Historischer Rückblick aus dem Jahr 1950

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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November 1950

November

2.11.1950: Helft die Not lindern!

Vizebürgermeister Honay richtete heute im "Echo des Tages" von Radio Wien anlässlich der Häusersammlung für die Armen Wiens, den Appell an die Wiener Bevölkerung, diese Aktion tatkräftigst zu unterstützen. Die Sammlung wird vom 1 bis 7. November durchgeführt.

3.11.1950: Zum erstenmal wechselseitiges Parkverbot

Der steigende Autoverkehr in Wien drängt zu Sondermaßnahmen auf dem Gebiet der Verkehrsregelung. In Wien wird gegenwärtig in einer stark frequentierten Straße der Inneren Stadt zum erstenmal eine interessante Verkehrsregelung eingeführt: das wechselseitige Parkverbot. Diese Anordnung gilt vorläufig nur für die Seilergasse im Abschnitt zwischen Graben und Kupferschmiedgasse.

Das wechselseitige Parkverbot ist eine verkehrstechnische Einrichtung, die sich seit vielen Jahren in vielen Großstädten bewährt und eingelebt hat. Von heute an dürfen also Fahrzeuge in der Seilergasse an geraden Tagen auf der Seite der geraden Hausnummern und an ungeraden Tagen auf der Seite der ungeraden Hausnummern nicht halten.

4.11.1950: Hansi Niese zum Gedächtnis

Hansi Niese-Denkmal beim Volkstheater.

Am 10. November wäre Hansi Niese, die unvergessliche Wiener Volksschauspielerin, 75 Jahre alt geworden. Sie wurde als weibliches Gegenstück zu Alexander Girardi bezeichnet. Hansi Niese verstarb am 4. April 1934.

Sie wurde als Tochter eines Fabrikanten am Brillantengrund geboren und zeigte schon sehr früh ihre darstellerische Begabung. Mit 12 Jahren sprang sie für ein erkranktes Mitglied einer Wanderbühne ein und war seither dem Theater verfallen. Nach einem Engagement beim Schwender in Rudolfsheim debütierte sie ohne Berufsausbildung, die sie auch später nicht nachholte, 1890 in Znaim und wurde in der Folgezeit an verschiedenen Provinzbühnen in Operetten, Lustspielen, aber auch in klassischen Stücken, hauptsächlich im Rollenfach der Naiven und Sentimentalen beschäftigt. 1893 wurde sie von Adam Müller-Gutenbrunn an das neu errichtete Raimundtheater verpflichtet und setzte sich als Charakterkomikerin sowie als Interpretin des Volks- und Lokalstückes durch. Anlässlich eines Gastspieles am Berliner Thaliatheater lernte sie ihren späteren Gatten, den bedeutenden Schauspieler, Regisseur und Theaterdirektor Josef Jarno kennen. Mit ihm ging sie auch an das Theater in der Josefstadt. Hansi Niese wirkte an vielen Wiener Bühnen, aber auch in vielen Städten Deutschlands und Europa.

4.11.1950: Durch die schweren anhaltenden Regenfälle: Bauschäden und Überschwemmungen in Wien

Die Feuerwehr musste heute 200mal ausrücken, da durch die anhaltenden starken Regenfälle vielfach Bauschäden an bombengeschädigten Häusern in Wien aufgetreten sind. Der Liesingbach führte Hochwasser und ist aus den Ufern getreten. Die Brücken über den Liesingbach sind vielfach durch Treibholz verstopft, das unter schwierigen Bedingungen entfernt werden musste. Durch die Überschwemmungen wurde besonders Inzersdorf und Vösendorf betroffen. Die Feuerwehr musste hier Zillen zur Evakuierung der Bevölkerung einsetzen.

6.11.1950: Prof. Schönbauer - Präsident der Wiener Hauskrankenpflege

Prof. Leopold Schönbauer wurde zum Präsidenten des "Vereines Wiener Hauskrankenpflege" gewählt. Der Verein, der mit der Gemeinde Wien in einem Vertragsverhältnis steht, hat sich die Aufgabe gestellt, mittellose Personen, die nicht in Anstaltspflege gegeben werden können, in ihren Wohnungen zu pflegen.

7.11.1950: Urkunden und Schriften Stefan Zweigs für die Stadtbibliothek

Durch Seine Exzellenz, den Gesandten der brasilianischen Republik, Dr. Roberto Mendes, wurde heute dem Amtsführenden Stadtrat für Kultur und Volksbildung ein Konvolut von Druckschriften, Zeitungen, Dokumenten und Bildern übergeben, die sich auf die letzten Lebenstage und den Tod Stefan Zweigs beziehen.

