Historischer Rückblick aus dem Jahr 1953

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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August 1953

August

1.8.1953: Jodlerchörli jodelt im Arkadenhof

Eine Gruppe von Eisenbahnern aus Solothurn in der Schweiz brachte heute im Arkadenhof den Mitgliedern der Wiener Landesregierung ein Ständchen. Der Chor, bestehend aus 15 Männern, tritt noch an einigen Orten in Wien auf.

3.8.1953: Wiener Kinder nach Italien

Das Wiener Jugendhilfswerk hat im Jahre 1951 mit der Verwaltung des Kinder-Erholungsheimes in Sori bei Genua einen Vertrag abgeschlossen, der die Aufnahme von 260 Wiener erholungsbedürftigen Kindern in den Monaten August bis Oktober vorsieht. Die ersten Kindertransporte im Jahre 1951 umfassten nur hundert Kinder, da vorerst die Heilerfolge abgewartet werden mussten. In den zwei Jahren haben sich nun ausgezeichnete Besserungen des Gesundheitszustandes der Kinder gezeigt, so dass heuer rund 260 Wiener Schulkinder nach Sori fahren werden.

4.8.1953: Der Erbauer von Sandleiten - 75. Geburtstag von Otto Schönthal

Baurat Prof. Otto Schönthal vollendet am 10. August sein 75. Lebensjahr.

Ein gebürtiger Wiener, absolvierte er an der Akademie der bildenden Künste die Meisterschule Otto Wagners und wurde sein Mitarbeiter. Seit 1910 als freischaffender Architekt tätig, fungierte er von 1923 bis 1925 als Präsident der Gesellschaft bildender Künstler Wiens und von 1930 bis 1932 als Präsident der Zentralvereinigung der Architekten Österreichs. Die Zeit zwischen 1918 und 1945 verbrachte er in der Schweiz und in Dalmatien. Schönthal schuf im In- und Ausland eine Reihe repräsentativer Bauten, davon in Wien die Tribünenanlage am Trabrennplatz im Prater, die Wohnhausanlagen Sandleiten und Laxenburger Straße sowie zahlreiche Miethäuser. Schönthal ist Träger zahlreicher Auszeichnungen.

4.8.1953: Moderne und neue Schulmöbel für 94.000 Kinder - Schulmöbel-Programm der Gemeinde Wien bereits erfüllt - 15 neue Küchen für Mädchen-Hauptschulen

Um ca. 2,5 Millionen Schilling werden von der Gemeinde Wien Sesseln und Klassentische für 11.400 Schüler und außerdem 300 Lehrertische, 300 Klassenkasten und 300 Waschtische gekauft. Mit dieser großen Anschaffung ist der Bedarf moderner Schulmöbel für 94.000 Kinder gedeckt. Im Wiener Stadtsenat wurde außerdem die Errichtung von 15 Küchen in Mädchen-Hauptschulen beschlossen. Hiefür muss ein Betrag von ca. 600.000 Schilling investiert werden.

5.8.1953: Dänische Gäste im Rathaus

Bürgermeister Jonas begrüßte heute 50 Gäste aus Dänemark, die zu einem kurzen Besuch nach Wien gekommen sind. Die Dänen haben an einer seit zwei Jahren bestehenden Austauschaktion von Urlaubern zwischen Enns und der Kopenhagener Vorstadt Vangede teilgenommen.

6.8.1953: Musik am Krankenbett

Sieben Pavillons des wieder aufgebauten Franz-Josef-Spitals in Favoriten bekommen demnächst eine moderne Ruf- und Radioanlage. Die Montagearbeiten wurden heuten an eine Wiener Firma vergeben.

Bis jetzt gab es in Wien nur einige Krankenanstalten mit einer akustischen Rufanlage und nur ganz wenige, die über eine Rundfunkanlage verfügen. Der seinerzeit in der Krankenanstalt "Hera" zum ersten Mal unternommene Versuch, den Patienten das Abhören der Radioprogramme zu ermöglichen, hat sich inzwischen sehr gut bewährt. Auch im Franz-Josef-Spital werden nun, hier aber in viel größerem Umfang, Rundfunkleitungen zu jedem einzelnen Bett geführt. Bis zum Herbst soll jedes der 800 Krankenbetten im Franz-Josef-Spital einen Radioanschluss bekommen.

