Historischer Rückblick aus dem Jahr 1950

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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September 1950

September

2.9.1950: Die Erde vom Grabe Johann Strauß' in Kalifornien

Die nach Kalifornien geschickte Erde vom Grabe Johann Strauß' wurde, zusammen mit der Erde von 19 anderen Gedenkstätten berühmter Musiker, in der großen Hollywood Bowl mit der Erde Kaliforniens vermengt. Die Erde vom Grabe Johann Strauß' wurde in einer künstlerischen Urne, von der auch in Wien aus dem Film "Der große Walzer" bekannten Sängerin Miliza Korjus, getragen. Die Zeitungen in Los Angeles würdigten das Ereignis in ausführlichster Form. Bemerkenswert ist, dass Österreich bei diesem Feierlichen Akt der einzige Staat war, der zweimal Erde für die Hollywood Bowl zur Verfügung stellte. Lotte Lehmann, die berühmte Sängerin, überbrachte nämlich auch Erde aus der Mozartstadt Salzburg. Weitere Teilnehmer waren: für Großbritannien Sarah Churchill, die Tochter von Winston Churchill, für Polen Dr. Artur Rodzinski, für Frankreich Martial Singher, für Israel Gregor Piatigorski, für Kuba Nadine Conner, für die Tschechoslowakei Jarmila Novotna, für Italien Italo Montemezzi, für Deutschland Walter Slezak, der Sohn Leo Slezaks, für Brasilien Carmen Miranda, für Kanada V.E. Duclos, für Mexiko Rafael Mendez, für Peru Yma Sumac, für Belgien Georges Foldeboucht, für Finnland Esko Miettiemen, für Dänemark Jean Hersholt, für Australien Ann Richards, für Norwegen Sigrid Gurie und für die Niederlande Richard Hagemann.

5.9.1950: Italienische Werftarbeiter beim Bürgermeister

Bürgermeister Körner empfing heute 70 Arbeiter und Angestellte der Schiffbaugesellschaft "Arsenale di Trieste", die ihren Urlaub in Wien verbringen.

5.9.1950: Großinhalatorium im Wilhelminenspital

Penicillin-Inhalatorium im Wilhelminenspital.

Eine Gruppe von Spendern hat dem Anstaltenamt ein Großinhalatorium zur Verfügung gestellt. Durch diese Großanlage im Wilhelminenspital wird es möglich sein, Bronchialleiden zu heilen, aber auch bei Lungenabszessen, bei Tuberkulose, bei Asthma und anderen Lungenerkrankungen sowie bei Herzgefäßerkrankungen Hilfe zu bringen. Zum ersten Mal wurden solche Inhalationsfeinzerstäuber im Jahre 1938 in Deutschland erzeugt. Der Vorteil liegt darin, dass die Medikamente, wie z. B. Penicillin, Streptomycin und Sulfonamide so fein zerstäubt werden können, dass sie durch die kleinsten Gänge der Lunge eindringen, und in die Lungenbläschen gelangen. Dies ist mit den bisher gebräuchlichen Inhalationsgeräten nicht möglich gewesen.

6.9.1950: Wiedererrichtung der Marienbrücke

Der zuständige Gemeinderatsausschuss beschloss den Wiederaufbau der im Jahre 1945 völlig zerstörten Marienbrücke.

7.9.1950: Das instandgesetzte Mozart-Grabmal in St. Marx

Das Mozart-Grabmal auf dem Sankt Marxer Friedhof wurde während der Kampfhandlungen im Jahre 1945 schwer beschädigt. Die Säule wurde durch einen Granattreffer gebrochen, dem Genius der Kopf abgeschlagen.

Das Kulturamt der Stadt Wien hat vor kurzem den Bildhauer Florian Josephu beauftragt, diesen Gedenkstein wieder instandzusetzen. Das Grabmal wurde in seinen ursprünglichen Zustand gebracht und gärtnerisch mit Rosensträuchern und Kieswegen ausgestaltet. Die Tafel mit der Inschrift "W.A. Mozart, 1756 - 1791", die früher neben dem Monument angebracht war, wurde bei der jetzigen Instandsetzung auf dem Sockel befestigt.

