing in Atzgersdorf der Betrag von 160.000 Schilling aufgewendet werden.

Die beiden Gerüstschiffe der Brückenbauabteilung, die für die Instandsetzungsarbeiten an den Donaukanalbrücken notwendig sind, wurden bei den Kampfhandlungen im April 1945 zerstört. Nun muss ein neues Gerüstschiff um 117.000 Schilling angekauft werden.

7.6.1948: John Nevin Syre in Wien

Der Generalsekretär des Internationalen Versöhnungsbundes, "International Fellowship of Reconciliation", der bekannte amerikanische Vorkämpfer für den Frieden, John Nevin Sayre, weilt auf kurze Zeit in Wien.

Im westlichen Kulturkreis seit Jahrzehnten weit über die Grenzen seiner eigenen Heimat hinaus bekannt, hat J.N.Sayre großen Anteil an allen wichtigen Aktionen internationaler Zusammenarbeit genommen. So ist u.a. auf seine und seiner Mitarbeiter Einflüsse in den westlichen Demokratien in der Militärgesetzgebung der alternative Dienst für Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen möglich und eine große Anzahl wichtiger Friedensmaßnahmen getroffen worden.

J.N. Sayre wird in Wien einen Vortrag zum Thema "Dreißig Jahre Friedensarbeit in Europa und USA" halten.

8.6.1948: Ein Wasserwerk auf dem Rotundengelände

StR. Novy berichtete im Wiener Stadtsenat über den Abschluss eines Vertrages mit der Wiener Messe A.G. über die Errichtung eines Grundwasserwerkes auf dem Messegelände im Prater. Dieses Grundwasserwerk, bestehend aus einem Brunnen und Pumpenhaus mit Chlorierungsanlage, hat eine Leistung von 1.600 Liter in der Minute. Es wurde bereits bei der Herbstmesse 1947 in Betrieb genommen und dient vor allem der Wasserversorgung des Messegeländes. In der übrigen Zeit wird das durch dieses Grundwasserwerk gewonnene Wasser in das Wiener Rohrnetz geleitet. Aufgrund des Vertrages geht das Grundwasserwerk nunmehr in den Betrieb der Wasserwerke der Stadt Wien über.

8.6.1948: Stadtrat Sigmund zurückgetreten

Der Amtsführende Stadtrat für Ernährungswesen Rudolf Sigmund ist krankheitshalber zurückgetreten.

Stadtrat Sigmund scheidet aus einem der schwierigsten Ämter, die die Stadt Wien zu vergeben hat. Er hat das Wiener Ernährungsreferat Mitte Februar 1946 übernommen. In einer Zeit, in der die Ernährung der Großstadt kaum auf längere Zeit als auf wenige Tage im voraus sichergestellt werden konnte.

Bürgermeister Körner hat im Hinblick auf den geschwächten Gesundheitszustandes des Stadtrates Sigmund seinen Rücktritt mit Bedauern zur Kenntnis genommen. Stadtrat Sigmund bleibt aber Mitglied des Wiener Gemeinderates.

Die Sozialistische Fraktion des Wiener Gemeinderates hat als Nachfolger den derzeitigen Bezirksvorsteher des 21. Bezirks, Franz Jonas, vorgeschlagen.

9.6.1948: Wiederherstellung des Wiener Stadions

Wiederaufbau des Wiener Stadions.

Wiederaufbau des Wiener Stadions.

Die beiden durch Bomben total zerstörten Stehplatzsektoren des Wiener Stadions bieten seit drei Jahren nicht nur einen trostlosen Anblick sondern behindern auch den Sportbetrieb. Vor allem bei großen Länderkämpfen machte sich durch den Ausfall der beiden Sektoren ein starker Kartenmangel bemerkbar. Für die Wiederherstellung des Stadions wurde nun ein Betrag von 1,5 Million genehmigt, wovon heuer noch eine Million und im kommenden Jahr der Rest verbaut wird.

10.6.1948: Konstituierung der Theaterkommission für Wien

Bürgermeister Dr. Körner nahm heute im Beisein von StR. Dr. Matejka im Rathaus die Konstituierung der Theaterkommission für Wien vor.