7.8.1953: Wiener Gas strömt nach dem Süden - Eichkogelsiedlung und Traiskirchen im Wiener Versorgungsnetz

Die Wiener Gaswerke sind eben dabei, den südlichsten Ausläufer ihres Riesennetzes von Wiener Neudorf nach Traiskirchen zu verlängern. Die neue Rohrleitung wird 6 Kilometer lang sein und rund 3,5 Millionen Schilling kosten.

Eine Abzweigung führt in die Eichkogelsiedlung, einer "Musterschöpfung" der Wohnbautätigkeit aus der Naziära. Die Gemeinde Wien muss auch hier nachträglich unter beträchtlichem Kostenaufwand so manche Bausünde korrigieren. Die Kreditaktion der Gasgemeinschaft wird den 800 Familien der Eichkogelsiedlung den Anschluss an das Gasnetz erheblich erleichtern.

Nach Fertigstellung der Rohrleitung, wird das im Jahre 1902 errichtete kleine Gaswerk in Traiskirchen stillgelegt. Das noch mit alten Retorten arbeitende Werk wird dann durch eine schlichte Druckreglerstation ersetzt. Für Traiskirchen und die weite Umgebung bietet das neue leistungsfähige Rohrnetz die Möglichkeit, die derzeitige Abnehmerzahl bedeutend zu erhöhen. Die Gasabnehmer in Traiskirchen werden schon im Herbst von Wien aus versorgt werden.

11.8.1953: Türkische Fußballer im Wiener Rathaus

Die türkische Fußballmannschaft Ankara-Gücü, die auf Einladung des Wiener Sportklubs zu einem Freundschaftsspiel nach Wien gekommen ist, war heute bei Stadtrat Afritsch im Rathaus zu Gast.

12.8.1953: Schwedische Stanitzel

Im August des vergangenen Jahres wurden vom Stadtgartenamt beim Schottentor die ersten Blumenschalen aufgestellt. Der neuartige Blumenschmuck hat bereits in den ersten Tagen bei der Bevölkerung großen Anklang gefunden. Nach und nach wurden ähnliche Betonschalen überall dort angebracht, wo keine Möglichkeit für eine gärtnerische Ausschmückung vorhanden ist. Seither sind Blumen auf dem Wiener Asphalt keine Seltenheit mehr.

Die Wiener Blumenschale, die bereits auf vielen Plätzen vereinzelt oder in Gruppen, das Grau der Straßendecke belebt, hat dieser Tage eine Zwillingsschwester bekommen. Sie war bisher nur in skandinavischen Städten zu finden, wo man sie schwedische Tüte nennt. Die städtischen Gärtner in Wien haben sie wienerisch auf Stanitzel umgetauft.

Das elegante stanitzelförmige Blumengefäß ist gleichfalls in Beton gegossen und etwa 60 cm hoch. Mit prächtigen Blumen angefüllt, sind sie seit gestern auf dem Schwarzenbergplatz zu sehen.

12.8.1953: 19.513 Bauarbeiter auf den Baustellen der Gemeinde

Ende Juli waren auf den Baustellen der Gemeinde Wien und in den dazugehörigen Werkstätten 19.531 Arbeitskräfte beschäftigt. Das sind um 360 mehr als im Vormonat und um 2.496 mehr als im Juli 1952.

18.8.1953: Konzerte in Wiener Parkanlagen

In den nächsten Tagen finden in vielen Wiener Parkanlagen wieder Freikonzerte statt. Im Herderpark in Simmering spielt die Musikkapelle der Wiener Gaswerke, im Märzpark in Fünfhaus die Polizeimusik Wien und im Mortarapark in der Brigittenau die Musikkapelle der Wiener E-Werke.

18.8.1953: Prüfung der "Pferdepedikeure"

In Wien gibt es noch immer ungefähr 200 selbständige Hufschmiede, die zugleich auch Wagenschmiede sind. Ihnen obliegt die "Fußpflege" der ungefähr 7.000 Wiener Pferde.

Hufschmied zu werden ist gar nicht so leicht, wie es vielleicht scheinen mag. Es handelt sich um ein konzessioniertes Gewerbe, das ein dreijähriges Lehrverhältnis und eine dreijährige Gehilfentätigkeit vorsieht. Außerdem muss ein halbjähriger Hufbeschlaglehrgang absolviert werden und zum Schluss findet vor einer gelehrten Kommission die sogenannte Hufbeschlagprüfung statt. Die Hufschmiede müssen nicht nur über anatomische Kenntnisse verfügen, sondern auch wissen, dass ein leichtes Pferde anders zu beschlagen ist als ein Zugpferd oder ein Maultier.