8.9.1950: Kinderchor der Stadt Wien

Die Direktion der Musiklehranstalten der Stadt Wien gründet über Anregung und mit Förderung der Geschäftsgruppe für Kultur und Volksbildung einen "Kinderchor der Stadt Wien". Für die Aufnahme in diesen Chor kommen Kinder (Knaben im Alter von 8 bis 10, Mädchen von 8 bis 11 Jahren), die musikalisch besonders begabt sind in Frage. Nach erfolgreich abgelegter Gehörs- und Stimmprüfung ist die Teilnahme an den zweimal wöchentlich stattfindenden Proben Pflicht.

9.9.1950: Der Bürgermeister bei der Eröffnung des Handballerkongresses

Bürgermeister Körner eröffnete heute den Internationalen Kongress der Handballföderation, an dem Vertreter von 14 Staaten teilnehmen. Körner erinnerte in seiner Ansprache daran, dass es die Sportler aller Richtungen waren, die nach 1945 die sportlichen Beziehungen zur Außenwelt wieder aufgenommen haben.

11.9.1950: Gaseinleitung in Familienasylen auf Kosten der Gemeinde

Zwischen 1934 und 1938 hat die Gemeinde Wien sogenannte Familienasyle gebaut, in deren Wohnungen kein Gas eingeleitet ist. Seit dem Jahre 1945 bemüht sich die Gemeindeverwaltung jedoch wieder, diesem Übelstand abzuhelfen. So wie in anderen derartigen Notbauten wird auch in dem Familienasyl in der Adalbert-Stifter-Gasse in der Brigittenau Gas eingeleitet werden. So wie in allen anderen Fällen wird die Stadt Wien die Kosten dafür übernehmen.

11.9.1950: Gedenkfeier für alte Wiener Fiaker

Am Hause 17, Lacknergasse 60 wurde eine Gedenktafel für die Altwiener Fiaker, Karl Mayerhofer, Josef Bratfisch und Franz Reil, bekannt als "Hungerl", "Nockerl" und "Schuster-Franz" enthüllt. Die Feier begann mit einer Auffahrt von prächtig geschmückten Fiakern, die alte Wiener Volkstypen mit sich führten. Die Gedenktafel wurde in die Obhut der Stadt Wien übernommen.

12.9.1950: Erfolge eines jungen Wiener Pianisten

Der bekannte Pianist Alfred Kremela, Lehrer des Konservatoriums der Stadt Wien, der im Vorjahre beim Genfer-Wettbewerb mit einem Diplom ausgezeichnet worden war, hat in diesem Jahr "für seine ausgezeichneten Leistungen" im Zweiten Internationalen Wettbewerb "Feruccio-Busoni" in Bozen ebenfalls ein Diplom erhalten.

13.9.1950: Straßenlärm wird leiser werden

Mit dem zunehmenden Verkehr häufen sich auch die Klagen der Bevölkerung über die große Lärmentwicklung im Straßenverkehr. Die Stadt Wien hat nun Auftrag gegeben, Untersuchungen anzustellen, auf welche Weise die in verkehrstechnischer, aber auch in gesundheitlicher Hinsicht schädliche Lärmentwicklung auf ein erträgliches Maß gemindert werden kann. Hauptsächlich sind drei Faktoren an dem übermäßigen Lärm im Straßenverkehr schuld: Motorräder, Dieselwagen und Lautsprecherwagen.

14.9.1950: Wien: Der erste Fremdenverkehrsprospekt der Stadt Wien seit 1945

Rechtzeitig zur Messe hat das Kulturamt der Stadt Wien den ersten Fremdenverkehrsprospekt herausgebracht. Er wurde in einer Auflage von 100.000 Stück hergestellt. Die Bilder versuchen einen Überblick über die Sehenswürdigkeiten unserer Stadt zu geben. Aber nicht nur Bilder von historischen Gebäuden und Denkmälern enthält der Prospekt, sondern auch Aufnahmen von den Neubauten in Wien, von Kultur, Sport und Unterhaltung. Der Prospekt wird in deutsch, italienisch, englisch und französisch aufliegen. Auch eine Hotelübersicht ist der Textbeilage angeschlossen.

15.9.1950: 70. Geburtstag von Helene Scheu-Riesz

Die Wiener Schriftstellerin Helene Scheu-Riesz, die sich auch in der österreichischen Frauenbewegung und als Jugendbildnerin hervorragend betätigt hat, feiert ihren 70. Geburtstag.

