Historischer Rückblick aus dem Jahr 1959

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

Zurück

Juni 1959

Juni

2.6.1959: Infektionskrankheiten im April

Das Gesundheitsamt der Stadt Wien weist in seinem Tätigkeitsbericht über die anzeigepflichtigen Infektionskrankheiten für den Monat April zwei Diphtherieerkrankungen (Vormonat: 7), 162 Scharlachfälle (Vormonat 206), zwei Erkrankungen an Typhus (Vormonat: 0), 134 Erkrankungen an Keuchhusten (Vormonat: 69), 10 Kinderlähmungsfälle (Vormonat 23) aus.

2.6.1959: Pakistanischer Minister bei Bürgermeister Jonas

Pakistanischer Minister General Azam Khan bei Bgm. Jonas

Der pakistanische Minister für Wiederaufbau, General Azam Khan, stattete heute Bürgermeister Jonas einen Besuch ab. Der Besuch gilt vor allem einer Intensivierung der gegenseitigen freundschaftlichen Beziehungen zwischen Pakistan und Österreich.

2.6.1959: 20 Wiener Jugendliche machen eine Gratisrundfahrt durch Österreich

Vor Abschluss der Wiener Theater- und Konzertsaison werden alljährlich unter den Besitzern von Jugendabonnements der Stadt Wien 20 Teilnehmer für eine Bildungsreise ermittelt, die von der Wiener Stadtverwaltung den Jugendlichen als Prämie zur Verfügung gestellt wird. In den vergangenen Jahren waren Italien, England und die Weltausstellung in Brüssel das Ziel dieser Studienfahrten, diesmal geht eine 18tägige Reise durch die österreichischen Bundesländer und nach Südtirol.

5.6.1959: Trauerfahnen über dem Rathaus: Vizebürgermeister Honay gestorben

Vizebürgermeister Karl Honay

Heute früh ist Vizebürgermeister Honay im 68. Lebensjahr nach kurzer Krankheit in der Klinik Fellinger gestorben.

Vizebürgermeister Karl Honay wurde am 22. November 1891 als Kind eines Arbeiters in Wien geboren. Honay erlernte das Feinmechanikergewerbe und trat schon als Lehrling mit der sozialistischen Arbeiterbewegung in Berührung. Über Veranlassung Dr. Viktor Adlers wurde er von der Werkbank weg in die Wiener Arbeiterkrankenkasse berufen, wo er im Referat für Sozialpolitik und Jugendschutz arbeitete. Im Ersten Weltkrieg leitete er den Verband der Sozialistischen Arbeiterjugend Österreichs und redigierte die Sozialistische Jugendzeitschrift.

Als nach dem Zusammenbruch der Habsburger-Monarchie im Jahre 1918 die Sozialistische Partei die Führung im Wiener Rathaus übernahm, wurde Vizebürgermeister Honay mit der Organisation des kommunalpolitischen Büros und des Pressedienstes der Stadt Wien betraut.

Als im Jahre 1920 Wien eigenes Bundesland wurde, entsandte ihn Wien in den neugebildeten gemeinsamen Landtag von Wien und Niederösterreich. Bis zum Jahre 1932 leitete er das Sekretariat des Klubs der sozialdemokratischen Wiener Gemeinderäte. Gleichzeitig wirkte er als Sekretär des Österreichischen Städtebundes und Redakteur der "Österreichischen Gemeinde-Zeitung". Bei den Gemeinderatswahlen des Jahres 1932 wurde Honay vom 16. Bezirk in den Wiener Gemeinderat entsendet und von diesem zum Amtsführenden Stadtrat für Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten gewählt. Als im September 1933 Stadtrat Prof. Dr. Tandler einer Berufung zur Organisierung des Fürsorge- und Gesundheitswesens nach China Folge leistete, wurde Stadtrat Honay mit der Leitung des städtischen Wohlfahrts- und Gesundheitswesens betraut. In dieser Funktion verblieb er bis zum 12. Februar 1934. An diesem Tage wurde er sowie Bürgermeister Seitz und alle anderen sozialdemokratischen Stadträte verhaftet und ohne Prozess in das Konzentrationslager nach Wöllersdorf verschickt.

Trauerzug vom Rathaus zum Zentralfriedhof

Zwischen 1934 und 1945 hat Karl Honay im Versicherungsgewerbe gearbeitet. Gleichzeitig hat er in der illegalen sozialistischen Bewegung am Kampfe gegen den Faschismus teilgenommen. Bei Kriegsausbruch wurde Honay verhaftet und im Konzentrationslager Buchenwald acht Monate lang interniert. Im Jahre 1944 erfolgte seine neuerliche Verhaftung und seine Verschickung in das Konzentrationslager Dachau, wo er bis Februar 1945 festgehalten wurde. Nach dem Krieg übernahm Honay das Amt eines Finanzreferenten. 1947 wurde er zum Vizebürgermeister gewählt und übernahm gleichzeitig als Stadtrat das Personalreferat. Seit 1949 wirkte er als Stadtrat für das Wohlfahrtswesen.