18.8.1953: 10.000 Schilling für den Körner-Fonds

Aufgrund einer Empfehlung des Österreichischen Städtebundes haben verschiedene Mitgliedsgemeinden dem Sekretariat Beiträge für den Theodor-Körner-Fonds überwiesen. Die bisher eingelangten Beträge - insgesamt 10.650 Schilling - wurden nunmehr dem Fonds zur Verfügung gestellt. Die Aktion des Städtebundes wird fortgesetzt.

19.8.1953: Bis Ende dieses Jahres: Leopoldauer Sammelkanal zur Hälfte fertig - Ein wesentlicher Schritt zur Entwässerung von Floridsdorf

Die Kanalisierung der weiten Gebiete von Wien jenseits der Donau gehört zu jenen Problemen, die der Stadtverwaltung große Sorgen bereiten. Lange Jahre der Vernachlässigung müssen nun auch hier nachgeholt werden. Zwar wurde 1886 der erste Kanal in Floridsdorf gebaut, doch bleibt auf diesem Gebiet noch viel zu tun.

Der neue Leopoldauer Sammelkanal, der einen wesentlichen Fortschritt zur Entwässerung der Siedlungsgebiete von Stadlau, Hirschstetten, Kagran, Leopoldau und Groß Jedlersdorf bedeutet, war schon 1914 projektiert. Bis 1921 wurden als Notstandsarbeiten einzelne unzusammenhängende Stücke in einer Länge von insgesamt 2,4 km fertig gebaut, doch konnte der Kanal nicht verwendet werden. Erst 1950 war die Gemeinde Wien in der Lage, die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte wieder gut zu machen. Der Leopoldauer Sammler spannt sich in einem weiten Bogen von seiner Mündung 700 m unterhalb der Ostbahnbrücke bis zur Siedlung Siemensstraße. Mit seinen 11,3 km Länge wird er nach der Fertigstellung zu den längsten Wiener Sammelkanälen gehören. Bis Ende dieses Jahres werden 6,1 km benützungsfähig sein. In zwei Jahren soll dieses große Bauvorhaben beendet sein.

Kanalbauten gehören zu den undankbarsten Aufgaben, weil von ihnen fast nichts zu sehen ist. Sie kosten aber trotzdem sehr viel Geld. Ein Meter des neuen Kanals stellt sich auf 2.700 Schilling, bei schwierigeren Strecken sogar auf 4.500 Schilling. Insgesamt wurden bisher 21,6 Millionen Schilling ausgegeben, davon 1950 770.000 Schilling, 1951 7,5 Millionen Schilling, 1952 5,6 Millionen Schilling und 1953 bisher 7,7 Millionen Schilling.

19.8.1953: Gemeinde Wien spendet 100.000 Schilling für Erdbebenopfer

Auf Anordnung von Bürgermeister Jonas spendet die Gemeinde Wien als Hilfe für die Opfer der Erdbebenkatastrophe in Griechenland einen Betrag von 100.000 Schilling.

20.8.1953: Wiesenthal-Walzer im Wiener Rathaus

Dem Wiesenthal-Ballett eilt sein guter Ruf voraus.

In einigen Tagen wird das tanzinteressierte Wiener Publikum Gelegenheit haben, nach längerer Zeit wieder die weltbekannte Tanzgruppe Grete Wiesenthal zu sehen. Den Auftakt des Programmes macht "Der kecke Tanzmeister" nach der Musik von Joseph Lanner. Dann folgt ein Notturno aus "Ein Sommernachtstraum" nach der Musik von Mendelssohn-Bartholdy.

Die Tanzgruppe Grete Wiesenthal ist seit 1947 fast ständig auf Reisen. Neben Gastspielen in Wien und in den Bundesländern tanzt sie mit großem Erfolg in Belgien, Brasilien, Dänemark, USA und Westdeutschland.

20.8.1953: Ein holländischer Blumengruß an Wien - 20.000 Tulpen als Dank für Gastfreundschaft

Das Nationalkomitee der Internationalen Handelskammer in Holland hat beschlossen, für die freundliche Aufnahme seiner Delegierten anlässlich des Internationalen Handelskammerkongresses im Mai dieses Jahres nachträglich noch einmal der Stadt Wien zu danken. "Aus Dankbarkeit für die außergewöhnliche Gastfreundschaft", heißt es in einem Schreiben der Holländer an Bürgermeister Jonas, "spendet das holländische Nationalkomitee einen Blumengruß in Form von 20.000 Tulpen".

Das Stadtgartenamt beabsichtigt die 20.000 Tulpenzwiebeln im Herbst im Stadtpark auszupflanzen.