Sämtliche Schriften sind ein Beweis der Wertschätzung, die Stefan Zweig in Brasilien genoss. Die faksimilierten Abschiedsworte, die Stefan Zweig an die Welt richtete, ehe er mit seiner Frau am 22. Februar 1942 in Petropolis freiwillig in den Tod ging, veranschaulichen die Tragik und das Heimweh, die seine letzten Lebenstage überschattet hatten. Es heißt darin u.a.: "So halte ich es für besser, rechtzeitig und in aufrechter Haltung ein Leben abzuschließen, dem geistige Arbeit immer die lauterste Freude und persönliche Freiheit das höchste Gut dieser Erde gewesen. Ich grüße alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht! Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus. Stefan Zweig, Petropolis, 22.2.1942."

7.11.1950: Ein Akt der Pietät - Gemeinsame Urnenbeisetzung von Hugo Breitner, Prof. Dr. Julius Tandler und Dr. Robert Danneberg - Grabanlage für Engelbert Pernerstorfer, Dr. Viktor Adler, Karl Seitz und Dr. Otto Bauer

Die großen sozialen Leistungen der Stadt Wien in der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg bis 1934 sind untrennbar mit den Namen Hugo Breitner, Prof. Dr. Tandler und Dr. Robert Danneberg verknüpft. Die Urne Prof. Tandlers ist im Urnenhain des Wiener Krematoriums beigesetzt. Die Urne Hugo Breitners, der fern der Heimat gestorben ist, wurde dieser Tage nach Wien gebracht und wird vorläufig in der Feuerhalle des Krematoriums aufbewahrt. Ein besonders hartes Schicksal traf Robert Danneberg, der in Auschwitz ums Leben kam. Seine Asche ist nicht erhalten geblieben.

Der Wiener Stadtsenat beschloss nun einstimmig, diesen drei Persönlichkeiten, eine gemeinsame Bestattungsstelle im Wiener Krematorium zu widmen. Als hiefür besonders geeignet wurde die vordere Stirnmauer der linken Arkaden im Urnenhain der Feuerhalle vorgeschlagen. Ebenso einstimmig beschlossen wurde ein Antrag auf Errichtung einer gemeinsamen Grabstätte für Engelbert Pernerstorfer, Dr. Viktor Adler, Karl Seitz und Dr. Otto Bauer.

7.11.1950: 110 kV-Ringleitung rund um Wien

Um die Sicherheit des Strombezuges aus den westlichen Wasserkraftwerken zu erhöhen, plant die Direktion der Wiener Stadtwerke - Elektrizitätswerke den Umbau der derzeitigen Freileitung Pottenbrunn und Bisamberg. Diese Leitung soll in ein neu zu errichtendes Umspannwerk Wien-West umgeleitet werden, von wo Verbindungsleitungen nach dem Umspannwerk Bisamberg und dem Umspannwerk Liesing hergestellt werden sollen. Hierdurch wird eine 110 kV-Ringleitung rund um Wien erzielt, die im Umspannwerk Nord vom Bisamberg angespielt wird, im Umspannwerk West Energie von Pottenbrunn beziehen kann und im Umspannwerk Süd von Teints aus mit Strom beliefert werden wird.

8.11.1950: Dank und Anerkennung für Stadtgartendirektor Kratochwjle - Stadtrat Afritsch neuer Stadtgartendirektor

Der langjährige Leiter des Stadtgartenamtes, Stadtgartendirektor Kratochwjle, wurde von Vbgm. Honay, Magistratsdirektor Kritscha und zahlreichen höheren Beamten verabschiedet.

Zum neuen Stadtgartendirektor wurde Stadtrat Afritsch ernannt, der jedoch während der Ausübung seines Mandats von Architekt Auer vertreten wird.

9.11.1950: Sodawasserkurs mit 40 Teilnehmern

Bürgermeister Dr. Körner empfing heute vierzig Teilnehmer an dem von der Arbeitsgemeinschaft der Sodawassererzeuger veranstalteten Sodawasserkurs.

