Historischer Rückblick aus dem Jahr 1964

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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Dezember 1964

Dezember

1.12.1964: Belastungsprobe der Nordbrücke - 3. Strombrücke wird eröffnet

Die Belastungsprobe für die 3. Strombrücke - die Nordbrücke - wird durchgeführt. 60 Fahrzeuge des städtischen Fuhrparks mit einem Gesamtgewicht von rund 600 Tonnen werden die Brücke belasten. Die Durchbiegung der Tragwerke wird in den 83 Meter langen Hauptöffnungen der Brücke etwa zehn Zentimeter betragen.

Mit den Bauarbeiten an der Nordbrücke, die an der Stelle der ehemaligen Nordwestbahnbrücke errichtet wurde, wurde im April 1962 begonnen. Die gesamten Baukosten betragen 140 Millionen Schilling. Die neue Brücke hat eine Gesamtlänge von 920 Meter.

1.12.1964: Stadtbaudirektor Dipl.-Ing. Dr. Koller erhielt Großes Silbernes Ehrenzeichen

Bürgermeister Jonas überreichte heute an Stadtbaudirektor Dipl.-Ing. Dr. techn. Rudolf Koller das Große Silberne Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich.

Stadtbaudirektor Koller trat 1934 in den Dienst der Gemeinde Wien ein. Er feierte heuer sein 30jähriges Dienstjubiläum. Nach seiner Rückkehr aus der Kriegsgefangenschaft im Jahre 1946 wurde er in seiner alten Dienststelle, der Magistratsabteilung 28 (Straßenbau), mit der Planung und Überwachung aller großen Straßenbauten der Stadt Wien betraut. Auf Grund seiner großen Erfolge auf diesem Gebiet wurde er 1959 zum Leiter der Gruppe Tiefbau in der Stadtbauamtsdirektion bestellt und am 30. Mai 1961 als Nachfolger von Prof. Dr. Pecht zum Leiter des Wiener Stadtbauamtes ernannt. Dem Stadtbauamt gehören 29 Magistratsabteilungen mit mehr als 9.000 Bediensteten an. Auf Grund seiner hervorragenden wissenschaftlichen Tätigkeit berief die Technische Hochschule Wien Dipl.-Ing. Dr. Koller an die Bauingenieurfakultät und erteilte ihm einen Lehrauftrag über das Gebiet der Straßenverkehrstechnik.

Als Stadtbaudirektor trug Dipl.-Ing. Koller durch seinen Einfluss auf die Ausarbeitung des Städtebaulichen Grundkonzepts und somit auf die großen Aufgaben der Stadtplanung und die Novellierung der Bauordnung für Wien wesentlich zur künftigen Entwicklung Wiens bei. Unter seiner Leitung konnte die große Zahl von rund 1.500 Bauvorhaben pro Jahr, mit einem durchschnittlichen Kostenaufwand von etwa 2,7 Milliarden Schilling erfolgreich verwirklicht werden. Koller ist auch Stellvertretender Vorsitzender des Arbeitsausschusses der Paritätischen Kommission zur Lösung der Fragen der Koordinierung aller Bauvorhaben in Österreich.

3.12.1964: Neuer Leiter der Kinderklinik Glanzing

Der zum ärztlichen Anstaltsleiter und Vorstand der Kinderabteilung in der Kinderklinik Glanzing bestellte Universitätsdozent Dr. Rosenkranz wurde heute in sein Amt eingeführt.

3.12.1964: Erstes Junggesellinnen-Wohnheim der Stadt Wien eröffnet

Heute wurde das erste Wohnheim für Mädchen mit abgeschlossener Berufsausbildung, das die Stadt Wien in Meidling, Aichhorngasse 11 errichtet hat, durch Bürgermeister Jonas eröffnet.

4.12.1964: Bürgermeister Jonas erhielt Ehrenring der Büchergilde Gutenberg

Anlässlich des 40jährigen Gründungsjubiläums der Büchergilde Gutenberg hat der Vorstand beschlossen, Bürgermeister Jonas den im vorigen Jahr gestifteten Ehrenring der Büchergilde Gutenberg zu verleihen.

Bürgermeister Jonas ist seit der Gründung Mitglied der Büchergilde.

11.12.1964: Konstituierende Sitzung des Wiener Gemeinderates

Der Wiener Gemeinderat wählte heute neuerlich Franz Jonas zum Bürgermeister von Wien. Jonas erhielt 91 von 99 abgegebenen Stimmen.

Die Gemeinderatssitzung wurde danach zur Konstituierung des Wiener Landtages unterbrochen. Als Erster Präsident des Landtages wurde wieder Bruno Marek (SPÖ) gewählt. Zweiter Präsident wurde Abg. Karl Mühlhauser (ÖVP), dritter Präsident Abg. Helene Potetz (SPÖ).