1880 als Angehörige der Familie Scheu, die in der Wiener Arbeiterbewegung eine führende Rolle gespielt hat, geboren, wirkte sie in Wien als freie Schriftstellerin, Pädagogin und Verlagsleiterin und übersiedelte im Jahre 1934 nach Amerika, wo sie in New York als Inhaberin eines Verlagshauses und als Übersetzerin tätig ist. Die Arbeit in der Frauenbewegung, in der sie sich nachdrücklich für den Frieden einsetzte, führte sie auf das Gebiet der Jugendbildung, auf dem sie in der Folgezeit Vorbildliches leistete. In zahlreichen Artikeln trat sie auch für die Schulreform ein. Eine Sammlung ihrer Aufsätze über Sozialreform, Frauenbewegung und Pädagogik erschien unter dem Titel "Wege zur Menschenerziehung". Als Jugendschriftstellerin hat sich Helene Scheu-Riesz durch ihren Kampf gegen den Kitsch und durch Herausgabe der "Sesam-Bücher" besonders verdient gemacht. Im Sesam-Verlag erschienen auch die Bücher zur "Jugendweihe", die eine meisterhafte Anthologie bester Jugenderzählungen der Weltliteratur darstellen. Diese Tätigkeit setzte sie in ihrem gegenwärtigen Wirkungskreis fort und brachte in ihrem New Yorker Verlag der Island-Edition eine Reihe künstlerisch und literarisch wertvoller Kinderbücher heraus.

16.9.1950: 50. Geburtstag von Rudolf Kalmar

Feuilletonist Dr. Rudolf Kalmar feiert seinen 50. Geburtstag.

Am 18. September vollendet Chefredakteur Dr. Rudolf Kalmar, der zu den populärsten Publizisten seiner Heimatstadt gehört und die Tradition des Wiener Feuilletons verdienstvoll fortsetzt, sein 50. Lebensjahr.

1900 in Wien geboren, begann er seine journalistische Laufbahn beim "Deutschen Volksblatt", wo sein Vater, ein gleichfalls bekannter Journalist, als Chefredakteur tätig war. Er übersiedelte danach zum "Wiener Tag", dessen lokalen Teil er erfolgreich leitete. Gleichzeitig betrieb er staatswissenschaftliche Studien und promovierte an der Wiener Universität. In der Folgezeit wurde er gemeinsam mit Vinzenz Ludwig Ostry Chefredakteur des "Wiener Tag" und des Montagsblattes "Der Morgen", die mit dem ihnen angegliederten "Zehngroschenblatt am Montag" einen österreichischen Kurs vertraten. Kalmar wurde unmittelbar nach der Annexion Österreichs durch die Nationalsozialisten ins KZ gebracht und nach sechsjähriger Haft in eine Strafabteilung der Deutschen Wehrmacht überstellt. Im September 1945 aus der Kriegsgefangenschaft zurückgekehrt, betätigte er sich in der Kunstsektion des Unterrichtsministeriums und trat schließlich in die Redaktion der Zeitung "Neues Österreich" ein, deren Lokalchef und Chefredakteur er wurde. Die von ihm unter dem Titel "Zeit ohne Gnade" veröffentlichte Sammlung von Erlebnisberichten aus dem KZ gehört zu den literarisch wertvollsten und objektivsten Dokumenten dieser Gattung. Auch eine Auswahl seiner Feuilletons und sonstigen Arbeiten erschien in Buchform. Kalmar wurde in Würdigung seiner Verdienste um den Journalismus und um das kulturelle Leben von Wien zum Präsidenten des Österreichischen Presseklubs gewählt.

18.9.1950: Berliner Schauspieler beim Bürgermeister

Prof. Helene Weigel-Brecht

Bürgermeister Körner empfing heute sechzig Mitglieder des Berliner Ensembles, das gegenwärtig im Scala-Theater auftritt. Die Schauspieler waren in Begleitung der Intendantin des Theaters, Frau Helene Weigel-Brecht, der Gattin des bekannten Dramatikers.

19.9.1950: Miss Europa beim Bürgermeister

Miss Europa Hanni Schall

Miss Europa, die Wienerin Hanni Schall, wurde heute von Bürgermeister Körner im Wiener Rathaus empfangen.