(Vizebürgermeister Honay wurde posthume zum Bürger der Stadt Wien ernannt. Am 12. Juni 1959 wurde er in einem Ehrengrab der Stadt Wien auf dem Wiener Zentralfriedhof beigesetzt.)

6.6.1959: Ausstellung "275 Jahre Wiener Kaffeehaus"

In der Volkshalle des Wiener Rathauses eröffnete heute Bürgermeister Jonas die Ausstellung "275 Jahre Wiener Kaffeehaus".

8.6.1959: Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt für drei prominente Künstler

Alfred Jerger, Prof. Helene Thimig-Reinhardt und Alma Seidler bei der Ehrenzeichenüberreichung

Bürgermeister Jonas überreichte heute an die Kammerschauspielerinnen Alma Seidler und Prof. Helene Thimig-Reinhardt sowie an Kammersänger Alfred Jerger die Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien.

13.6.1959: Wien im Dauerregen

Seit dem gestrigen Tag musste die Feuerwehr rund 100 Mal zur Behebung der durch den heftigen Dauerregen verursachten Schäden in Wien ausrücken. In über 50 Fällen mussten Keller ausgepumpt oder abgedichtet werden. Mehrere schwere Kraftfahrzeuge, die im aufgeweichten Erdreich der Baustellen eingesunken waren, wurden freigemacht.

13.6.1959: Die Bürgermeister von Oslo und Edinburgh in Wien

Oberbürgermeister von Oslo Rolf Stranger

Der Osloer Oberbürgermeister Rolf Stranger und der Lord-Provost von Edinburgh, Johnson Gilbert, der Erste Bürgermeister der Hauptstadt von Schottland, sind in Wien eingetroffen. Die beiden Bürgermeister waren Gäste der Stadt Wien auf dem Kahlenberg.

16.6.1959: Minister Edwards in Wien

Der Präsident des Europarates, Min. a.D. Abgeordneter John Edwards zu Gast bei Bürgermeister Jonas

Der Präsident des Europarates, Minister a.D. Abgeordneter John Edwards wurde von Bürgermeister Jonas empfangen. Der britische Politiker hält morgen das erste Referat unter dem Titel "Der Europa-Rat" beim "Europagespräch 1959" im Wiener Rathaus.

17.6.1959: "Europagespräch 1959"

Bundespräsident Dr. Schärf eröffnet Europagespräche 1959 im Rathaus

Im Wiener Rathaus beginnt das "Europagespräch 1959" in Anwesenheit zahlreicher Politiker des In- und Auslandes. Die Referenten und Diskussionsteilnehmer Österreichs sind: Vizekanzler Dr. Pittermann, Bundesminister Dr. Drimmel, Staatssekretär Dr. Kreisky und die Nationalräte Czernetz, Kranzlmayer, Strasser und Stürgkh.

Bürgermeister Jonas übernahm den Vorsitz der Europagespräche. Die Eröffnung wurde von Bundespräsident Dr. Schärf vorgenommen.

Es wurden u.a. folgende Referate gehalten:

  • "Die nordischen Länder und Europa" (der Vorsitzende der Außenkommission des Norwegischen Reichstages, Abgeordneter Finn Moe);
  • "Das Anliegen der französischen Jugend" (Französischer Abgeordneter Minister a.D. Arthur Conte);
  • "Die Vereinigung Europas - Gedanken eines europäischen Beamten" (der Stellvertretende Generalsekretär des Europarates Dunstan Curtis, Großbritannien);
  • "Europa zwischen den Weltmächten" (Heinz Pöhler, Deutsche Bundesrepublik).

18.6.1959: Der Planungs- und Bauminister von Indien besichtigte das Neue Wien

Minister Gulzarilal Nanda

Der langjährige Minister für Planungswesen und öffentliche Bauten Indiens, Mr. Gulzarilal Nanda, ist zu einem Studienbesuch in Wien eingetroffen. Mr. Nanda besichtigte u.a. in Wien die Stadthalle, eine Reihe von Wohnungen in den neuen Wohnhausanlagen, den Südtiroler Platz und die Opernpassage.