12.12.1964: Wiener Stadtbibliothek übernimmt Nachlass Julius Bittners

Die Wiener Stadtbibliothek ordnet zur Zeit den künstlerischen Nachlass des Dichterkomponisten Julius Bittner in ihre Bestände ein. Der Nachlass Bittners, der Preisträger der Stadt Wien war und in einem Ehrengrab auf dem Zentralfriedhof ruht, enthält fast alle Werke in autographen Skizzen, Textbüchern, Partituren und Klavierauszügen.

In dieser Sammlung befinden sich die von Bruno Walter an der Wiener Oper herausgebrachten Kompositionen "Die rote Gred" und "Der Musikant", ferner die an zahlreichen deutschsprachigen Bühnen aufgeführten Opern "Das Höllisch-Gold", "Bergsee", "Das Rosengärtlein" und "Das Veilchen". Ferner übernimmt die Stadtbibliothek das Wiener Singspiel "Der liebe Augustin", drei noch unveröffentlichte Opern, Schauspielmusiken zu Shakespeare-Dramen sowie zu Stücken von Raimund und Nestroy und die "Große Messe".

Dem somit übernommenen Nachlass gehören auch die beliebten "Tänze aus Österreich", zwei Streichquartette und zahlreiche Lieder an.

Julius Bittner, der den Beinamen "Anzengruber der Oper" verdient, ist als Komponist eigener Operntexte typisch österreichischer Prägung international bekannt geworden und kann an Bedeutung seiner Zeitgenossen Wilhelm Kienzl gleichgestellt werden, dessen Nachlass ebenfalls in der Wiener Stadtbibliothek zu finden ist.

14.12.1964: Eine Million Arbeitsstunden für hilfsbedürftige Wiener

Der Verein "Wiener Hauskrankenpflege" der für die Stadt Wien die Heimpflege und Heimhilfedienste leistet, hat vor wenigen Tagen seine millionste Arbeitsstunde geleistet. Die Anfänge dieser Institution reichen ziemlich weit zurück.

"In den ersten Monaten nach dem Ende des Krieges trat neben vielen anderen ein brennendes Problem zutage: Teile mehrerer Krankenhäuser und Altersheime waren von den Besatzungsmächten in Anspruch genommen, obwohl gerade in dieser Zeit die ausgehungerte und durch den Schock des letzten Krieges arg mitgenommene Bevölkerung mehr denn je ärztlicher und pflegerischer Hilfe bedurfte. Insbesondere unsere Alten waren davon schwerstens betroffen. Viele von ihnen wollten in ein Altersheim gehen, weil sie unter den gegebenen schwierigen Verhältnissen nicht in der Lage waren, ihren bescheidenen Haushalt weiterzuführen. Sie waren nicht krank, es fehlte nur eine hilfreiche Hand, die ihnen Besorgungen abnahm und im Haushalt beistand. Es war aber in den Anstalten kein Platz frei. Dieses Problem drängte zu einer Lösung.

Zu diesem Zweck wurde der Verein "Wiener Hauskrankenpflege" ins Leben gerufen. Er begann im Jahre 1947 mit seiner Tätigkeit. Auf Grund eines Arbeitsvertrages mit der Stadt Wien übernahm diese die Kosten für die Heimpflege- und Heimpflegedienste. Der Anfang war sehr bescheiden. Das erste Jahr schloss mit 14.000 geleisteten Pflege- oder Hilfestunden ab. Dies Zahl stieg von Jahr zu Jahr und überschritt 1963 die Hunderttausend-Grenze. Vor wenigen Tagen war nun die erste Million Gesamtstunden erreicht."

15.12.1964: Antrittsbesuch des niederländischen Botschafters

Der neue niederländische Botschafter in Wien, Dr. Hans R. van Houten, stattete heute Bürgermeister Jonas seinen Antrittsbesuch ab.

16.12.1964: Historisches Museum ergänzt Schwind-Sammlung

Mitte Oktober fand in München bei der Firma Karl & Faber eine Versteigerung von Kunstwerken statt, bei der sich die Leitung des Historischen Museums der Stadt Wien wertvolle Bestände sichern konnte. Die Auktion umfasste unter anderem die letzten und schönsten Stücke aus dem Nachlass der mit 94 Jahren verstorbenen jüngsten Tochter des berühmten Malers Moritz von Schwind, Frau Helene von Ravenstein. Schon bei der Vorbesichtigung ergab sich, dass Zeichnungen und Aquarelle aus der Wiener Zeit Schwinds vorlagen, deren Erwerbung für das Historische Museum von besonderer Bedeutung ist. Es handelte sich um eine Abrundung sehr bedeutender Bestände an Wiener Arbeiten des Meisters, die bereits im Museum gesammelt werden konnten.

Bei der Versteigerung fielen dem Historischen Museum sechs Blätter zu, die Moritz von Schwind 1825 zu dem Epos "Rudolf von Habsburg" von Ladislaus Pyrker angefertigt hat. Ferner wurden Zeichnungen Schwinds, die nach noch nicht zur Gänze erklärten romantischen Vorbildern entstanden sind, angekauft.

