Historischer Rückblick aus dem Jahr 1965

Zusammenfassungen von Meldungen der Rathauskorrespondenz

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September 1965

September

1.9.1965: Jetzt hat Wien eine Schwefeltherme!

Viel Freude herrscht an der Bohrstelle in Ober-Laa unter den Wissenschaftlern, Ingenieuren und Arbeitern, die sich seit Monaten um die Erschließung einer schwefelhältigen Heilquelle bemühen, die schon 1934 entdeckt, dann aber wieder zugeschüttet worden war. Mühen und Kosten haben sich gelohnt, denn seit heute, 14.25 Uhr, weiß man, dass auf Wiener Boden eine heiße, schwefelhältige Therme sprudelt, die sich als wertvolle Heilquelle erweisen dürfte.

Die Bohrung ist heute in eine entscheidende Phase getreten, als man eine Tiefe von 373 Meter erreicht hatte. In der Schichte zwischen 350 und 370 Meter Tiefe vermuteten die Geologen nämlich das begehrte Wasser. Um 14.25 Uhr begannen durch das Spülwasser des Bohrgerätes hindurch zischend Gase zu entweichen, dann wurde das Spülwasser herausgedrückt und hinterdrein kam die Schwefelquelle, zuerst lauwarm, dann rasch immer heißer werdend. Eineinhalb Stunden ließ man die neuentdeckte Therme, die über einen starken Eigendruck verfügt, durch die Bohrrohre an die Oberfläche sprudeln. Am Ende dieser Zeit wurde eine Temperatur von 45 Grad Celsius gemessen. Nach Meinung der Fachleute wird sie sich jedoch bei längerem Strömen des Wassers, das ja erst die Umgebung der Durchflussöffnung erwärmen muss, noch weiter erhöhen. Das Wasser zeigt somit eine für Heilzwecke durchaus beachtliche Temperatur.

Stadtrat Heller, der über Sprechfunk in ständiger Verbindung mit dem "Unternehmen Ober-Laa" stand und laufend auch Bürgermeister Marek informierte, der am Vormittag die Bohrstelle persönlich aufgesucht hatte, begab sich gleich zur "Ersten Wiener Schwefeltherme".

Um 16 Uhr wurde die Quelle wieder "zugestöpselt". Darauf holte man die Bohrköpfe aus der Tiefe herauf. Die dort eingebauten Messinstrumente werden genauen Aufschluss über den Druck und den Wärmegrad der Quelle geben. Noch heute Nacht wird man diese Aufzeichnungen auswerten und die ersten Wasserproben analysieren.

Trotz des Erfolges will man noch bis auf die Schichte des Grundgesteins weiterbohren, das in einer Tiefe von etwa 390 Meter vermutet wird. Möglicherweise reichen die heilkräftigen Wasservorkommen nämlich bis in diese Zone, durch deren Aufschließung die Quellschüttung noch ergiebiger werden könnte. Ergeben die Analysen und die über eine längere Zeit geplante Versuchsentnahme, dass sich die Quelle nutzen lässt, wird man das gesamte Bohrloch verrohren. Die dafür benötigten Rohre aus einem Spezialstahl, der durch das chemisch sehr aktive Wasser nicht angegriffen wird, liegen, in Stroh verpackt, schon bereit.

Die Stadt Wien wird im Falle positiver Gutachten den bereits vorliegenden Plänen nähertreten, ein Heilbad zu errichten, an dessen Bau sich eventuell auch andere interessierte Körperschaften beteiligen könnten.

2.9.1965: Weingärten werden statistisch erfasst

Mit Stichtag 15. September wird eine Erhebung der Weingärten durchgeführt. Damit sollen das Ausmaß und die Veränderung der Weingärtenflächen statistisch erfasst werden.

4.9.1965: 80. Geburtstag von Franz Theodor Csokor

Am 6. September vollendet der Dichter Professor Franz Theodor Csokor das 80. Lebensjahr.

6.9.1965: Ein Liebling der Wiener wird 90 Jahre alt - Bürgermeister Marek gratuliert Turl Wiener zum Geburtstag

Schauspieler, Komiker, Volkssänger, Komponist, Textdichter - das alles das war "der Turl", vor allem aber war er ein Liebling der Wiener. Turl Wiener, mit bürgerlichem Namen Theodor Windbrechtinger, der Altmeister der Volkskunst, feiert seinen 90. Geburtstag.Bürgermeister Marek überbrachte heute persönlich die Glückwünsche der Wienerinnen und Wiener.