19.9.1950: Auflösung des Landesernährungsamtes

Im Laufe der vergangenen Monate wurde die Bewirtschaftung fast aller Lebensmittel aufgehoben, so dass gegenwärtig nur noch Zucker und Öl bewirtschaftet sind. Der Wiener Stadtsenat hat daher heute die Auflösung des Landesernährungsamtes, mit den ihm untergeordneten Karten- und Verrechnungsstellen. Die restlichen Agenden des Landesernährungsamtes werden in Hinkunft von der Magistratsabteilung 59-Marktamt geführt.

20.9.1950: Eustachiusfeier im Lainzer Tiergarten

Eustachiusfeier im Lainzer Tiergarten.

Zum ersten Mal nach 13 Jahren fand die Eustachiusfeier statt.

Feier für den Schutzpatron der Jäger, den Heiligen Eustachius.

Im Lainzer Tiergarten fand heute, nach einer Unterbrechung von 13 Jahren, wieder die Feier für den Schutzpatron der Jäger, den Heiligen Eustachius, statt. Vor der Nicolaikapelle (Lainzer Tiergarten), die seit 100 Jahren Schauplatz dieses uralten Brauches ist, hatten sich zahlreiche Festgäste, darunter auch Bundeskanzler Figl, StR. Robetschek, Vertreter des Wiener Landesjagdverbandes u.v.a. versammelt.

Stadtrat Robetschek begrüßte die Wiener Jägerschaft und gab einen historischen Rückblick über die Geschichte dieses traditionsreichen Ortes.

Die Nicolai-Kapelle ist der letzte Rest einer alten Siedlung, die von den Türken im Jahre 1529 zerstört wurde. Die Jagdgründe des Tiergartens selbst sind ein halbes Jahrtausend alt. Schon im Jahre 1440 wird in Urkunden ein Saugarten in Laab und Umgebung erwähnt. Die Kapelle bestand bereits zu dieser Zeit, wurde 1735 neu hergerichtet, jedoch unter Kaiser Josef II. verkauft. 1805 wurde die Kapelle der Pfarre Hütteldorf geschenkt.

Unter Josef II. entstand auch im Jahre 1781 die 22,6 km lange Tiergartenmauer, die heute noch den Park umschließt. Zahlreich war der Wildbestand dieses Naturparks. 1833 wurde der letzte Wolf im Auhof geschossen. Dafür war der Bestand von Rot- und Schwarzwild umso zahlreicher. Ein Forstbericht aus dem Jahre 1895 beziffert den Wildreichtum mit 320 Bachen, 538 Stück Edelwild, 240 Stück Damwild und 80 Mufflons. Kapitalhirsche bis zu Vierundzwanzigendern sind noch im Jahre 1937 keine Seltenheit gewesen. Dazu kamen noch Edelmarder, Baummarder und Dachse. Die Ereignisse des vergangenen Krieges haben diese Tierwelt fast restlos ausgerottet. Selbst die zahlreichen Singvögel werden jetzt vermisst.

Nachdem die Nicolai-Kapelle durch einen Waldtausch wieder in den Besitz des Hofärars gebracht worden war, wurde sie dem Schutzpatron der Jägerei Sankt Eustachius geweiht. Das alte Altarbild, das von Leopold Kuppelwieser stammte, stellte den römischen Feldherrn Placidus dar, der durch die Erscheinung eines weißen Hirsches mit einem strahlenden Kreuz im Geweih zum Christentum bekehrt wurde und in der Taufe den Namen Eustachius erhielt. Die Legende wurde später auf Hubertus übertragen. Von dieser Zeit an fanden sich alljährlich das kaiserliche Hofpersonal und deren Gäste am 20. September hier ein, um das Gedenken an den Schutzpatron festlich zu begehen. Das Jahr 1914 unterbrach durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges diesen Brauch. 1923 lebte er wieder auf, bis ihm die Nazizeit wieder ein Ende bereitete. Die Kapelle selbst wurde Kastaniendepot und im Jahre 1945 schwer beschädigt. Von der Stadt Wien wurde die Kapelle wieder instandgesetzt und der Brauch der Eustachiusfeier wieder neueingeführt.

20.9.1950: Eröffnung des Arenberg-Parkes

Der Arenberg-Park wurde im Krieg durch die Luftschutzbauten und den Einbau der Flaktürme völlig zerstört. Die Stadt Wien hat nun den Park nach dem preisgekrönten Entwurf von Architekt Mödlhammer wieder instandgesetzt. Die Anlage konnte heute wieder ihrer Bestimmung übergeben werden.

