Historischer Rückblick aus dem Jahr 1956

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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April 1956

April

4.4.1956: Der Bürgermeister von Louisville studiert Wiener Einrichtungen

Bürgermeister Broaddus von Louisville, USA im Wiener Rathaus

Bürgermeister Broaddus von Louisville (USA) hält sich derzeit in Wien auf, um verschiedene Einrichtungen unserer Stadt zu studieren. Er interessiert sich vor allem für den Wohnungsbau und für die Ausstattung der Haushalte. In Louisville im Staate Kentucky steht die "Fabrik der Zukunft", ein vollautomatisches Werk für die Herstellung von modernen Haushaltsgeräten. Bürgermeister Jonas hat den Gast auf dem Kahlenberg empfangen, der ihm bei dieser Gelegenheit einen Stadtschlüssel von Louisville übergab.

5.4.1956: Zehn Jahre Gemeinderatsausschuss für Wirtschaftsangelegenheiten

Festsitzung anlässlich 10 Jahre Gemeinderatsausschuss für Wirtschaftsangelegenheiten

Unter dem Vorsitz von Gemeinderat Sigmund trat heute, aus Anlass seines zehnjährigen Bestandes, der Gemeinderatsausschuss für Wirtschaftsangelegenheiten zu einer Festsitzung zusammen.

7.4.1956: Süd-Londoner Mädchenchor in Wien

In Wien weilt der Süd-Londoner Mädchenchor. Die Mitglieder dieses Chores, die einen zehntägigen Urlaub in Wien verbringen, sind bei Hietzinger Familien zu Gast. Der Aufenthalt der Londoner Mädchen stellt einen Gegenbesuch bei den Mitgliedern des Chores der katholischen Jugend von Ober-Sankt-Veit - Hietzing dar. Der Wiener Chor gastierte im vergangenen Jahr in London.

9.4.1956: 100 englische Kinder im WIJUG-Heim Lehenhof

In dem vom Wiener Jugendhilfswerk geführten städtischen Erholungsheim Schloss Lehenhof bei Scheibbs verbringen 100 englische Kinder einen vierwöchigen Erholungsurlaub. Es handelt sich um einen Gegenbesuch, den das Jugendamt der Stadt Wien mit dem Stadtschulrat im Rahmen der jährlich stattfindenden Austauschaktion mit der Anglo-Austrian-Society durchführt. Die Kinder besichtigten u.a. heute das Wiener Rathaus.

13.4.1956: Aus dem Wiener Gemeinderat:

Im Wiener Gemeinderat wurden heute u.a. folgende Anträge eingebracht:

Antrag auf Umbenennung von Verkehrsflächen mit Besatzungsnamen, dies betrifft u.a. die Rückbenennung des Stalinplatzes, der Brücke der Roten Armee, der Malinowskij-Brücke, der Tolbuchinstraße auf ihre ursprünglichen Namen; Antrag auf Ausrüstung der Autos der Wiener Rettungsgesellschaft mit Sprechfunkgeräten sowie sofortigen Ausbau des Wiener Rettungsdienstes; sowie ein Antrag auf Schutzimpfung gegen Kinderlähmung.

Der Wiener Gemeinderat hat auch ein Übereinkommen zwischen der Republik Österreich und der Gemeinde Wien beschlossen, nach welchem in Hinkunft der Sachaufwand und die Kosten für die Wiederherstellung des Stadtschulrates bei der Bellaria zwischen den beiden Körperschaften geteilt werden soll. Der Anlass für dieses Übereinkommen ist der Entschluss, den Stadtschulrat wieder in sein angestammtes Haus unterzubringen. Es wurden für die Wiederinstandsetzung des dem Bund gehörenden Gebäudes am Parlamentsring 1 1,750.000 Schilling und für den Sachaufwand für das Jahr 1956 ein Betrag von 400.000 Schilling genehmigt.

Bürgermeister Jonas teilte mit, dass er von Stadtrat Dr. Migsch ein Schreiben erhalten habe, in dem er ersucht, die Zurücklegung seines Mandates als Amtsführender Stadtrat der Verwaltungsgruppe I mit dem heutigen Tage zur Kenntnis zu nehmen.

Der von der Sozialistischen Partei nominierte Bundesrat Hans Riemer wird zum neuen Stadtrat gewählt.