9.11.1950: Gründung einer "Hugo Breitner-Gesellschaft" - Förderung begabter und bedürftiger Musikstudenten

Über Anregung des Generaldirektors Norbert Liebermann hat sich ein Kreis von Freunden und Verehrern des in den Vereinigten Staaten verstorbenen ehemaligen Finanzreferenten der Gemeinde Wien Hugo Breitner gebildet, der bereits die Satzungen einer "Hugo Breitner-Gesellschaft" zur Förderung begabter und bedürftiger Musikstudenten der zuständigen Behörde eingereicht hat. Dem Proponentenausschuss gehören außer Norbert Liebermann an: Prof. Dr. Max Graf, Vizebürgermeister Karl Honay, Generaldirektor Franz Landertshammer, Direktor Karl Lustig-Prean, Stadtrat Hans Mandl und Stadtrat Johann Resch.

9.11.1950: Koryphäen der Eisbahn beim Bürgermeister

Die französische Eiskunstlaufmeisterin Jacqueline Du Bief und das Dortmunder Paar Baran-Falk, die zum internationalen Eröffnungsschaulaufen nach Wien eingeladen wurden, besuchten heute Bürgermeister Körner.

10.11.1950: Überreichung der Ehrenmedaille an Prof. Cossmann

Stadtrat Mandl überreichte heute an den bekannten Radierer und Kupferstecher Prof. Alfred Cossmann die Ehrenmedaille der Stadt Wien.

Prof. Cossmann, der am 2. Oktober 1870 in Grab geboren wurde, hat Wien u.a. als eine Pflegestätte der modernen Exlibriskunst in der Welt bekanntgemacht. Er und seine Schüler haben ihre Kunst zu einer Vollendung entwickelt, die einzigartig in ganz Europa ist.

14.11.1950: Moderne Wohnungen für Landarbeiter

Der Gemeinderatsausschuss für die Städtischen Unternehmungen ermächtigte den Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien aus den ERP-Mitteln, die der österreichischen Landwirtschaft bereitstehen, ein Darlehen in Anspruch zu nehmen. Der Landwirtschaftsbetrieb der Stadt Wien wird von dem bereits in Höhe von 2,057.100 Schilling zugesagten ERP-Darlehen rund die Hälfte für die Errichtung von modernen Landarbeiterwohnungen in verschiedenen Gehöften verwenden. Für 700.000 Schilling wird Nutzvieh eingekauft, der Rest wird für Neuanschaffungen von landwirtschaftlichen Maschinen dienen.

17.11.1950: Trauerfeier für den schwedischen König

Im Stadtsenatssitzungssaal des Wiener Rathauses fand heute eine Trauerfeier, in Anwesenheit aller Mitglieder der Stadtregierung, die von der Österreichisch-Schwedischen Gesellschaft veranstaltet wurde, anlässlich des Ablebens König Gustaf V. von Schweden, statt.

17.11.1950: Dr. Hass gibt Autogramme

Tiefseeforscher Prof. Dr. Hans Hass

Der österreichische Tiefseeforscher Dr. Hans Hass, Autor des Buches "Unter Korallen und Haien", gibt in der Buchhandlung Herzog Autogramme.

18.11.1950: Enthüllung des Nestroy-Denkmals

Nestroy-Denkmal

Nach einer wechselvollen Geschichte hat nun das Nestroy-Denkmal wieder einen festen Standplatz. Es wurde im Hofe des ehemaligen Palais Cumberland aufgestellt, wo das Reinhardt-Seminar untergebracht ist.

20.11.1950: Hausmusik beim Bürgermeister

Aus Anlass des "Werbetages für Hausmusik" fand heute in der Amtswohnung von Bürgermeister Körner eine Kammermusikveranstaltung statt. In seinen Begrüßungsworten wies der Bürgermeister auf die völkerverbindende und erzieherische Bedeutung der Musik hin.

Die Ausführenden des Hausmusikabends waren Schüler des Konservatoriums der Stadt Wien.

21.11.1950: Herbert Karajan beim Bürgermeister

Herbert Karajan wurde heute von Bürgermeister Körner im Wiener Rathaus empfangen. Der Bürgermeister hatte den bekannten Dirigenten aufgrund seiner letzten großen Erfolge eingeladen.

23.11.1950: Goldener Groschen - Ehrenplakette für Bürgermeister Körner

Bürgermeister Dr. h.c. Körner empfing heute im Rathaus den Präsidenten der Österreichischen Bühnengewerkschaft Kammerschauspieler Wilhelm Schmidt sowie den Gewerkschaftssekretär Leopold Kopka, die ihm den "Goldenen Groschen" in Form einer Ehrenplakette überreichten.