21.8.1953: Neue Kunstwerke in städtischen Wohnhausanlagen

Namhafte Wiener Bildhauer und Maler haben in diesem Sommer wieder eine Reihe von Plastiken, Sgraffiti, Wandmalereien und Mosaikwerke für städtische Wohnhausanlagen fertig gestellt.

Der im Burgenland lebende Mestrovic-Schüler Marian Matijevic schuf für die Wohnhausanlage 3, Kärchergasse, ein besonders eindrucksvolles Relief "Die ruhende Frau". Reliefs von den akademischen Bildhauern Oskar Bottoli, Wilhelm Frass und Gerta Bucher wurden in den vergangenen Tagen an den Fassaden der neuen Wohnhausanlagen 22, Erzherzog-Karl-Straße, 11, Molitorgasse und 11, Rinnböckstraße angebracht. Die Wohnhausanlage in der Boschstraße in Döbling erhielt ein Sgraffitowerk des Malers Arthur Hecke, eine Art Allegorien der Musen, der Neubau in der Ottakringer Straße - Roseggergasse ein keramisches Mosaik von Leopold Schmid. Er wählte ein besonders originelles Motiv - "Zwei Zwetschken aus Ottakring".

Die Plastik eines Stiers, ein Werk des Bildhauers Alex Wahl, wurde in der Wohnhausanlage Neuwaldegger Straße aufgestellt.

21.8.1953: Das geänderte Wohnungsanforderungsgesetz ist in Kraft getreten

Am 19. August ist das vom Nationalrat abgeänderte Wohnungsanforderungsgesetz in Kraft getreten. Über dessen Aufwirkungen auf die Zuweisungen von leer gewordenen Wohnungen sprach heute der für das Wohnungswesen zuständige Stadtrat Koci im "Echo des Tages" des Senders Ravag I und im "Spiegel der Zeit" des Senders Rot-Weiß-Rot.

Wie Koci ausführte, musste bisher eine freigewordene Wohnung zuerst vom Hauseigentümer oder Verwalter dem Wohnungsamt gemeldet werden, worauf die Wohnung erst angefordert und dem vorgeschlagenen bedürftigen Wohnungswerber zugewiesen werden konnte. Nunmehr muss die Wohnung wohl auch gemeldet werden, jedoch kann der Hausbesitzer oder dessen Verwalter innerhalb von drei Wochen die Wohnung an einen Wohnungssuchenden, der seit mindestens 6 Monaten in Klasse I eingereiht ist, vermieten. Das Gesetz schreibt eindeutig vor, dass jeder Wohnungswerber mit dieser Einreihung einen Mietvertrag abschließen darf. In Zukunft hat ein solcher Wohnungssuchender, wenn er erfährt, dass eine Wohnung mietrechtlich frei geworden ist, sich an den Hausbesitzer oder den Verwalter des betreffenden Hauses zu wenden. Ist derselbe bereit, ihn als Mieter anzuerkennen, kann ein Mietvertrag abgeschlossen werden. Sollte die leer gewordene Wohnung innerhalb von drei Wochen nicht vermietet sein, dann ist das Wohnungsamt berechtigt sie anzufordern und selbst zu vergeben. Wohnungen mit mehr als drei Zimmern kann der Hausbesitzer ohne Benachrichtigung des Wohnungsamtes frei vermieten.

25.8.1953: 919 Filmideen

Das vom Amt für Kultur und Volksbildung gemeinsam mit der Gesellschaft der Filmfreunde veranstaltete Preisausschreiben für Filmideen fand überaus starke Beteiligung. Insgesamt konnten 919 Einsendungen gezählt werden.

26.8.1953: Wiener Künstler als Messeaussteller

Die große Gartenanlage auf dem Messegelände wird auch heuer in den Tagen der Herbstmesse den Mitgliedern des Künstlerverbandes Österreichischer Bildhauer Gelegenheit für die Aufstellung zahlreicher Plastiken bieten. Der Initiative der Bildhauer haben sich auch Mitglieder des Künstlerhauses und der Secession angeschlossen, die eine Bilderausstellung veranstalten werden.

27.8.1953: US-Kongressmitglied bei Bürgermeister Jonas

Heute besuchte das Mitglied des US-Kongresses Mr. Albert Thomas aus Texas Bürgermeister Jonas im Wiener Rathaus. Mr. Thomas, der sich für die Probleme des Wiederaufbaues in Europa interessiert, befindet sich auf einer privaten Reise, die ihn auch nach Wien brachte.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).