Diese Kommission, bestehend aus Fachbeamten des Wiener Magistrats, Vertretern der Bundespolizei und der Arbeitsinspektion, Fachmännern auf dem Gebiete des Bauwesens, der Heiz- und Lüftungstechnik, der Elektrotechnik und Bühnenfachleuten, die vom Bürgermeister als Landeshauptmann zu berufen sind, hat die Aufgabe als fachmännischer Beirat des Magistrats über Entwürfe für den Bau und die Errichtung neuer Volltheater, Saaltheater mit Schnürboden und Zirkussen sowie für wesentliche bauliche Herstellungen und Änderungen der Einrichtung bestehender derartiger Veranstaltungsbetriebe Gutachten abzugeben und einschlägige Betriebsanlagen periodisch zu überprüfen.

Wie Körner ausführte, hat die Wiener Theaterkommission seit dem Jahre 1938 ihre Tätigkeit nicht mehr ausgeübt. Die Wiederaufnahme der Tätigkeit der Theaterkommission für Wien bedeute einen weiteren Schritt in der Richtung der Normalisierung der behördlichen Tätigkeit auf dem Boden der österreichischen Gesetze. Sie wäre auch geeignet, durch initiative Tätigkeit befruchtend und erneuernd an der Entwicklung des Wiener Theaterwesens mitzuwirken und nicht nur die durch den Krieg verursachten Schäden zu beheben, sondern durch eine gesunde Aufwärtsentwicklung Wien wieder jene Stellung zu verschaffen, die seiner Bedeutung entspricht. Die Theaterkommission, die im wesentlichen die Nachfolgerin der früheren Theaterlokalkommission und Theater-Landeskommission ist und schon im ersten Wiener Theatergesetz vom 11. Juli 1928 vorgesehen war, hätte nicht unwesentlich zur Hebung der Sicherheitsverhältnisse in den Theatern beigetragen. Die Vorsorgen für die Betriebssicherheit in den Wiener Theaterbetrieben wären vorbildlich gewesen und es wird die Aufgabe aller berufenen Stellen sein, in dieser Beziehung den Ruf Wiens zu wahren.

Zum Obmann der Theaterkommission wurde der Leiter der Magistratsabteilung 7, Senatsrat Dr. Kraus, und zu seinem Stellvertreter Oberstadtbaurat Dipl.-Ing. Torggler, Leiter der Magistratsabteilung 28, gewählt.

11.6.1948: Herzlicher Telegrammwechsel Wien - New York

Die Stadt New York feiert am 12. Juni das Goldene Jubiläum der Erweiterung ihres Stadtgebietes, die im Jahre 1898 erfolgte. Aus diesem Anlass findet an diesem Tag über die Fifth Avenue ein Festzug statt, an dem 50.000 Personen, darunter 10.000 Kinder, teilnehmen werden. Unter diesen Kindern wird sich auch eine österreichische Kindergruppe befinden. Bürgermeister Körner hat aus diesem Anlass an den Bürgermeister der Stadt New York, William O'Dwyer, ein Glückwunschtelegramm gerichtet, das vom Oberhaupt der Stadt New York ebenso herzlich erwidert wurde.

12.6.1948: Praterbetrieb wie noch nie - Der Ablauf des ersten Blumenkorsos nach 14 Jahren

Blumenkorso im Prater.

Teilnehmer am Blumenkorso im Prater.

Blumenkorso im Prater: Geschmückter Lkw.

Blumenkorso im Prater: Geschmückter Lkw.

Das schöne Wetter hatte Zehntausende Wiener in den Prater zum 1. Blumenkorso nach 14jähriger Unterbrechung gelockt. Eröffnet wurde der Blumenkorso von Bundeskanzler Ing. Dr. h.c. Figl im Beisein von Vbgm. Honay und Weinberger sowie Altbürgermeister Seitz.

An der Spitze des Festzuges marschierte die alte Deutschmeisterkapelle, gefolgt vom blumengeschmückten Fiaker des Präsidenten des Vereines "Wiener Volksprater" Fritz Imhoff und danach in bunter Reihe viele festlich geschmückte Wagen.