24.11.1950: 24 Wohnhäuser werden gerettet

Der Gemeinderatsausschuss für Bauangelegenheiten genehmigte 24 dringende Ersatzvornahmen (zwangsläufig durchgeführte Sicherungsarbeiten) an einsturzgefährdeten Wohnhäusern. 9 dieser Häuser befinden sich allein im 2. Bezirk. Im 3., 5. und 19. Bezirk musste an je 2 Wohnhäusern mit Ersatzvornahmen vorgegangen werden. Im 12. Bezirk waren 3 Häuser einsturzgefährdet, im 4., 8., 20. und 21. Bezirk je eines. Für sämtliche Bauvorhaben wurde der Betrag von 1,594.500 Schilling genehmigt. Nach vorsichtigen Schätzungen wurden durch diese Maßnahme 250 Wohnungen vor dem gänzlichen Verfall geschützt.

25.11.1950: Das Friedrich Schmidt-Denkmal wird aufgestellt

Der zuständige Gemeinderatsausschuss genehmigte 70.000 Schilling für die Wiederaufstellung des Friedrich Schmidt-Denkmals in der öffentlichen Gartenanlage am Friedrich Schmidt-Platz.

25.11.1950: Ausstellung der Stadtplanung - Die Schauspieler Eybner und Hennings sprechen in der Secession

Fred Hennings

Richard Eybner

In der Serie der Diskussionen, die in der Ausstellung der Stadtplanung in der Secession täglich um 17 Uhr stattfinden, werden Burgschauspieler Richard Eybner und Kammerschauspieler Fred Hennings das Wort zum Thema "Stadtbildpflege" ergreifen.

25.11.1950: Bürgermeister auf dem Brunnenmarkt

Anlässlich des 50jährigen Bestandes des Brunnen- und Yppenmarktes besuchte heute Bürgermeister Körner in Begleitung des Marktamtsdirektors die beiden Märkte. Körner wurde von zahlreichen Ottakringern begeistert begrüßt.

28.11.1950: Zahnziehen mit Duliöh-Stimmung

Die Krankenfürsorgeanstalt der Angestellten und Bediensteten der Stadt Wien hat in ihrem Zahnambulatorium im Hera-Sanatorium seit einigen Tagen eine neue Methode des vollkommen schmerzlosen Zahnziehens eingeführt. Es handelt sich um ein modernes Narkotikum, das sich seit einiger Zeit in Amerika bestens bewährt hat und alle gefürchteten Zustände vor und nach dem Zahnziehen restlos beseitigt. Der Patient braucht nicht mehr den Stich der Injektionsspritze bei Zahnextrationen, noch das deprimierende Angstgefühl vor der Bewusstlosigkeit während der Narkose zu fürchten. Auch die Nachwirkungen der Injektionen, besonders aber der häufig nach der Narkose eintretende Brechreiz fehlen bei dieser Methode. Der Patient spürt beim Einatmen dieses Narkosemittels, einer rasch verdunstenden Flüssigkeit, nicht die geringsten Begleiterscheinungen einer Narkose, ist voll ansprechbar und kann daher auch den Anweisungen des behandelnden Arztes folgen.

In der "Hera" wurde das neue Mittel, das unter dem Namen Trilen bekannt ist, mit den besten Erfolgen angewendet. Dabei konnte in den meisten Fällen festgestellt werden, dass Patienten nach dem Zahnziehen einen leichten Heiterkeitsanfall, wie etwa nach dem Trinken von zwei Vierteln Wein bekommen haben. Manche verließen die Ordination sogar in einer ausgesprochenen Duliöh-Stimmung.

30.11.1950: 10.000 Kilo Briketts als Geschenk für die Tagesheimstätten

Bürgermeister Körner besichtigte heute die Österreichische Brikett-Fabrik auf dem Handelskai. Er wurde vom Geschäftsführer, Reg.-Rat Dr. Rath, und Betriebsleiter Dipl.-Ing. Brichazek durch das Werk geführt, das ständig erweitert wird und wo gegenwärtig pro Monat 4.000 bis 5.000 Tonnen Briketts hergestellt werden. Nach Inbetriebnahme einer im Bau befindlichen Schnellumlauftrockenanlage, die die modernste in Österreich sein wird, erhöht sich die Kapazität sogar auf 7.000 bis 8.000 Tonnen.

Die Leiter des Betriebes dankten dem Bürgermeister für die Förderung dieses Unternehmens durch die Stadtverwaltung und stellten 10 Tonnen Briketts für wohltätige Zwecke zur Verfügung. Der Bürgermeister teilte mit, dass diese Briketts in den Tagesheimstätten für alte Leute verwendet werden sollen.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).