Im Jahre 1728 gehörte der ganze Komplex einem Oberhofpostmeister Wenzel. Nach verschiedenen anderen Besitzern wurde im Jahre 1900 die Stadt Wien Eigentümerin des Grundes und machte ihn der Allgemeinheit zugänglich.

22.9.1950: Der Basler Dupf-Klub in Wien

Heute ist am Westbahn der Basler Dupf-Klub mit seinem Trommler- und Pfeiferzug angekommen. Die Schweizer marschierten, begleitet von der Eisenbahnerkapelle Westbahnhof, zum Rathaus, so sie durch Vizebürgermeister Honay empfangen wurden.

23.9.1950: 10. Todestag von Julius Wagner-Jauregg

Professor Julius Wagner-Jauregg

Am 27. September sind es zehn Jahre, dass der Psychiater Julius Wagner-Jauregg verstorben ist. Wagner-Jauregg wurde am 7. März 1857 in Wels geboren, besuchte die Schule in Krems und danach das Schottengymnasium in Wien. Er studierte an der Wiener Universität und promovierte 1880. Danach arbeitete er unter Bamberger im Allgemeinen Krankenhaus. 1883 wurde er Assistent bei Leidesdorf, dem Vorstand der ehemaligen I. Wiener Psychiatrischen Klinik, wo er bis 1889 blieb. 1885 erfolgte seine Habilitierung für Psychiatrie und Nervenkrankheiten. Während dieser Zeit entstanden u.a. zwei Arbeiten, deren Ausbau Wagner-Jauregg fortan seine ganze Kraft widmete und durch die er seinen Weltruhm begründete: die Schrift über die Folgen der Exstirpation der Schilddrüse aus dem Jahre 1884, die den Ausgangspunkt seiner richtunggebenden Erkenntnisse auf dem Gebiete der Kropfforschung und der Behandlung des Kretinismus mit Schilddrüsenpräparaten bildete sowie die 1887 veröffentlichte Studie "Über die Einwirkung fieberhafter Erkrankungen auf Psychosen", die die Grundlage seiner in 30jähriger ununterbrochener experimenteller Tätigkeit entwickelten Malariatherapie der progressiven Paralyse ist. 1889 wurde Wagner-Jauregg a.o. Professor in Graz, vier Jahre später wurde er als Vorstand der I. Psychiatrischen Klinik nach Wien berufen. Unter seiner Leitung erreichte die Klinik ihre höchste Blüte.

27.9.1950: Austausch von Kindergärtnerinnen zwischen Wien und Kopenhagen

Das Jugendamt der Stadt Wien entsendet in den nächsten Tagen sechs Kindergärtnerinnen nach Kopenhagen, die in dortigen Kindergärten arbeiten werden. An ihrer Stelle werden sechs dänische Kindergärtnerinnen, die die deutsche Sprache beherrschen nach Wien kommen, um hier in praktischer Arbeit die Wiener Kindergartenmethode aus eigener Erfahrung zu erleben.

Am 26. September 1950 billigte der Ministerrat das vierte Lohn-Preis-Abkommen, das die Erhöhung verschiedener Preise (Brot, Mehl, Zucker, Verkehrs- und Stromtarife u.a.) sowie Richtlinien für die Abgeltung dieser Teuerung durch Lohn- und Gehaltserhöhungen festlegte.

Die österreichischen Kommunisten reagierten mit einem Aufruf zum Streik, dem in Wien 120.000 Arbeiter, davon ca. 40.000 aus sowjetisch verwalteten USIA-Betrieben, Folge leisten (auch in Oberösterreich, Niederösterreich und der Steiermark wurde gestreikt).

Kommunistische Rollkommandos versuchten in der sowjetischen Besatzungszone Wiens, Straßenbahn-Betriebsbahnhöfe zu besetzen und Einrichtungen der Stromversorgung stillzulegen. (Anmerkung der Redaktion)

27.9.1950: Eine Entschließung der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten

"Der Zentralvorstand der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten Österreichs hat heute den Bericht des Zentralsekretärs GR Pölzer über den gemeinsamen Lohnabschluss des ÖGB zur Kenntnis genommen.

In einer Entschließung forderte der Zentralvorstand die Regierung auf, Sofortmaßnahmen zu beschließen, die alle preisauftreibenden Tendenzen unmöglich machen. Bereits bestehende Preisüberhöhungen, die aus solchen Tendenzen resultieren, sind sofort auf das Niveau vom 1. September zurückzuführen.