Amtsführender Stadtrat Hans Riemer - Personalangelegenheiten, Verwaltungs- und Betriebsreform
Geboren am 2. August 1901 in Steyr als Sohn eines Handwerkers, in Wien aufgewachsen, besuchte er die Volks- und Hauptschule und erlernte den kaufmännischen Beruf. Er schloss sich der Sozialistischen Jugendbewegung an, wurde Funktionär, Ortsgruppenobmann und schließlich Vorsitzender der Organisation Wien der Sozialistischen Arbeiterjugend. Von 1922 bis 1932 wirkte er als Beamter der Sozialistischen Bildungszentrale. Im Herbst 1932 wurde er als Sekretär der sozialdemokratischen Gemeinderatsfraktion und als Leiter des Sekretariats des Österreichischen Städtebundes in das Rathaus berufen. Nach den Februarereignissen 1934 aus dem Rathaus entfernt, trat er als kleiner Beamter in die Dienste der Wiener Städtischen Versicherungsanstalt. Im Zweiten Weltkrieg eingezogen, kehrte er im Mai 1945 aus amerikanischer Gefangenschaft nach Wien zurück und meldete sich sofort wieder zur Mitarbeit im Rathaus. Riemer wurde von Bürgermeister Körner mit dem Wiederaufbau des kommunalen Pressewesens betraut. Als Leiter der Pressestelle der Stadt Wien und der Wiener "Rathaus-Korrespondenz" entwickelte er eine umfangreiche journalistische Tätigkeit. Sein Buch "Ewiges Wien", das im Herbst 1945 in vier Sprachen erschienen ist, war die erste größere journalistische Arbeit über das Wien der Nachkriegszeit und fand weit über die Grenzen der Republik hinaus große Verbreitung. Diesem ersten kommunalpolitischem Buch folgten weitere kommunalpolitische Wien-Bücher.

Seit 1948 leitet Riemer das Sekretariat des Österreichischen Städtebundes. Seit 1949 gehört er als Vertreter Wiens dem Bundesrat an, dessen Vorsitz er in der ersten Jahreshälfte 1955 inne hatte, als das Land Wien turnusmäßig den Vorsitz im Bundesrat übernahm.

13.4.1956: Schwarzer Freitag für die Wiener Börse - 15 verletzte Feuerwehrleute

Brand in der Wiener Börse

Die Ausstellungshalle brannte komplett aus

Das Gebäude wurde bei dem Brand massiv zerstört

Um 0.20 Uhr ging die Meldung an die Feuerwehrzentrale, dass die Wiener Börse brennt. Insgesamt fuhren 32 komplette Bereitschaftszüge zur Börse. Erst nachdem die große Ausstellungshalle durchgebrannt war, konnte die Feuerwehr in diese vordringen. Gegen fünf Uhr früh gelang es, den riesigen Brandplatz unter Kontrolle zu bringen. Zu diesem Zeitpunkt stand bereits fest, dass vom Prunkbau am Schottenring nichts mehr zu retten war. Gegen 10 Uhr stürzte das Dach des völlig ausgebrannten Börsesaales in die Tiefe und brannte im glühenden Brandschutt weiter. 15 Feuerwehrleute wurden bei dem Löscheinsatz verletzt.

14.4.1956: Zwei hohe Auszeichnungen durch die Gemeinde Wien - Ehrenring für Josef Luitpold Stern - Ehrenmedaille für Ferdinand Maierhofer

Der Wiener Gemeinderat hat einstimmig die Verleihung des Ehrenringes der Stadt Wien an den Volksbildner und Schriftsteller Prof. Josef Luitpold Stern und die Verleihung der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien an Kammerschauspieler Ferdinand Maierhofer beschlossen. Prof. Josef Luitpold Stern erhält die hohe Auszeichnung anlässlich seines 70. Geburtstages in Würdigung seiner hervorragenden Verdienste auf dem Gebiete der Volks- und Arbeiterbildung, des Volksbüchereiwesens und der Dichtkunst. Dem Kammerschauspieler Ferdinand Maierhofer wird die Ehrenmedaille anlässlich der Vollendung des 75. Lebensjahres in Würdigung seiner besonderen schauspielerischen Leistungen verliehen.

18.4.1956: Holländischer Bürgermeister im Wiener Rathaus

Bürgermeister Van Veen

Bürgermeister Van Veen der holländischen Stadt Enschede stattete heute Bürgermeister Jonas einen Besuch ab. Van Veen wird bei seinem Wien-Aufenthalt vor allem Staatsoper und Burgtheater besichtigen.

18.4.1956: Verleihung des Ehrenringes der Stadt Wien an Richard Meister, Clemens Holzmeister und Josef Luitpold Stern

Bei der Überreichung (v.li.n.re.) Josef Luitpold Stern, Prof. Clemens Holzmeister, Richard Meister

Bürgermeister Jonas überreichte heute den Ehrenring der Stadt Wien an Richard Meister, Clemens Holzmeister und Josef Luitpold Stern.