15.6.1947: Die Durchführung des Kinderhilfsappels in Wien

Als mit der Auflösung der UNRRA viele hilfsbedürftige Länder vor einer schwierigen Situation standen, wurde durch einen Beschluss der Generalversammlung der Vereinten Nationen am 11. Dezember 1946 das UNICEF, das Internationale Kinderhilfswerk, gegründet. Die Organisation hat es sich zur Aufgabe gestellt, allen Kindern ohne Unterschied der Rasse, Nationalität oder Religion zu helfen. Der Grundgedanke ist dabei, bereits bestehende Kinderhilfsprogramme durch zusätzliche Lieferungen zu unterstützen. Durch Beistellung von Nahrungsmitteln soll vor allem der Unterernährung bei werdenden und stillenden Müttern, Säuglingen, Kleinkindern, Schulkindern und Jugendlichen entgegengetreten werden. Auch die Erholungsfürsorge wird die Unterstützung der UNICEF genießen.

Als 41. Land hat sich nun Österreich, dessen Komitee sich am 24. Mai konstituierte, dieser weltumspannenden Aktion angeschlossen. In ganz Österreich werden 400.000 Schulkinder und Lehrlinge sowie 20.000 werdende Mütter durch die UNICEF Unterstützung bekommen; davon allein in Wien 100.000 Schulkinder und Lehrlinge, 8.000 Säuglinge sowie 4.000 werdende Mütter.

Zur Durchführung dieser großen Aktion soll der Kinderhilfsappell der Vereinten Nationen, das UNAC, in allen Ländern die Spenden und Beiträge sammeln. Für je 43 in Österreich gesammelte Schilling werden die Vereinten Nationen 57 Schilling in Dollar zuschießen. Die in Österreich aufgebrachten Geldmittel bleiben also im eigenen Land und kommen unseren Kindern zugute.

Heute fand im Rathaus die konstituierende Sitzung des Wiener Landeskomitees der UNAC statt. Stadtrat Freund teilte mit, dass die Sammlung vom 15. Juni bis 15. Juli durchgeführt wird. Der Gewerkschaftsbund, der seine Mitwirkung zugesagt hat, wird fünf Wochen hindurch je einen Stundenlohn einheben und auch andere Verbände haben ihre Unterstützung zugesagt.

17.6.1948: Erich Kleiber bei Bürgermeister Körner

Der berühmte, in Wien geborene Dirigent Erich Kleiber, der sich im Verlaufe einer Europatournee seit einigen Tagen in Wien aufhält, wurde heute von Bürgermeister Körner im Rathaus empfangen.

Erich Kleiber, der die letzte Zeit in Buenos Aires verbrachte, dirigierte dort u.a. zwei große Konzerte unter der Devise "Wiener Walzer für Wien". Das Reinerträgnis verwendete der Künstler zum Ankauf hochwertiger Lebensmittel, die er der Stadt Wien zur Verfügung stellte. Diese Lieferungen hatten zusammen ein Gewicht von rund 16.000 kg. Darunter waren mehr als 1.600 kg Honig, 350 kg Schinken und 650 kg Schokolade und Kakao. Die Spenden wurden an die Aktion "Helft unseren Alten" verteilt.

17.6.1948: Prof. Huxley im Rathaus

Heute stattete der Generalsekretär der UNESCO, Prof. Julian Huxley, Bürgermeister Körner einen Besuch ab. Prof. Huxley besprach mit dem Bürgermeister die Schwierigkeiten im Aufbau unseres Schul- und Erziehungswesens. Prof. Huxley führte u.a. aus, dass er hoffe, dass auf der nächsten Konferenz der UNESCO eine österreichische Delegation die Probleme selbst darlegen wird können. Mit Genugtuung stellte Huxley fest, dass die Delegation der UNESCO die erste Delegation der Vereinten Nationen sei, die zu einem Studienbesuch nach Österreich gekommen sei und er werde Wien mit der Absicht verlassen, alle unsere Bestrebungen nach Kräften zu unterstützen.

18.6.1948: Eine französische Schule in Wien

Mit 1. Oktober wird in Wien 6, Amerlingstraße 6, eine französische Schule eröffnet. Die Schule umfasst eine Volksschule für Schüler ab dem 5. Lebensjahr (ohne Schulgeld) sowie eine Mittelschule, die Schüler für das französische Baccalaureat vorbereitet (Realschule ohne Latein, Realgymnasium mit Latein und Fremdsprachen, Gymnasium mit Latein und Griechisch).

Der Unterricht richtet sich streng nach dem französischen Lehr- und Stundenplan und wird ausschließlich von französischen Lehrkräften, die vom französischen Unterrichtsministerium entsendet sind, abgehalten.