Bürgermeister Marek bekannte, dass er ein großer Verehrer der Kunst Turl Wieners gewesen sei und fast an jedem Wochenende das neue Programm des Künstlers im damaligen Zirkus Schuhmann besucht habe. Er könne sogar heute noch viele der mehr als 200 Couplets und Lieder, die Turl Wiener geschrieben, komponiert und gesungen hat, auswendig hersagen. Zum Beweis zitierte er auch gleich das Wiener-Lied "I bin ang'stellt mit an Dekret bei der Wiener Städtischen".

7.9.1965: Stadtschulratspräsident Dr. Max Neugebauer - neuer "Bürger der Stadt Wien"

Der Wiener Gemeinderat hat am 30. Juli 1965 einstimmig beschlossen, dem Amtsführenden Präsidenten des Stadtschulrates für Wien, Nationalratsabgeordneten Dr. Max Neugebauer in Würdigung seiner hervorragenden Leistungen auf dem Gebiete des Schulwesens anlässlich der Vollendung des 65. Lebensjahres das Bürgerrecht der Stadt Wien zu verleihen.

In Anwesenheit zahlreicher Ehrengäste überreichte heute Bürgermeister Marek dem neuen Bürger der Stadt Wien die Urkunde über die Verleihung des Ehrentitels.

7.9.1965: Wien hilft den Hochwasser-Notstandsgebieten

Das Ausmaß der Unwetterkatastrophe, die in den letzten Tagen mehrere Gebiete unseres Landes verwüstet hat, veranlasst die Gemeinde Wien zu spontaner Hilfeleistung, die so rasch wie möglich anlaufen wird. Auf Grund einer Anordnung von Bürgermeister Bruno Marek wird den zuletzt vom Hochwasser betroffenen Gebieten seitens der Wiener Stadtverwaltung technische Hilfe geleistet. Vorgesehen ist die Entsendung einer größeren Anzahl von Lastkraftwagen, eines Kranfahrzeuges, mehrerer Pumpen mit den dazugehörigen Aggregaten für die Schlamm- und Wasserbeseitigung sowie zahlreiche Brückenbauelemente, die es ermöglichen, provisorische Übergänge zu errichten. Das zur Bedienung aller dieser Geräte und Fahrzeuge notwendige Personal wird gleichfalls beigestellt. Alle entstandenen Kosten übernimmt zur Gänze die Wiener Stadtverwaltung.

8.9.1965: Wiener Hilfskonvoi für Überschwemmungsgebiete in Marsch gesetzt

Die Hilfsaktion für die vom Hochwasser betroffenen Gebiete ist heute voll angelaufen. Heute nachmittag wurde die Fahrzeugkolonne in Marsch gesetzt. Sie umfasst im wesentlichen 15 Lastkraftwagen (4 Tonnen-Kipper) und zwei Kranwagen, die allesamt auch für den Transport der Brückenbauelemente dienen. Zehn dieser Lkws werden sofort im Gebiet Spittal an der Drau eingesetzt. Alle anderen Fahrzeuge werden zur zentralen Einsatzstelle in die Landesbaudirektion Klagenfurt dirigiert. Ferner fahren in der Kolonne ein Rüstfahrzeug und ein Lastkraftwagen der Wiener Feuerwehr mit, die mehrere Schlammpumpen mit den dazugehörigen Aggregaten und Schläuchen befördern.

9.9.1965: Indonesische Krankenschwestern werden an Wiener Spitälern arbeiten

Noch für September erwartet man im Anstaltenamt der Stadt Wien die Ankunft von 20 diplomierten Krankenschwestern aus Indonesien, die in Wiener städtischen Spitälern arbeiten werden und sich dabei auch gleichzeitig weiterbilden wollen. Dies wird das erstemal sein, dass ausländische Krankenschwestern nach Wien kommen und den Personalmangel an unseren Krankenanstalten lindern helfen.

Zur Verpflichtung der indonesischen Krankenschwestern in Wien ist es folgendermaßen gekommen:

Vor etwa drei Monaten hielt sich der indonesische Ministerpräsident für Höhere Bildung in Wien auf und traf mit Gesundheitsstadtrat Dr. Glück zusammen, der bei dieser Gelegenheit ein Übereinkommen mit Indonesien über die Entsendung von Krankenschwestern nach Wien anregte. Mit der Gattin des indonesischen Ministerpräsidenten Sukarno, die im Juli in Wien weilte, wurde dann dieses Übereinkommen fixiert, nachdem der Wiener Stadtsenat seine Zustimmung gegeben hatte.

Die indonesischen Krankenschwestern werden hier unter den gleichen Bedingungen arbeiten wie ihre österreichischen Kolleginnen. Sie erhalten die gleichen Bezüge und werden in Schwesternwohnheimen untergebracht sein. Sie haben sich verpflichtet, mindestens zwei Jahre an Wiener Spitälern tätig zu sein. Für die Fahrtkosten - Hin- und Rückfahrt - kommt die Stadt Wien auf.