Im Verlauf der Auktion konnte auch ein Blatt des Wiener Malers Josef Binder erstanden werden, der damit zum erstenmal im Historischen Museum aufscheint. Weiters wurde ein Blatt von Friedrich Overbeck angekauft, das dieser in den wenigen Jahren, die er als junger Künstler in Wien verbrachte, angefertigt und signiert hat. Schließlich konnte ein kleines, auf eine Kupferplatte gemaltes Ölbild des berühmten Landschaftsspezialisten Johann Christian Brand in den Besitz des Historischen Museums gebracht werden, das entgegen den Katalogsangaben volle Signatur und Datierung aufweist.

19.12.1964: Neuwahl der Stadträte und Vizebürgermeister

Unter dem Vorsitz von Bürgermeister Jonas wurde heute durch den Wiener Gemeinderat die Neuwahl der Stadträte vorgenommen. Die Zahl der Stadträte wurde mit 12 festgesetzt. Im Sinne der Wiener Gemeinderatswahlordnung entfallen auf die SPÖ acht Mandate und auf die ÖVP vier Mandate.

  • Verwaltungsgruppe I:
    Amtsführender Stadtrat Hans Bock
    Personalangelegenheiten, Verwaltungs- und Betriebsreform
  • Verwaltungsgruppe II:
    Amtsführender Stadtrat Felix Slavik
    Finanzwesen
  • Verwaltungsgruppe III:
    Amtsführender Stadtrat Hans Mandl
    Kultur, Volksbildung und Schulverwaltung
  • Verwaltungsgruppe IV:
    Amtsführender Stadtrat Maria Jacobi
    Wohlfahrtswesen
  • Verwaltungsgruppe V:
    Amtsführender Stadtrat Dr. Otto Glück
    Gesundheitswesen
  • Verwaltungsgruppe VI:
    Amtsführender Stadtrat Kurt Heller
    Bauangelegenheiten
  • Verwaltungsgruppe VII:
    Amtsführender Stadtrat DDr. Heinrich Drimmel
    Baubehördliche und sonstige technische Angelegenheiten
  • Verwaltungsgruppe VIII:
    Amtsführender Stadtrat Hubert Pfoch
    Öffentliche Einrichtungen
  • Verwaltungsgruppe IX:
    Amtsführender Stadtrat Franz Glaserer
    Wohnungs-, Siedlungs- und Kleingartenwesen
  • Verwaltungsgruppe X:
    Amtsführender Stadtrat Dkfm. DDr. Pius Prutscher
    Wirtschaftsangelegenheiten
  • Verwaltungsgruppe XI:
    Amtsführender Stadtrat Rudolf Sigmund
    Allgemeine Verwaltungsangelegenheiten
  • Verwaltungsgruppe XII:
    Dr. Hans Wollinger
    Städtische Unternehmungen

19.12.1964: Wiener Landesregierung wurde angelobt - Hans Mandl und Dr. Heinrich Drimmel zu Stellvertretern des Landeshauptmannes bestimmt

Nach Beendigung der Gemeinderatssitzung traten unter Vorsitz von Landeshauptmann Jonas die Mitglieder der Wiener Landesregierung zu ihrer ersten Sitzung zusammen, um ihr Gelöbnis zu leisten.

Unter Bezugnahme auf die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien referierte Stadtrat Sigmund über die Regelung der Stellvertretung des Landeshauptmannes. Er stellte den Antrag auf folgenden Beschluss der Landesregierung:

"Als Vertreter des Landeshauptmannes werden gemäß Paragraph 137 Abs. 3 der Verfassung der Stadt Wien Amtsführender Stadtrat Hofrat Hans Mandl und Vizebürgermeister Dr. Heinrich Drimmel bestimmt."

29.12.1964: "Ginzkey-Hof" in der Johannesgasse

Die städtische Wohnhausanlage in der Johannesgasse 9-13 im 1. Bezirk erhält den Namen "Ginzkey-Hof".

Der österreichische Dichter Franz Karl Ginzkey, der von 1871 bis 1963 lebte, hat während seines letzten Wiener Aufenthaltes dort gewohnt. Ginzkey wurde in Pola geboren, wo sein Vater bei der österreichischen Kriegsmarine tätig war. Der Sohn schlug die Offizierslaufbahn ein und widmete sich nach seiner Pensionierung der Schriftstellerei. Ginzkey trat zuerst als Lyriker hervor, dann folgten mehrere größere Romane und zahlreiche Essays und Novellen. In seinem zuletzt erschienenen Buch "Der Heimatsucher" gibt Ginzkey einen Gesamtüberblick über sein Leben.

Franz Karl Ginzkey erhielt 1953 den Würdigungspreis für Dichtkunst der Stadt Wien, 1957 den Kunstpreis für Dichtung des Bundesministeriums für Unterricht.