20.4.1956: Die Gleichenfeier der Wiener Stadthalle

Ehrengäste treffen zur Gleichenfeier der Wiener Stadthalle ein

Die 42.000 Quadratmeter große Baustelle

Im Beisein vieler Gäste fand heute die Gleichenfeier der Haupthalle auf der riesigen Baustelle der Wiener Stadthalle statt. Neben Bürgermeister Jonas, zahlreichen Vertretern der Wiener Stadtregierung nahm auch der Schöpfer der Wiener Stadthalle, Prof. Dr. Roland Rainer, an dem Festakt teil.

Einige Daten:

Die Baustelle der Wiener Stadthalle ist 42.000 Quadratmeter groß. Das Gesamtgewicht der Eisenkonstruktionen beträgt 1.800 Tonnen. Die Haupthalle hat ein Ausmaß von 98 x 110 Meter, die Höhe am First beträgt 26,6 Meter. In der Haupthalle werden insgesamt 14.994 Plätze vorhanden sein.

Der erste Bauteil der Wiener Stadthalle, der bereits fertig gestellt ist, umfasst Wohn- und Werkstättengebäude mit Garage. Zum zweiten Bauteil gehört die im Rohbau fertig gestellte 18 x 36 Meter große und 7,60 Meter hohe Gymnastikhalle, in deren Keller sich Rudertrainingsräume befinden. Der zweite Bauteil umfasst auch die 30 x 60 Meter große und 11,80 Meter hohe Ballspielhalle mit Sportkegelbahnen und Garderoben im Untergeschoß sowie die 30 x 60 Meter große und 7,30 Meter hohe Eishalle. Im zweiten Bauteil wurde noch das Verwaltungsgebäude mit Restaurationsbetrieb sowie die Maschinenräume und Trafostation errichtet.

21.4.1956: Eröffnung von vier Wohnhausanlagen mit 804 Wohnungen

Bürgermeister Jonas eröffnete heute vier Wohnhausanlagen mit insgesamt 804 Wohnungen. Die Neubauten stehen in Wien 2, Sturgasse und Engerthstraße sowie im 3. Bezirk, in der Landstraßer Hauptstraße und auf dem Sebastianplatz. Die Baukosten betrugen zusammen 58,7 Millionen Schilling.

21.4.1956: Koexistenz im Zeichen des Korbballes - Amerikanische und tschechoslowakische Sportler im Wiener Rathaus

Empfang der Baskettballmannschaften aus USA und der Tschechoslowakei

Stadtrat Mandl empfing heute die Basketballmannschaft Syracuse Nationals und das Auswahlteam der Tschechoslowakei, die zu einer sportlichen Begegnung in Wien eingetroffen sind.

23.4.1956: Ein Ernst Reuter-Hof in Meidling

Der zuständige Gemeinderatsausschuss hat heute beschlossen, die neu eröffnete städtische Wohnhausanlage 12, Böckhgasse 6, nach dem verstorbenen Regierenden Bürgermeister von Berlin Ernst Reuter zu benennen.

Ernst Reuter, der während des Aufstandes in der Deutschen Ostzone im Jahre 1953 beim Internationalen Städtekongress in Wien weilte, hat am Abend des historisch berühmt gewordenen 17. Juni 1953 von Meidling aus (Vargas Dreherpark) zur Berliner Bevölkerung gesprochen.

25.4.1956: Städtische Parkanlagen ohne Gitter

In den letzten Jahren wurden in unzähligen städtischen Parkanlagen viele Kilometer Einfriedungen umgelegt und verschrottet. Allein im Jahre 1955 wurden in 69 öffentlichen Gartenanlagen der Stadt Wien rund 15.000 Meter Parkgitter entfernt. Heuer wurden bereits 1.300 Meter Gitterwerk ausgegraben. Bei der Gestaltung von neuen Anlagen, die Jahr für Jahr im Ausmaß von vielen Hektar angelegt werden, kann die Wiener Stadtgartenverwaltung im Vornherein auf das Parkgitter verzichten.

28.4.1956: Hundert Jahre Wiener Stadtbibliothek

Ausstellung "100 Jahre Stadtbibliothek" im Musikvereinssaal

Bürgermeister Jonas zeigt sich interessiert

Die Wiener Stadtbibliothek begeht heute das Fest ihres hundertjährigen Bestandes. Vor genau 100 Jahren fasste der Wiener Gemeinderat den Beschluss zur Gründung einer eigenen Bibliothek der Stadt Wien. Im Zentrum des Jubiläums der Wiener Stadtbibliothek steht die Ausstellung "Hundert Jahre Wiener Stadtbibliothek", die Bürgermeister Jonas eröffnete.