10.9.1965: "Holland-Pflegekind" Slavik eröffnet Wien-Ausstellung in Goes

Vizebürgermeister Felix Slavik eröffnet in der niederländischen Stadt Goes, der Hauptstadt der Provinz Zeeland, die große Wiener Wanderausstellung "Wien - Stadt der Arbeit, Stadt der Kunst". Den Vizebürgermeister verbinden mit dieser Stadt schöne Erinnerungen an seine Kindheit, denn in Goes verbrachte er nach dem Ersten Weltkrieg im Rahmen einer Erholungsaktion ein glückliches Jahr bei einer Pflegefamilie mit neun Kindern. Der damals neunjährige Felix aus Wien wurde von ihr liebevoll als "zehntes Kind" aufgenommen. Sieben seiner "Pflegegeschwister" leben heute noch, die Pflegeeltern sind leider schon verstorben. Die niederländischen Zeitungen bringen jetzt lange Berichte über das ehemalige "Holland-Pflegekind", das nun als Vizebürgermeister der österreichischen Bundeshauptstadt eine Wien-Ausstellung in Goes eröffnet.

Die Ausstellung wird im Rahmen einer großen Blumenmesse in Goes gezeigt. Die repräsentative Wien-Ausstellung ist bereits seit dem Jahr 1961 auf "Wanderschaft" und war bisher in den Städten Kopenhagen, Stuttgart, Karlsruhe, Oslo, Frankfurt am Main, Ludwigshafen, Hannover, Helsinki, Tampere und Turku zu sehen.

13.9.1965: Bürgermeister von Birmingham in Wien

Anlässlich der Wiener Herbstmesse besuchte der Oberbürgermeister von Birmingham, Corbin Barrow, mit seiner Gattin Wien und wurde heute von Bürgermeister Marek im Rathaus empfangen.

15.9.1965: Ein "Pius Parsch-Platz" in Floridsdorf

Die Verkehrsfläche rund um die neue Floridsdorfer Kirche in Wien 21, wird in "Pius Parsch-Platz" benannt. Damit wird das Andenken des Augustiner Chorherren Pius Parsch, der von 1884 bis 1954 lebte, geehrt.

Parsch war der Herausgeber der bekannten religiösen Zeitschrift "Bild und Liturgie" und vertrat schon 1922 die Ansicht, dass beim Gottesdienst nach Möglichkeit die jeweilige Volkssprache zu verwenden sei. Sein Standpunkt, den er auch in mehreren wissenschaftlichen Büchern erläuterte, wurde durch das Liturgie-Schema des gegenwärtigen Konzils offiziell anerkannt. Pius Parsch ist 1939 durch das NS-Regime aus dem Stift Klosterneuburg vertrieben worden und war vielfachen Verfolgungen ausgesetzt. Damals fand er Unterkunft in der Pfarre Floridsdorf und lebte völlig zurückgezogen in einem Turmzimmer der dortigen Kirche, was nunmehr zur Benennung des Kirchenplatzes nach dem verdienten Seelsorger führte.

16.9.1965: Ein "Josef Afritsch-Heim" im Hörndlwald

Bürgermeister Marek eröffnete das neue Gästehaus von der Wiener Volkshilfe im Hörndlwald. Die Anlage wird nach ihrem Gründer "Josef Afritsch-Heim" benannt.

16.9.1965: Empfang zum 35. Geburtstag des "Zonta Klubs Wien"

In Wien findet dieser Tage eine Internationale Tagung anlässlich des 35jährigen Bestandes des "Zonta Klubs Wien" statt. "Zonta" ist eine Vereinigung sozial orientierter, berufstätiger Frauen in verantwortlicher Stellung. Wie es in den Statuten ferner heißt, ist Zonta eine nach Berufen gegliederte Organisation von Frauen, die sich zum Dienst an der Allgemeinheit verpflichtet fühlen. Diese internationale Vereinigung wurde 1919 in Chicago gegründet, wo sie auch heute noch ihren Sitz hat. In 24 Ländern in aller Welt gibt es solche Klubs. Der Zonta Klub Wien, der heuer das Jubiläum seines 35jährigen Bestandes feiert, ist der älteste Klub Europas.