18.6.1948: Aus dem Wiener Gemeinderat

Neuwahl des Städtischen Ernährungsreferenten

Durch den Rücktritt von StR. Sigmund wurde die Wahl eines neuen Amtsführenden Stadtrates der Verwaltungsgruppe X, notwendig. Gemäß dem Vorschlag der Sozialistischen Fraktion wurde der bisherige Bezirksvorsteher von Floridsdorf, Franz JONAS, zum Amtsführenden Stadtrat für Ernährungsangelegenheiten einstimmig gewählt.

Stadtrat Franz Jonas

Franz Jonas steht im 49. Lebensjahr. Er ist der Sohn eines Hilfsarbeiters, der insgesamt 8 Kinder hatte, erlernte das Buchdruckergewerbe und rückte nach Beendigung seiner Lehrzeit im Jahre 1917 zum Militär ein. Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges diente er bei der Volkswehr und nahm an den Abwehrkämpfen in Kärnten im Frühling 1919 teil. Von 1919 bis 1932 als Schriftsetzer, zuletzt als Korrektor tätig, wirkte Jonas zugleich als Vertrauensmann der Buchdruckergewerkschaft und als Funktionär in der sozialistischen Jugendbewegung und in der Sozialdemokratischen Partei. Von 1932 bis zum Februar 1934 bekleidete er die Funktion eines Sekretärs der sozialdemokratischen Bezirksorganisation Floridsdorf. Wegen Teilnahme an der illegalen Brünner Reichskonferenz der Sozialdemokratischen Partei wurde Jonas im Jänner 1935 verhaftet und wegen Hochverrats angeklagt, musste aber wegen ungenügender Beweise frei gesprochen werden. Erst im Jahre 1938 konnte er wieder einen Posten finden, zuerst als Zeitungssetzer, dann als kaufmännischer Angestellter der Floridsdorfer Lokomotivfabrik. Unmittelbar nach der Befreiung Wiens im April 1945 wurde er in die provisorische Gemeindeverwaltung des 21. Bezirkes gerufen, der infolge der Zerstörung der Donaubrücken von Wien nahezu vollständig isoliert war und dessen provisorische Verwaltung, auf sich gestellt, das Chaos allein zu meistern unternehmen musste. Im Februar 1946 wurde Jonas vom Bürgermeister der Stadt Wien zum Bezirksvorsteher von Floridsdorf bestellt.

In der Sozialistischen Partei bekleidet er seit ihrer Wiederaufrichtung im Jahre 1945 die Funktion des 2. Obmannes der Bezirksorganisation Floridsdorf und des Obmann-Stellvertreters des Wiener Landesvorstandes, sowie eines Mitgliedes der Parteivertretung.

22.6.1948: Stadt Wien baut Brücke zwischen Albern und Mannswörth

Anstelle der gesprengten Brücke über den "Kalten Gang" zwischen Albern und Mannswörth wird nunmehr eine provisorische Holzbrücke errichtet. Vom Bau einer definitiven Brücke wird deshalb abgesehen, weil der "Kalte Gang" in absehbarer Zeit reguliert werden soll.

23.6.1948: Die Wiener Sommerbühnen

In Wien gibt es wieder fünf konzessionierte Unternehmungen, die in den Sommermonaten das Stegreifspiel pflegen werden.

Bei diesen Sommerarenen ist nur die Bühne überdacht, während der Zuschauerraum mit durchschnittlich vierhundert Sitzplätzen im Freien liegt. Die technischen Einrichtungen sind, wenn auch viel einfacher, die gleichen wie beim normalen Theater. Daher unterliegen die Sommerbühnen auch der selben Kontrolle wie die übrigen Bühnen.

Die Eintrittspreise bewegen sich derzeit zwischen einem und zwei Schilling. Das Programm wird täglich gewechselt.

Die Stegreifbühnen verdienen es, als Pflegestätten einer Volkskunst, die im 18. Jahrhundert durch Stranitzky und Prehauser zur Meisterschaft entwickelt wurde, gefördert oder zumindest mehr als bisher beachtet zu werden.

26.6.1948: Fünfzig wiederhergestellte Brücken in den Randgemeinden

Eröffnung der Laaberbrücke.