Die Stadtbibliothek zeigt die erlesensten Stücke aus ihren Beständen. Eine besondere Attraktion bildet die älteste Wiener Zeitung aus dem Jahre 1703. Reiches zeitgenössisches Material wird aus dem Türkenjahr 1683 gezeigt, daneben findet man Interessantes über die Wiener Arbeiterbewegung, Flugzettel, alte Bände der Arbeiter-Zeitung usw. Unter dem Titel "Sammelgebiete am Rande" ist eine Auswahl von Plakaten, Theaterzetteln, Programmen und Lebensmittelkarten zu sehen. Vier Vitrinen sind der Musik in Wien gewidmet. Hier ist vor allem der Premierenzettel der Zauberflöte zu erwähnen, von dem in der ganzen Welt nur drei Exemplare existieren. In den Handschriften findet man z.B. den Entwurf des Hobelliedes, einen Brief und einen Handschuh von Jenny Lind, die für Maria von Ebner-Eschenbach bestimmt waren. Eigenartige Buchtitel zeigt die Vitrine, in der die Stadtbibliothek ihre gesammelten Kuriosa ausstellt. Auch ein Roman ohne die Verwendung des Buchstabens "R" ist hier zu sehen. Eine Kostbarkeit in der Vitrine "Wiener Theater" ist das Tagebuch von Wenzel Müller, das den Zeitraum von 1781 bis 1830 umfasst. Schauspielerbriefe von Therese Krones bis Leo Slezak ergänzen das Material, das aus der 130.000 Stücke umfassenden Handschriftensammlung ausgesucht wurde.

30.4.1956: 80. Geburtstag von Ilse Arlt

Am 1. Mai vollendet Ilse Arlt, eine Bahnbrecherin auf dem Gebiet der österreichischen Fürsorge, ihr 80. Lebensjahr.

Anlässlich des im Jahre 1910 abgehaltenen Internationalen Kongresses für öffentliche Armenpflege und private Wohltätigkeit in Kopenhagen schlug Arlt vor, den Beruf einer Wohlfahrtspflegerin zu schaffen für eine umfassende Schulung zu sorgen. Sie verwirklichte ihre Idee 1912 durch die Errichtung der Fachkurse für Volkspflege, der ersten österreichischen Fürsorgeschule, deren Absolventinnen sich bereits während des Weltkrieges und in der Nachkriegszeit voll zu bewähren vermochten. Bei der Gründung der Fürsorgeschule der Gemeinde Wien dienten ihre modernen Gedanken als Vorbild. 1938 musste sie ihre Lehrtätigkeit aufgeben. 1945 baute sie ihre Schule wieder auf und führte sie bis 1948. Ilse Arlt trat auch mit verschiedenen wichtigen Veröffentlichungen hervor. Ihr Hauptwerk führt den Titel "Die Grundlagen der Fürsorge".

30.4.1956: Zum zehnten Mal: Die Preise der Stadt Wien

Zum 10. Mal erfolgt heuer die Verleihung der Preise der Stadt Wien, deren Stiftung der Wiener Gemeinderat am 19. Juni 1947 beschlossen hat. Die Preisträger sind heuer:

  • Für Dichtkunst: Direktor Dr. Rudolf Henz
  • Für Publizistik: Chefredakteur Dr. Oscar Pollak
  • Für Bildhauerei: Maria Biljan-Bilger
  • Für Malerei und Grafik: Prof. Franz Zülow
  • Für Angewandte Kunst: Prof. Stefan Hlawa
  • Für Architektur: Dipl. Architekt Eugen Wörle
  • Für Volksbildung: Amtsrat i.R. Prof. Felix Rosche
  • Für Geisteswissenschaften: Univ.-Prof. Dr. Fritz Novotny
  • Für Naturwissenschaften und Technik: Univ.-Prof. Dr. Erwin Schrödinger

Der Preis für Musik (Komposition) wird heuer nicht vergeben.

30.4.1956: Stadtgartendirektor i.R. Kratochwjle gestorben

In Wien verstarb Stadtgartendirektor i.R. Friedrich Kratochwjle im 74. Lebensjahr. Direktor Kratochwjle, ein über die Grenzen Österreichs bekannter Gartenbaufachmann, war lange Jahre Direktor des Wiener Stadtgartenamtes und Ehrenpräsident der Österreichischen Gartenbaugesellschaft.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).