Das Wort "Zonta" wurde aus Symbolen der Indianersprache zusammengesetzt. Und zwar entsprechen die fünf Buchstaben folgenden Symbolen der Sioux-Indianer: Z ist das Symbol für Licht und Sonne, O jenes für den Begriff "zusammenhalten", N steht für den Begriff "gemeinsam tragen", T ist das Zeichen für "Obdach" und das A bedeutet "Redlichkeit und Vertrauenswürdigkeit". Der Internationale Klub hat sich in erster Linie der Lösung verschiedener sozialer Probleme verschrieben. So wurde z.B. bereits in Deutschland ein Flüchtlingsheim errichtet, das nach Anne Frank benannt ist und allen Flüchtlingen ohne Unterschied der Religion, Rasse oder Klasse zur Verfügung steht. Auch mehrere Schulen wurden auf Initiative der Zonta Klubs gegründet und Stipendienfonds geschaffen. Der Zonta Klub Wien hat sofort nach seiner Wiederbelebung im Jahr 1956 die Aufgabe erhalten, laufende Hilfsbeiträge an ungarische Flüchtlinge zu verteilen.

17.9.1965: 10 Jahre "Sparefroh" - Österreichs auflagenstärkste Jugendzeitschrift jubiliert

Die Jugendzeitschrift "Sparefroh" - herausgegeben vom Hauptverband der Österreichischen Sparkassen - feiert ihren 10. Geburtstag.

Österreichs Zeitungsgeschichte wird die Figur des "Sparefroh"-Männchens mit dem Schillingbauch und der spitzen Mütze in die Ehrengalerie der berühmten Symbolgestalten der Wiener Publizistik einreihen, in der so illustre Namen wie "Seicherl", "Staberl", "Adabei" und andere aufscheinen. "Sparefroh" wurde eigentlich aus Deutschland importiert und wienerisch modifiziert. Die Zeitschrift wird gegenwärtig in einer Auflagenhöhe von fast 300.000 im Vierfarbendruck in der Druckerei Eberle, hergestellt. "Sparefroh" erscheint sechsmal im Schuljahr.

18.9.1965: Stadtrat Dr. Wollinger gestorben

Der Amtsführende Stadtrat für die Städtischen Unternehmungen, Dr. Johann Wollinger (ÖVP), ist nach monatelanger schwerer Krankheit verstorben. Dr. Wollinger wurde am 19. Dezember 1964 zum Stadtrat gewählt. (siehe auch: 19.12.1964: Neuwahl der Stadträte und Vizebürgermeister

21.9.1965: Polnischer Staatsbesuch im Wiener Rathaus

Der Präsident des Ministerrates der Volksrepublik Polen, Jozef Cyrankiewicz, traf heute zu einem offiziellen Besuch im Wiener Rathaus ein. In seiner Begleitung befanden sich der stellvertretende Außenminister Polens Naszkowsky und der stellvertretende Außenhandelsminister Modrzewski, sowie der polnische Botschafter in Wien Jerzy Roszak. Die polnischen Gäste wurden von Bürgermeister Marek empfangen.

23.9.1965: Ehrung für Stella Wang

Bürgermeister Marek überreichte heute der bekannten Wiener Pianistin Stella Wang die Silberne Ehrenmedaille der Stadt Wien.

24.9.1965: Bürgermeister von Miami in Wien

Der Bürgermeister von Miami, Florida, Charles F. Hall, besuchte heute Bürgermeister Marek im Wiener Rathaus und übergab ihm den Schlüssel seiner Heimatstadt.

29.9.1965: Ein Berner Bär im Wiener Rathaus

Bürgermeister Marek erhielt heute ein Prachtexemplar eines Braunbären, er wiegt 30 Kilogramm, trägt in der Pranke eine Hellebarde und ist durch und durch aus feinster Schweizer Schokolade, überreicht. Als Wappentier der Regierungsstadt Bern wurde er als Gruß von Stadtpräsident Dr. Freimüller durch Gymnasiasten überbracht, die ihre Maturareise nach Wien unternahmen.

Bürgermeister Marek wird den "Schoko-Braunbären" in den nächsten Tagen den Kindern des Wiener Zentralkinderheimes überbringen.

29.9.1965: Überreichung des Ehrenringes an Univ.-Prof. Dr. Hubert Kunz

Die prominentesten Vertreter des medizinischen Wien versammelten sich heute im Wiener Rathaus, um bei der Überreichung des Ehrenringes an Seine Spektabilität o.ö. Univ.-Prof. Dr. Hubert Kunz dabei zu sein.

"Der Wiener Gemeinderat hat am 30. Juli 1965 einstimmig beschlossen, dem Vorstand der II. chirurgischen Universitätsklinik und Dekan der Medizinischen Fakultät Univ.-Prof. Dr. Hubert Kunz in Würdigung seiner außerordentlichen Leistungen auf dem Gebiet der Medizin anlässlich der Vollendung des 70. Lebensjahres den Ehrenring der Stadt Wien zu verleihen. Prof. Dr. Hubert Kunz zählt zu den führenden Persönlichkeiten der Wiener Medizin".

Bürgermeister Marek überreichte den Ehrenring.