22.6.1959: Bürgermeister Jonas besuchte seine alte Schule

Bürgermeister Jonas besucht Schule in der Deublergasse

Bürgermeister Jonas stattete heute seiner "alten Schule" in 21, Deublergasse, in der er von 1910 bis 1913 die Bürgerschule absolvierte, einen Besuch ab.

23.6.1959: Abschiedsbesuch des Leiters des British Council

Besuch des Leiters des British Council, Geoffrey Hitchcock, bei Bürgermeister Jonas

Der Leiter des British Council in Wien, Geoffrey Hitchcock, verlässt Wien, um in England neue Aufgaben zu übernehmen. Er stattete heute Bürgermeister Jonas seinen Abschiedsbesuch ab.

24.6.1959: 1,2 Millionen Schilling für Wiederaufbau der Pfarrkirche Sankt Leopold

Die Stadt Wien wird für den Wiederaufbau der Pfarrkirche Sankt Leopold in der Leopoldstadt der Erzdiözese Wien 1,2 Millionen Schilling zur Verfügung stellen. Mit diesem Kostenbeitrag werden zwei Drittel der Gesamtbaukosten gedeckt. Die Kirche, für die die Stadt das Patronat hat, wurde im Krieg schwer beschädigt.

26.6.1959: Neuer Vizebürgermeister - neuer Stadtrat - neuer Gemeinderat

Vizebürgermeister Slavik und Stadträtin Jacobi im Gemeinderat

Durch den Tod von Vizebürgermeister Honay wurden im heutigen Gemeinderat die notwendig gewordenen Wahlen durchgeführt.

Frau Gemeinderätin Maria Jacobi (SPÖ) wurde zum Amtsführenden Stadtrat für das Wohlfahrtswesen gewählt.

Stadtrat Felix Slavik (SPÖ) wurde zum Vizebürgermeister gewählt.

Maria Jacobi
Gemeinderätin Maria Jacobi wurde am 12. März 1910 in Wien geboren, besuchte Volksschule, Bürgerschule und Gewerbeschule und trat in die Schneiderlehre ein. Sie legte die Gesellenprüfung ab und später die Prüfung als Gewerbeschullehrerin. Schon früh interessierte sich Maria Jacobi, deren Vater Funktionär der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei war, für Politik. 1924 trat sie der sozialistischen Jugend bei und wurde 1929 erste Obmännin der Sozialistischen Arbeiterjugend. In der Folge besuchte Maria Jacobi die Arbeiterhochschule und war als Funktionärin der Unterrichtsorganisation im 3. Bezirk tätig.

Vom Februar 1934 bis Oktober 1936 war Maria Jacobi arbeitslos, fand aber dann eine Tätigkeit als Abteilungsleiterin in einem Verlag, in dem sie bis jetzt noch arbeitet und ist inzwischen zur Prokuristin aufgestiegen.

Dem Wiener Gemeinderat gehört Maria Jacobi seit Dezember 1945 ununterbrochen an. Seit Dezember 1949 ist sie Schriftführerin des Wiener Gemeinderates und seit 1952 Stellvertretende Vorsitzende des Finanzausschusses. Maria Jacobi war auch in anderen Gemeinderatsausschüssen tätig, so im Ausschuss für Gesundheitswesen, für Allgemeine Verwaltung und für Städtische Unternehmungen.

Amtseinführung von Stadtrat Jacobi
Als einen historisch wichtigen Akt bezeichnete Bürgermeister Jonas heute die Amtseinführung von Frau Stadtrat Maria Jacobi. Zum ersten Mal in der Geschichte Wiens ist eine Frau Amtsführender Stadtrat geworden.

27.6.1959: Auf dem Südtiroler Platz: Stadtrat Heller räumt die Barrikaden weg

Heute wurde der Autotunnel unter dem Südtiroler Platz in Betrieb genommen. Stadtrat Heller räumte persönlich die letzte Straßensperre weg. Nach der Begehung des Autotunnels setzten sich die ersten Fahrzeuge in Bewegung. Ein grauer Puch-500er kann den Ruhm, als erster durch den Autotunnel gefahren zu sein, für sich in Anspruch nehmen.

Durch die Freigabe des Autotunnels kann die sehr unangenehme Umleitung des Gürtelverkehrs durch die Parallelstraßen des 4. Bezirkes wieder aufgehoben werden. Der Autotunnel hat vier Fahrspuren, die durch weiße Leitlinien gekennzeichnet sind. Der Tunnel ist der erste in Wien, dessen Wände mit schallschluckenden Lochsteinen und Herakustikplatten verkleidet sind.

Hinweis: Die Fotos der Landesbildstelle/media wien befinden sich alle im Besitz des Wiener Stadt- und Landesarchives (MA 8).