Der Zentralvorstand fordert die Regierung im Interesse aller anständigen Österreicher auf, ehemöglichst Gesetze zu beschließen, die jeden Hochverrat an der österreichischen Volkswirtschaft schwerstens bestrafen.

Zu diesen Gesetzen gehören vor allem das über die Handelsspannen, das Anti-Kartell-Gesetz und des Preistreiberei-Gesetz.

Der Zentralvorstand der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten ist der Ansicht, dass in der gegebenen politischen Situation der Streik kein brauchbares Mittel zur Durchsetzung gewerkschaftlicher Forderungen ist; er könnte dieses äußerste und wirksamste Mittel nur in einem freien Land bejahen. Er warnt daher alle Mitglieder vor der Befolgung von Parolen, die nicht vom ÖGB ausgegeben werden.

Der Zentralvorstand appelliert an alle Parteien des Parlaments, ihre arbeiterfreundliche Haltung mit der Durchführung der geforderten Maßnahmen zu beweisen.

Sollten diese Forderungen nicht erfüllt werden, dann müsste der Zentralvorstand die ihm richtig erscheinenden Beschlüsse fassen."

27.9.1950: Verkehrsstockungen durch Demonstrationen -Angestellter des

Demonstrationen führen zu Verkehrsstörungen.

Demonstrationszug auf der Ringstraße.

Durch die Demonstrationen wurde der Verkehr lahmgelegt.

Demonstrationszug auf der Ringstraße.

Demonstration vor dem Wiener Rathaus.

Die ersten Verkehrsstockungen sind um etwa 9 Uhr bei der Linie 25 und anschließend bei der Linie 16 eingetreten, nachdem Demonstranten den Straßenbahnhof Kagran umstellt hatten. Bald darauf musste auch der Betrieb der Linien 17, 117 und 317 eingestellt werden. Sodann besetzten Demonstranten den Floridsdorfer Spitz, wodurch auch der Betrieb auf der Linie 31 und 132 unterbrochen war. Im Laufe des Vormittags dehnte sich die Verkehrsunterbrechung auf die Linien A und B aus, verursacht durch die Blockierung des Bahnhofes Vorgarten. Um 11.30 Uhr begannen Betriebsstörungen in Favoriten. In der Gudrunstraße wurde die Linie 6, in der Favoritenstraße, in der Nähe der Straßenbahndirektion, die Linien 66 und 67 durch Abkuppeln der Beiwagen unterbrochen. Passanten drangen in das Haus der Straßenbahndirektion ein und verlangten von den dort Beschäftigten die Einstellung der Arbeit. Nach Blockierung des Matzleinsdorfer Platzes konnte auch die Linie 118 nicht mehr verkehren. In den Mittagsstunden war auf einige Zeit in der Nähe der Sezession der Verkehr auf der 2er-Linie unterbrochen. In Liesing wurden die städtischen Autobusse am Fahren behindert.

Im Laufe des Vormittags sind betriebsfremde Personen in das Kraftwerke Engerthstraße und in das Umspannwerk Nord eingedrungen und versuchten die dort beschäftigte Arbeiterschaft zur Niederlegung der Arbeit und zur Unterbrechung der Stromversorgung zu bewegen. Während des zeitweise herrschenden Tumultes ist im Kraftwerke Engerthstraße ein dort beschäftigter Angestellter nach Aufregungszuständen tot zusammengestürzt.

In den Mittagsstunden herrschte in den beiden Werken wieder Ruhe. Gegen 17 Uhr funktionierte der Straßenbahnverkehr in den südlichen Bezirken und über der Donau fast wieder normal.

29.9.1950: Aus dem Wiener Landtag:

In der heutigen Sitzung des Wiener Landtages richtete Landeshauptmann und Bürgermeister Dr. h.c. Körner folgenden Aufruf an die Wiener Bevölkerung:

"Als Landeshauptmann und Bürgermeister von Wien fühle ich mich verpflichtet, am Beginn der heutigen Beratungen des Wiener Landtages den Arbeitern, Angestellten und Beamten der Stadt Wien für ihr diszipliniertes und vorbildliches Verhalten in den letzten Tagen meinen besonderen Dank auszusprechen. Mit großer Befriedigung kann ich feststellen, dass sich keine Dienststelle und kein Betrieb der Stadt Wien hat dazu bewegen lassen, an dem Missbrauch gewerkschaftlicher Kampfmittel für politische Zwecke, die die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung unserer Stadt ablehnt, teilzunehmen. Wo das normale Funktionieren einer städtischen Dienststelle gestört war, ist dies durch gewaltsames Einwirken von außen und ausschließlich durch betriebsfremde Personen verursacht worden. Ich glaube mich mit Ihnen eines Sinnes, wenn ich sage, auch der Wiener Landtag und Gemeinderat und mit ihnen die übergroße Mehrheit der Wiener Bevölkerung dankt heute den Bediensteten der Stadt Wien für ihre ausgezeichnete Haltung. Dadurch, dass vor allem die Arbeiter der städtischen Unternehmungen den Terrorversuchen Widerstand geleistet und damit die ungestörte Versorgung der Stadt mit Strom und Wasser gesichert haben, haben sie das Funktionieren des normalen städtischen Lebens und damit eine der wesentlichsten Voraussetzungen der Demokratie gesichert und ebenso gesichert die freie Entscheidung der Arbeiter in den übrigen Betrieben. Die wenigen städtischen Bediensteten aber, die ihre beschworene Pflicht verletzt haben, werden zur Verantwortung gezogen werden. Bedienstete, die ihren Diensteid verletzt und gegen die Lebensinteressen der Stadt und ihrer Bevölkerung gehandelt haben, werden die Konsequenzen zu tragen haben.

Als Landeshauptmann der Stadt Wien danke ich heute auch den Arbeitern und Angestellten der Privatwirtschaft, die in ihrer übergroßen Mehrheit den verwirrenden Parolen der letzten Tage gleichfalls widerstanden und damit zum Ausdruck gebracht haben, dass sie auch in kritischen Augenblicken ihren gesunden Sinn bewahrt haben, der sie befähigt, die höheren Interessen unserer Republik zu erkennen.

In den Dank, den ich von dieser Stelle aussprechen will, habe ich aber auch die Mitglieder unserer Exekutive einzuschließen. Ich danke dem Polizeipräsidenten, der es durch zurückhaltende und kluge Führung der Wiener Polizei verstanden hat, kritische Situationen zu entwirren, und ich danke den Beamten und Offizieren der Wiener Polizei für ihr großes Verständnis und für ihre Geduld, die sie in diesen kritischen Tagen bewiesen haben. Bedauerlicherweise haben die Aufregungen der Ausschreitungen in einem städtischen Elektrizitätswerk den plötzlichen Tod eines braven Beamten verschuldet, und mehrere Polizeibeamte mussten mit Gehirnerschütterung und anderen Verletzungen ins Spital eingeliefert werden. Ihnen wendet sich unsere herzliche Teilnahme zu. Ich grüße sie von dieser Stelle aus und hoffe, dass sie bald wieder hergestellt sein werden. Ich darf die Zustimmung des Landtages und Gemeinderates annehmen, wenn ich diesen Polizeibeamten, aber auch allen Bediensteten der Stadt, die durch die Vorfälle der letzten Tage Schaden an ihrer Gesundheit erlitten haben, aus Gemeindemitteln Hilfe angedeihen lasse.

Die Wiener Bevölkerung fordere ich auf, den wirtschaftlichen Notwendigkeiten unserer Zeit Verständnis entgegenzubringen, Disziplin zu bewahren und nicht durch unbegründete Angstkäufe den Vorwand zu weiteren Preissteigerungen zu liefern. Den Kaufleuten möchte ich aber zum Bewusstsein bringen, dass die Zurückhaltung von Waren, die in manchen Fällen beobachtet wurde, eine begründete Entrüstung der Bevölkerung zur Folge haben muss.

Unsere Republik und insbesondere die Stadt Wien hat einige kritische Tage erlebt. Die wirtschaftlichen Sorgen der Bevölkerung sind zu politischen Spekulationen missbraucht worden. Der gesunde Sinn der Wiener und Wienerinnen hat diesen Spekulationen den verdienten Misserfolg bereitet. Es ist meine Überzeugung, dass die Wiener und Wienerinnen auch weiterhin für Freiheit und Demokratie eintreten werden!"

29.9.1950: Aus dem Wiener Gemeinderat:

Die Fraktion der ÖVP schlägt Franz Bauer, als Nachfolger von Stadtrat Exel, vor. Die Wahl des neuen Stadtrates erfolgte einstimmig.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).