Während der Kämpfe in der Umgebung von Wien in den Apriltagen des Jahres 1945 wurden zahlreiche große und kleine Brücken zerstört oder von den sich zurückziehenden deutschen Truppen absichtlich gesprengt. Millionenwerte wurden dadurch sinnlos vernichtet und der Verkehr auf Jahre hinaus behindert. Allein die sogenannten "Randgemeinden" haben auf diese Weise 87 Brücken verloren. Die Stadt Wien hat auch hier sofort die Initiative ergriffen und mit dem Wiederaufbau begonnen. Mit einem Kostenaufwand von 3,100.000 Schilling wurden bisher fünfzig Brücken wiederhergestellt, während an fünf anderen Brücken, die weitere 1,500.000 Schilling kosten werden, schon gebaut wird. Darüber hinaus wird noch heuer mit dem Bau von sieben Brücken begonnen werden.

Im Beisein von Präsident Kunschak, Vizebürgermeister Weinberger und zahlreichen Ehrengäste eröffnete heute Bürgermeister Körner die 50. Brücke, und zwar die Laaber Brücke im 25. Bezirk.

26.6.1948: Freie Kalkulation nicht für jedes Obst und Gemüse

Aufgrund der bei Preiskontrollen gemachten Erfahrungen macht das Marktamt der Stadt Wien die Händler darauf aufmerksam, dass die Frischwarenanordnung für alles preisgeregelte Inlandsobst wie Kirschen, Ribisel, Stachelbeeren, Frühäpfel und Birnen weiterhin gilt; ebenso für alles Importgemüse und Importobst.

26.6.1948: Erleichterungen für Autofahrer

Aufgrund der Weisungen des Bundesministeriums für Handel und Wiederaufbau hat der Bürgermeister der Stadt Wien das Fahrverbot für Kraftfahrzeuge für Sonn- und Feiertage außer Kraft gesetzt. Gleichzeitig sind einige Bestimmungen der Kundmachung betreffend Maßnahmen zur Verkehrslenkung in Wien vom 10. Jänner 1946, aufgehoben worden. Für Fahrten mit Kraftfahrzeugen an Sonn- und Feiertagen ist daher keine Genehmigung mehr erforderlich und es sind auch solche Fahrten mit Kraftfahrzeugen erlaubt, die nicht ausschließlich im öffentlichen Interesse erfolgen. Ferner ist das Führen von Fahrtenbüchern nicht mehr vorgeschrieben und für Besitzer von Lastkraftwagen ist nur für solche Fahrten, die über 50 km außerhalb der Stadtmitte führen, ein Fahrtauftrag einzuholen.

26.6.1948: Ein "Bieler-Hof" in Wien

Um dem großzügigen Hilfswerk der Stadt Biel ein dauerndes Denkmal zu setzen, wurde heute die städtischen Wohnhausanlage auf dem Kienzerplatz in Floridsdorf in "Bieler-Hof" benannt.

Bürgermeister Körner nahm in Beisein des Stadtpräsidenten von Biel, Eduard Baumgartner, sowie zahlreicher Festgäste die Benennung vor.

Körner gab in seiner Festrede einen ausführlichen Überblick über die aus Biel nach Floridsdorf entsandten Spenden und deren Verwendung. Er bezeichnete die Schweiz und Schweden als die Musterbeispiele der Demokratie auch hinsichtlich sozialer Hilfsbereitschaft.

Der Text der Gedenktafel auf der Wohnhausanlage lautet: "Zu Ehren der Schweizer Stadt Biel, welche nach dem Zweiten Weltkrieg eine große Hilfsaktion für die Bevölkerung von Floridsdorf durchgeführt hat".

29.6.1948: Die Krankenfürsorgeanstalten der Gemeindebediensteten Österreichs schließen sich zusammen

In Anwesenheit der Vertreter der Krankenfürsorgeanstalten der Gemeindebediensteten von ganz Österreich wurde der Beschluss gefasst, eine Arbeitsgemeinschaft (Dachorganisation) zu gründen. Diese Arbeitsgemeinschaft aller Krankenfürsorgeanstalten der Gemeindebediensteten wird bestrebt sein, ähnlich der Bundeskrankenkasse, eine einheitliche Versicherung der Gemeindebediensteten für ganz Österreich mit Landesstellen zu schaffen. Dieses Institut wird rund 130.000 Versicherte umfassen.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).